Tagebuch meiner Uroma von 1919: Witze und drollige Einfälle aus der Kinderzeit

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Ihr Lieben, ich wohne ja in dem Haus, das bereits meine Urgroßeltern – damals noch als Bauernhof – kauften und schließlich umbauten. Irgendwann zog mein Großvater mit Familie hier ein und später kamen auch wir alle dazu.

In meiner Kindheit lebten links im Haus meine Tante und mein Onkel mit zwei Kindern, daneben meine Großeltern, in der Wohnung weiter Tanze und Onkel mit drei Kindern und den Abschluss machten dann wir. Die Türen waren nie abgeschlossen. Jeder konnte zu jedem rüber, wann er wollte.

Über dem alten Kuhstall existierte ein Familienarchiv, eine Art Museum mit etlichen Dingen meiner Urahnen. An der schrägen Holzwand hing unser Stammbaum, hinter einer Ecke lag eine riesige Bibel mit Holzwurm-Löchern im Umschlag, die so schwer war, dass wir Kinder sie nicht hochheben konnten.

Ganz besonders erinnere ich eine rote 70er-Jahre-Lampe, deren Knopf man immer zweimal drücken musste, damit sie anging. Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Knopf gedrückt habe 😉

Einige der Schätze, die in diesem Familienarchiv aufbewahrt wurden, landeten im Stadtarchiv, ja, leider in dem Stadtarchiv von Köln, das dann einstürzte, so dass der Großteil unserer Familiengeschichte Verschütt ging.

Aber ein paar wenige Schätze haben wir eben doch noch – und nun tauchte doch tatsächlich ein Büchlein mit goldenem Seitenrand und vergilbten Seiten auf, in dem meine Uroma die Lustigkeiten ihrer vier Kinder – darunter mein Opa Fritz – festhielt.

Wenn also noch irgendwer von euch denkt, früher sei alles besser gewesen und die Kinder disziplinierter, dann lehne der sich jetzt bitte mal zurück. Denn Kinder haben auch 1919 schon Flausen im Kopf gehabt…uroma1

Das Buch ist überschrieben mit: Witze und drollige Einfälle aus der Kinderzeit von Hilde, Doris, Fritz, Margarete.

„Hilde, Doris und Fritzchen wurden im Oktober 1918 photographiert. Das 4monatealte Jüngelchen sah im langen Tragkleid sehr staats aus. Kurz vor der Abfahrt zum Photographen musste Hilde ein neues Schnürband für ihre Schuhe haben, währenddessen beaufsichtigte Doris das Brüderchen. Wir wunderten uns über die Stille, die zwischen Bruder und Schwester herrschte, aber plötzlich – oh Entsetzen! – sah man man den verschlissenen, schmutzigen Schuhbündel im Mündchen von Fritzemännchen, den Doris ihm um die Hand gewickelt hatte und an dem es seelenvergnügt saugte. Das Staatskleid war dahin und es musste in viel weniger schönem Kleid zum Photographen.“

„Im Frühjahr 1919 sass Fritzchen an einem schönen Frühlingsmorgen auf dem Töpfchen. Doris wurde beauftragt aufzupassen, dass der kleine Kerl von einem Jahr nicht vom Throne fiel, während „Sasa“ die Flasche wärmte. Am Waschtisch hing ein Körbchen mit ausgekämmten Haaren, die zu Löckchen gerollt waren. Als die Flasche gebracht wurde, bot sich uns ein höchst komisches Bild, Fritzemann thronte seelenvergnügt auf seinem Sitz und in seinen hellblonden Löckchen steckten Claras viele schrarge (?) Röllchen, mit denen Doris das Brüderchen geschmückt hatte.“

„Mit vier Jahren leistete sich Margretchen sich folgendes Witzchen: Papa bemerkte bei Tisch, dass Hilde, Doris und Fritz husteten, worauf Margretchen auf Papas Frage, dass ihr wohl nichts fehle trocken sagte: „Ich habe uns Läuse“ (Die Tiere hatte Hilde ihr aus der Schule mitgebracht.)“

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„Als Margretchen im September 1919 geboren wurde, durften die drei Kinder sie nach 2 Stunden zum ersten Mal sehen. Doris hatte nichts Eiligeres zu tun, als dem winzigen Würmchen ihren schmutzigen Finger in den Mund zu stecken, in unbeachtetem Augenblick. Plötzlich ertönte von der Wiege her: „Was kann die schon gut lutschen.““

Und nicht frech und witzig, aber bezeichnend: „Als Hilde 3 Jahre alt war und der Papa zum ersten Mal im Jahr 1915 im Monat August aus dem Krieg in Urlaub kam, begrüsste Hildchen den ganz fremden Vater frühmorgens wie er im Bett lag; sehr schnell lief sie wieder ins Kinderzimmer zurück und sagte ganz enttäuscht: „Der Soldat liegt unten im Bett.““

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2 comments

  1. Wie wunderbar. Das ist ein
    Wie wunderbar. Das ist ein schöner Fund.

    „Schrarge“ könnte schraege (schräge) heißen

    Und bei den Läusen denke ich, dass sie gesagt hat: „Ich habe nur Läuse“

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