Dick im Sommer: Ich schwitze und schäme mich so

Sommer

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Ihr Lieben, eine Umfrage einer Krankenkasse hat ergeben, dass 43 Prozent der unter 30-Jährigen finden, „dickere Menschen“ sollten sich nicht in Badeklamotten zeigen. Fast jede dritte Frau und jeder vierte Mann verzichtet komplett auf Badeurlaub im Sommer, weil sie sich in ihren Körpern unwohl fühlen.

Viele dickere Menschen fürchten, sie würden angestarrt und ausgelacht, sie schämen sich für ihren Körper und ziehen sich mehr und mehr zurück. Auch unsere Leserin Nora ist mehrgewichtig und auch für sie ist der Sommer keine leichte Jahreszeit. Während andere Menschen in Shorts und Tops den Temperaturen trotzen, schwitzt und leidet sie in warmer Kleidung. Wir haben mit ihr darüber gesprochen.

Liebe Nora, es ist Sommer und heiß. Du selbst bist mehrgewichtig, wie geht es dir gerade in dieser Jahreszeit?

Das kommt sehr auf meine allgemeine Tagesverfassung an. Ich bin ein Mensch, dem sehr schnell viel zu warm ist und aufgrund meines Gewichts ziehe ich keine luftige Kleidung kann. Bei der Hitze und wegen des Schwitzens schäme ich mich extrem für meinen Körper. Dass ich auch an Depressionen leide, macht das Ganze natürlich nicht leichter.

Was wiegst du bei welcher Größe und seit wann bist du mehrgewichtig?

Ich bin 156 cm groß und wiege knapp 84 Kilo. Ich hatte in der Schwangerschaft viel zugenommen, dann durch die Trennung ordentlich abgenommen. Durch meine psychische Erkrankung steigt nun seit einem 3/4 Jahr mein Gewicht stetig.

Wie würdest du das Essverhalten in deiner Herkunftsfamilie und heute beschreiben?

In meiner Familie wurde eigentlich normal gegessen. Es gab immer abwechslungsreiches Essen und auch oft Salate. Seit meinem Auszug zu Hause esse ich aber kaum noch Obst und Gemüse, ich bereite es mir nicht mehr nur für mich selbst zu. Außerdem bin ich auch ein extremer Stress-Esser.

Wie fühlst du dich im Sommer in Badeklamotten?

Ich fühle mich unwohl und hässlich, ich schäme mich für meinen Körper. Ich verurteile leider selbst dickere Menschen und daher denke ich dann auch über mich selbst so schlecht. Ich denke mir oft, mich wird eh niemand ansehen, weil ich so dick bin.

Gibt es etwas, was du aufgrund deines Gewichts nur selten oder nie machst?

Schöne Kleidung tragen. Ich habe früher gerne sehr körperbetonte Sachen getragen, immer Kleidergröße XS gehabt. Ich würde so gerne schöne Kleider anziehen, schicke Alltagskleidung. Aber das mache ich nie, weil ich mir einfach nicht gefalle.

Wenn du in den Spiegel schaust, wie siehst du dich selbst?

Ich sehe mich als hässlich und fett. Ich sehe nichts, was attraktiv ist.

Gibt es wirklich nichts, was du schön an dir selbst findest?

Manchmal mag ich meine Augen sehr gerne, wenn ich mich geschminkt habe.

War dein Gewicht auch Thema in deinen Beziehungen?

Ja, in meiner Ehe war das Gewicht immer Thema. Mein Exmann fand mich immer toll, weil ich so eine tolle sexy Figur hatte. Nach der Schwangerschaft schenkte er mir ein Trimm-dich-Rad, damit ich wieder schnell schlank werde. Leider habe ich in der Stillzeit nicht abgenommen, sondern hatte ständig Hunger…

In meiner jetzigen Beziehung ist es eigentlich gar kein Thema, aber es ist einfach so sehr in meinem Kopf eingebrannt, dass nur schlanke Frauen sexy und attraktiv sind. Ich bin in den 1990er/2000er-Jahren aufgewachsen, dieser damalige Schlankheitswahn hat da sicher auch seinen Beitrag zu geleistet…

Was wünscht du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir für die Zukunft eigentlich nichts weiter, als dass ich mich wieder wohlfühle und mich selbst lieben kann. Dann kommt alles andere von selbst…

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5 comments

  1. Hi Nora,
    Von dieser Umfrage, dass sich übergewichtige Menschen nicht in Badekleidung zeigen sollten, habe ich schon gehört und finde sie unmöglich. Ich war diesen Sommer bei einem Schwimm Event in Großbritannien. Viele TeilnehmerInnen sind eher älter, und da waren tolle Frauen, alt und dick und auf Krücken da ankommend, die sind lange Distanzen geschwommen und haben dabei viele Jüngere Schlanke (z.B. mich 😉) überholt. Inspirierend! Ich will solche Menschen treffen, auch gerne in Badekleidung.
    Liebe Grüße!

