Pubertät: Erst war ich als Mama Königin, jetzt Trottel der Nation

Pubertät

Ihr Lieben, Luises Sohn ist jetzt so alt wie selbst war, als sie ihn bekam, nämlich 17. Wie sich ihr Leben in der Pubertät und jetzt im Jugendalter gestaltete bzw. gestaltet, das erzählt uns die junge 34jährige Mutter hier sehr ehrlich.

Liebe Luise, du sagst, der Aufschlag nach der „Mama-ich-liebe-dich-über-alles-Zeit“ sei für dich als Mama echt mies gewesen…

Absolut. Erst war man quasi eine Königin und plötzlich fühlt man sich als Trottel der Nation und wird auch so behandelt. 

Kannst du das mal näher erläutern, vielleicht sogar mit einem konkreten Beispiel?

Mein ältester Sohn hat mich total geliebt, als er noch kleiner war. Niemand konnte so entzückend sein wie er. Mit 10 Jahren brachte er mir regelmäßig am Wochenende Kaffee ans Bett, schrieb liebevolle Zettel und war mir sehr nah. Ich erinnere mich konkret an eine Grippe, mit der ich flach lag und dieser kleine Kerl meinte, ich solle ruhig liegen bleiben, er würde sich um mich kümmern, weil dies nun einmal in einer Familie so wäre und man immer den versorgt, dem es gerade nicht gut geht. Da schmolz einem wirklich das Mutterherz vor Entzückung.

Im Allgemeinen war er immer sehr empathisch, sehr offen und wir beide stets im regen Austausch miteinander. Heute kann ich mit Grippe im Bett liegen und werde dennoch aufgefordert, ihn mal da oder dorthin zu fahren, Tee kann ich mir auch selbst kochen, schließlich atme ich noch. Egal was man von ihm möchte, es ist eigentlich immer der falsche Zeitpunkt und niemand ist so nervig und peinlich wie ich. 

Du findest jetzt in der Pubertät auch diesen Zwiespalt anstrengend, dass sie ernstgenommen werden wollen, trotzdem aber nicht mal die Teller wegräumen können…

Oh ja, nichts ist gut genug, nichts läuft mal von alleine und auf der anderen Seite wollen es halt große Menschen sein, die man ernst nehmen soll. Mir graut es manchmal echt, von der Arbeit zu kommen, weil ich weiß, wie die Küche aussieht, das Bad und man ja nur mault, wenn man sich täglich wiederholen muss. 

Wie reagierst du darauf – streng, genervt oder indem du es dann im Zweifel einfach selbst machst? Oder ist das tagesformabhängig?

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Ich bin mehr so eine Hippie-Mama und Strengsein liegt mir gar nicht. Das einzig Konsequente an mir ist meine ständige Inkonsequenz. Ich habe in unserer Wohnung überall Zettel aufgehängt, auch mit Bildern, wo draufsteht und zu sehen ist, was ich mir wünsche. Über der Spüle hängt ein Bild mit der Aufforderung, das Geschirr sofort wegzuräumen, am Bad ein Schild, dass man nasse Handtücher aufhängen kann und an seinem Zimmer, dass Essen darin verboten ist. Hat nur ein paar Tage geklappt und seitdem wiederhole ich mich einfach täglich wieder.

Das Einzige,was ich erfolgreich durchgesetzt habe ist, dass er seine Anziehsachen selbst wäscht, aufhängt, zusammenlegt und wegräumt. Das klappt seit zwei Jahren ganz wunderbar und mittlerweile kann er fast besser bügeln als ich. Ansonsten sage ich ihm halt immer wieder, dass wir eine Gemeinschaft sind und in dieser einfach jeder seinen Beitrag leisten muss. Wenn ich dann aber nach der Arbeit bis 21 Uhr beschäftigt bin, um seine Sachen wieder in Ordnung zu bringen, dann kann ich mich ihm halt nicht mehr zuwenden, sondern brauche eben auch einfach mal „Feierabend“.

