Unerfüllter Kinderwunsch: Ich hätte mir so sehr ein zweites Kind gewünscht

Unerfüllter Kinderwunsch

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Ihr Lieben, beim Thema „unerfüllter Kinderwunsch“ denken wir häufig an Paare, die gar keine Kinder bekommen können. Allerdings gibt es auch zahlreiche Paare, die bereits Eltern sind, sich aber sehnlichst ein Geschwisterkind gewünscht hätten. So wie Marie, die viele Jahre versucht hat, ein zweites Kind zu bekommen, leider ohne Erfolg. Hier erzählt sie davon.

Liebe Marie, du hast einen 12-jährigen Sohn. Wie einfach war es damals für dich, schwanger zu werden?

Wir haben von 2007 bis 2011 versucht, ein Kind auf „normalem“ Weg zu bekommen, was aber eben nicht geklappt hat. Deshalb haben wir in diesen Jahren viele Untersuchungen machen lassen… bis klar war, dass wir eine Kinderwunschbehandlung brauchen. Durch die 2. ICSI bin ich dann schwanger geworden und unser Sohn wurde geboren.

Ihr wolltet noch mehr Kinder, wusstet aber, dass es auf natürlichem Weg nicht klappt. Wie seid ihr da dann weiter vorgegangen?

Um ein zweites Kind zu bekommen, haben wir in derselben Praxis wie beim ersten Mal fünf weitere ICSIs gemacht, leider ohne Erfolg. Dann haben wir erstmal pausiert und uns eine andere Praxis gesucht, weil wir irgendwie das Gefühl brauchten, irgendwo nochmal frisch und positiv anzufangen. In dieser Praxis hatten wir nach nochmal vier Versuche.

Wann und wie ist euch klar geworden, dass ihr nicht noch mehrere Kinder bekommen werdet?

So richtig einsehen, dass da kein Kind mehr kommen wird, konnte ich es irgendwie nie, deshalb haben wir wohl auch noch so viele Versuche unternommen. Es hieß einfach immer: Wenn man einmal schwanger geworden ist, dann kann es auch nochmal klappen.

Aber irgendwann konnte ich nicht mehr. Ich konnte nicht mehr hoffnungsvoll und positiv in einen neuen Versuch gehen. Ich habe mich bei einigen Versuchen richtig schwanger gefühlt, als ich es aber dann doch nicht war, war meine Enttäuschung einfach riesig und ich hatte auch irgendwann den Eindruck, meinen Körper nicht mehr zu kennen und einschätzen zu können.

Was hat der unerfüllte Kinderwunsch mit euch als Paar gemacht?

Ich glaube, die Enttäuschung und der Frust war bei uns beiden riesig. Mein Mann hat es irgendwann akzeptiert, aber bei mir kann die Enttäuschung bis heute immer wieder mal hochkommen. Leider ist mir bei der ganzen Sache die Lust und Freude beim Sex abhanden gekommen.

Mein Mann würde sich sicherlich mehr Intimität wünschen, aber er akzeptiert es, dass ich kaum noch Lust darauf habe. Man kann nicht alles planen und auch nicht alles haben im Leben – das haben wir zusammen gelernt in der Zeit und das schweißt zusammen. 

Lange hast du sehr darunter gelitten. In welchen Situationen fiel es dir besonders schwer?

Mir fiel es schwer, wenn unter Freunden und in der Verwandtschaft wieder jemand schwanger wurde. Besonders schwer fand ich, dass ich es manchmal einfach nicht geschafft habe, mich wirklich für die anderen zu freuen, sondern mein Neid größer war. Oder wenn jemand mir ständig erzählt hat, wie schwierig es für sie ist, schwanger zu werden – und kurz darauf hat es doch geklappt.

Mittlerweile bin ich aus dem Alter raus, in dem alle Kinder kriegen, das macht es leichter. Aber auch jetzt tut es noch weh, wenn unser Sohn sagt, er hätte gerne eine Schwester oder einen Bruder oder fragt, warum er keine Geschwister hat.

Heute bist du 44 – wie geht es dir heute?

Ich habe immer wieder Phasen, in denen es mir psychisch nicht gut geht, aber es ist kein Dauerzustand. Aber es ist definitiv so, dass die ganzen Jahre der erfolglosen Versuche bis heute noch nachwirken.

Gibt es irgendwas, was dich bei diesem Thema schon immer geärgert hat?