  2. Ich finde es so traurig das es immer noch so ein Thema ist… Ich habe mal einen schönen Satz gelesen der sagte das es ein Irrglaube sei das in jedem Körper ein schlanker steckt…
    Und warum sollen mehrgewichtige Menschen ihren Körper in wallende Gewänder hüllen? Statt einfach das anziehen zu können wonach ihnen der Sinn steht… Ich hoffe das irgendwann dieses Bewusstsein in allen Köpfen steckt und niemand mehr Witze darüber macht …
    Ach ich könnte mich so in Rage schreiben..
    Aber lieber empfehle ich zum Beispiel das Buch „ Body positivity“ von Melody Michelberger oder „ das Leben ist zu kurz um den Bauch einzuziehen „ von Sandra Wurster.
    Und : ich bin mehrgewichtig, sportlich und aktiv, über 50 und gesund… trage Shorts, kurze Röcke und Bikini!

  3. Ich habe mich gefragt, ob die Frau eventuell eine Lipödemerkrankung haben könnte und eventuell garnichts für ihre Gewichtszunahme kann. Ich kam auf die Idee, weil sie schrieb, dass sie so viel in den Schwangerschaften zugenommen hat. Und dies wäre typisch für diese Erkrankung. Und ein gestörtes Essverhalten als Resultat aus der Verzweiflung, sich nicht mehr im eigenen Körper zuhause zu fühlen, auch. Eine ärztliche Abklärung könnte Aufschluss bringen. Alles Liebe!

  4. Man sieht doch ob ein Körper dünn oder nicht schlank ist egal was man trägt.
    Ich hatte früher auch große Probleme meinen Körper anzunehmen, obwohl ich nie dick war. bin aber auch nicht super schlank. mich stört aber das „geschwabbel“ also geht’s jetzt regelmäßig zum Sport. Und wie der eine Kommentar schrieb, Schwimmen ist da optimal, da auch Gelenkschonend.
    und selbst als nicht-dicke ziehe ich viel lieber keine engen Oberteile an sondern welche die länger und etwas weiter geschnitten sind. gibt’s das nicht auch für größere Größen? eine schön gemusterte locker sitzende Tunika zB macht doch was her. Früher habe ich mich auch im Schwimmbad verglichen und meinen Körper immer kritisiert und gedacht ich werde immer beobachtet, war aber nicht so. letztens saß ich neben dem Becken und habe die Leute beobachtet und gesehen das es kaum Körper gibt die „perfekt“ sind. selbst Schlanke haben und empfinden irgendeine Stelle an ihrem Körper als nicht schön.

    Viel wichtiger, finde ich, ist wie sich die Person fühlt. es gibt dicke Menschen die mit sich zufrieden sind und Lebensfreude ausstrahlen und das finde ich viel attraktiver bzw schöner als dünne Menschen die unglücklich und griesgrämig sind.

  5. Es ist grundsätzlich ein Problem, dass weibliche Körper in der Öffentlichkeit permanent beurteilt und bewusst sowie unbewusst mit den aktuell gängigen „Schönheitsidealen“ verglichen werden. Was meinem Selbstbewusstsein geholfen hat, waren Schutzräume, wo der Körper „nur“
    ein Körper sein konnte: Tanz-Trainingsgruppe oder früher auch die aktive Mitgliedschaft im Schwimmverein. Klingt vielleicht komisch, da für beide Sportarten enge/ wenig Kleidung notwendig ist, ABER: in solchen Gruppen habe ich den Körper und seine Leistung & seine Fähigkeiten gespürt, ob und wie viele Fettpölsterchen am Bauch hingen, war nicht wirklich von Interesse oder Bedeutung.
    Von daher nur als eine Idee von mir: schauen welche körperlichen Erlebnisse schön/ angenehm/ fordernd sind und versuchen in sich dabei hinein zu spüren. Schwimmen kann man übrigens ganz wunderbar und unbeobachtet entweder beim Frühschwimmen oder mit dem Feierabendtarif. Wenn es sich gut anfühlt, traut man sich vielleicht später auch zu den normalen Öffnungszeiten ins Wasser?

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