Ihr Lieben, wir möchten unsere Kinder beschützen, sie behüten, ihnen am liebsten alles Böse dieser Welt ersparen. Leider geht das aber nicht immer. Denn sie leben nicht auf einer Insel der Glückseligen – und sie spüren sehr genau, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Wenn Mama oder Papa an Krebs erkranken, dann macht das etwas mit der ganzen Familie. So gern wir unsere Kinder davor schützen möchten, ihnen die Wahrheit zu sagen: sie bekommen viel mehr mit als wir manchmal denken.
Kinder fragen sich: Was ist nur los?
Bevor Kinder durch die neuen Schwingungen in der Familie beunruhigt werden, nicht wissen, warum sie sich unwohl fühlen, keine Worte finden, für das, was sie belastet – ist es besser, ganz offen das Gespräch mit ihnen zu suchen.
Das sehen nicht nur wir so, so hat es auch Nicole Staudinger in ihrem Beitrag „Mama hat Brustkrebs“ beschrieben – und so empfiehlt es auch die Krebsgesellschaft NRW, die sich seit mehr als 65 Jahren um die Verbesserung der Versorgung von krebskranken Menschen bei uns im Land kümmert – und dabei nie die Angehörigen von Erkrankten aus dem Blick verliert.
Die Krebs-Erkrankung der Eltern betrifft die gesamte Familie
150.000 bis 200.000 Kinder und Jugendliche unter 18 werden laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts pro Jahr mit der Diagnose Krebs bei Papa oder Mama konfrontiert. Und die Krankheit betrifft die ganze Familie! Es beeinflusst alle Beteiligten. Werden die Sorgen der Kinder hier unterschätzt, kann das zu Schlafproblemen, Essstörungen, Unruhe führen.
inder, die nicht wissen, was los ist, entwickeln oft überschäumende, Furcht erregende Phantasien und leiden unter diffusen Ängsten, auf die sie mit aggressivem Verhalten reagieren. Andere Kinder werden immer stiller und ziehen sich mehr und mehr zurück.
Redet mit den Kindern!
Sie suchen die Schuld für das veränderte Verhalten oft bei sich selbst. Sie stellen sich Fragen wie: „Ist Mama oder Papa jetzt so komisch, weil ich mein Zimmer wieder nicht aufgeräumt habe?“. Kinder beruhigt es, wenn sie von ihren Eltern erfahren, dass sie nicht der Auslöser für deren Anspannung sind.
Darum ist es so wichtig, nichts unter den Tisch zu kehren. Nur: Wie spricht man es an, ohne zu viel Angst zu machen? In ihrem Leitfaden „Was Kindern und Jugendlichen hilft, wenn Eltern an Krebs erkranken“ gibt die Krebsgesellschaft NRW hierzu ganz konkrete Tipps, wie wir als Eltern das Gespräch suchen können.
Mama oder Papa ist krank: So könnt ihr es ansprechen
In der Regel verursacht die Krankheit eines Elternteils viele Änderungen im Familienalltag. Es ist nicht zu vermeiden, dass Krankenhausaufenthalte, Therapien und häufige Arztbesuche sich auch auf den Alltag der Kinder auswirken. Spätestens dann wird es Zeit, die Kinder über den Krebs zu informieren. Hier die Empfehlungen der Krebsgesellschaft NRW:
„Setzen Sie sich als Eltern nicht unter Druck, in einem ersten Gespräch alles umfassend erklären zu müssen. Dazu ist auch später noch Gelegenheit. Wichtig ist es, einen Anfang zu machen. Sagen Sie klar, dass Mama oder Papa Krebs hat. Kleinkindern reicht die Erklärung, Mama oder Papa habe ein Aua und müsse deshalb ins Krankenhaus. Ab Kindergartenalter sollten Eltern konkret benennen, dass es Krebs ist. Vermeiden Sie diffuse Beschreibungen wie „eine schlimme Krankheit“ oder den Begriff „Tumor“. Diese führen oft zu Missverständnissen, da Kinder damit wenig anfangen können.
Kinder fragen: „Ist Krebs ein Tier?“
Kleine Kinder vermuten oft, Krebs bedeute, dass jetzt im Bauch der Mutter ein Tier (eben ein Krebs) wohnt. Das sollten Eltern richtigstellen. Oft ist es hilfreich, durch Malen oder mit einem Bilderbuch vom Körper darzustellen, wo der Krebs im Körper sitzt. Auch an einer Puppe können Eltern das gut demonstrieren.
