Liebe Sylvia, nach der Geburt deines zweiten Kindes ging es dir nicht gut. Kannst du erzählen, was los war?
Ich hatte bereits nach der Geburt des ersten Kindes mit postnatalen Depressionen zu kämpfen. Leider äußerte sich diese beim zweiten Mal ganz anders, so dass ich erst relativ spät verstand, was mit mir los war.
Der Vater der Kinder ging schnell wieder arbeiten, ich war alleine mit den beiden Kindern. Ich war absolut überfordert, weil mein großes Kind auch hochsensibel ist.
Leider hast du keine Unterstützung durch deinen Mann erfahren. Du sagst, er hatte kein Verständnis. Wie genau hat sich das geäußert?
Wie gesagt ging mein Ex-Mann schnell wieder arbeiten und ich war emotional komplett alleine. Die zweite Geburt war sehr heftig, das habe ich nie verarbeitet. Ich hatte einfach keinen, mit dem ich darüber sprechen konnte. Wenn ich versuchte, dieses Trauma mit meinem Ex zu besprechen, sagte er nur, ich sollte es nun ruhen lassen, schließlich sei ja auch alles gut ausgegangen. Was diese schlimme Erfahrung mit mir machte, interessierte ihn nicht.
Er ging seinem normalen Alltag nach, ich fühlte mich einsam und eingesperrt. Es war schrecklich.
Hast du generell das Gefühl, dass viele Menschen immer noch denken, dass eine Depression eben nur „schlecht drauf“ ist?
Ja, definitiv! Besonders, wenn man gerade ein Kind bekommen hat. Mein Umfeld hat erwartet, dass ich mich gefälligst darüber freue, ein Kind bekommen zu haben. Dass die Geburt tragisch verlaufen ist, sollte ich nicht thematisieren. Ich sollte mich nicht so anstellen. Ich sollte die gut gelaunten Mama sein. Ich fühlte mich komplett unverstanden.
Eure Ehe hat nicht gehalten. Wie ist die Trennung abgelaufen?
Ich muss sagen, dass ich natürlich weiß, dass die Zeit nicht leicht war und dass es auch kriselte. Aber ich war der festen Überzeugung, dass wir diese Zeit gemeinsam überstehen können.
Dann sagte er mir, dass es da eine andere Frau gibt, mit der er so gut über alles sprechen kann und die ihm gut tut. Für mich ist eine Welt zusammen gebrochen. Ich habe versucht, zu kämpfen und habe alles gegeben. Ich wollte so dringend gefallen, wieder gut genug sein, dass ich irgendwann gar nicht mehr ich selbst war…
Nach sehr schmerzhaften sechs Monaten habe ich gemerkt, dass das alles nichts bringt. Ich habe angefangen, mir eine Wohnung zu suchen, habe mir genau überlegt, wie ich mein Leben finanzieren kann und alle Existenzsorgen zur Seite geschoben. Dann habe ich allen Mut zusammen genommen, habe eine Wohnung gemietet und bin mit den Kindern ausgezogen.
Wie ist seitdem der Kontakt zwischen Euch?
Er ist ein guter Papa. Die Kinder lieben ihn und er liebt sie. Er holt sie so oft wie möglich ab. Zwischen uns gibt es einen schrecklichen Nervenkrieg unter dem ich sehr leide.
Nach über 13 Jahren wieder alleine zu sein – kannst du uns von der ersten Nacht nach der Trennung erzählen?
Es war Befreiung pur. Die letzten Tage und Nächte in der gemeinsamen Wohnung waren schrecklich. Ich hatte das Gefühl, nun langsam wieder zu mir selbst zurück kehren zu können. Und doch habe ich sehr lange gebraucht, um mich von dem Bild der heilen Traumfamilie verabschieden zu können.
Für die Kinder war es nicht so leicht. Aber mit vielen Gesprächen, Erklärungen und auch Hilfe von außen haben wir es ganz gut in den Griff bekommen.
Wie geht es dir heute?
Gut, ich bin gefestigt in meiner Rolle als alleinerziehende Mama, auch wenn ich natürlich auch viele schlechte Tage habe. Letztes Jahr war ich sehr stolz, dass ich mir den Kinder alleine in den Urlaub fahren konnte.
Vieles im Alltag ist definitiv anstrengend, dass man immer alles allein machen muss….Aber ich spüre auch, wie stark mich die letzte Zeit gemacht hat.
Könntest du dir wieder eine Beziehung vorstellen?
Ja, langsam kommt dieser Gedanke wieder auf. Aber wirklich nur sehr langsam und vorsichtig…
Foto: Pixabay
2 comments
Ich weiß auch wie das ist. Ich bin emotional auch durch die Hölle gegangen, habe nur noch 49kg gewogen . Meine Tochter hat einen Herzfehler und plötzlich stand ich allein mit allem da . Heute weiß ich wie stark ich wirklich bin auch wenn es häufig schlechtere Tage gibt ich steh immer wieder auf.
Seid stark Mädels, wir schaffen das
Liebe Grüße aus NRW
Liebe Mama, du sprichst mir aus der Seele! Da mein Mann sich auch gerade von mir getrennt hat und ich mit zwei Kindern auch viel allein bin und nicht weiter weiß, würde ich gern mit dir schreiben und mich austauschen. Ich freu mich auf Post von dir: franzi876@web.de
Alles Gute!