„Meine Kinder kennen mich nur mit Rückenschmerzen“ – Interview zum Thema Bandscheibenvorfall

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Liebe Susanne, sag erstmal, wer alles zu Deiner Familie gehört. 

Ich bin 35 Jahre alt, glücklich verheiratet und Mama von zwei aufgeweckten, fröhlichen Jungs (4 und 6 Jahre). Wir leben in einer ländlichen Ferienregion in Baden-Württemberg und fühlen uns hier sehr wohl. Unsere Familien leben aber leider fast 400km von uns entfernt. 

Vor fünf Jahren hattest Du deinen ersten Bandscheibenvorfall. Hattest du schon immer mit Rückenschmerzen zu tun oder kam das ganz plötzlich?

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass mir mein Schwager 2014 zu meinem Geburtstag gratuliert hat und mich gefragt hat, wie man sich mit 30 so fühlt. Ich antworte etwas flappsig: "Ich habe Rücken." Das war nur ein Spaß, denn bis dahin hatte ich keinerlei Beschwerden im Rücken. Selbst in der Schwangerschaft hatte ich keinerlei merkliche Beschwerden. An Ostern hatte ich dann plötzlich das erste Mal Rückenschmerzen. Und als ich einmal beim Niesen einen Schlag im unteren Lendenwirbelbereich spürte, wusste ich, dass etwas nicht stimmt. Ab diesem Zeitpunkt wurde es echt schimm…

Kannst Du mal beschreiben, wie sich so ein Bandscheibenvorfall anfühlt? 

Ich hatte schreckliche Schmerzen und war komplett in meiner Bewegung eingeschränkt. Mein Mann musste mich anziehen und mir bei alltäglichen Kleinigkeiten helfen. Schuhe anziehen, duschen, die Spülmaschine ausräumen  – all das konnte ich nicht mehr ohne Hilfe.  Als zusätzliche (mentale) Belastung kam das schlechte Gewissen hinzu, schließlich war da ein kleines Kind, das eine fitte Mama braucht. 

Hast Du gleich an einen Bandscheibenvorfall gedacht oder hat es gedauert, bis du die Diagnose hattest? Und wie wurde es dann behandelt?

Ich habe verschiedene Ärzte aufgesucht, alle sagten jedoch, ich würde nicht ins Schema für einen Bandscheibenvorfall passen. Ich sei zu jung und körperlich zu fit. Ein Orthopöde hat mich sogar noch versucht einzurenken, weil er sicher war, dass es nur Verspannungen sind. 

Als ich an einem Tag mal wieder starke Schmerzen hatte und nahezu bewegungsunfähig war, fuhren wir in die Notfallaufnahme ins Krankenhaus. Der Notarzt dort hatte den Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall hatte und riet mir zu einem MRT.

14 Tage später hatte ich dann die Diagnose BSV L5/S1 (unterer Lendenwirbelbereich) und bekam Physiotherapie.

Drei Jahre später hattest Du erneut einen Bandscheibenvorfall. Wie war die Zeit dazwischen? 

Die Physiotherapie zeigte recht schnell Wirkung und mir ging es wieder gut. 2014 wurde ich wieder schwanger mit meinem 2. Sohn, in dieser Schwangerschaft kamen die Rückenschmerzen wieder und blieben. Da Rückenschmerzen häufig in Schwangerschaften auftretenn, wurde das zunächst als Ursache gesehen. Die Ärzte sagten, das seien eben die Schwangerschaftshormone oder ich würde falsch heben oder es sei eine ISG-Blockade. 

Die Krankenkasse bezahlte weiterhin die Physiotherapie und ich probierte ganz viel Zusaätzliches aus,  z.B. Homöopathie, Atlastherapie und kaufte auch eine neue Matratze. Leider blieben die Schmerzen. 

Als zu den Schmerzen und bekannten Einschränkungen Taubheitserscheinungen im rechten Bein hinzukamen, habe ich mich entschlossen, mich operieren zu lassen. Die OP verlief gut, allerdings hatte sich mein Körper in der Zeit davor so an den eingeklemmten Nerv "gewöhnt", dass ich nach der OP noch ca. 9 Monate mit tauben Zehen zu kämpfen hatte. Bei der OP wurde der ausgetretene Teil der Bandscheibe, der die Nerven abgedrückt hat, entfernt. Die ersten Wochen konnte ich mich nur mit Hilfe eines Stützkorsetts bewegen. 

