Update: So geht es Johannes nach 18 Monaten Krebs-Therapie

johannes fotor

Liebe Regina, das ist nun unser drittes Interview mit Dir. Beim letzten Mal hast Du uns von der Krebserkrankung deines Sohnes erzählt. Er hatte ein Neuroplastrom und war aufgrund seines Alters ein High Risk Patient. Du hast gesagt, seine Chancen stehen 50/50. Daher die wichtigste Frage: Wie geht es Johannes momentan?

Johannes geht es aktuell sehr gut. Wir befinden uns in den letzten Zügen der Therapie. Sein Tumormarker ist negativ.

Das letzte Mal hast Du erzählt, dass Johannes durch sechs Blöcke Chemotherapie, durch eine Hochdosis-Chemotherapie, durch eine Stammzellen-Transplantation und eine Immuntherapie muss. Ist das alles so gekommen und wie war diese Zeit? 

Johannes hat noch mehr Therapie erhalten als wir am Anfang dachten. Wir sind mit den sechs Chemo-Blöcken gestartet. Johannes hat diese recht gut vertragen, die Übelkeit und das Erbrechen konnten wir mit Medikamenten in den Griff kriegen. Allerdings hatte Johannes keinerlei Appetit mehr, irgendwann wog er nur noch 23 Kilo bei einer Größe von 1,40 Metern…

Nach dem 4. Chemoblock musste Johannes zwei Mal operiert werden. In der ersten OP wurde die Wirbelsäule stabilisiert, weil der Tumor ihm einen Wirbelkörper gebrochen hatte. Diese OP dauerte 4,5 Stunden. In der OP wurden auch Tumoranteile, die in den Spinalkanal eingewachsen waren, entfernt. Es war eine sehr heikle Sache, da Johannes dadurch im schlimmsten Fall seine Beine nicht mehr bewegen hätte können. Glücklicherweise ist alles gut gegangen. 

Kurz darauf kam noch eine größere Operation.  

Ja, sie dauerte 10,5 Stunden. Dieser Tag zog sich wie Kaumgummi, die Warterei ist nervlich wirklich extrem anstrengend. In der OP wurden 90 Prozent des Tumors entfernt.

Wie ging es weiter?

Als nächstes erfolgte eine sogenannte MIBG-Therapie. MIBG ist eine radioaktive Substanz, die sich speziell im Neuroblastom-Gewebe anlagert und so den Tumor von innen bestrahlt. Johannes hat 3 Tage komplett abgeschirmt in der Nuklearmedizin gelegen.

Danach mussten wir laut Vorschriften fünf  Wochen Zwangspause einlegen, dann stand die Hochdosis-Chemo mit Stammzellentransplantation an. Dafür mussten wir für vier Wochen in die Uniklinik Frankfurt, auch hier war Johannes komplett von der Außenwelt abgeschnitten.

Nach einer weiteren vorgeschriebene Pause erfolgten dann 20 Bestrahlungen. Diese konnten wir zum Glück ambulant machen. Seit Oktober hat nun die Immuntherapie begonnen, der erste Block davon war bis jetzt das Schlimmste, was wir durchgemacht haben. Johannes hatte 10 Tage sehr hohes Fieber, starke Nervenschmerzen und schlimme Durchfälle. Der 2. Block war dann "harmlos", in zwei Wochen startet der dritte Blick.  Im Februar 2020 soll dann alles vorbei sein..

Das war eine sehr lange Zeit…. 

Ja, während Johannes in der Klinik war, war ich jeden Tag bei ihm. Nachts bin ich nach Hause gefahren, weil ich einfach auch Kraft sammeln musste und mich um die anderen Kinder kümmern wollte. Nur während der ersten Immuntherapie, als es im so schlecht ging, waren wir auch nachts da. Meist hat mein Mann die Nächte dort verbracht und ist dann morgens von der Klinik ins Krankenhaus.

Wie Du ja schon sagtest: Johannes hat Geschwister, die in dieser Zeit sehr zurück stecken mussten. Wie haben sie das alles erlebt?

Unser ältester Sohn Paul ist 12 und versteht alles, was los ist. Für ihn ist es nicht leicht. Er hatte am Anfang ein langes und intensives Gespräch mit einem Pädagogen vom Förderverein für Tumor-&Leukämiekranker Kinder Mainz e.V., das hat ihm sehr geholfen. Dort wurde ihm auch der ganze Ablauf genau erklärt. Seit einem Jahr geht Paul einmal die Woche zur Kunsttherapie, das tut ihm sehr gut und dort kann er viel verarbeiten. Mittlerweile geht auch unser dritter Sohn in die Kunsttherapie, weil wir einfach gemerkt haben, dass auch er Unterstützung braucht. 

