Ihr Lieben, unsere Leserin Anita ist so froh, dass es Förderschulen gibt, denn ihr Sohn mit Handicap ist glücklich dort. Für andere Eltern hat sie eine wichtige Boschaft: „Nur, weil eure Kinder Unterstützung bruachen, heißt das ja nicht, dass sie doof sind.“ Welche Gedanken sie sich zur Einschulung machte und wie es ihr un ihrem Sohn heute geht, das haben wir sie im Interview gefragt.
Liebe Anita, dein Sohn hat eine Sprachbehinderung, wie alt ist er und was hat er genau?
Unser Sohn ist 12 und er hatte eine sehr schwere Form der verbalen Entwicklungsdyspraxie. Verkürzt nennt sich das VED (eine Verbindungsstörung zwischen Gehirn und der Mundmotorik). Er hat dazu leider noch eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) und eine Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungs-Störung (AVWS) bekommen.
Wie äußert sich das?
Bei ihm hat sich das so geäußert, dass er keine Laute bilden konnte. Er war für Außenstehende und uns nicht verständlich. Er musste jeden einzelnen Laut automatisieren, das hieß üben, üben, üben… Dadurch, dass er aber auch noch eine AVWS hat, fiel ihm das Lesenlernen besonders schwer. Mittlerweile geht es – zwar noch nicht super perfekt, aber er liest freiwillig und kann es. Das ist der jahrelangen Übung zu verdanken.
Ihr wart auch in einer Reha…
Ja, genau. Dort sagte mir der Therapeut, es wäre kein Wunder: Wenn der Mund nicht wüsste, wie er den Laut formulieren soll und er gleichzeitig den Buchstaben nicht auditiv wahrnehmen kann. Man kann ihn mittlerweile sehr gut verstehen, aber die Grammatik ist noch nicht perfekt und das Schreiben fällt ihm noch sehr schwer, da er die Buchstaben einfach nicht raushört.
Wann ist euch aufgefallen, dass irgendetwas nicht stimmt?
Als er zwei Jahre alt war habe ich gemerkt, das etwas nicht in Ordnung ist. Aber es war sehr schwer, Logopädie für ihn zu bekommen. Unser alter Kinderarzt war dagegen. Ich bin von Arzt zu Arzt gerannt und bekam, als er drei war, durch unseren Hals-Nasen-Ohren-Arzt endlich eine Überweisung zur Logopädie. Leider haben wir erst mit 6 Jahren die Diagnose VED bekommen – in einer Sprachreha. Und das, obwohl wir auch schon im sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) waren.
Wie lief das mit der Inklusion in Kindergartenzeiten?
Die Kindergartenzeit war gut für ihn, er fühlte sich dort sehr wohl. Wir hatten super ErzieherInnen. Er brauchte keine Integrationskraft, da der Kindergarten es für ihn unpassend fand. Alle sind großartig auf ihn eingegangen und haben ihn in der ganzen Gruppe integriert. Und obwohl er aufgrund seiner Sprachbarriere leider auch mal aggressiv gehandelt hat, waren die Betreuenden verständnisvoll. Sie kannten den Grund von Anfang an und es lag einfach daran, dass er sich manchmal nicht anders ausdrücken konnte.
Als es dann auf den Schuleintritt hinging: Welche Gedanken habt ihr euch in Bezug auf die Schulwahl gemacht?
Für uns stand schon anderthalb Jahre vor der Einschulung fest, dass er auf eine Sprachförderschule gehen sollte, wenn eine Rückstellung für ihn nicht klappen sollte. Er sollte nämlich leider schon mit fünf Jahren eingeschult werden, da in NRW der Stichtag der 30.9. ist.
Es war erst sehr schwer für uns, für mich glaube ich noch mehr. Aber wir sind sehr offen damit umgegangen. Waren selbst bei der Schule, hatten guten Kontakt immer mit der Direktorin. Er sagte dann immer selbst: Ja, das wäre seine Schule. Wir machten uns viele Gedanken, dass er vor Ort keine Freunde finden könnte oder es schwierig werden könnte, weil er in der Schule keinen kennen würde. Aber im Nachhinein waren all diese Sorgen unnötig.
Ich glaub, es war nur menschlich, sich als Eltern für sein Kind erstmal den normalen Weg zu wünschen. Andererseits denke ich im Nachhinein: Wer oder was ist schon normal?!
Euer Sohn besucht eine Förderschule, wie geht es ihm dort?
Er ist jetzt in der sechsten Klasse einer weiterführenden Sprachheilschule, es gefällt ihm sehr gut. Er geht total gerne in die Schule, auch wenn er über eine Stunde Fahrtzeit hin hat. In seiner Klasse ist er mit einer der Besten. Er kann dort den Hauptschulabschluss oder sogar den Realschulabschluss machen.
Du sagst, die Schule hätte viel zu wenige Lehrkräfte, woran liegt das deiner Meinung nach?
Das liegt daran, dass erstmal sowieso Lehrermangel überall herrscht, aber auch daran, dass Förderschullehrer an Regelschulen abkommandiert werden im Rahmen der Inklusion.
Du hast uns auch geschrieben, dass du viele Kinder mit Handicap oder Einschränkungen kennst, die wegen Mobbings auf die Förderschule gewechselt ist… erzählt mal von einigen Fällen.
