UMA als Pflegekind: Wie Achmed, 15, in unsere Familie kam

UMA als Pflegekind

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Ihr Lieben, heute erzählt uns Anne etwas von sich und ihrer Familie.

„Bis Ende 2022 waren wir eine klassische vierköpfige Familie. Mama, Papa, unser (fast) 5-jähriger Sohn Tim* und unsere 2-jährige Tochter Carolin*. Anfang Januar 2023 ist der 15-jährige Afghane Achmed* bei uns eingezogen, ein UMA als Pflegekind – also einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer.

Aufgrund der Kriegsgeschehnisse in der Ukraine hatten wir uns als Familie im Frühjahr 2022 beim Jugendamt gemeldet mit der Idee einer/m jugendlichen Ukrainer/in eine Gastfamilie sein zu können, wir gingen von ca. 1 Jahr aus. Aus Ukraine wurde Afghanistan und aus ca. 1 Jahr wurden mehrere Jahre. Achmed kam Ende August 2022 bei uns im Landkreis als unbegleiteter minderjähriger Ausländer an und kam in eine Wohngruppe der Jugendhilfe zur übergangsweisen Unterbringung, bevor er dann zu uns umzog.

UMA als Pflegekind: Behutsames Aneinandergewöhnen

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Die Anfangszeit war ein behutsames Aneinandergewöhnen. Ich selber war teilweise etwas angespannt, wenn ich mit ihm draußen unterwegs war, weil ich nie wusste, wie das Umfeld reagiert. Wir hatten vorher schon mit verschiedenen Leuten darüber gesprochen, aber es ist jetzt nicht so, dass wir alle informiert hätten, das heißt: Wir wussten schlussendlich nicht, wie die Reaktionen sein werden. Gefühlsmäßig wurde ich beim Einkaufen mit Achmed öfter gebeten, an der Kasse den Einkaufskorb hochzuheben und da ploppte bei mir schon der Gedanke „Alltagsrassismus“ hoch. Zum Glück stießen wir bisher aber nie auf offenen Fremdenhass.

Cool war in dieser ersten Phase, dass Carolin in der Wimmelbuchphase war und so saß ein Kind links von mir und eins auf der anderen Seite und beide suchten das Flugzeug oder den Hund. So lernten beide deutsch. Achmed hatte auch vom ersten Tag an keinerlei Berührungsängste, sich direkt neben mich zu setzen, hier hätte ich ein größeres Distanzbedürfnis erwartet.

Manchmal bringt auch Carolin Achmed ein Buch, das er mit ihr anschauen soll. Als er bei uns ankam waren das meist noch Bilderbücher ohne viel Text. Sie schauten Bücher anfangs von hinten nach vorne an, weil die afghanische Schrift eben andersrum geht, aber das ist ja total egal. Heute kommt Achmed aber nicht drum herum auch Text zu lesen (auch wenn er davon nicht immer begeistert wirkt). Beide haben sich in ihren Sprachkenntnissen ja auch deutlich weiterentwickelt.

Das erste Mal, das wir Achmed lachen hörten

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Sehr spannend war auch, als wir ziemlich am Anfang gemeinsam in der Küche gebacken haben und das Mehl durch ein Missgeschick neben der Schüssel gelandet ist und wir eine Riesensauerei hatten. Achmed stand direkt dabei und wusste offensichtlich nicht, wie er reagieren soll. Als Tim, Carolin und ich angefangen haben zu lachen, hat er dann aber auch mitgelacht. Ich glaube, das war eines der ersten Male, dass ich ihn lachen gehört habe.

Sehr emotional empfand ich die Videotelefonie mit seiner Familie. Er zeigte uns sein Haus, in dem er früher gewohnt hat und das jetzt leer steht. Im Hof des Hauses stand ein riesengroßer Mandarinenbaum, Tim und Carolin waren absolut begeistert, als jemand eine Mandarine erntete und sie in die Kamera hielt. In einem anderen Telefonat lernten wir seine Mama kennen und Achmed übersetzte uns, dass seine Mama sehr froh ist, dass er bei uns ist. Ich hatte echt Tränen in den Augen. Da seine Mama kein eigenes Handy besitzt und es auch sein kann, dass der Mobilfunk einfach mal 8 Wochen nicht geht, waren die Kontakte aber immer sehr selten.

