Ihr Lieben, für Jasmine ist in diesem Jahr ein kleines Weihnachtswunder geschehen, denn ihr 12jähriger Sohn mit Autismus hat Lesen gelernt! Für ihn ist die Weihnachtszeit zwar herausfordernd, trotzdem überwiegt in der Familie grad einfach der Stolz.
Liebe Jasmine, wann hast du gemerkt, dass mit deinem Sohn etwas anders ist – und wie?
Ich war tatsächlich lange sehr entspannt, weil ich immer dachte, dass Felix einfach ein bisschen länger braucht und jedes Kind ja sein individuelles Tempo hat. Ähnlich sah es auch unser Kinderarzt eine Weile. Felix war schon als Baby etwas langsamer in der Entwicklung als Gleichaltrige. So hat er sich anfangs gar nicht gedreht, während andere Babys schon gekrabbelt sind. Er hat auch schon ziemlich früh Physiotherapie bekommen.
Gesprochen hat er auch mit drei noch kaum ein Wort. Erst mit dreieinhalb Jahren im Kindergarten ging das Sprechen langsam los. Auf einmal explodierte er vor lauter Wörtern und auch heute noch steht sein Mund eigentlich nur still, wenn er schläft 🙂
Welche Untersuchungen standen dann an, bis ihr eine Diagnose hattet?
Er bekam im Kindergarten Frühförderung und wechselte schließlich in einen integrativen Kindergarten. Später habe ich leider erfahren, dass er im ersten Kindergarten zeitweise gar nicht richtig beachtet wurde. Eine Mutter erzählte mir beispielsweise Jahre später, dass sie in der Turnhalle gehört hätte, dass die Erzieher gesagt haben, Felix bräuchte man die Regeln nicht erklären, das würde er sowieso nicht verstehen.
Er stand dann lange auf der Warteliste für das Kinderzentrum Pelzerhaken wo er dann schlussendlich die Diagnose Autismus sowie Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung bekam. Vor drei Jahren kam noch die Diagnose Epilepsie dazu, die wir glücklicherweise durch Medikamente gut im Griff haben.
Welche Maßnahmen habt ihr ergriffen, um ihn zu fördern?
Seit ein paar Jahren hat er einen Autismus Therapeuten. Leider hatten wir bereits drei Wechsel des Therapeuten, was für einen Autisten natürlich nicht einfach ist. Außerdem mussten wir den ersten Therapeuten wechseln, weil wir durch viele verschiedene Situationen die Kompetenz in Frage stellen mussten.
Ähnlich ist es in der Schule: Es steht und fällt mit geeignetem Personal. Felix geht auf eine Förderschule. Auch hier ist leider ständiger Wechsel an der Tagesordnung und jeder zieht seinen eigenen Stiefel durch. Leider reagiert Felix darauf mit einer verminderten Impulskontrolle, das heißt, dass er für manchen spontan und grundlos durch den Raum rennt und Arbeitsblätter durch die Gegend wirft etc. Das führt natürlich zu Stress mit den Lehrern und trotz Schulbegleitung sind dort teilweise alle überfordert.
Was macht deinen Sohn aus, magst du ihn mal charakterlich beschreiben?
Mein Sohn ist wahnsinnig sensibel und hat immer Angst, etwas falsch zu machen. Er ist sehr selbstkritisch und möchte alles perfekt machen. Er ist emphatisch und liebevoll. Im Morgenkreis hat die Lehrerin gefragt, was die Kinder an ihren Müttern am tollsten finden und Felix hat gesagt: „Dass meine Mama mich lieb hat. Das sagt sie mir jeden Abend vorm Schlafen gehen.“
Was macht ihn für dich ganz besonders?
Für seine Brüder und auch für uns ist es sehr oft eine herausfordernde Situation mit Felix. Seine Brüder müssen viel Rücksicht nehmen. Mein mittlerer Sohn ist dadurch wahnsinnig emphatisch und hilfsbereit. Der Kleine bekommt es noch nicht so viel mit, aber durch ihn ist wiederum Felix ein ganzes Stück hilfsbereiter geworden.
Wie geht es ihm jetzt in der Weihnachtszeit mit all den Lichtern und dem Trubel?
Die Weihnachtszeit ist eine sehr herausfordernde Zeit. Neurotypische Kinder sind aufgeregt und haben das Kribbeln im Bauch. Bei Felix rennen Elefanten durch den Bauch. Es gibt quasi keine Stabilitäten. Alles ist anders, es gibt Geheimnisse usw. Das ist für ihn teilweise schwer auszuhalten. Auch da reagiert er durch impulsives Verhalten, Echolalie (also das Nacherzählen von Geschichten) und Provokation.
Du hast in diesem Jahr dein persönliches kleines Weihnachtswunder erlebt, erzähl doch mal, worum es da geht…
Im letzten Jahr hatte er eine tolle Lehrerin, die ihn so gefördert hat, dass er endlich lesen gelernt hat. Das ist mein persönliches Weihnachtswunder. Das haben wir ihm so gewünscht, weil er Geschichten liebt und es ihm so vieles erleichtert. Er ist wahnsinnig stolz und wir natürlich auch.
Was hat dieses mit dir und eurer Familie gemacht?
Im nächsten Jahr freue ich mich darauf, dass er noch flüssiger lesen kann und wir zusammen mal kleine Geschichten lesen können oder er seinem kleinen Bruder etwas vorliest. Außerdem hoffe ich, dass er nach Weihnachten wieder etwas ruhiger wird und wir die schönen Momente wieder mehr genießen können.
Worauf freust du dich im nächsten Jahr?
Ab Januar arbeite ich selbst als Schulbegleitung, weil ich weiß, wie wichtig dieser Beruf ist und wie viel man dadurch dem Kind und auch den Eltern geben kann. Darauf freue ich mich.
2 comments
Das ist wirklich ein tolles Highlight und ich verstehe, dass ihr euch sehr darüber freut! Alles Gute für dich und deinen Sohn und ein starkes Jahr 2024 mit ganz vielen Büchern, die er sich nach und nach selbst erschließen kann.
Liebe Jasmine. Ich freue mich so riesig für Euch, was ein Meilenstein mit dem Lesen und wie wunderbar für sein ganzes Leben. Du hast es so toll beschrieben, wie Autisten die Weihnachtszeit empfinden (können) und auch ŵas das für die Geschwister bedeutet. Sehr ähnlich wie bei uns.
Viel Kraft und weiterhin wunderbare „Meilensteine“ wünsche ich Euch.
Ka