Das Landleben ist in der Realität nicht so idyllisch, wie man sich das so ausmalt… Als Zweifachmutter Claudia Heuermann genug von Smog, Stress und Stadtleben hat, wagt sie den Ausstieg – und zwar richtig! Sie kehrt der Zivilisation den Rücken und zieht mit ihrem Mann und den zwei kleinen Söhnen in die tiefen Wälder der amerikanischen Catskill Mountains.
In der Wildnis richtet sich die Familie zusammen mit Ziegen und Hühnern auf einer 200 Jahre alten Farm ein, und der Traum vom unabhängigen Selbstversorgerleben scheint in Erfüllung zu gehen. Tapfer stellt sich Claudia der pausenlosen Knochenarbeit auf der Farm – tagein, tagaus, sieben Jahre lang, bis die Familie auf die Probe ihres Lebens gestellt wird.
Zum Erscheinen ihres Buches Land oder Leben: Wie unser Traum von einer Farm in der amerikanischen Wildnis endete (Affiliate Link)erzählt sie uns mehr zu ihren sieben Jahren in der Wildnis. Und warum sie zurückkehrten.
Ach, wie viele träumen davon, irgendwann mal auszuwandern, sich selbst zu versorgen, auf einem Hof mit Weitblick und Tieren und … nun, ihr habt euch diesen Traum erfüllt. Erzähl mal, wie es zu der Entscheidung kam.
Ich habe schon als Kind davon geträumt, in die nordamerikanischen Wälder zu ziehen, denn ich liebte den Roman „Ruf der Wildnis“ von Jack London über alles. Später verschlug es mich dann beruflich immer wieder nach New York, da rückten die wilden Wälder buchstäblich in greifbare Nähe. Doch letztendlich waren meine Kinder der Grund und der Auslöser dafür, dass der Traum Realität wurde. Die Stadt kam mir plötzlich zu eng, zu laut, zu giftig vor, ich wünschte mir für meine beiden Söhne ein naturnahes Leben und eine Umgebung, in der sie gesund und natürlich aufwachsen können.
Nun ist man ja oft in der Theorie mutiger als in der Praxis. Hattest du kurz vorher auch manchmal Muffensausen und das Gefühl, doch nochmal anders zu entscheiden?
Nein, eigentlich nicht. Ich war zu dem Zeitpunkt wirklich besessen davon, den Giften, der Stadtluft, den Lebensmittelskandalen zu entfliehen. Zu teuer für uns als Familie wurde das Stadtleben außerdem, da lag es also nahe, die Möglichkeit zu ergreifen und den Traum vom Leben in der Wildnis wahr zu machen! Am Ende passte dann auch alles wunderbar zusammen: Wir fanden das Haus genau zur richtigen Zeit und es gefiel uns so gut, dass es überhaupt keine Zweifel gab.
Wie waren dann die ersten Wochen auf der Farm? Für euch, aber auch für die Kinder? So schön, wie in eurer Vorstellung?
Ich glaube, die ersten Wochen waren tatsächlich die allerschönsten…. der zermürbende Farmalltag hatte ja noch nicht eingesetzt. Da war dieses unglaubliche Gefühl der Freiheit, des Abenteuers, aber auch der Triumph: Wir haben es getan, wir haben es geschafft! Und für die Kinder war es das Paradies. Da gab es Wälder zu erforschen, Bäume zu beklettern, Seen und Bäche, an denen sie Staudämme bauen konnten … da wurden Kinderträume wahr!
Aus der Idylle wurde dann schnell harte Arbeit. Wildnis bedeutet nämlich auch: gefährliche Tiere, Naturgewalten, heimtückische Plagen…
Genau! Da gab es zuerst einmal die Schwarzbären…. Natürlich wussten wir, dass es die dort gab, und ich fand das zuerst auch sehr aufregend und spannend. Aber als sie dann unsere Hühner fraßen, sah das natürlich anders aus. Womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten war die Zeckenplage. Die Biester konnten einem wirklich alles vermiesen. Und dann gab es Ziegenparasiten, von denen ich noch nie gehört hatte. Überhaupt war der Farmalltag viel härter, als ich es mir vorgestellt hatte. Und die extremen Winter und heftigen Stürme halfen da auch nicht unbedingt… Tatsächlich habe ich jetzt einen riesengroßen, neuen Respekt vor der Landwirtschaft!
Später wurdet ihr dann auf die Probe eures Lebens gestellt – magst du mehr dazu erzählen?
Es kamen in Wirklichkeit gleich mehrere Lebensproben zusammen… Auch hier waren wieder die Kinder vorrangig, und ich merkte, dass das Landleben nicht mehr das Richtige für sie war. Die Pubertät hat uns da auf eine echte Probe gestellt, und gleichzeitig überdauerte meine Partnerschaft die Härte des Wildnislebens nicht. Und inmitten dieser persönlichen Umwälzungen zerlegte dann ein Bär das Hühnerhaus. Da wurde klar, dass eine große Entscheidung anstand, dass eine neue Lebensphase beginnen würde ….
Heute seid ihr zurück in München, die Miete ist teuer, die Sehnsucht nach den guten Seiten des wilden Lebens, das zurückliegt ist da. Aber auch viel Erleichterung, oder?
Ja. Zuerst einmal hat sich herausgestellt, dass die Kinder, die ja jetzt Teenager sind, das Stadtleben lieben. Für die beiden war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung, sie gehören hierhin, mitten ins Leben, sie wollen nirgendwo anders sein. Und ich? Ich fühle mich hier auch wohl – im Moment jedenfalls. Die vielen Vorteile einer deutschen Großstadt weiß ich erst jetzt richtig zu schätzen. Und ein bisschen Wildnis kann man ja auch in der Stadt finden….
Was plant ihr denn als Nächstes?
Tatsächlich träume ich jetzt schon wieder davon, später mal ein kleines Häuschen irgendwo in den Bergen zu besitzen, vielleicht nicht ganz so abgeschieden und abenteuerlich, aber mit einem Garten und ein paar Hühnern… und bis dahin werden wir zahlreiche Touren in die Alpen unternehmen. Und ich werde sicher mein nächstes Buch schreiben!
3 comments
Danke für den interessanten Beitrag!
Was für ein Abenteuer! Ich finde es super, dass die Familie so mutig war und es muss ja nicht alles für immer sein. Die 7 Jahre Wildnisleben kann ihnen jedenfalls keiner nehmen 🙂
Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant zu lesen.