Unsere Jüngsten sind einfach noch zu klein, um Einzelheiten zu verstehen. Sie wissen, dass Johannes Krebs hat und viel ins Krankenhaus muss, um wieder gesund zu werden. In erster Linie vermissen sie aber die Mama.

Hast Du in all der Zeit auch mal die Hoffnung verloren? 

Die Hoffnung haben wir nie verloren. Johannes war auch immer davon überzeugt, dass er wieder gesund wird. Unsere Freunde und unsere Familie waren in dieser Zeit eine große Stütze, genau wie 
der Förderverein für Tumor-&Leukämiekranker Kinder Mainz e.V. Dort gibt es viele Angebote und tolle Aktionen für betroffene Familien.

Wie habt Ihr Euch als Familie und als Paar durch diese Zeit verändert?

Schwer zu sagen, ob wir uns verändert haben… In erster Linie sind wir noch näher zusammengerückt, besonders als Paar. Wir achten noch mehr aufeinander und freuen uns über viele Kleinigkeiten. Ich glaube, wir wissen das Leben und vor allem Gesundheit mehr zu schätzen als vor der Krankheit. 

Johannes hat viel verpasst durch die Krankheit…

Ja, vorallem Schule. Er freut sich riesig, dass er nun wieder zur Schule gehen darf. Und er will auch bald zurück zu seinem heiß geleibten Fußballtraining. Ich glaube, für ihn ist es das Schönste, einfach wieder nur Kind sein zu können. 

Das eigene Kind leiden zu sehen, ist für alle Eltern das Schrecklichste. Beschreib mal Deine Gefühle in all der Zeit. 

Das ist für mich nicht leicht. Ja, es ist schrecklich, das eigene Kind leiden zu sehen, allerdings habe ich mich von Anfang an klar positioniert. Das soll heißen: Ich habe mir klar gemacht, dass mein Kind und ich zwei verschiedene Menschen sind. Ich konnte ihm nichts abnehmen, ich konnte nur da sein für ihn. Wir haben uns aber immer gesagt: "Johannes muss gesund werden, es gibt keine Alternative – also Augen zu und durch." Johannes hat das alles ganz toll gemacht.

Hast Du Dich in all der Zeit gefragt: Warum wir?

Nur am Anfang kurz. Diese Frage hab ich aber schnell zur Seite geschoben, denn es gibt keine Antwort darauf. Johannes hat mich öfter gefragt: "Warum ich, mama?" Ich habe ihm dann geantwortet: "Ich weiß es nicht, aber wir werden es vielleicht noch heraus finden. Der liebe Gott lädt aber jedem Menschen nur so viel auf, wie er tragen kann. Also weiß ich, dass du das schaffen kannst."

Was hast du in dieser Zeit über dich selbst gelernt?

Gute Frage. Ich habe gelernt, dass es völlig ok ist, schwach zu sein und HIlfe anzunehmen. 

Wie geht es weiter mit Johannes?

Noch sind wir ja in Therapie. Im März werden wir erstmal in Familienreha fahren. Am Anfang muss Johannes wohl alle 3 Monate zur Kontrolle haben, dann alle 6 Monate. Das Ganze über 5 Jahre. Wie hoch das Risiko für einen Rückfall ist, kann uns keiner sagen. Und ehrlich gesagt will ich es auch nicht wissen. Ein Rückfall wäre das Worst Case Szenario. 

Was wünscht du dir für 2020?

Einen ganz normalen Familienalltag, der nicht von Therapieplänen bestimmt ist. 

—-ZUM WEITERLESEN: Unser Interview mit Regina nach der Krebsdiagnose

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2 comments

  1. Alles erdenklich Gute!!!!
    Ich muss gerade mit den Tränen kämpfen, wenn ich lese, was Euer tapferer Junge und Ihr als Eltern und als Familie ertragen und leisten mussten. Ich wünsche Johannes, seinen Eltern und seinen Geschwistern alles erdenklich Gute, insbesondere Gesundheit! Ich drücke die Daumen, dass Johannes möglichst bald wieder Fussball spielen darf! Viele liebe Grüsse

  2. Unglaublich was ein Mensch,
    Unglaublich was ein Mensch, ein Kind und eine Familie ertragen kann!
    Ich wünsche euch weiterhin viel Kraft und gute Hoffnung aber am meisten wünsche ich Johannes dass er wieder ganz gesund wird und ein normales Kinderleben leben kann!
    Von allem wünsche ich euch nur das allerbeste!

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