Wenn ich also nach Hause komme und die Küche etc. in Ordnung ist, dann weiß ich, dass mein Sohn abends gerne noch Zeit mit mir hätte und dann klappt es auch. Das ärgert mich oft, weil es da dann halt geht und ansonsten kein Weg reinführt. Ich komme mir manchmal vor wie eine Schallplatte, die täglich dasselbe abspielt. Das nervt mich selbst, aber ich hab noch keine bessere Handlungsstrategie gefunden. 

Manche Dinge wenden sich mit heranwachsenden Kindern auch zum Positiven, was genießt du ganz besonders? 

Ich genieße es, nicht mehr alles im Blick haben zu müssen und wieder freier zu sein. Einen 17jährigen muss man nicht mehr beaufsichtigen und kann eben auch mal wieder was unternehmen, ohne Angst zu haben, dass hinterher das Haus in Flammen steht.

Ich liebe unsere nächtlichen Gespräche auf dem Balkon, weil wir einfach wie Erwachsene miteinander reden können und ich genieße es total, wie klug, reflektiert und offen unsere heutige Jugend ist. Es macht mir Freude, zu erleben, wie sich sein Charakter formt, zu sehen, welche Werte ihm wichtig sind, wie er die Welt wahrnimmt und was Leben für ihn bedeutet. Auch fasziniert mich sehr, wie klar und selbstbewusst er ist. Ich bin das in diesem Alter so gar nicht gewesen und finde das richtig gut. 

Und welche Dinge machen dir eher Sorgen? 

Sorgen machen mir seine Sorgen. Diese schnelle Welt, diese vielen Anforderungen an junge Menschen und all die Dinge, die unsere Welt bedrohen. Ich habe Angst, dass der Druck zu viel werden könnte und er es nicht schafft, zu lernen, wie wichtig Pausen im Leben sind. Ich habe auch Angst, dass er irgendwann glaubt, man könne sich über Leistung definieren und müsse immer „funktionieren“, weil er von seiner Persönlichkeit her schon manchmal etwas Zwanghaftes hat. 

Du bist selbst bereits mit 17 Mama geworden, wie war das damals für dich? Wie haben deine Familie und deine Freundinnen reagiert, wie schnell bist du dadurch erwachsen geworden?

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Puh… Es war schlimm, wirklich schlimm. Ich habe wochenlang nur geweint und gemeint, mein Leben wäre nun vorbei. All das halt, was einem dann so gesagt wird. Du ruinierst deine Jugend, dein ganzes Leben. Ich wusste dennoch von Anfang an, dass ich dieses Kind bekommen möchte und war einfach mit dem Ausblick überfordert, weil ich kein konkretes Bild hatte, wie das gehen sollte.

Ich wollte nicht bei meinen Eltern bleiben, aber auch nicht in ein Mutter-Kind-Heim. Meine Mama hat geweint, als sie es erfahren hat, aber dann gesagt: „Wem Gott schenkt ein Häslein, dem sorgt er auch fürs Gräslein.“ Es war eine vollkommen verrückte Zeit, weil der Papa zuerst wollte, dass ich abtreibe und ich dann emotional so in den Seilen hing. Es hat sich dann aber alles befriedet und wir sind zusammen in unsere erste Wohnung gezogen.

Als mein Sohn dann geboren wurde, war es wirklich schön und unkompliziert. Ich hatte eine wundervolle Familienhebamme, die viel Zeit und Liebe in uns investiert hat. Schlafmangel habe ich damals noch nicht als so schlimm empfunden wie heute und generell hat man alles entspannt auf sich zukommen lassen. Das Baby war da und man hat sich einfach so eingerichtet und seinen neuen Alltag gestaltet.

Ich frage mich heute manchmal, wie ich das alles eigentlich hinbekommen habe. Mein Baby mit Baumwolle gewickelt, lange gestillt, Brei selbst gekocht und später wieder zur Schule gegangen. Das Energielevel ist als junger Mensch eindeutig höher. Erwachsen geworden bin ich dadurch sehr schnell, weil mir immer klar war, dass ich jetzt Verantwortung für noch einen Menschen außer mir selbst habe und ich nicht wollte, dass er im Chaos aufwächst, weil ich noch so viel mit mir selbst zu tun habe.