Nach ca. 4 Wochen waren wir sonntags zu fünft im Schwimmbad. Mein Mann und ich hatten diskutiert, ob das wohl eine gute Idee sei oder ob das für Achmed vielleicht zu früh ist, schlussendlich war er aber von der Idee begeistert, hatte keinerlei Hemmungen und wollte mit mir sogar um die Wette schwimmen. Und wir als Eltern konnten uns davon überzeugen, dass der Junge sicher schwimmen kann, das ist ja auch keine Selbstverständlichkeit. Und wenn wir ihn gefragt hätten, hätte er auf jeden Fall Ja gesagt, auch wenn er nach drei Schwimmzügen untergegangen wäre. Das Eingestehen von Schwächen fällt ihm nicht so leicht, aber da ist er mit Sicherheit nicht der einzige Jugendliche.

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Wie das neue Familienmitglied bei unseren eigenen Kindern ankam

Nach der ersten Antast-Phase, hatten wir eine Phase, in der Tim für sich ausgelotet hat, was in der neuen Familienkonstellation für ihn jetzt rausspringen kann. Wir sind freitags zu Fuß in den Kindergarten gelaufen und da Achmed erst zur 3. Stunde Schule hatte, waren wir zu viert unterwegs. Carolin lief an der Hand von Achmed und Tim ging das viel zu langsam. Ich bot ihm an, dass er schonmal alleine zum Kindergarten vorlaufen darf und wir nachkommen. Nein, er wollte nicht alleine laufen, er wollte zusammen mit Achmed laufen.

Achmed hatte aber Carolin an der Hand, also stand diese Option nicht zur Verfügung. Tim zornte, schmiss seinen Rucksack, seine Jacke etc. auf den Boden und rannte wutentbrannt in den Kindergarten. In dieser Situation gab es auch einen der ersten kleineren Konflikte mit Achmed. Ich sagte ihm nämlich klar und deutlich, dass er Tims Sachen nicht hinterhertragen soll, weil ich wollte, dass Tim diese selber aufhebt. Und so gutmütig wie Ahmed ist, hat er sich an meine Anweisung natürlich nicht gehalten. Blöd, wenn ein Kind die Erziehung des anderen Kindes torpediert, auch wenn das jetzt nicht so schlimm war.

Dann hatten wir eine Phase in der sich die zwei Jungs viel gestritten haben. Das kam für mich überraschend, weil ich bei einem Altersunterschied von ca. 10 Jahren nicht mit einem Geschwisterstreit gerechnet hätte. Die Phase hat sich zum Glück recht schnell gelegt.

Gastkind aufnehmen? Die Bürokratie ist nicht einfach

Parallel zu den familiären Entwicklungen schlugen wir uns auch noch mit der deutschen Bürokratie rum. Mein Mann und ich sind beide in Deutschland geboren und wir haben tatsächlich im deutschen Bürokratie-Dschungel mehr als 2 Monate gebraucht, um Achmed auf dem Einwohnermeldeamt anzumelden und vorläufige Papiere zu bekommen. (Tipp: Die Satire-Sendung „Die Anstalt“ übertreibt leider nicht, wenn sie die Zustände aufs Korn nehmen).

Der Asylantrag läuft inzwischen seit ca. 1,5 Jahren und bisher wurden nur die biometrischen Daten von Achmed erfasst und mehr nicht. Solange muss Achmed noch für jeden Ferienjob etc. die Genehmigung der Ausländerbehörde einholen und so eine Genehmigung kann dauern, fast hätte das letzten Sommer dazu geführt, dass er einen Ferienjob nicht antreten konnte. Zum Glück haben wir hier ganz tolle Handwerker, die auch bis zum letzten Tag vor Arbeitsbeginn geduldig sind oder die auch mal selber mit dem Ausländeramt in Kontakt treten und sich für Achmed einsetzen.

Ramadan: Die ersten familiären Konflikte

Richtig schlimm empfand ich den Ramadan 2023. Unser Achmed ist klein und dünn. Und eines Tages im März kam er von der Schule heim und meinte, er mache ab morgen Ramadan. Seine Schulkameraden hatten ihm gesagt, dass ab dem nächsten Tag Ramadansei und da er ein guter Muslim sein wolle, müsse er das machen. Wir erfuhren auch, dass seine Mutter ihm das nie erlaubt hatte, aber er war absolut stur.

