Ordnung für immer: Der einfache Weg zu einem aufgeräumten Leben

Ordnung

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Ihr Lieben, wie wohnt denn ihr? Und was würdet ihr für eine Ordnung für immer geben? Gunda Borgeest gibt uns heute Tipps für einen einfachen Weg zu einem aufgeräumten Leben. Und die sind so lebensnah, dass wir als Familien wirklich nur davon profitieren können.

Wieso sorgt Ordnung nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich für mehr Wohlbefinden in unserem Leben?

Klärung im Außen ist immer auch Klärung im Innern. Was will ich? Was will ich nicht mehr? Was ist mir wichtig? Wo stehe ich gerade? Wie will ich leben? Da geht es also um weit mehr als Aussortieren und Aufräumen. Es ist ein tiefgreifender Klärungsprozess, der sehr befreiend sein kann. Die äußere Ordnung spiegelt zurück auf die innere Ordnung.

Grundsätzlich unterscheide ich zwischen der initialen Grundordnung (ich habe nur noch die Dinge, die ich brauche und schön finde) und dem regelmäßigen Aufräumen. Je besser die Grundordnung, desto leichter das Aufräumen. Das Aussortieren ist immer spannend, manchmal schmerzhaft, oft befreiend. Menschen bei diesem Befreiungsprozess begleiten zu können, empfinde ich als großes Glück. Deshalb liebe ich meine Arbeit.

Nun haben Sie es bei mir mit einem Chaos-Exemplar zu tun. Ich finde schon alles wieder (irgendwann), aber es sieht nie aus wie im Katalog oder so, dass spontan mal Gäste reinkommen könnten… was mach ich verkehrt?

Dass es bei Ihnen nicht „wie im Katalog“ aussieht, finde ich eher beruhigend 😉 Ordnung ist immer individuell! Da sind feste Schemata und Katalog-Vorbilder aus meiner Sicht fehl am Platze. Vermutlich machen Sie gar nichts falsch. Wenn es Sie nicht stört, dass Sie ab und zu etwas suchen müssen, und wenn Sie und Ihre Familie mit der Unordnung gut leben können – warum dann etwas ändern?

Wenn Sie sich allerdings öfter ärgern, weil Sie schon wieder Zeit mit Suchen verbringen, wenn es Streit in Ihrer Familie über Ordnungsthemen gibt und wenn Sie sich nicht so richtig wohl fühlen in Ihrer Wohnung, dann sollten Sie vermutlich etwas ändern und sich ggf. Hilfe holen. Ich entwickle mit meinen KundInnen die zu ihnen passende Struktur. Denn Ordnung funktioniert nur dann, wenn sie zum Menschen passt – nicht umgekehrt.

Der eine braucht einen leeren Schreibtisch, um konzentriert arbeiten zu können, der andere möchte sich von persönlichen Dingen, die auf dem Schreibtisch liegen, inspirieren lassen. Der eine möchte alle Bücher, die er je gelesen hat, um sich versammeln, weil sie ihm Halt und ein Gefühl von Geborgenheit geben, der andere möchte nur die Bücher aufheben, die er noch nicht gelesen hat oder die ihn ganz besonders geprägt haben. Der eine braucht ganz freie Arbeitsflächen in der Küche, um entspannt kochen zu können, der andere möchte Gewürze oder Kochlöffel griffbereit neben dem Herd haben.

Man kann grob vier Ordnungs-Typen unterscheiden: Horter, Freigeist, Perfektionist und Aufschieber. Aber das ist kein Schema, das ich über Menschen lege, sondern das können erste Anhaltspunkte zur Selbst-Analyse sein: Warum fällt mir Struktur so schwer? Was blockiert mich? Warum verschiebe ich Vorhaben so oft? Warum glaube ich, keine Zeit zu haben? Wieso kaufe ich so viel? In meinem neuen Buch gibt es einen ausführlichen Test und ich gebe bei der Auswertung jeweils typ-gerechte Anregungen, wie Veränderung gelingen kann.

Mal provokant gefragt: Wie reagieren Sie auf das Argument, ich verbringt lieber Quality Time mit den Kids, als ständig angespannt alles weg- und hinterher zu räumen ohne das Hier und Jetzt genießen zu können?

