Ihr Lieben, die fabelhafte Frau, die wir euch heute vorstellen, begleitet uns schon eine ganze Weile. Sie war eine der ersten Bloggerinnen, die erkannt hat, wie wichtig Familienthemen im Netz sind und hat diese mit Mummymag stilvoll und interessant aufbereitet. Danach startete sie in einer großen Firma durch, hatte tausend kleine Projekte nebenbei – von außen sah alles so aus, als würde es für Camilla immer nur steil bergauf gehen. Dann kam ein Burnout und die Neuorientierung. Camillas Weg beweist, dass man jederzeit die Möglichkeit hat, sich neu zu erfinden. Vielen Dank für dieses Interview und die Offenheit!
Liebe Camilla, beruflich bist du ein ganz schöner Tausendsassa, hast schon ganz viele verschiedene Sachen gemacht – unter anderem das tolle Mummymag gegründet, für große Firmen gearbeitet. Letztes Jahr hast du eine Festanstellung aufgegeben. Kannst du ein bisschen was über die Hintergründe erzählen?
Ja, mein berufliches Leben ist eine kleine Achterbahnfahrt und ich bin immer eher auf der Suche nach neuen Aufgaben und Herausforderungen, als dass ich mich in der Beständigkeit finde. Ich habe vor zehn Jahren das Mummy Mag gegründet und das war eine aufregende und tolle Zeit. Doch die Herausforderungen als Gründerin und Mama, das Durcharbeiten nach der Geburt, keinen Mutterschutz und auch keine Elternzeit zu haben, weil einfach vieles von mir abhing, war schon sehr kräftezehrend.
Als Tanya und ich dann gefragt wurden, eine Community für Mütter aufzubauen, habe ich ziemlich schnell Ja gesagt. Unser Plan war es, die Geschäftsführung im Tandem zu führen, damit wir mehr Raum und Zeit für die Familie und uns selbst haben. Leider war das ein Wunschdenken, denn wir haben nicht wirklich weniger gearbeitet und dann kam auch der erste Lockdown fünf Monate nach unserem Livegang und wir mussten unser ganzes Team durch diese schwierigen Zeiten manövrieren.
Wir haben viel gelernt in dieser Zeit und auch einiges erreicht, aber nach knapp drei Jahren haben wir uns nicht mehr dort gesehen. Ach so, habe ich erwähnt, dass ich außerdem noch einen Burnout hatte und dadurch natürlich die Sinnfrage ganz intensiv gestellt habe…
Du hast dir dann erstmal eine Arbeitspause gegönnt. Wie hast du diese Zeit verbracht?
Die Arbeitspause war kürzer als gedacht, weil ich ja bereits wieder in einem Fulltimejob stecke – auch hier hat mich die Sinnhaftigkeit und die Aufgabe einfach zu sehr gereizt. Trotzdem hatte ich zumindest drei Monate, in denen ich eine Yoga- und meine Doula-Ausbildung gemacht habe. Ich wollte die Zeit nutzen, die Dinge zu machen, die ich seit langem geplant hatte, für die aber nie Zeit war…
Wie und wann kam der Wunsch zur Doula-Ausbildung?
Im Grunde trug ich den Wunsch schon lange in mir, er hat sich quasi manifestiert. Ich hatte ja über das Mummy Mag schon recht früh die Arbeit einer Doula kennengelernt und mich hat dies lange fasziniert. Insbesondere wenn man selbst eine nicht so schöne Geburtserfahrung hatte und ich ernst danach überhaupt gelernt habe, welchen immensen Unterschied es macht, wenn man von einer Vertrauensperson (die nicht wie in meinem Fall der Mann ist) begleitet wird.
Bei meiner zweiten Geburt habe ich dadurch eine völlig andere Erfahrung gemacht, auch wenn es wieder Komplikationen gab. Das war im Grunde der Moment, der die Doula in mir hat erwachen lassen. Ich möchte andere Frauen dabei unterstützen, eine selbstbestimmte Geburt zu erfahren, ihnen den Raum halten und als eine Art Schutzschild zu fungieren.
Kannst du für alle, die nicht genau wissen, was eine Doula macht, nochmal kurz beschreiben, was eine Doula ist?
Eine Doula ist eine Geburtsbegleiterin, die keine medizinische Verantwortung trägt. Sie ist sozusagen die Freundin, die dich durch die Geburt führt und immer für dich da ist. Es geht dabei um mentale und emotionale Stärkung, um das Gefühl von Sicherheit und Selbstbestimmtheit. Aber auch vor und insbesondere nach der Geburt ist die Arbeit der Doula in meinen Augen enorm wichtig. Um Ängste und Sorgen loszulassen, all dem Neuen Raum zu geben. Unterstützung zu bekommen, ohne danach fragen zu müssen. Und einfach für die Frauen da zu sein.
Ich denke auch, dass eine Doula eine ganz wichtige Rolle einnimmt, wenn man nicht das Glück hat, eine Beleghebamme zu haben. Leider gibt es viel zu wenige Hebammen und es wird nicht besser. Es ist wirklich ein riesiger Unterschied, wenn du eine Vertrauensperson an deiner Seite hast, mit der Du bereits einen Geburtsplan erarbeitet hast, die deine Wünsche kennt und nicht im Schichtwechsel arbeitet, sondern an deiner Seite ist und bleibt.