Wir stellten klare Regeln auf. Er musste abends und frühmorgens ausreichend essen und trinke, das war die wichtigste Regel. Leider klappte das nicht wirklich. Teilweise vergaß er frühmorgens aufzustehen und als er wach wurde, war es schon hell und er „durfte“ nichts mehr essen. Wir hatten richtig heftigen Streit. Wir Eltern forderten, dass, wenn er frühmorgens das Essen vergesse, er später was essen müsse, er könne nicht 24 Stunden ohne Essen und Trinken verharren.

Er aber beharrte auf dem Fasten und hielt sich für unverwundbar. Er log uns auch massiv an und behauptete, er hätte zum Beispiel einen Apfel gegessen. Da am Abend und Morgen aber jeweils noch 4 Äpfel in der Schale lagen, war klar, dass er gelogen hatte. Wir versuchten es über einen afghanischen Dolmetscher, welcher selbst nach seiner Ankunft in Deutschland Ramadan gemacht hat und heute einen anderen Blickwinkel auf die Sache hat. Er versuchte mit ihm zu reden sozusagen als kultureller Dolmetscher. Aber alles brachte nichts.

Von der Fastenzeit in die Traurigkeit

Schlussendlich ist Achmed zusammengebrochen und lag schlapp und kraftlos ein paar Tage auf dem Sofa. Er behauptete seinerseits, dass er krank war und sein Zusammenbruch nichts mit dem Ramadan zu tun hatte. Am Ende des Ramadan ist das Fastenbrechen und er teilte mir mit, dass er am nächsten Tag nicht in die Schule gehe. Auch hier hatten wir einen heftigen Streit, in dem ich ihm erklärte, dass er in Deutschland ist und wir hier eine Schulpflicht haben und dass hier das Gesetz über der Religion steht.

Ich war froh, als er wenigstens das dann irgendwann akzeptierte. Schlussendlich war der Ramadan 2023 für uns ein Riesenrückschritt. Seitdem mussten wir aber nie wieder über das Thema Schulpflicht diskutieren, während das Thema Ramadan 2024 mir schon Bauchschmerzen bereitete.

Nach dem Ramadan hatten wir eine Phase, in der er total traurig wirkte und wir uns schon fragten, ob er in Deutschland ohne seine Familie jemals glücklich werden kann. An dieser Stelle muss ich dazu sagen, dass mein Mann und ich beide auch nachmittags arbeiten und er deshalb 3 Nachmittage in der Woche alleine ist, auch wenn immer ein Elternteil im Homeoffice arbeitet. Deshalb haben wir schon überlegt, ob er nicht doch besser in einer Wohngruppe aufgehoben wäre, wo immer Trubel ist und er mehr abgelenkt ist von seinem Kummer.

Achmed wollte zeitweise lieber in eine Wohngruppe

Er sprach genau das gegenüber meinem Mann dann auch an, dass er sich zur Zeit häufig traurig fühlt und er lieber wieder in einer Wohngruppe leben würde. Auch wenn es erwartbar war, war es für mich ein Schlag und ich überlegte, was wir hätten besser machen können. Wir versicherten ihm, dass wir in seinem Wohle handeln wollen und sprachen mit dem Jugendamt. Der Termin mit dem Jugendamt verschob sich dann leider mehrmals, unter anderem deswegen, weil dann auch noch seine Mutter in Afghanistan plötzlich verstarb.

Der Tod seiner Mutter war natürlich dann ein absoluter Tiefpunkt. Zum Glück hat er wunderbare Schulfreunde, die mit ihm gewisse afghanische Rituale gemacht haben. Im Termin mit dem Jugendamt vereinbarten wir, dass Achmed zukünftig für jeden Nachmittag Aufgaben bekommt, die er abarbeiten soll, das war auch sein Wunsch. Ich wollte ihm bis dahin nur kleine Aufgaben geben, weil ich ihn nicht als billige Arbeitskraft missbrauchen wollte, aber wenn das der Wunsch war, dann wäre das umsetzbar.

Seitdem räumt er nicht nur den Tisch ab, sondern räumt auch die Spülmaschine aus, legt die Wäsche zusammen etc.. In den Sommerferien hatten wir ihn auch voll ausgebucht mit Ferienjob, Tagesfreizeit und Praktikum, sodass keine Zeit für Traurigkeit blieb. Danach hatte sich das Problem Traurigkeit gelöst. Und inzwischen kann man ihn auch regelmäßig singend die Treppe hochlaufen hören.