Die Quality Time mit Ihren Kindern ist in der Tat wichtiger als Aufräumen. Aber warum das eine gegen das andere ausspielen? Wenn Ihnen eine passende Ordnung wichtig ist, gibt es Möglichkeiten, diese ohne „angespanntes Weg- und Hinräumen“ zu etablieren und Alltags-Routinen zu entwickeln, mit denen Sie diese Ordnung halten können. Das steht nicht im Gegensatz zu einer guten Zeit im Hier und Jetzt – im Gegenteil.

Ordnung für immer
Gunda Borgeest. Foto: Constanze Wild

Sind Kreative wirklich chaotischer?

Nein, ich denke, das ist ein Klischee. Und manchmal eine Verwechslung: Einige Kreative denken, dass ein gewisses Chaos zum kreativen Prozess gehört. Ich glaube das nicht. Warum sollte ich bei übersichtlich geordneten Materialen und Werkzeugen weniger kreativ sein? Ich habe schon mit vielen Künstlern gearbeitet, die mir nach dem Ordnen ihrer Dinge alle das Gleiche gesagt haben:

Jetzt, wo sie alles auf Anhieb sehen und finden, was sie für ihren künstlerischen Ausdruck brauchen, fühlen sie sich inspirierter, freier, klarer, entspannter und motivierter. Viele Kreative wünschen sich darüber hinaus ein gutes System zur Lagerung und Archivierung ihrer Werke – bis hin zu übersichtlichen Werkverzeichnissen – das hat mit Chaos also gar nichts zu tun…

Wie wird denn Aufräumen so zur Routine, dass es einfach nebenher geschehen kann?

Das ist wie gesagt sehr individuell und lässt sich pauschal nicht beantworten. In meinem neuen Buch gibt es Anregungen, um den eigenen Mustern, Blockaden und Vorlieben auf die Spur zu kommen. Grundsätzlich ist die Frage sinnvoll, was stört mich am meisten? Worüber ärgere ich mich? Was behindert mich? Sind es die Wäscheberge, die Kleiderhaufen im Schlafzimmer, das unordentliche Badezimmer, das schmutzige Geschirr in der Spüle, die Papierstapel, die unerledigte Ablage?

Im nächsten Schritt kann man sich dann EINE neue Routine vornehmen und diese mit Übung, Zeit und Geduld in den Alltag integrieren: z.B.: die Post immer gleich öffnen und auf dem Schreibtisch ablegen, Kleidung immer gleich wegräumen, schmutziges Geschirr sofort in den Geschirrspüler stellen und nicht erst in der Spüle parken, 1 x wöchentlich eine Stunde Papierkram erledigen usw.

Erst wenn eine neue Routine tatsächlich erfolgreich etabliert ist, sollte man sich das nächste Thema vornehmen und ähnlich verfahren. Das Ganze ist eine Übungssache. Irgendwann sind die neuen Gewohnheiten dann so selbstverständlich, dass man nicht mehr drüber nachdenkt und das Aufräumen ohne große Anstrengung quasi nebenbei geschieht.

Gerade in Familien mit Kindern fällt es ja oft schwer, Ordnungssysteme aufrechtzuerhalten. Hier zumindest fliegt immer irgendein Fußballtrikot rum oder was auch immer… wie bekommt man das dauerhaft hin mit den Heranwachsenden?

Ich rate zu einer Familien-Konferenz, bei der jedes Familienmitglied sich zu den eigenen Vorlieben, Ordnungsvorstellungen und Wünschen äußern kann und bei der dann wenige – aber verbindliche – Familien-Regeln festgelegt werden. Wichtig ist, Ordnung nicht zu „verordnen“, sondern gemeinsam zu entwickeln. Da geht es um Kompromisse, Verlässlichkeit und die gerechte Aufteilung von Aufgaben:

Ist jeder für sein Zimmer selbst verantwortlich? Wirft jedes Kind seine schmutzige Wäsche eigenhändig in die Wäschetonne und räumt die saubere Wäsche selbst zurück in den Schrank? Wie wollen wir mit den gemeinschaftlich benutzen Räumen verfahren? Ist immer einer pro Woche für die Ordnung im Wohnzimmer verantwortlich? Was können unsere Regeln für ein aufgeräumtes Badezimmer sein? Wer bringt den Müll raus und wer das Altglas weg?

Wichtig ist, sich regelmäßig – z.B. einmal monatlich beim gemeinsamen Abendessen – darüber zu verständigen, was gerade gut läuft in punkto Ordnung und was nicht. Was sollten wir beibehalten, wo hakt es? Was funktioniert noch gar nicht und wie können wir das ändern? Ordnung ist kein Zustand, sondern ein Prozess.

