Ihr Lieben, es ist so schön, wenn sich Geschichten weiterentwickeln, wenn sich InterviewpartnerInnen oder Gastbeitrag-AutorInnen nach Jahren wieder bei uns melden (oder wir uns bei ihnen), und wir erfahren, wie alles weiterging. Bei Rita zum Beispiel, die uns 2017 in ihrem Beitrag „Mein Kind ist 16 Monate alt und muss mit einer Magensonde ernährt werden„, hat sich so einiges im Leben mit ihrer Tochter Nara zum Positiven entwickelt…
Liebe Rita, vor vier Jahren hast du uns ein Interview gegeben, deine Tochter Nara war 16 Monate alt und musste mit einer Magensonde ernährt werden? Wie geht es ihr heute?
Nara wird in wenigen Tagen 6 Jahre alt. Ihr geht es gut, seit vier Jahren mussten wir nicht mehr wegen einem Notfall in die Klinik. Sie hat weiterhin die Magensonde, ohne geht es nicht, aber sie hat wieder essen gelernt und ist auch sonst ein ganz normales Mädchen. Sie liebt es, mit ihrem Puppenhaus zu spielen, malt und bastelt gerne. Eiskönigin Elsa ist ihre Heldin. Leider kann Nara derzeit nicht in den Kindergarten gehen, da das Sozialamt unseren Antrag auf 1:1-Betreuung noch nicht bearbeitet hat.
Und wie geht es DIR heute – als Mama und in deinem Leben?
Mir als Mama geht es gut, ich habe 2018 meinen neuen Ehemann kennengelernt und geheiratet. Er ist für Nara der Papa und das funktioniert super. Seit 2020 hat Nara auch einen kleinen Bruder.
Du warst damals alleinerziehend, heute ist das also anders. Wie hat sich dein Alltag dadurch verändert? Und wie dein Seelenhaushalt?
Seit Sommer 2018 kam Tom an unsere Seite und in unsere Familie… als Ehemann und Papa. Er hat zu einem großen Teil auch die Pflege von Nara übernommen.
Wie habt ihr euch kennengelernt, wie hast du ihm von deiner besonderen Situation erzählt und wie hat er reagiert?
Wir haben uns über eine Facebook-Gruppe kennengelernt und er wusste schon vor dem ersten Date von meinem besonderen Mädchen. Unser erstes Treffen war ein Spaziergang mit Nara in Dresden bei kaltem Wind und Regenwetter. Nach dem dritten Date haben wir ihn nicht mehr gehen lassen, er ist direkt bei uns eingezogen und wurde von Nara zum Papa erklärt.
Wie gehen die „beiden Neuen“ mit der Erkrankung deiner Tochter um?
Für Tom ist die Krankheit von Nara genauso Alltag wie für mich. Sie war sogar Ansporn für uns beide, eine Ausbildung zum Ernährungsberater und Heilpraktiker zu beginnen um noch besser Lösungen für Probleme zu finden. Unser Sohn wird es nicht anders kennen, für ihn wird es normal sein, dass manche Dinge bei uns halt anders sind.
Du hattest damals vor, in die Nähe deiner Familie zu ziehen – hast du das getan?
Ich bin 2017 nach Dresden in die Nähe meiner Familie gezogen. 2019 ging es nach Brandenburg, weil ich da einen Job in der Verwaltung gefunden hatte. Dort haben wir es 2020 gewagt, ein Ladengeschäft für Nähmaschinen und Stoffe mit Café zu übernehmen. Leider kam dann Corona und wir mussten den Laden im Frühling 2021 für immer schließen.
Nara hatte dort zumindest für dre Monate die Möglichkeit, mit einer 1:1 Betreuung in die Kita zu gehen. Durch Corona verloren wir jedoch auch den Kitaplatz, da der Pflegedienst nach dem Lockdown keine geeignete Fachkraft mehr gefunden hat. Heißt: Wir betreuen Nara seit März 2020 wieder zuhause, was zeitweise schon ziemlich anstrengend ist, auch wenn sie sehr große Fortschritte gemacht hat.
Im Herbst 2021 sind wir wieder zurück nach Dresden umgezogen. Hier haben wir endlich einen Pflegedienst gefunden. Auch eine passende Wohnung und ein Kitaplatz fanden sich. Nur das Sozialamt hat bisher die Betreuung noch nicht bewilligt, so dass wir Nara weiterhin zuhause betreuen müssen.
Gibt es noch Kontakt zu Naras leiblichem Vater?
Zum leiblichen Vater besteht weiterhin kein Kontakt, er möchte dies nicht. Da es für Nara aber nie anders war und sie nur Tom als Papa kennt, ist das für uns kein Problem. Sie weiß, dass sie auch noch einen anderen Papa hat, aber es spielt in unserem Alltag keine Rolle.
Für Nara gab es auch neue Diagnosen… was kann sie nun, was sie damals noch nicht konnte?
Wir haben zusätzlich 2019 noch die Verdachtsdiagnosen Autismus und ADHS bekommen. Wie sich das entwickeln wird, werden wir sehen. Wir werden in Berlin von einem Kinderpsychiater betreut, der uns auf dem Weg begleiten wird und uns unterstützt.
Nara isst mittlerweile zu jeder Mahlzeit, aber die Mengen reichen derzeit noch nicht aus, um ohne Magensonde auszukommen. Wir haben uns 2019 bewusst gegen eine stationäre Sonden-Entwöhnung entschieden und ich bin sehr froh darüber. Wir haben drei Jahre gebraucht, bis Nara jetzt begreift, dass sie Essen muss und dies aus eigenem Willen heraus mit Freude tut. Sie versteht ihre Krankheit langsam und lernt, was sie darf und was nicht. Das kostet viel Zeit und Geduld, aber es funktioniert und ich bin froh, dass wir diesen Weg gegangen sind.
Wenn du dir dein Leben heute mal aus der Ferne betrachtest: Hättest du das alles gedacht, als du uns das Interview vor vier Jahren gabst?
Vor vier Jahren hätte ich nicht gedacht, dass wir so viel erreichen können. Ich habe es immer gehofft und mir auch einen Partner und Papa für Nara gewünscht, aber dass es wirklich klappt hätte ich nicht gedacht…
Gibt es Dinge, die du mit dem Wissen von heute anders machen würdest?
Mit dem Wissen von heute würde ich trotzdem alles wieder so machen. Ich wäre sogar bei mancher Entscheidung mutiger und hätte mehr auf mein Bauchgefühl gehört. Und darin kann ich auch andere Eltern nur bestärken: Hört auf euer Bauchgefühl, auch wenn es der Meinung anderer widersprechen sollte.
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Wie schön! So eine hübsche Familie! Alles Gute für Euch!