Die Schule ist eine große Herausforderung

Ein große Herausforderung war und ist das Thema Schule. Seine Mutter war Analphabetin, er selber liest seine Muttersprache, indem er mit dem Finger Buchstaben für Buchstaben abfährt. Er kam in eine Berufsschulvorbereitungsklasse mit dem Ziel, Deutsch zu lernen. Nach 1 (!) Jahr ist die Prüfung für Deutsch Level A2.

Ahmed schaffte die mündliche Prüfung tatsächlich nach dem ersten Jahr, obwohl er durch den Umzug zu uns auch noch einen Schulwechsel hatte. Aber bei der schriftlichen Prüfung hat es dann nicht geklappt. Deshalb wiederholt er aktuell das Jahr (wie fast alle anderen Mitschüler auch) und sein Deutsch ist inzwischen echt richtig gut, sodass wir guter Hoffnung sind, dass er diesen Sommer die Prüfung auch schriftlich schafft.

Parallel dazu hat er natürlich auch enormen Aufholbedarf in allen anderen Bereichen. Wir haben irgendwann festgestellt, dass sein Schulordner teilweise keinerlei Aufschriebe enthält, bei Mathe war zum Beispiel gähnende Leere. Wir haben dann über einen Zeitraum von mehreren Monaten jeden Sonntag seinen Schulordner kontrolliert. Seitdem klappt das gut, jedes Blatt ist ordentlich abgeheftet. Und da der Schulunterricht wirklich nicht viel ist (ca. 26 Wochenstunden, wenn mal nichts ausfällt), bekommt er von uns Zusatzaufgaben.

Anfangs hat er sich beschwert, warum er das machen muss und seine Freunde nicht. Nach einer längeren Diskussion hat er es dann verstanden, dass wir das für ihn tun, damit er dem Ziel Hauptschulabschluss (und damit dem Ziel Ausbildung) näher kommt. Aber das Thema Methodik beim Lernen wird trotzdem weiterhin eine Herausforderung sein.

Mittlerweile leben wir einen ganz normalen Alltag

Ansonsten muss ich sagen, dass wir jetzt nach ca. einem Jahr in einem ganz normalen Alltag angekommen sind. Wir haben einen pubertierenden Jugendlichen, ein Vorschulkind und 3-jähriges Kindergartenkind in der Autonomiephase. Und ich würde behaupten, unsere Probleme unterscheiden sich nicht wesentlich von dem Leben anderer Familien mit einem Pubertierenden, was auch zeigt, dass er bei uns absolut angekommen ist.

Wir diskutieren nicht über den Konsum von Alkohol, dafür über den Konsum von Energy Drinks. Wir diskutieren über Taschengeld, welches am Ende des Monats natürlich immer weg ist. Wir haben aber auch so Probleme, dass er gegenüber seinen Freunden nicht Nein sagen kann. Einmal haben wir seine Freunde im Stadtpark gesehen und sie haben mich gefragt, ob er mitdarf einen Freund besuchen und dort übernachten. Er hat sich hinter seine Freunde gestellt und mit dem Kopf geschüttelt, damit ich auch ja nicht „Ja“ sage.

Achmed muss noch lernen, Nein zu sagen

Eigentlich eine total süße Situation, aber irgendwie auch traurig, dass er es nicht schafft seine eigene Meinung zu vertreten. Dann wiederum ist er eine enorme Hilfe, wenn mein Trotzkind auf dem Heimweg keinen Meter mehr vorwärts laufen will. Dann rufe ich ihn an, er kommt uns entgegengelaufen, Carolin sieht ihn, strahlt und läuft mit ihm Hand in Hand fröhlich nach Hause. Und wenn ich mich bedanke, sagt er mir: Das ist gar kein Problem.

Wenn einer seiner Freunde bei uns ist, dann essen wir auch gemeinsam und unsere eigenen Kids freuen sich, wenn da jemand Junges ist, der mit ihnen über das Trampolin springt. Wenn das Brot leer sind, dann kann ich ihm schnell Geld in die Hand drücken und ihn zum Bäcker losschicken. Wenn ich ihn losschicke, das Altglas wegzubringen, dann tigert er mit dem Bollerwagen los zu den nächsten Containern.

