Ihr Lieben, manchmal denke ich ja, ich habe meine Kinder in einem anderen Jahrhundert zur Welt gebracht – dabei ist es nur ein Jahrzehnt. Für heutige Eltern vielleicht unvorstellbar, aber als unsere drei Kinder zwischen 2006 und 2008 zur Welt kamen, hatten wir noch kein internet-fähiges Handy. Ich hatte kein Facebook, ich konnte mit meinem Handy telefonieren oder SMS schreiben. Ich glaube, ich konnte damit nicht einmal fotografieren. Beim Stillen las ich echte Bücher aus Papier. Tja. Aber das war nicht das einzige.
Als unsere Tochter im Juli 2006 zur Welt kam, gab es noch nicht einmal Elterngeld. Heute mögen sich viele über die komplizierten Antragsformulare aufregen – und vergessen dabei aber, was es doch auch für ein Glück ist, dieses Geld zu bekommen! Wir hatten das beim ersten Kind jedenfalls nicht und umso erstaunter waren denn auch die Arbeitgeber meines Mannes, als er ankündigte, eine Elternzeit von vier Monaten zu machen. „Unbezahlter Urlaub“, so nannten wir diese Elternzeit damals. Und so selbstverständlich Väter heute ihre Zeiten für die Kinder nehmen, so unüblich war das zu dieser Zeit noch.
Elternzeit im Ausland – wenn das Kind im Sand laufen lernt
Im Sommer 2007 also, unsere Tochter war elf Monate alt, setzten wir uns in einen Flieger und auf ging´s nach Afrika. Wir landeten in Windhoek und wohnten in einem Haus hinter Stacheldraht mit Securitys, die unseren Wohnblock rund um die Uhr bewachten. Nachts war es kalt in Namibia, tagsüber hatten wir um die 24 Grad. Mein Mann kümmerte sich um unsere Tochter – und ich ging für zwei Monate Vollzeit bei einer Tageszeitung arbeiten. Mein Wiedereinstieg in den Job sozusagen.
Vertauschte Rollen – wie wunderbar. Denn nun endlich konnte auch mein Mann nachvollziehen, wie sehr man sich freut, wenn man abends den Schlüssel des Partners im Schloss hört, damit man nach einem langen Tag mit Kleinkind einmal kurz entlastet und auf Augenhöhe angesprochen wird. Diese Zeit hat uns viel gebracht und wir reden noch heute gern davon. Besonders weil wir im dritten Monat dann durchs Land reisten und die fabelhaftesten Sachen wie Kanufahren mit Robben oder Quadfahren im Wüstensand erlebten. Und weil unsere Tochter im afrikanischen Sand laufen lernte…
Als unsere Zwillinge ein Jahr später zur Welt kamen, gab es schon Elterngeld. Aber auch das war anders als es heute ist. Kaum einer blickt mehr durch bei all den individuellen Eigenheiten, da kann man schon mal kurz verzweifeln. Und weil das so kompliziert ist, haben wir mal eine Expertin gefragt, die uns erzählt hat, wie das eigentlich mit der Krankenversicherung funktioniert, wenn wir in Elternzeit sind. Vielen Dank an Julia Burghardt von der Siemens Betriebskrankenkasse, dass sie sich die Zeit genommen hat, uns unsere Fragen zu beantworten.
Frau Burghardt, inwiefern hat die Elternzeit Einfluss auf unsere Krankenversicherungsbeiträge?
Wenn man während der Elternzeit nicht arbeitet, ändert sich auch der Beitrag zur Krankenversicherung. Ob man währenddessen kostenfrei versichert ist oder weiterhin etwas zahlen muss, kommt darauf an, wie man versichert ist und teilweise auch ob man verheiratet ist oder nicht.
Welche Unterschiede gibt es in der Elternzeit zwischen privat und gesetzlich Versicherten?
Gesetzlich Versicherte haben meist die Möglichkeit, sich kostenfrei oder zumindest zu einem geringeren Beitrag als vor der Elternzeit zu versichern. Bei privat Versicherten besteht diese Möglichkeit leider nicht. Während der Elternzeit bleiben Mütter und Väter privat krankenversichert und müssen auch den bisherigen Arbeitgeberanteil übernehmen. Eine kostenfreie Familienversicherung über den gesetzlich versicherten Partner ist nicht möglich.