Ich hatte aber auch wahnsinniges Glück, weil sich die Großeltern väterlicherseits sehr eingebracht haben und mir immer ermöglichen konnten, auch einfach der Teenager zu sein, der ich stellenweise nun einmal noch war. Ohne liebevolle Unterstützung kann man das nicht schaffen und ich bin dem Himmel so dankbar, dass ich alles bekommen habe, was ich brauchte, um zu lernen, eine verantwortungsvolle Mama zu sein. 

Wie würdest du reagieren, wenn dein Sohn auch so früh Vater würde?

Ich würde weinen und dann genau das tun, was die Großeltern väterlicherseits getan haben. Da sein, Freiraum schaffen, wo es geht, fordern, wo es angebracht ist und meinem Kind das Gefühl geben, dass auch sein Kind ein geliebter und gewollter Mensch ist, selbst wenn man sich die Umstände vielleicht anders gewünscht hätte. 

Du bist nach 1,5 Jahren Stillzeit alle 14 Tage in die Disko gegangen…

Oh ja, ich war eine junge Frau und wäre vollkommen überfordert gewesen, wenn ich diesen Teil meiner Selbst nicht hätte leben können. Zum Glück hat mein Sohn wundervolle Großeltern, die mich eben auch als Teenager gesehen haben und mir deshalb diese Freiheit ermöglicht haben. Nur so konnte ich eine ausgeglichene Mama sein, die kaum je überfordert war und immer alles leben durfte, was sie eben war. Mama, junge Frau und Mensch. 

Glaubst du, der geringe Altersunterschied zwischen dir und deinem ersten Kind macht die Phase der Pubertät eher erträglicher für euch beide – weil es bei dir selbst noch gar nicht so lang her ist? 

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Der geringe Altersunterschied sorgt dafür, dass wir uns besonders nah sind, weil wir quasi zusammen erwachsen geworden sind. Mein Sohn hat so viele Entwicklungsstufen von mir mitbegleitet. Schule, Studium, aber seit seiner Pubertät fällt es mir schwer, zu wissen, wer er ist. Mein Sohn ist ganz anders und hat noch nichts von dem getan, was ich in dem Alter getan habe.

Ich hatte mich da wirklich auf alles eingestellt und passiert ist gar nichts. Er geht nicht feiern, trinkt nicht und hat auch sonst noch nie irgendwas Dummes angestellt. Das kann er auf keinen Fall von mir haben und manchmal lachen wir darüber, weil ich dann sage, dass ich als abschreckendes Beispiel vielleicht doch gar nicht so viel falsch gemacht habe. 🙂

Er erinnert mich dahingehend sehr an meinen Zwillingsbruder, der genauso war als junger Mann und mit 21 Jahren zum ersten Mal sein Zimmer verlassen hat. Das sind auch die Punkte, die mich triggern, weil ich es eben ganz anders angegangen bin und nicht verstehe, wie man in dieser Zeit seines Lebens so lustlos und „unlebendig“ sein kann. Mein Sohn lehrt mich dahingehend im Moment sehr viel und insgeheim bin ich natürlich auch ein bisschen dankbar dafür, weil ich mir so nie Sorgen um ihn machen muss und immer weiß, wo man ihn findet. 

Worauf freust du dich als Mama am meisten, wenn du an die Zukunft denkst?

Ich freue mich darauf, zu sehen, was mein Sohn letztlich für ein Mensch wird, wenn sich das Gehirn neu strukturiert hat und die Pubertät vorbei ist. Ich möchte wissen, wie er dann auf seine Kindheit zurückblickt und für was er dann dankbar ist und was er blöd fand. Ich freue mich auf all die Freiheit und darauf, zu erleben, wie er sein Leben selbst gestaltet und wie das dann aussehen wird. Und natürlich freue ich mich darauf, ihn dann zu besuchen und seine Arbeitsplatte vollzukrümeln. 🙂 

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1 comment

  1. So ein schöner Beitrag! Die Autorin klingt entspannt und super sympathisch. Dich hat man als Teenie sicherlich gern als Mama 😊 Toll wie du das alles hinbekommen hast!

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