Vor Kurzem kamen wir auf das Thema Gewaltenteilung und wir haben ihm erklärt, wie das in Deutschland ist und er hat Rückfragen gestellt. Wir haben ihn teilweise schon richtig eingedeutscht. 😊 Was denke ich auch typisch für einen 16-jährigen ist, ist das Thema Selbstüberschätzung. Aber es führt eben regelmäßig zu Zoff, wenn er meint, er kann alles alleine, aber dann wieder daran scheitert, alle paar Wochen etwas Afghanisches für die Familie zu kochen.

Viele Schritte auf dem Weg zur Selbstständigkeit

Viele Schritte auf dem Weg zur Selbstständigkeit haben wir schon erreicht, das regelmäßige Duschen oder das selbstständige Drandenken ans Judo-Training klappt inzwischen sehr gut. Aber das Lernfeld ist noch groß bis zu einem eigenständigen Leben. Der nächste große Schritt ist die Altersfeststellung. Achmed hat bei seiner Ankunft im Sommer 2022 felsenfest behauptet, dass er 16 ist. Das Jugendamt hatte das stark bezweifelt, das Geburtsdatum dann aber auf den 31.12.2005 festgelegt. In Folge dessen ist er inzwischen offiziell 18.

Tatsächlich gehen wir aber davon aus, dass er 16 ist. Jetzt hoffen wir sehr, dass das Alter korrigiert wird. Dann hat er nämlich weiterhin Anrecht auf einen Schulplatz. Mit 18 ist er nämlich nicht mehr schulpflichtig und da die Schulplätze begrenzt sind, hat er aktuell leider nur einen Wartelistenplatz für die nächste Schulklasse, welche ihm die Möglichkeit bietet, den Hauptschulabschluss zu machen. Einer seiner Freunde darf zum Beispiel seit letzten Sommer nicht mehr zur Schule gehen, er jobbt seitdem in einem Schnellimbiss und wartet auf einen Integrationskurs.

Wir sind zu einer ganz „normalen“ Familie zusammengewachsen

Nachdem wir mit der Schule jetzt echt auf einem super Weg sind und Achmed so hart für das Ziel Hauptschulabschluss und Ausbildung hinarbeitet, wäre das echt der Supergau. Und hier verstehe ich auch die Politik nicht. Wie kann es sein, dass wir auf der einen Seite Handwerksbetriebe haben, die händeringend Auszubildende suchen. Und auf der anderen Seite haben wir arbeits- und lernwillige junge Menschen, die in 2-3 Jahren reif wären für eine Ausbildung und denen wir durch mangelnde Schulplätze genau das verweigern. Insgesamt muss ich aber sagen, dass wir zu einer ganz „normalen“ Familie zusammengewachsen sind und froh sind, wie alles läuft und gelaufen ist.

*Namen geändert

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11 comments

  1. Hallo, vielen Dank, dass ihr Achmed aufgenommen habt! Das stelle ich mir echt nicht leicht vor.
    Mich würde interessieren, ob und wie ihr mit dem Thema Sexualität, Aufklärung, Consens usw. umgeht. Habt ihr dabei Unterstützung vom Jugendamt, ProFamilia oder ähnliches?
    Alles Gute euch

  2. Wir reden hier nicht von 8 oder 9 Jahren Kindern, sondern von einem Jugendlichen, der sich offensichtlich für seine Religion interessiert. Zum Ausdruck gebracht durch seinen Wunsch im Ramadan zu fasten. Das kann der erste Schritt sein, über seine Religion zu lernen.

  3. Hallo Anne, ich bin wirklich dankbar für das, was Ihr tut. Sollten meine Kinder ohne unsere Familie irgendwo sein müssen, wäre ich sehr froh, sie in so einem Umfeld zu wissen. Es tut mir wahnsinnig leid für ihn, dass auch noch seine Mutter gestorben ist… ich hoffe sehr, er findet einen guten Platz in der Welt später für sich. Da helft ihr ihm immens!!!