Halten Sie klare Rituale und wöchentliche oder monatliche Aufgaben für essentiell wichtig?

Tägliche, wöchentliche und monatliche Routinen können helfen, die Aufgaben im Blick zu haben, Prioritäten zu setzen und sich nicht zu verzetteln. Aber wie gesagt: Nehmen Sie sich am Anfang nicht zu viel neue Routinen vor, sondern ändern Sie Ihre alltäglichen Gewohnheiten Schritt für Schritt. Es kann sinnvoll sein, sich eine Liste zu machen, was es täglich und wöchentlich im Haushalt zu erledigen gibt und welche Arbeiten monatlich wichtig sind.

Manchen Menschen hilft es, diese Aufgaben dann als verbindliche To-Dos in ihren Kalender einzutragen. Andere brauchen nur eine Liste, deren einzelne Punkte sie dann ohne genaue Termin-Festlegung bearbeiten. Andere haben alles im Kopf und finden To-Do-Listen lästig. Wichtig ist, dass Sie die Instrumente für sich entdecken und entwickeln, die zu Ihnen passen. Dafür gibt es in meinem Buch zahlreiche Anregungen, nach denen Sie dann ihre eignen Ordnungsplan machen können.

Haben Sie ganz konkrete und leicht umsetzbare Tipps für uns? Außer „Alles braucht seinen festen Platz“ wissen wir auf dem Gebiet noch nicht viel.

Nach der initialen Grundordnung geht es im nächsten Schritt darum, für die Dinge einen passenden, guten Platz zu finden. Dabei können ein paar Prinzipien hilfreich sein:

Kurze Wege: praktisch ist es, wenn die Dinge dort „wohnen“, wo sie am häufigsten gebraucht werden: der Korkenzieher in der Küche, der Schlüssel neben der Haustür, die Lesebrille neben dem Zeitungskorb im Wohnzimmer.

Sinnvolle Orte: Liegt das Handy nicht am gewohnten Platz, dann lädt es in der Ladestation im Wohnzimmer. Ausweis, Krankenkassenkarte, Kleingeld und Co. finden ihren Platz im Portemonnaie. Kabel und Adapter liegen gesammelt in der Elektronik-Schublade.

Schneller Zugriff: Verstauen Sie häufig gebrauchte Dinge dort, wo Sie sie ohne Mühe erreichen können. Also den Schlüssel, das Portemonnaie und den Einkaufswagen-Chip zum Beispiel in einer Schale im Flur oder die Gewürze in der Nähe des Küchenherds. Wenn Sie die Dinge leicht aus Schränken, Schubfächern oder Regalen herausnehmen können, werden sie sich auch schnell wieder dorthin zurücklegen lassen.

Klare Hierarchien: Tägliche Gebrauchsgegenstände haben Vorrang. Das bedeutet, Kaffeetassen oder Wassergläser sollten im Schrank auf einer angenehmen Höhe sein. Sind Kinder im Haushalt, die schon helfen können, sollte Geschirr und Besteck in Schränken deponiert sein, die sie gut erreichen können. Bei selten benutzen Dingen darf das Verstauen und Erreichen ruhig einen Handgriff mehr kosten. So können Sie ein wenig genutztes Fondue-Set auch gut in einem höheren Fach verstauen.

Gute Absprachen: Es ist ganz einfach eine bestimmte Ordnung wird nur dann eingehalten, wenn sie für Ihre ganze Familie sinnvoll ist. Also sprechen Sie Ihre Ordnungskoordinaten mit den anderen ab und sichern Sie sich deren Unterstützung.

Geduld und Nachsicht: Gut Ding will Weile haben: Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie ab und zu in alte – unordentliche – Verhaltensweisen zurückfallen!

Ordnung für immer
Gunda Borgeest: Ordnung für immer

Haben Sie noch ein paar Tipps zum Thema Ausmisten?

Ausmisten heißt Entscheidungen treffen. Das kann anstrengend sein und braucht Zeit. Und wenn Dinge emotional besetzt sind („in diesem Kleid habe ich meinen ersten Freund kennengelernt“, „das waren meine ersten Ballettschuhe“) kann die Loslösung schwer sein und Kraft kosten. Ich rate, nach Kategorien auszusortieren (z.B. alle Gläser, alle Pullover, alle Medikamente, die gesamte Kosmetik etc.).