Die Vorteile einer Doulas wurden auch bereits in einigen wissenschaftlichen Studien erwiesen, darunter gehören der positive Geburtsverlauf, die Geschwindigkeit einer Geburt oder aber auch die Prävention von Kaiserschnitten. Auch die Einbeziehung der Partner*innen ist durch eine Doula sehr viel besser.
Wie hast du die Ausbildung erlebt? Wie hat dich das persönlich weitergebracht?
Für mich war die Ausbildung wechselhaft. Viele Dinge wusste ich bereits über all die Jahre meiner Arbeit zuvor und den Frauen, die ich vorher schon begleitet habe – als Freundin.
In meinen Augen könnte sie umfangreicher sein, denn wie ich machen sehr viele Doulas noch weitere Fortbildungen und Ausbildungen. Vielleicht, weil man das Gefühl hat, noch mehr Qualifikationen haben zu müssen. Schließlich wurden wir alle von einer Leistungsgesellschaft geprägt und auch wenn wir das durchblicken, sind wir darauf konditioniert.
Ich habe auch gemerkt, dass man sich sehr intensiv mit den eigenen Erfahrungen und Verlusten auseinandersetzen muss. Das geht tief, ist aber ein wundervolles Erlebnis und gibt einem sehr viel Kraft, das Erlebte und Erfahrene weiterzugeben.
Du bist nun eben wieder in einer Firma angestellt und übst aber auch die Doula-Tätigkeit aus. Wie hast du dir das aufgeteilt?
Ich arbeite ja in einem Unternehmen, dass sich voll und ganz dem unerfüllten Kinderwunsch widmet – da hat der Chef glücklicherweise Verständnis für meine Berufung als Doula. Das war allerdings auch meine Bedingung, als ich den Job angefangen habe. Dennoch kann ich nicht viele Frauen betreuen, schließlich habe ich ja auch noch zwei Kinder und eine Rufbereitschaft bedeutet, dass ich in dieser Zeit keinen Urlaub machen kann.
Aber für mich gehört beim Doula-Sein nicht nur das Betreuen der Frauen zu meiner Aufgabe, sondern auch das Vermitteln. Ich bekomme, ohne dass ich eine Doula-Seite habe oder Werbung mache, über mein Netzwerk sehr viele Anfragen. Ich kann nicht alle Frauen betreuen, aber ich kann dabei helfen, die passende Doula zu finden. Das macht mich auch jedes Mal glücklich. Außerdem habe ich einen fantastischen Mann und meine Eltern in Berlin, die mich wirklich immer supporten. All das gibt mir die Möglichkeit, andere Frauen zu begleiten und zu stärken.
Gibt es schon eine ganz besondere Geburt, von der du uns erzählen kannst?
Jede Geburt, die ich bisher begleiten durfte, war einzigartig. So viele sind das aber noch gar nicht. Leider sind die Coronabestimmungen noch sehr streng, was bedeutet, dass ich eher begleite bis es ins Krankenhaus geht und dann wieder im Wochenbett. Aber ich habe ja die Möglichkeit, die Frauen schon gut auf die Geburt vorzubereiten. Ich bin auch erstaunt, mit wie viel Vertrauen gerade viele in die Geburt gehen. Das ist sehr schön zu sehen.
Mein persönlicher Traum ist es, eine Hausgeburt zu begleiten. Da braucht es aber nicht wirklich eine Doula, denn man hat ja bereits zwei Hebammen vor Ort und die Frauen sind unglaublich gut vorbereitet. Aber wer weiß…
Woher nimmst du Kraft für dich und wie sehen deine Auszeiten aus?
Ich glaube, ich bin schon immer ein Mensch gewesen, der sehr viel Kraft besitzt und diese auch gerne weitergibt. Mir gibt es unglaublich viel, wenn ich merke, dass ich damit auch bei anderen etwas Gutes bewirken kann. Ich brauche aber auch meine Inseln im Alltag, damit meine Reserven nicht vollends aufgebraucht werden. Das musste ich die letzten Jahre hart lernen, dies rechtzeitig zu erkennen. Die Inseln können nur für mich sein, dann mache ich beispielsweise intensiv Yoga oder nehme mir Zeit zu lesen, sie können aber auch ein Wochenende offline und nur mit der Familie sein.
Genauso gut brauche ich aber auch Abende mit Freundinnen, an denen ich ausgehe, viel lache und mich treiben lasse. Wir sind ja zyklische Wesen und ich habe gelernt tief in mich reinzuhören, was genau ich gerade brauche und was zu eben dieser Zeit eine Kraftquelle für mich ist.
Was wünscht du dir für den Rest des Jahres?
Ich wünsche mir tatsächlich, dass es für Geburten nicht wieder so extreme Einschränkungen gibt aufgrund von Covid. Viele Frauen mussten in den vergangenen zwei Jahren Kinder komplett alleine bekommen – ohne Doula, noch Partner*in. Wenn ich es mir recht überlege, wünsche ich mir, dass sich jede Gebärende die Begleitpersonen frei bestimmen kann, um die bestmögliche Geburt zu erleben. Doch leider passt das nicht in unser System – und auch nicht in die aktuellen Covid-Regelungen und wird sich zumindest in diesem Jahr nicht erfüllen. Doch wir arbeiten stetig daran, dass das der Status quo wird. Denn JEDE FRAU VERDIENT EINE DOULA!!!
Mehr Infos findet ihr unter motherhood.berlin
1 comment
Toll, vielen Dank für diesen Artikel! Ich möchte auch eine Ausbildung zur Doula machen und freue mich immer, etwas darüber zu lesen.