  4. Liebe Anne,
    Bei allem großartigen, was ihr mit Sicherheit jeden Tag leistet, möchte ich doch eine wichtige Sache zu bedenken geben. Ihr habt einen muslimischen Jugendlichen aufgenommen. Mit 15 Jahren religionsmündig. Euer Umgang mit dem Ramadan ist nicht in Ordnung, schon gar nicht mit dem Fest des Fastenbrechens. Das hat gar nichts mit Deutschland und Schulpflicht zu tun. Wir haben hier in Deutschland die Regelung, dass Kinder anderer Religionen an ihren Festen vom Unterricht befreit werden können. Auch das ist Deutschland. Euer Umgang mit der Religion eures Pflegekinds zeugt von Intoleranz. Man könnte auch an anderern Stellen im Text herauslesen, dass ihr Achmed „verbiegen“ wollt , er soll quasi „Deutsch“ werden. Das ist aber nicht eure Aufgabe und es ist übergriffig. Euer Pflegesohn hat seine Religion und seine Wurzeln, was beides nicht im Widerspruch zu Integration steht.

    1. Hallo Sarah, an welchen Beispielen liest du heraus, dass sie Achmed verbiegen wollen und ihn ‚deutsch‘ werden lassen wollen?

    2. Ich verstehe schon, was du meinst, Sarah. Ich bin aber Grundschullehrerin und bin da auf der Seite von Anja. Es gibt so viele Kinder, die schon mit 8 oder 9 Jahren versuchen (mit Billigung der Eltern) ein bisschen zu fasten. Die sitzen dann mit Kopfweh in der Schule und weigern sich, was zu trinken. Oder sind übermüdet, weil sie nachts um elf erst was essen!
      Und dieses (sehr häufig zu findende) Verständnis von Religion- ein Riesen-Tamtam um den Ramadan und das Zuckerfest machen, aber das Kind hat null Ahnung von den Inhalten seiner Religion- finde ich übel!
      Entweder Achmed interessiert sich für seine Religion- dann sollte das natürlich gefördert werden mit entsprechendem Unterricht oder Büchern…aber den Islam auf Nix-essen- und -am -Zuckerfest-frei-kriegen zu reduzieren, ist allen religiösen Menschen gegenüber intolerant!

    3. Ich sehe es nicht so, dass Ahmed „deutsch“ werden soll. Er soll einen Schulabschluss machen und eine Ausbildung bekommen- beides ist in Deutschland praktisch unerlässlich. Daneben kann er natürlich Muslim sein und dies auch praktizieren.
      Da hat ja niemand- auch Anja nicht- was dagegen.

      1. Du schreibst, er könne Muslim sein und dies auch praktizieren. Das ist ein bisschen viel verlangt, dass er das alleine kann. In allen anderen Bereichen des Lebens, unterstützt ihr ihn doch auch. In wie weit unterstützt ihr ihn denn darin? Wenn ihm seine Mutter das verboten hatte, dann war das wohl früher in Afghanistan. Wie alt war er da? Sicherlich ein Kind und kein Jugendlicher wie im Ramadan 2023. Er hätte öfters das frühe Frühstück vergessen/verschlafen und es sei nicht akzeptabel, dass er 24 h ohne Nahrung und Flüssigkeit bleibt. Das ist es natürlich nicht. Ihr könnt nicht erwarten, dass er das selbständig schafft. Mich wundert es nicht, dass er euch angelogen hat (Apfel). Auch nicht, sein Zusammenbruch (man wird nicht mehrere Tage krank von Fasten) und dass er wieder in eine Wohngruppe wollte. Dass ihm das Fasten und das anschließende Fest so wichtig waren, zeigt doch das er nach seinen Wurzeln sucht/sich danach sehnt. Hattet ihr euch nicht vorher mir solchen Themen beschäftigt? Vorab, als ihr wußtet, es wird doch kein Ukrainer. Man merkt nämlich ihr kennt euch gar nicht aus und offensichtlich hat euch das Thema Ramadan überrascht.

    4. Ich habe es so verstanden, dass das Fasten aufgrund von Achmeds körperlicher Konstitution zunächst nicht erlaubt wurde. Und das übereinstimmend mit der Mutter, die es ebenso eingeschätzt hat. Meines Wissens ist die Teilnahme am Fasten im Islam nur dann erlaubt, wenn dem nichts entgegen steht, z.B. Schwangerschaft, Krankheit, ein zu geringes oder zu hohes Alter. Insofern sind die Bedenken der Pflegeeltern nicht gleich ignorant oder intolerant, sondern völlig berechtigt.

  5. Ich bin voller Bewunderung für Menschen wie euch, die ganz selbstverständlich einfach helfen, wo Hilfe gebraucht wird! Vielen Dank für deine inspirierenden Worte und alles Gute für euch und Achmed

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