Das hat den Vorteil: Man sieht die 45 Handtaschen oder 82 Paar Schuhe, die man besitzt und kann im Angesicht dieser Fülle besser loslassen. Eine Kategorie entspricht einer Etappe. Am besten trägt man sich die jeweiligen Etappen – sozusagen als verbindliche Termine mit sich selbst – in den Kalender einzutragen.

Zu Beginn der Arbeit räumt man jeweils alles, was zu einer Kategorie gehört, an einen Ort. Z.B. auf einen großen Tisch, auf dem man gut sortieren kann. Bei größeren Kategorien – etwa bei Büchern – kann man Unterkategorien bilden: Erst alles Reiseführer, dann alle Bildbände, im nächsten Schritt Lyrik etc. Neben dem Arbeitstisch stehen leere Umzugskartons: verschenken, spenden, verkaufen, reparieren und die Kiste „vielleicht“ für Dinge, bei den die Entscheidung gerade schwerfällt.

Dieser Karton sollte allerdings nicht zu voll werden und man sollte sich die Sachen zeitnah wieder vornehmen und dann tatsächlich entscheiden. Neben dem Sortiertisch braucht man zudem stabile Mülltüten für alles, was defekt ist und nicht mehr repariert werden kann. Wichtig: Die aussortieren Sachen sollten zeitnah die Wohnung verlassen, sonst stellt sich kein Befreiungsgefühl ein.

Wie kamen Sie selbst zur Ordnung? Sind Sie selbst schon in einem sehr geordneten Haushalt aufgewachsen?

Ordentlich war ich offenbar schon früh. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich schon als Kind ihre Geschenkpapiere und Schleifen mit großer Geduld und Leidenschaft geordnet und meine Spielsachen nach Farben, Materialen, Größen oder Themen sortiert habe. Ordnung bedeutet für mich Ruhe, Klarheit, Entspannung, Schönheit und Konzentration. In meinem Ursprungsberuf bin ich Literatur- und Filmwissenschaftlerin, habe lange an der Filmhochschule München gearbeitet und dort den Lehrstuhl für Dramaturgie mit aufgebaut.

Mein Mann und ich haben uns die Kinder geteilt, und als sie groß waren, wollte ich mich beruflich nochmal neu erfinden. Ich habe dann 2014 die Schönste Ordnung gegründet und helfe seither Menschen, ihre Wohnungen und ihr Leben aufzuräumen. Der Bedarf ist enorm.

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2 comments

  1. Hallo,

    Wir haben zwei Kinder und wir Erwachsenen sind auch eher ordnungsliebend und tendieren zum Minimalismus. Wir sortieren oft aus.
    Wir mögen das so. Für Besucher mag das manchmal etwas einschüchternd wirken, dass muss ich zugeben. Es sieht aber keinesfalls wie im Möbelhaus aus, auch bei uns liegt und steht etwas Zeug rum, aber eben reduziert.
    Auch bei uns hat alles seinen festen Platz. Wir sind auch nicht ständig mit aufräumen beschäftigt, wie manche so glauben mögen. Aber wenn man halt nicht viel Krempel hat und dann noch 90% der Gegenstände nach Benutzung wieder zurück legt, ist eine gewisse Grundordnung einfach vorhanden. Macht das Putzen auch deutlich einfacher.
    Und das geht auch mit (Grundschul-) Kindern. Wir haben das Glück, dass unsere Kinder beide relativ große Kinderzimmer haben, das Wohnzimmer ist weitestgehend, abgesehen von einer Kreativ Ecke, spielzeugfrei. Die Kiddies wissen auch: alles, was sie tagsüber im Wohnzimmer an Spielsachen verteilen, muss abends wieder hochgetraen werden… Die Kinderzimmer müssen einmal pro Woche aufgeräumt werden, dazwischen muss ich wenigstens unfallfrei zum Bett kommen.

    Letztendlich: jeder wie er mag. Für uns passt es so.

    Viele Grüße
    Stiefelkind

  2. Danke für den schönen Beitrag. Die Autorin wirkt mit ihren Empfehlungen auf mich deutlich sympathischer und näher an der Realität von Familien als zb Marie Kondo (vor ihren Kindern, danach ist bei ihr ja auch das wahre Leben eingezogen :D).

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