Mich ärgert am meisten, dass es rein aus finanzieller Sicht (nur 3 ICSIs werden von den Krankenkassen (mit)finanziert) vielen Paaren wahrscheinlich gar nicht möglich ist, diesen Weg überhaupt zu probieren. Es ärgert mich, dass es eine Frage des Geldes ist und das ist richtig unfair. Und dass es deshalb auch eine Art „Geschäft“ für die Kinderwunschpraxen ist, mit dem Leid der Menschen Geld zu verdienen.

Was mich noch ärgert sind Kommentare, die ich bis heute nur schwer ertragen kann: wenn jemand sich über zu viel Arbeit mit seinen Kindern beschwert und sagt „Ihr habt ja nur ein Kind – seid froh“ oder wenn jemand Vorurteile über Einzelkinder verbreitet. 

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass unser Sohn glücklich ist und später mal eine eigene Familie und gute Freunde hat, damit er nicht „alleine“ da steht, wenn wir mal nicht mehr da sein sollten. Und ich wünsche mir, dass wir alle gesund bleiben dürfen. 

Ich würde mir außerdem wünschen, dass es allen Paaren – unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen – möglich wäre, eine Kinderwunschbehandlung machen zu können, wenn sie es möchten. 

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3 comments

  1. @ Isa und Marie – beide Geschichten machen mich sehr betroffen.
    Mich bringen Kommentare auf die Palme wie „Wird ja Zeit das sie ein Kind bekommt“ „Ihr wollt doch wohl kein Einzelkind“ …nervig und taktlos einfach

  2. Ich habe eine sehr ähnliche Geschichte wie Marie. Bin 43, hab ein Kind durch Kinderwunschbehandlung und für den Wunsch nach einem zweiten Kind auch jahrelange weitere Behandlungen durch. Irgendwann haben wir aufgegeben. Ich konnte bzw wollte dann irgendwann auch nicht mehr. Mein Körper fühlte sich in der Kinderwunschbehandlung „wie ein rohes Ei“ an, ich hatte 2 x einen positiven Test, die Schwangerschaften hielt aber nicht. Dazu hatte sich einmal eine riesen Zyste gebildet, die zu platzen drohte und ich hatte viele Ängste. Auch hatten wir nochmal die Klinik gewechselt, aber es brachte keinen Erfolg. Die Ärztinnen und Ärzte konnten nicht so recht sagen, woran es liegt.

    Es war schwierig, denn nach der Geburt meines ersten Kindes wusste ich sofort, wir werden versuchen ein zweites Kind zu bekommen, ich wollte das alles nochmal erleben, da mein Kind mein größtes Glück ist. Ich hätte nicht gedacht, dass es einfach nicht mehr klappen wird.
    Mir taten auch Schwangerschaften im Umfeld weh. Bis heute stößt es mir auf wenn Leute „mal eben so planen, wann ein Kind kommt“. Oder ja, blöde Kommentare zu Einzelkindern. Mein Kind hat auch eine zeitlang betrauert keine Geschwister zu haben. Das tat mir sehr weh.

    Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Würde jetzt auch keine Schwangerschaft mehr wollen. Ich bin in einem neuen Lebensabschnitt.
    Doch es wird immer ein Stachel in meinem Herz sein, dass sich der Wunsch nach einem zweiten Kind nicht erfüllt hat.
    Aber: Man weiß auch nicht, wie dann alles gekommen wäre. Wir sind eine sehr glückliche Familie, sehr eng zu dritt und wer weiß was ein 4. Familienmitglied mit uns gemacht hätte..?! Es ist müßig.. Ich bin sehr dankbar für das was ich habe.
    Mich tröstet es etwas, dass ich wir damit nicht allein sein (die allermeisten meiner Freunde gaben 2 Kinder) und „freue“ mich, wenn im Umfeld auch mal Familie mit „nur einem Kind“ sind.

  3. Ich habe eine meiner Freundinnen über ihren sekundären Kinderwunsch verloren. Sie hat mir meine Schwangerschaft nicht gegönnt und dabei war es mein erstes Kind und ich bin auch nicht einfach so schwanger geworden. Unser Verhältnis wurde nie wieder gut, obwohl es sogar noch geklappt hat mit einem zweiten Kind bei ihr. Inzwischen besteht kein Kontakt mehr.
    Auch bei uns war der Weg zum zweiten Kind sehr steinig und es ist leider auch schwerbehindert zur Welt gekommen. Wir lieben es sehr, aber der Gedanke ist irgendwo im Hinterkopf, dass wir das Schicksal auch irgendwie herausgefordert haben.

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