Von einem Fall kann ich berichten: Der Junge war bis vor kurzem auf einer Regelschule. Durch sein Handicap wurde er leider immer mehr von den Mitschülern gemobbt. Er fühlte sich nicht mehr wohl dort, zog sich immer mehr zurück. Jetzt auf der neuen Förderschule blüht er richtig auf, traut sich mehr. Aber was viele nicht wissen: Sofort wechseln kann man nicht, das läuft immer erst über das Schulamt. Man benötigt je nach Lage wieder neue Test und und und.
Du findest Förderschulen super, erzähl uns mal warum?
Als Mutter von einem Sohn mit Handicap hört man öfter, dass Kinder mit Handicap gemobbt werden, deswegen sind wir von Förderschulen begeistert. Kleinere Klassen, individuelle Betreuung. Bekommen extra Förderpläne.
Klar, das klappt nicht immer, aber die Lehrer sind motiviert und für uns Eltern auch da. Die Kinder sind dort nicht alleine mit ihren Problemen, jeder ist dort auf seine Weise normal und das finde ich gut. Fängt alleine schon mit der Gemeinschaft im Taxi an.
Es tut zwar manchmal weh, zu hören, dass unser Sohn immer noch am stärksten betroffen ist, aber ich würde diesen Weg mit ihm jederzeit wieder gehen. Ich sage immer: Wir gehen den landschaftlichen Weg. Dadurch haben wir auch viele andere tolle Familien getroffen, deren Kind ein Handicap hat.
Was möchtest du anderen Eltern in ähnlichen Situationen mit auf den Weg geben?
Anderen Eltern würde ich sagen: Hört auf euer Gefühl und nicht auf das, was die Gesellschaft sagt. Was durfte ich mir deswegen schon anhören! Schaut euch die Schulen vorher an. Sucht das Gespräch mit den Lehrkräften. Nur weil jemand eine Förderschule besucht, heißt das nicht, dass das Kind doof ist. Unser Sohn ist nämlich kognitiv sehr fit. Und einfach eh ein toller Typ! Natürlich…
3 comments
was ich hier gelesen habe kann ich nur bestätigen.Mein Sohn war ein ausgesprochener Spätzünder! Jahrelang Ergotherspie und ein Jahr wöchentliche Besuche im SBZ.Was ich heute nicht mehr machen würde, weil das dem Kind vermittelt es sei nicht normal.Weil auch wir den „normalen Weg “ wollten haben wir ihn eingeschult.Nach 3 Wochen ein verzweifeltes Kind.Nach langer Überlegung und einer grantigen Grundschullehrererin due unmissverstä ndlich zu einer Entfernung umseres Sohnes aus der Klasse nahelegte,,haben eir unseren Sohn in der Förderschule angemeldet.Schon beim ersten Gespräch mit der Schulleitung wusste ich hier sind wur richtig! Die Schulzeit liegt jetzt schon 8 Jahre zurück.Es folgten Wirtschaftsschule Lehre Weiterbildung.Heute ist unser Sohn Betriebswirt! Also liebe Eltern! Lasst euch nicht verrückt machen weil euer Kind nicht der Norm entspricht! Wir sind einen längeren Weg gegangen.Und an erster Stelle muss immer das Kind stehen! Und die Meinung von anderen auch der Verwandtschaft hat nichts zu sagen.Alles Gute für den weiteren Weg eurer Kinder!
Liebe Eltern,
Wenn euer Kind Probleme hat, Laute zu bilden, hier noch ein Tipp von mir: es kann auch einfach an Blockaden liegen. In diesem Fall kann die Osteopathie wahre Wunder bewirken, wie wir bei unserem Sohn feststellen durften. Nach einer Sitzung (bei der die Osteo etwas am Becken korrigiert hat) war er auf einmal in der Lage, das „g“ zu bilden (vorher immer als „d“ gesprochen).,… kurz danach kamen dann auch die noch fehlenden Laute.
Liebe Anita,
bei uns ist es fast genauso. VED, Konzentrations- und Wahrnehmungseinschränkungen. Mein Sohn war im Sprachheilkindergarten, allerdings haben wir ihn erst mit fast 7 Jahren einschulen dürfen, da Niedersachsen eine Flexregeleung hat. Geburtstag 31.08.). Ja, man wünscht sich für sein Kind den regulären Weg und eine gewisse Leichtigkeit. Die Förderschule (Zweig Sprache) ist das Beste was wir machen konnten, auch wenn er an unserem Wohnort leider kaum Freunde für Spielverabredungen hat. Allerdings kommt er auch erst um 16:15 aus der Schule. An unserer örtlichen Grundschule hätte er es sehr schwer gehabt und jetzt geht er gerne zur Schule. Allerdings endet die Sprachheilschule nach der 4. Klasse und ich wüßte nicht, dass es bei uns danach noch Sprachförderschulen gibt. Die Lehrer sagen, dass seine Leistungen, bis auf den sprachlichen Anteil einem Regelschüler entsprechen. Wir werden sehen wie es weitergeht. Er ist jetzt in der 2.Klasse und das Lesen klappt nach gefühlt jahrelangem täglichen üben schon ganz gut, nur leider noch nicht von sich aus. Grammatik ist leider auch noch ein großes Thema. Die 3. Sprachheilreha in „Werscherberg“ ( ich nehme an da ward ihr auch) ist gerade genehmigt.
Ich wünsche Dir und Deinem Sohn alles Gute, ich weiß wie hart
es manchmal sein kann!! Normalerweise schreibe ich keine Kommentare, aber ich habe uns in Eurer Situation so sehr wiedererkannt. LG