„War das so geplant?“ Simone über ihre drei Schwangerschaften in vier Jahren

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Im August 2011 kam unser Sohn sechs Tage nach dem errechneten Termin zur Welt. Er war ein absolutes Wunschkind – doch die Geburt war ein Albtraum und endete nach einer Vielzahl von Interventionen in einem Kaiserschnitt, den ich zum Schluss herbeigesehnt hatte. Lange Zeit danach haderte ich noch mit dem, was da unter der Geburt geschehen war, fühlte mich seltsam ‚schwach‘ und verletzt und hatte zu diesem Zeitpunkt leider keine Ahnung, dass ich mit so einem Erlebnis nicht allein war.

Wir waren sehr gerne Eltern, aber der Gedanke an eine weitere Geburt erschreckte mich sehr und so kam ein Geschwisterkind für mich erstmal nicht infrage. Nach etwas mehr als zwei Jahren ändert sich das. Ich nahm mir vor, dass ich mich- sollte ich schwanger werden – sofort um eine Beleghebamme kümmern würde. Ausserdem wollte ich auch die Schwangerschaft anders gestalten. Beim ersten Mal hatte ich sehr viel zugenommen, gar keinen Sport gemacht und war zum Ende hin wirklich unfit. Das wollte ich nicht wiederholen. 

Nach einigen Monaten wurde ich schwanger, doch leider endete diese Schwangerschaft in einer frühen Fehlgeburt in der neunten Schwangerschaftswoche, die mich für einige Wochen sehr beschäftigte. Ich war mir jedoch sofort sicher, dass wir es wieder probieren würden und im Frühjahr 2015 war ich erneut schwanger. Die ersten Wochen waren schwierig, die Fehlgeburt hatte Spuren hinterlassen. So fiel es mir überaus schwer, meinem ‚Körper zu vertrauen‘ oder "natürlich" in mich hineinzuhorchen. Im Grunde horchte ich so oft und inständig in mich hinein, dass ich einfach gar nicht mehr wusste, was ich dachte und fühlte. Stattdessen fieberte ich jedem Vorsorgetermin entgegen, denn nur meine Ärztin, ihr Ultraschallgerät und das sichtbar schlagende Herzchen konnten mich beruhigen.

Auch nachdem die ersten kritischen Wochen überstanden waren, verschwanden diese Ängste und Sorgen nicht komplett. Aber unserer Tochter ging es gut und meine Vorfreude wuchs. Ich hatte eine Beleghebamme gefunden und mich mit dem Thema Geburtstrauma auseinander gesetzt. Ich hatte viele Berichte anderer Frauen gelesen und merkte: 1. Ich bin nicht allein,  2. so ein schlimmes Geburtserlebnis muss sich nicht wiederholen und 3. eine spontane Geburt ist auch nach einem Kaiserschnitt möglich. 

Ich achtete gut auf mich, machte täglich meine Yogaübungen und am 23. 12. 2015 machte sich unsere Tochter auf den Weg zu uns. Die Geburt war ein unbeschreibliches Ereignis – es war natürlich kein Spaziergang, aber ich fühlte mich in dieser Extremsituation zu keiner Zeit verloren oder war verzweifelt. Ich war gut versorgt und betreut. Diese Geburt war so, wie ich sie mir gewünscht hatte und so feierten wir Weihnachten tatsächlich zu Viert. 

Die ersten Lebenswochen verbrachten wir damit, unser kleines Mädchen anzuhimmeln. Es war alles so schön – und uns war bald klar, dass unsere Familie gerne noch weiterwachsen kann. Zu diesem Zeitpunkt wohnten wir noch in einer wirklich kleinen Wohnung und suchten lange nach einer größeren oder gar nach einem bezahlbaren Haus zur Miete, aber das war in unserer Stadt unerschwinglich.