Erklären Sie, dass Krebs keine ansteckende Krankheit ist. Das ist wichtig, denn viele Kinder vermeiden aus Angst vor Ansteckung die Nähe zum Kranken. Sagen Sie, dass mit der kranken Mama oder dem kranken Papa weiterhin gekuschelt werden kann – das ist für das Kind wie für den Elternteil gleichermaßen wohltuend.
Günstig ist es, wenn Eltern gemeinsam ihr Kind über die Erkrankung informieren. Einen pauschal „richtigen“ Zeitpunkt für das Gespräch gibt es nicht. Am wichtigsten ist es, dass Sie ehrlich sind und sich genügend Zeit für aufkommende Gefühle und Fragen nehmen.
Weinen ist erlaubt!
Es ist völlig normal, in diesem Gespräch auch zu weinen – das gilt auch für die Eltern. Versuchen Eltern ihre Kinder zu schonen, indem sie die eigene Betroffenheit verheimlichen, so vermitteln sie auch ohne Worte: „Wir müssen stark und tapfer sein!“ Zeigen Eltern hingegen ihre Gefühle, so ist dies für Kinder eine Einladung, auch eigene Emotionen auszudrücken.
Kinder können am besten über ihre Gefühle reden, wenn Eltern ihnen das vorleben. Geben Sie Ihrem Kind die Bestätigung, dass alle Gefühle jetzt in Ordnung sind und sein dürfen. Verlangen Sie weder von sich noch von Ihrem Kind, jetzt tapfer sein zu müssen. Doch achten Sie darauf, Ihr Kind nicht mit den eigenen Ängsten zu überschütten; bei allen Emotionen, die Sie äußern, muss ein für das Kind erträgliches Maß gewahrt bleiben.
Auch Nachfragen der Kinder ernstnehmen
Alle aufkommenden Fragen der Kinder müssen ernst genommen und beantwortet werden. Auf einige Fragen werden Sie vermutlich so schnell keine Antwort finden. Doch auch die Aussage „Ich weiß es auch noch nicht so genau“ hilft einem Kind weiter und ist besser als eine wohlgemeinte Lüge.
Wenn Kinder sich wieder ihrem Spiel zuwenden oder das Thema wechseln, dann sind das deutliche Zeichen, dass es für heute genug ist und diese Signale sollten Sie ernst nehmen. Ermutigen Sie Ihr Kind nachzufragen, wenn es mehr wissen möchte.
„Mein Vater hat mir erklärt, was ein Hirntumor ist und was er mit meiner Mutter anstellt, auch, dass sie wahrscheinlich frühzeitig sterben wird. Das war sehr wichtig für mich. Viele denken, Kinder kriegen das nicht mit oder verstehen das nicht, aber es ist sehr wichtig, darüber zu sprechen, auch wenn es Überwindung kostet, denn ich habe es einfach gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt.“ (Alexander, 13 Jahre)*
Wird Mama oder Papa sterben?
Manche Kinder wollen gleich konkret wissen, ob Mama oder Papa jetzt am Krebs sterben wird. Eine solche Frage ist für Eltern oft schwer auszuhalten. Doch bitte widerstehen Sie der Versuchung zu beteuern, das könne auf gar keinen Fall passieren. Besser ist eine ehrliche Antwort, zum Beispiel: „Ja, manche Menschen, die Krebs haben, sterben auch daran. Wir wissen noch nicht, ob der Papa wieder ganz gesund werden wird, aber die Ärzte tun alles dafür.“
Auch Jugendliche machen sich von Anfang an viele Gedanken darum, was die Diagnose für den Kranken und die Familie bedeutet. Je mehr ehrliche Informationen sie bekommen, desto kleiner ist ihr Bedarf, selbst im Internet zu suchen und auf ungefilterte und oft erschreckende Informationen und Statistiken zu stoßen. Jugendliche wollen sich keinen falschen Illusionen hingeben, sie schätzen ehrliche Antworten ihrer Eltern.“
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"Was Kinder und Jugendlichen hilft, wenn Eltern an Krebs erkranken": Die Broschüre der Krebsgesellschaft NRW kann unter dem Link kostenlos bestellt werden. Zum direkten Download gibt es sie hier.