Ihr Lieben, auf dem Bild da oben seht ihr Lisa, mich und Kai. Wir drei kennen uns schon seeeeeehr lange, haben die gleiche Journalistenschule besucht. Kai und ich waren in Hamburg praktisch Nachbarn, haben unweit der Reeperbahn nur einen Steinwurf von einander entfernt gewohnt. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass wir unzählige Nächte in schäbigen Kneipen auf dem Kiez verbracht, dort getanzt, gefeiert, getrunken haben – um uns wenige Stunden später in die S-Bahn zu setzen und ins Büro gefahren sind. Oft haben wir uns nach solchen Partynächten dann mittags in der Kantine getroffen, um unseren Kater mit einer großen Portion Nudeln zu besiegen.
2008 sind wir dann nach Berlin umgezogen – gleichzeitig. Und 2010 wurden wir gleichzeitig das erste Mal Mama bzw. Papa. Unsere Töchter sind gerade mal drei Wochen auseinander, Kais Frau war im ersten Babyjahr einer der wichtigsten Ansprechpartnerinnen für mich. Wir waren gemeinsam beim Pekip, bei der Rückbildung und haben viel Zeit auf dem Spielplatz verbracht.
Uns verbindet also eine langjährige Freundschaft, deshalb freut es mich ganz besonders, dass wir heute hier seinen ersten Roman vorstellen dürfen. Es ist ein Roman über Kais Heimat, den Ruhrpott und eine besondere Vater-Sohn-Beziehung. Wir empfehlen euch „Bottrop Boy“ von ganzem Herzen – für euch selbst, euren Liebsten (ist ja bald Vatertag!) oder alle, die ganz einfach gute Geschichten mögen. (Hier könnt ihr das Buch bestellen). Und nun erstmal ein Interview mit Kai:
Lieber Kai, dein Buch „Bottrop Boy“ spielt natürlich im Ruhrpott – deiner Heimat. Was verbindest du mit Bottrop und dem Ruhrgebiet?
Obwohl ich seit 20 Jahren nicht mehr dort lebe, wird Bottrop immer meine Heimat bleiben. Man sagt ja: „Home is where the heart is“. Genau das ist der Ruhrpott für mich. Ich habe in Hamburg gelebt, in London und Berlin. Alles tolle Städte, in denen man sich sehr wohl fühlen kann. Zuhause ist für mich allerdings die hässlichste, am wenigsten weltstädtische Stadt, in der ich je gewohnt habe: Bottrop. Das liegt sicher nicht an Architektur oder kulturellen Möglichkeiten, die man dort hätte. Das liegt einzig und allein an den Menschen, die dort leben.
Wir sind zur gleichen Zeit nach Berlin gezogen und leben seit 14 Jahren in der Hauptstadt. Ist Berlin denn gar nicht Heimat?
Ich wohne gern in Berlin. Unsere Kinder sind hier geboren, wir fühlen uns hier wohl. Aber Heimat ist für mich viel mehr ein Gefühl als ein Ort. Etwas, mit dem ich schöne Erinnerungen verbinde, das mich geprägt und zu dem Menschen gemacht hat, der ich bin. Und das ist nun mal das Ruhrgebiet.
Was passiert einem in Berlin – aber garantiert nicht im Pott? Und umgekehrt?
Natürlich ist Berlin die viel aufregendere Stadt. Wenn du in Berlin einen Tag draußen verbringst, wirst du immer etwas erleben, von dem du abends erzählst: Das gibt es so echt nur in Berlin. Das ist schon toll.
Bottrop hingegen ist wie „Täglich grüßt das Murmeltier“: Wenn wir dort zu Besuch sind und uns ins Café setzen, dann wetten meine Frau und ich immer darauf, wer wann in welcher Reihenfolge dort vorbeiläuft. Meist stimmt das dann auch.