Als ich dann bereits im darauffolgenden Sommer wieder schwanger war, suchten wir auch in den umliegenden Städten und wurden endlich fündig! Diese Schwangerschaft war dann natürlich etwas anstrengender. Ich musste einen Umzug organisieren und gleichzeitig den Bedürfnissen von zwei Kindern gerecht werden. Ende 2016 bezogen wir unser neues Heim und im Frühjahr 2017 wurde unser drittes Kind geboren. Auch dieses Mal war eine Beleghebamme an meiner Seite, die Geburt unseres zweiten Sohnes dauerte ‚nur‘ intensive vier Stunden.

In den nächsten Wochen stellten wir fest, dass uns der Wechsel von einem zu zwei Kindern deutlich leichter gefallen war, als der von zwei zu drei Kindern. Denn an dem oft gehörten Spruch, dass ab dann die Kinder in der Überzahl seien, war schon was dran. Zudem hatte ich mir vorgenommen, bereits im Herbst wieder mit meiner Arbeit (als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni) zu beginnen und das war, wie sich bald herausstellte, keine gute Idee: Eine Betreuung hatten wir nicht, sowieso eigentlich keine Hilfe von außen, und so rotierten mein Mann und ich hin und her, um unsere Jobs, die Kinder und den Haushalt unter einen Hut zu bekommen. Wir beide arbeiteten oft abends und am Wochenende, doch das war einfach nur kräftezehrend. Diese Zeit wünsche ich mir wirklich nicht zurück, mein Mann und ich sind in diesem Monaten echt an unsere Grenzen gekommen.  

Trotz des uns umgebenden Chaos, der Müdigkeit und unzähligen Streitereien wegen Nichts wuchs der Wunsch, dass wir noch ein viertes Kind bekommen wollten. Allerdings war uns klar, dass es dann so nicht weiterlaufen könne. Wir beschlossen, dass ich mich dieses Mal wirklich konsequent aus meinem Job zurückziehen, den Schreibtisch tatsächlich links liegen lassen und auch keine Nachtschichten mehr für besonders dringende Aufsätze oder noch zu schreibende Vortragstexte mehr einlegen würde. Ich würde ‚einfach‘ schwanger sein, mir ein vernünftiges Wochenbett gönnen und mich dann ‚nur‘ um die Kinder und unseren Alltag kümmern.

Und auch dieses Mal wurde ich recht schnell schwanger, allerdings zeigte sich jetzt, dass mein Körper in den letzten Jahren doch einiges geleistet hatte: In den ersten drei Monaten war ich immer nur sehr, sehr müde oder mir war schlecht – beides kannte ich so extrem noch nicht. Im zweiten Trimester wurde es dann besser, aber das dritte hatte es in sich: Ich hatte starke Vorwehen, war oft wie erschlagen und mit der Mattheit wuchs mit einem Mal auch die Sorge: Würde ich tatsächlich auch eine vierte Geburt schaffen? Würde es meinem Kind und mir anschließend auch wirklich gut gehen?

Mir war klar, dass ich nach der Geburt relativ schnell wieder fit sein muss. Denn da waren ja noch drei kleine Kinder und da mein Mann selbstständig ist, gab es keinen bezahlten Urlaub für ihn. Ich führte viele Gespräche mit meiner Hebamme, die mir Mut machte. Unsere Tochter kam ein paar Tage nach Termin in einer schönen ambulanten Geburt zur Welt – und nun leben wir seit über vier Monaten zu Sechst. Und das fühlt sich wirklich gut an. 

Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich niemals vier Kinder bekommen hätte, wenn mich nicht zwei so großartige Hebammen begleitet hätten. Sie haben mich unterstützt und mich bestärkt. Liebe Sonja, liebe Heike, dafür danke ich Euch von Herzen. Und allen Frauen da draußen, die ebenfalls schwere Geburten hatten, möchte ich Mut machen: Man kann dieses Trauma überwinden. Ich wünsche Euch alles Liebe. 

—– Über die Autorin: Simone, 36 Jahre, wohnt und arbeitet im Ruhrgebiet. Sie hat vier Kinder im Alter von acht Jahren bis vier Monate und schreibt auf www.booksandbabies.de über Bücher für große und kleiner Leser und übers Familienleben zwischen Alltag, Ausflugstipps und Kuchen.

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