Ihr Lieben, ich habe grade den Artikel über die verschwiegene Adoption gelesen. Nun mache ich mir Gedanken, ob es noch weitere Erfahrungsberichte gibt, in denen eine Person nie die Möglichkeit hatte, seinen Vater kennenzulernen – etwa, weil dieser schon vor der Geburt verstorben ist. Genau so ist es uns nämlich passiert.
Mein Lebensgefährte verstarb im letzten Jahr ganz plötzlich, ich war zu dieser Zeit mit unserem dritten Kind schwanger. Ich mache mir große Sorgen, was es wohl in meinem Kind auslöst, wenn ihm die Chance, seinen Vater kennenzulernen verwehrt bleibt.
Ich kann ihm ja nicht mal erzählen, dass sein Vater ihn wenigstens einmal auf dem Arm hatte. Es gibt kein einziges Foto von den beiden. Was macht das mit einem Kind? Wie wird sich das auf sein späteres Leben auswirken? Wisst ihr, wo ich Informationen darüber finden kann?
Herzliche Grüße
4 comments
Ich denke es wird nicht einfach. Aber es wird schon, es gibt Bilder und er wird nicht verschwiegen. Das ist nämlich das Schlimmste wenn ein Kind seine Wurzeln nicht kennt/ kennen darf. Alles Andere regelt sich zumal der gefühlsmäßig Bezug fehlt. Das Kind hat ihn nie kennengelernt und kann ihn nicht „konkret“ vermissen.
Ehe jetzt gemeckert wird, natürlich gibt es das Vermissen aber eben anders/ distanzierter als beim Verlust des Vaters den man direkt kannte.
Und bei allen Sorgen, schieb diese Gedanken nicht zu weit nach vorn du bestimmst die Last die das für dein Kind wird damit mit. Verlust gehört zum Leben und Kinder können damit durchaus, altersgerecht besprochen, umgehen.
Ein Hinweis dazu aus meiner erweiterten Familie: Als mein Großvater im Krieg fiel, war seine älteste Tochter 8 Jahre alt, seine jüngste Tochter noch nicht geboren. Sie hat ihren Vater nie kennengelernt, kam auf der Flucht zur Welt, sogar in einem anderen Land als die Familie vorher lebte.
Die älteste Tochter, die den Vater kannte und über alles liebte, ist heute über 80 Jahre alt und hat diesen Verlust nie, nie, nie verwunden. Es war wegen der Umstände keine Möglichkeit der Verarbeitung oder Trauer gegeben, es ging ums nackte Überleben.
Die jüngste Tochter auch schon Ende 70 inzwischen, hat nach eigenen Angaben nie etwas vermisst. Da waren die vielen Geschwister, die Mutter, die Oma. Sie war immer geborgen und kannte den Vater nur aus Erzählungen.
Ich denke es kommt auf die jeweilige Person und die Umgebung an, wie so ein Verlust verarbeitet wird. Es wird wohl darauf ankommen, das jüngste Kind einzubinden in eine Erinnerungskultur, die für die älteren Kinder, die ja den Vater auch verloren haben und sicher auch aktiv vermissen, einzubinden. Alles Gute!
Ich kann Ihnen sagen was es aus einem Kind macht, mein Vater verunglückte 4 Monate vor meiner Geburt tödlich. Mittlerweile bin ich 55 Jahre jung und es schmerzt mich immer noch (auch wenn ich Ihn nie kennen lernen durfte). Als Kind sieht man Freunde mit Ihren Papas und oft war da diese Sehnsucht…andere Mädchen erzählten von Ihren Papas und was der alles tolles gemacht hat mit Ihnen. Ich war oft traurig denn meine Mutter hatte leider schnell wechselnde Partner also habe ich nie erlebt was ein Papa alles sein kann für ein Kind. Heute frage ich mich oft was alles anders gelaufen wäre in meinem Leben. Ich wünsche Ihnen alle Kraft der Welt, denn es ist nicht einfach.
Ich kenne meinen Vater, aber durfte meine Schwester nie treffen, weil sie nur wenige Tage alt wurde. Mir half damals tatsächlich, wenn meine Eltern mir Erinnerungen mit ihr erzählt haben. Nicht ständig, aber immer wenn es mal als Thema aufkam. Ich habe auch ab und zu das Grab besuchen können. Zudem sehe ich an meinem Sohn, dass er die „getrennte Eltern“-Situation als völlig normal sieht, weil er es ja nicht anders kennt. Also Fragen beantworten, in Erinnerung schwelgen, aber nicht ständig präsent haben.