Was mich an Berlin wirklich stört, ist die Tatsache, dass man dort Unhöflichkeit als Kulturgut verkauft. „Berliner Schnauze“ ist ja nichts anderes als Schroffheit und Desinteresse an anderen Menschen. Im Pott sind die Menschen auch schroff, aber zugleich herzlich. In Berlin sagen sie zu dir: „Du Pannemann.“ In Bottrop sagen sie: „Du Pannemann, lass ma Bier trinken zusammen.“
In deinem Buch geht es um den Protagonisten Andi und seinen Vater. Du hast deinen Vater früh verloren. Was hast du von deinem Vater gelernt?
Mein Vater war der entspannteste Typ, den ich je kennenlernen durfte. Er hat sich selten wirklich über Dinge aufgeregt und die Menschen sein lassen, wie sie sind. Das versuche ich auch. Mit Hermann, Andis Vater aus meinem Buch, hatte mein Vater nicht viel gemein. Außer, dass beides alles für ihre Söhne tun würden.
Wann hast du deinen Vater zuletzt richtig doll vermisst?
Ich vermisse meinen Vater sehr oft, wenn ich meinen Kindern ins Gesicht schaue. Wenn sie plötzlich schon wieder so schnell gewachsen sind, oder etwas geschafft haben, auf das sie stolz sind. Dann denke ich immer: Das hätte der Opa sicher gern gesehen. Schade, dass er euch nicht mehr kennenlernen durfte. Er hätte euch sehr gemocht.
Du bist selbst Vater von zwei Kindern. Welche Art Vater wolltest du nie sein?
Ich wollte nie der autoritäre Typ sein, der seinen Kindern alles vorschreibt. Ich wollte immer eher Kumpel sein. Was man sich halt so vornimmt, solange man keine Kinder hat.
Wenn sie dann da sind, ist man am Ende doch überrascht, wie oft man sich anders verhält, als man sich das vorgenommen hatte. Weil man dann doch viel überforderter ist, als man sich das hätte vorstellen können. Weil man ja noch immer seine eigenen Sorgen und Probleme hat.
Und was für ein Typ Vater bist du?
Ich glaube schon, dass ich meinen Kindern ein sehr guter Freund bin. Ich nehme mir vor, immer für sie da zu sein, immer ein offenes Ohr zu haben, ihre Sorgen und Nöte ernst zu nehmen und zu lindern. Aber ich bin halt auch ihr Vater. Der ihnen vorzuleben versucht, wie man sich verhalten sollte. Dafür braucht es gewisse Spielregeln. Wir wohnen ja in Prenzlauer Berg, da sehe ich auf den Spielplätzen, wohin Erziehung ohne Regeln führt. Ich möchte meinen Kindern vorleben, dass Respekt, Höflichkeit und Empathie zentrale Bestandteile des menschlichen Miteinanders sind. Sonst werden meine Kinder wie mein Romanheld Andi. Der ist auch kein schlechter Typ, aber seine Impulskontrolle lässt doch sehr zu wünschen übrig.
Zurück zum Buch. Ist „Bottrop Boy“ ein Männerbuch?
Nein, im Gegenteil. Zwar sind Vater und Sohn die Protagonisten, aber wer den Roman liest, wird schnell merken: Die wirklich starken Figuren, das sind die Frauen. Andis Mutter Else, die den Laden zusammenhält. Seine Ex Anja, für die er endlich erwachsen werden will. Und eine Frau namens Rosa, die am Schluss eine überraschend zentrale Rolle spielt…
Welches Gefühl wünscht du deinen Lesern, wenn sie dein Buch zu Ende gelesen haben?
Ich wollte ein lustiges Buch schreiben, das die Menschen im Ruhrpott zeigt, wie sie sind: offen, herzlich, verlässlich in der Not. Ich möchte niemanden belehren und den Leserinnen und Lesern auch keine Moral von der Geschicht` einimpfen. Ich würde mich freuen, wenn sie sich amüsieren und die Charaktere mögen. Außer Busch, den Pannemann. Mit dem würde ich kein Bier trinken.