Ihr Lieben, unsere Leserin war 27, als ihr Mann eine Vasektomie wollte. Ihr selbst war das zu früh für eine endgültige Entscheidung, obwohl sie bereits vier gemeinsame Kinder hatten. Sie hat ihrem Mann zunächst übelgenommen, dass er diese Entscheidung für sich getroffen hat ohne sieh einzubeziehen. Am Ende war sie ihm aber dankbar, weil Verhütung einfach wirklich kein Thema mehr war.
Liebe Larissa, dein Mann war 29, als er die Vasektomie wollte. Erzähl mal, wie es dazu kam?
Für ihn war klar, dass die Familienplanung abgeschlossen ist. Wir brauchten also eine sichere, idealerweise langfristige Verhütungsmethode. Hormonelle Verhütung kam für mich nicht mehr in Frage, weil ich davon viele unangenehme Nebenwirkungen hatte. Eine Vasektomie war ganz pragmatisch gesehen die einfachste Lösung. Außerdem haben wir im Familien- und Freundeskreis sehr viele Männer, die das schon gemacht hatten und nur Positives berichten konnten.
Du warst 27, hattest gerade das 4. Kind bekommen. Warum war dir das trotzdem gefühlt zu früh mit dem endgültigen Ende der Familienplanung?
Wir haben in kurzen Abständen vier Kinder bekommen. Ich war fünf Jahre lang entweder schwanger oder habe gestillt oder beides gleichzeitig. Das war körperlich zwar sehr anstrengend, aber ich habe die Babyzeit absolut geliebt. Rückblickend würde ich sagen, ich war in einem regelrechten Hormonrausch, alles ein bisschen weichgespült und mit rosaroter Brille. Ich war noch nicht bereit, das auf Dauer aufzugeben.

Wie erinnerst du die Zeit damals?
Ich konnte mir gut vorstellen, noch ein Baby zu bekommen. Mein Mann meinte: „Das sagst du auch nach dem 5. und 6. Kind noch“… und ziemlich sicher hatte er recht damit 🙂 Er war definitiv der rationalere Part von uns und hat weiter voraus gedacht. Beim dritten Kind brauchten wir ein größeres Auto und mussten in eine größere Wohnung umziehen, beim 4. brauchten wir gar nichts Neues anschaffen. Das war vergleichsweise unkompliziert. Aber natürlich wäre das nicht ewig so weitergegangen. Außerdem waren wir zu dem Zeitpunkt schon selbstständig, das heißt Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, wurde immer schwieriger. Mein Mann hat dann beschlossen, jetzt ist Schluss mit der Familienplanung.
Wie hat sich das für dich angefühlt?
Sehr ambivalent. Prinzipiell habe ich ihm zugestimmt, dass das am vernünftigsten ist. Rein vom Verstand her wusste ich, dass schon vier Kinder zeitlich und finanziell eine heftige Herausforderung sind. Auch jedem Kind gerecht zu werden, ist ja irre schwierig, je mehr Geschwister es werden. Paarzeit oder Me-Time erforderten viel Organisation und waren so gut wie nicht vorhanden. Für vier Kinder unter 5 findet man auch nicht mal eben einen bezahlbaren Babysitter. Also war die Entscheidung vom Kopf her absolut richtig.
Zusätzlich war ich sehr erleichtert, dass das elende Verhütungsthema mit einer Vasektomie vom Tisch wäre. Auf der Gefühlsebene konnte ich mich aber tatsächlich gar nicht damit anfreunden. Dass unser jüngstes Kind mein letztes sein sollte, hat mich total traurig und wehmütig gemacht. Außerdem dachte ich: Ich bin erst 27 und kann vermutlich noch 15 Jahre Kinder bekommen…
Vielleicht will ich ja mit Mitte 30 noch mal ein oder zwei Nachzügler bekommen. Mir war das zu früh für eine endgültige Entscheidung. Und ehrlicherweise habe ich meinem Mann übelgenommen, dass er diese Entscheidung für sich getroffen hat ohne mich einzubeziehen. Das war keine gemeinsame Entscheidung, sondern sein unverhandelbarer Entschluss.
Wie hat er auf deine Bedenken reagiert?
Pragmatisch wie immer. Er meinte, er möchte keine weiteren Kinder. Sollte ich in ein paar Jahren noch mal Kinder wollen, könnte ich ja noch welche bekommen, aber dann halt nicht mit ihm. Seine Vasektomie nähme mir ja nicht die Möglichkeit, schwanger zu werden. Was faktisch richtig ist, aber ja im Prinzip auch die Wahl bedeutet zwischen meiner Beziehung und Familie mit ihm oder weiteren Kindern. Er konnte meine Gefühle nicht nachvollziehen und auf der rationalen Ebene waren wir uns einig.
Wie geht es euch heute?
Überraschenderweise war ich meinem Mann total dankbar für seine klare Entscheidung ab dem Zeitpunkt, an dem ich aus meinem gefühlten Hormonrausch raus war. Nachdem ich unseren Jüngsten abgestillt hatte, hat sich unser Alltag verändert. Gute 6 Jahre lang habe ich mich hauptsächlich um die Kinder gekümmert, nur stundenweise gearbeitet und den größten Teil unseres Einkommens hat mein Mann erarbeitet. Danach haben wir es geschafft, uns zu gleichen Teilen um die Kinder zu kümmern und unseren Jobs nachzugehen, was mir ein neues Freiheitsgefühl gegeben hat.