Wer muss in der Elternzeit Beiträge für die Krankenversicherung zahlen – und wer nicht?
Nichts zahlen müssen beispielsweise gesetzlich pflichtversicherte Arbeitnehmerinnen, deren Jahreseinkommen vor der Elternzeit weniger als aktuell 59.400 Euro brutto betrug. Arbeitnehmerinnen, die mehr verdient haben, sind nur kostenfrei versichert, wenn sie verheiratet sind und ihr Ehepartner auch bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist. Wer nicht verheiratet ist oder einen Ehepartner hat, der privat versichert ist, muss in diesem Fall leider je nach Familieneinkommen mindestens rund 180 Euro Krankenkassenbeitrag während der Elternzeit zahlen. Für Beamtinnen, Selbstständige und Studentinnen gibt es noch einmal andere Regeln. Weil sich die Regelungen so stark unterscheiden, haben wir alles noch einmal detailliert auf unserer Webseite erklärt.
Sind die Kinder denn mitversichert – auch in der Elternzeit?
In vielen Fällen können Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum Alter von 23 Jahren kostenlos mitversichert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man in Elternzeit ist oder nicht. Ob eine Familienversicherung möglich ist, hängt aber von der Versicherung und teilweise auch vom Einkommen der Eltern ab. Sind beide Eltern gesetzlich versichert, ist eine kostenfreie Versicherung für Kinder kein Problem.
Ist ein Elternteil privat versichert und verdient weniger als 4.950 Euro brutto im Monat, können Kinder entweder kostenfrei in der gesetzlichen oder mit Mehrkosten in der privaten Versicherung mitversichert werden. Verdient der privat Versicherte mehr als 4.950 Euro monatlich, können Eltern nur dann frei entscheiden, wenn der gesetzlich Versicherte mehr als die privat versicherte Person verdient. Verdient jedoch der privat versicherte Elternteil mehr, ist eine kostenfreie Familienversicherung nicht möglich und das Kind muss selbst gesetzlich oder privat versichert werden.
Sollte ich mich also möglichst schon vor der Elternzeit mit der Krankenkasse in Verbindung setzen, um vorab alles zu klären?
Bei Arbeitnehmerinnen meldet der Arbeitgeber der jeweiligen Krankenkasse, wenn jemand in Elternzeit geht. Wer also gesetzlich pflichtversichert als Arbeitnehmerin beschäftigt ist, braucht hier nichts zu tun. Selbstständige und andere freiwillig Versicherte sollten sich bei ihrer Krankenkasse melden, um zu schauen, wie viel Krankenkassenbeitrag sie während der Elternzeit zahlen müssen. Teilweise brauchen wir als Krankenkasse wie beschrieben auch die Info, wie der Ehepartner oder die Ehepartnerin versichert sind, um die genaue Beitragshöhe zu klären.
Spätestens wenn das Kind da ist, sollte sich aber jeder bei seiner Versicherung melden und die Familienversicherung beantragen. Wir verschicken den Bogen hierfür schon proaktiv an werdende Mütter. Wir prüfen dann, ob die oben genannten Voraussetzungen für die kostenfreie Familienversicherung erfüllt werden. Das tun wir in regelmäßigen Abständen, denn Krankenkassen sind dazu verpflichtet immer wieder zu prüfen, ob die Voraussetzungen weiterhin gegeben sind. Das machen die meisten Kassen ebenfalls mithilfe eines Fragebogens. Bei uns geht das zum Beispiel auch digital über eine Online-Geschäftsstelle.
Julia Burghardt ist Expertin für Versicherung und Beiträge bei der Siemens-Betriebskrankenkasse SBK. Die SBK ist eine der größten Betriebskrankenkassen Deutschlands und gehört zu den 20 größten gesetzlichen Krankenkassen. Als geöffnete, bundesweit tätige Krankenkasse versichert sie mehr als eine Million Menschen.
1 comment
Schönes interview
Habe viel gelernt. Danke