Die ersten Wochen nach der OP waren doch sehr schwer,  denn eigentlich darf man gar nichts, außer liegen. Wenn man zwei kleine Kinder hat, ist das ja praktisch unmöglich. 

Du hast uns geschrieben, dass Deine Kinder dich nur mit Rückenschmerzen kennen…

Ich sage meinen Kindern immer, dass ich Schmerzen habe und dass ich zum Sport gehen muss, damit es mir besser geht. Sie wissen, dass sie sich nicht an mich hängen oder auf mir hüpfen dürfen. Dafür ist der Papa da! Bis heute habe ich auch Probleme damit, die Kinder im Auto anzuschnallen, auch beim Anziehen der Kinder schmerzt mein Rücken. Das Sitzen auf dem Boden tut mir nicht gut. Alles in allem läuft es zwar, aber mich nervt, dass einige banale Dinge nicht so gut gehen. 

Welche Unterstützung hast du im Alltag? 

Mein Mann ist meine größte Stütze, er übernimmt sehr viel im Haushalt. Wie schon erwähnt, wohnen unsere Familien recht weit entfernt, sie können also nicht einfach mal vorbeikommen. Nach meinem zweiten Bandscheibenvorfall war allerdings meine Schwiegermutter da, um uns zu unterstützen. Nach meiner OP hatte ich eine Dorfhelferin, die sich viel um die Kinder und um den kompletten Haushalt gekümmert hat. Das war das Beste, was mir passieren konnte. So konnte ich mich wirklich schonen. 

Welche Übungen musst du derzeit täglich machen, damit es dir gut geht?

Seit April 2017 gehe ich wöchentlich in einer Rehasportgruppe, die unter anderem auch gezielte Übungen zur Rückenstärkung anbieten. Auch zu Hause mache ich jeden Tag Übungen zum Muskelaufbau, zur Dehnung und zum Lösen der Faszien. Meine täglichen Laufrunden sind mir wichtig und helfen mir deutlich.

Haderst du manchmal mit der ganzen Situation und bist entmutigt?

Ich habe in den letzten Jahren viel über meinen Körper kennengelernt. Mit dem Wissen von heute, hätte ich nach meinem 1. Bandscheibenvorfall intensiver und länger spezielle Übungen machen müssen, auch in der zweiten Schwangerschaft.

Was wünscht du dir für die Zukunft? 

Ich hoffe, dass ich meinen Kinder Spaß an gesunder Bewegung mit auf den Weg geben kann.

 

Foto: Pixabay

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2 comments

  1. Liebe Susanne, mich hat der Satz „meine Kinder kennen mich nur mit Rückenschmerzen“ sofort gepackt. Meiner wäre „Mama hat soo oft Kopfschmerzen“. Es tut gut zu wissen, das man als Mutter mit solchen „Umständen/Einschränkungen“ nicht allein ist. Das andere wissen wie sich das anfühlt. Ich glaube unsere Kinder werden dadurch ihren besonderen Weg mit diesen Erkrankungen haben und vielleicht positiv auf andere mit ähnlichen Schwierigkeiten wirken. So hab ich es selbst mit meiner Herkunftsfamiliengeschichte erlebt. Der Unfall meines Bruders und die Umstände, haben mich Menschen in ähnlichen Situationen sehr mitfühlend und verständig gemacht, ich konnte ihnen so begegnen weil ich selbst Erfahrungen hatte…das kann man nicht ersetzten. Ich wünsche dir viel kraft für euren Weg!! (Mein Interview hier bei stadtLandMama hier ist „Die Migräne bremst mich aus..)

  2. Liebe Susanne,

    Liebe Susanne,
    Was du schreibst geht mir echt an die Nieren aber bei uns war es anders herum und mein Mann hatte den Bandscheibenvorfall. Vor 6 Jahren den ersten mit 33 und letztes Jahr den zweiten mit OP. Er war letztes Jahr 5 Monate krank geschrieben.
    Zu den Zeiten habe ich den ganzen Laden geschmissen inkl. Reifenwechseln, sämtliche Haus-Garten-Kinder Arbeit, meine eigene Arbeit dazu, ständig Existenz-Angst da er der Haupverdiener ist. Ich kann garnicht beschreiben wie diese Zeit an der Substanz gezehrt hat und auch immer noch tut den die Angst und das Thema Bandscheibe lässt einen ja nie wieder los. Toll das auch du einen Partner hast der immer für dich da ist. Sag ihm das bitte oft genug denn der nicht Kranke der sich aber um alles kümmert wird dann leider oft übersehen.
    Ich wünsche dir und euch alles Gute und Gesundheit

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