So eine Großfamilie ist wunderschön, bedeutet aber eben auch viel Arbeit, Abstimmung, Organisation und Sorgen. Vor allem zu den Corona-Lockdown-Phasen mit Homeoffice und Homeschooling habe ich mindestens einmal täglich gedacht „Gott sei Dank ist es bei 4 Kindern geblieben!“ Inzwischen sind unsere Teenies zwischen 14 und 19. Die Älteste zieht dieses Jahr aus. Ich hätte gerade wieder gerne nochmal ein Baby, aber das ist kein echter Kinderwunsch, sondern eher die Wehmut, dass dieses Kapitel unweigerlich zu Ende geht. Das Loslassen fällt mir schwerer als erwartet.
Tatsächlich konnte ich mir in den letzten 12 Jahren kein einziges Mal ernsthaft vorstellen, nochmal von vorne anzufangen mit Windeln wechseln und Schlafmangel und allem, was dazu gehört. Ich wollte die wieder gewonnene Freiheit nicht aufgeben. Von daher war die Vasektomie zum damaligen Zeitpunkt eine richtige Entscheidung, auch wenn es keine gemeinsam getroffene war.
Hat dich das damals in gewisser Weise von deinem Mann entfernt?
Nein, entfernt nicht. Ich war zwar verletzt von der Entscheidung an sich und seinem Alleingang, aber bei dem Thema Kinderwunsch gibt es einfach keine Kompromisse. Ich verteidige zu jedem Zeitpunkt „my body, my choice“, das muss auch für ihn gelten. Was er mit seinem Körper anstellt, ist allein seine Entscheidung. Und ich kann dann entscheiden, wie ich damit umgehe.
Wir hatten das riesige Glück, durch vier relativ komplikationslose Schwangerschaften und ebenso vergleichsweise leichte Geburten vier gesunde Kinder in den Armen zu halten. Das ist an sich ein fast unfassbarer Jackpot. Keine Abgänge, keine traumatischen Geburten, keine Wochenbettdepressionen. Damit habe ich mich getröstet. Bei aller Wehmut überwiegt die Dankbarkeit.
Wie ist die OP gelaufen?
Gut, komplikationsfrei.
Hat sich bei euch beiden in der Beziehung oder in der Intimität etwas verändert?
Einige meiner engsten Freundinnen leiden seit Jahren unter ihrem unerfüllten Kinderwunsch. Ich hingegen hatte seit meinen ersten sexuellen Erfahrungen ständig Angst, ungewollt schwanger zu werden. In meiner Familie gibt es Kinder, die trotz Spirale oder durch ein verrutschtes Kondom entstanden sind. Diese Fruchtbarkeit ist ein Geschenk, aber gleichzeitig eben auch Anlass für Ängste und eine gehemmte Sexualität.
Von dieser Angst waren mein Mann und ich ein paar Monate nach der Vasektomie befreit. Es hat aber ein Stück gedauert, bis ich darauf vertraut habe, dass wir uns um Verhütung wirklich keine Gedanken mehr machen müssen. Insofern hat unsere Intimität sehr davon profitiert, weil sie gelassener und entspannter geworden ist.
Was würdest du anderen raten, die grad überlegen?
Nichts 🙂 Das muss jedes Paar individuell für sich entscheiden. Wir haben wirklich viele männliche Freunde, die eine Vasektomie haben machen lassen und ich finde nach wie vor, dass das im Vergleich zu sämtlichen Verhütungsmethoden, um die sich alleine die Frauen kümmern müssen, ein harmloser und relativ einfacher Eingriff ist.
Die Befürchtung, dass sich die Männer danach weniger männlich zu fühlen, kann ich zumindest aus meinem Freundeskreis gar nicht bestätigen. Aber es ist eben auch eine langfristige Entscheidung, die nur mit ungewissem Ausgang rückgängig zu machen ist.

5 comments
Mein Mann hat sich auch für eine Vasektomie entschieden. Die Entscheidung kam von ihm aus und ich habe es befürwortet. So wie es meine Entscheidung war das ich keine Hormone nehmen möchte oder anderes. Bis zur Durchführung verging noch ein paar Monate so das wir es immer wieder mal noch besprochen haben. Meine Frauenärztin fand die Entscheidung Klasse. Bei der OP wurde aber vom Arzt/Pfleger angezweifelt das es wirklich seine freie Entscheidung war oder ob ich ihn nicht dazu gedrängt hätte. Fand ich doch etwas befremdlich diese Meinung.
My body, my choice…
Mein Mann hat nach dem dritten Kind auch für sich entschieden dass er keine weiteren Kinder möchte und obwohl ich das emotional gar nicht haben konnte, war es rational richtig so. Er hätte die OP nicht ohne mein Einverständnis gemacht glaube ich, aber ich bin wie die Autorin total dankbar dass er so klar war in seiner Entscheidung. Für die Sexualität war es ein großes Geschenk!
Ich finde es nach 4 Kindern auch nachvollziehbarer, aber im Grunde ist es doch völlig wurscht, nach wievielen Kindern der Mann diesen Entschluss gefasst hat. Vor allem für uns Leser. Und immer sollte gelten, mein Körper, meine Entscheidung. Auch hier
Das Foto ist ja definitiv irreführend. ich dachte, es ginge darum, dass der Mann nach einem Einzelkind entschieden hätte eine Vasektomie durchzuführen. Nach vier Kindern sieht das meiner Meinung nach ganz anders aus.