Mein Sohn passt in kein System. Von Wutanfällen und dem ewigen Kampf in der Schule

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Liebe Jasmin, erzähl erstmal, wer alles zu Deiner Familie gehört

Zu meiner Familie gehören meine 17jährige Tochter, mein 15 jähriger Sohn, mein 13 jähriger Sohn und ich.

Heute geht es um dein drittes Kind, das Dich besonders fordert. Wann ist Dir das erste Mal bewusst geworden, dass dieses Kind anders ist?

Bereits im Kleinkindalter war er deutlich komplizierter als seine Geschwister. Er hatte täglich mehrmals Wutanfälle, deren Ursachen oft nur schwer nachvollziehbar waren. Er schlief sehr schlecht und wachte immer wieder schreiend auf. Er war dann völlig abwesend. Der Kinderarzt vermutete den Nachtschreck als Ursache. Auch nässte er nachts noch sehr lange ein.

Vom Körperbau her war er schon recht früh eher atlethisch – schlank und muskulös. Er hatte einen sehr starken Bewegungsdrang, war quasi immer mit Vollgas unterwegs, was ihm diverse Unfälle bescherte. Trotzdem hatte er ein unglaubliches Körpergefühl, lernte blitzschnell Fahrradfahren, Inlineskating und kletterte sehr sicher.

Es gab immer Dinge,die mit ihm schnell zum Problem werden konnten. Angefangen bei der falschen Reihenfolge beim Anziehen. Wurden seine Routinen unterbrochen war der Tag voller Wutanfälle. Große Menschenansammlungen konnte er nicht verarbeiten, dann trotze und bockte er.

Wie seid ihr damit umgegangen?

Als ich mich von seinem Vater trennte, war er gerade ein Jahr alt. Ich war also auf mich allein gestellt und kam oft an meine Grenzen – physisch sowie psychisch. Es war teilweise wirklich unglaubllich, welche Kräfte er in seiner Wut entwickeln konnte. Eine zeitlang habe ich gehofft, dass das nur eine Phase wäre, die ich nun eben aushalten musste. Aushalten war dann das Stichwort für einige schwere Jahre.

Relativ früh nach der Trennung habe ich das Jugendamt um Hilfe gebeten, da die Situation – plötzlich alleinerziehend mit 3 Kleinkindern – nicht leicht war. Ich bekam eine Familienhilfe, die uns 2 Jahre begleitete. Es half mir sehr, mit ihr manche Situationen zu reflektieren, Strategien zu entwickeln und zu hören, dass ich nicht alles falsch machte, dass ich eine gute Mutter war. Am Verhalten meines Sohnes änderte das jedoch nichts.

Als er dann in den Kindergarten kam wurde es nochmal schlimmer. Hinzu kam, dass ich kurz nach der Eingewöhnung wieder arbeiten gehen musste. Es verging kein Tag, an dem mein Sohn nicht schrie und weinte, wenn ich ihn im Kindergarten ließ.
Im Kindergarten selbst hatte er nie eine feste Bezugsperson, das Personal wechselte und dann wurde das Konzept in offene Gruppen geändert.

Welche Auswirkungen hatte das auf ihn?

Häufig wurde er wegen Kleinigkeiten wütend, warf Gegenstände, schlug und beleidigte andere Kinder und Erzieher, lief einmal sogar davon, indem er aus dem Fenster kletterte.
Seltsamerweise wurde er zu einem anderen Kind, wenn er dann zur Strafe ins Büro der Kindergartenleitung musste. Dort war er ruhig, spielte und malte. Er verbrachte dort viel Zeit und es gefiel ihm besser, als in der Gruppe mit den anderen Kindern.
An manchen Tagen waren seine Wutanfälle so heftig, dass er auf dem Schoß fixiert und gehalten werden musste, um ihn und andere zu schützen. Besonders häufig war dies der Fall, wenn im Kindergarten etwas besonderes anstand, z.B. Karneval, Geburtstage, Sommerfeste etc.

Am Anfang war das für mich völlig unverständlich. Erst mit der Zeit verstand ich, dass sowas einfach zuviel für ihn war, es wich vom gewohnten Tagesablauf ab. Es gab zuviele Eindrücke, die er nicht verarbeiten konnte. Die fehlende feste Bezugsperson machte es ihm nicht leichter, sich in dem Chaos sicher zu fühlen.
Wenn es ganz schlimm war, verletzte er sich selbst. Schlug den Kopf auf den Boden und sagte, er hasse sein Leben. Damit umzugehen war wohl in all den Jahren für mich das Schlimmste, es brach mir das Herz mein Kind so zu sehen.

Was genau sind denn heute die härtesten Momente mit ihm?

Mittlerweile ist er 13 Jahre alt und es ist deutlich leichter geworden. Die Wutausbrüche sind sehr viel seltener. Was jedoch nach wie vor zu ihm gehört ist, dass er nichts tut, was für ihn keinen Sinn macht. Das größte Problem dabei sind Hausaufgaben. Die ganze Grundschulzeit war was das angeht ein einziger Kampf. Stundenlanges Geschrei und Getobe, Verweigern bis hin zu weglaufen. Zeitweise war ich so am Ende meiner Kräfte, dass ich seine Hausaufgaben, machte um den Diskussionen mit ihm und den Lehrern zu entgehen. Ich schrieb mit links, damit es nicht auffiel.

Mein Sohn sieht in Hausaufgaben keinen Sinn, in Gesprächen darüber, warum er sich so weigert sagt er :“ Mama, wenn du Feierabend hast, bringst du auch keine Gäste mehr mit nach Hause. Wenn ich aus der Schule komme, dann habe ich Freizeit. Lernen soll ich in der Schule.“

In der weiterführenden Schule habe ich aufgehört, seine Hausaufgaben zu machen und ihm gesagt, dass er von nun an die Konsequenzen tragen muss. Wenn er sich weigert. Jeden Tag biete ich ihm 3 Chancen, mit mir gemeinsam Hausaufgaben zu machen – nicht einen Tag ist er bereit dazu. In regelmäßigen Abständen werde ich daher zum Gespräch in der Schule gebeten. Irgendwann wollte die Schule, dass er mittags dort bleibt um seine Aufgaben in der Betreuung zu machen. Es wurde davon ausgegangen, dass ich einfach nicht in der Lage war, mit ihm Hausaufgaben zu machen. Man steckte mich in die Schublade: jung, alleinerziehend, überfordert.

Nach einem Halbjahr wurde dieser Versuch beendet, da mein Sohn sich auch dort weigerte. Es ist nicht so, dass er den Stoff nicht kann, aber durch das unflexible System führt allein die Verweigerung der Hausaufgaben zu schlechten Noten – 3x die Aufgaben vergessen und es gibt ein ungenügend.

Da kommen in einem Schuljahr natürlich einige ungenügend zusammen. Aber genauso konsequent, wie die Schule auf ihren Ablauf besteht, genauso konsequent verweigert mein Kind die Hausaufgaben. Mit allen Konsequenzen.
Ansonsten ist er mittlerweile ganz gut lenkbar, wenn man ihm die Dinge erklärt und ihm Zeit und Raum gibt. Unternehmungen sind immer noch schwierig mit ihm.

Ihr habt Euren Sohn auf alles mögliche testen lassen. Auf was genau und was kam dabei raus?

Bereits auf Anraten des Kindergartens wurde mein Sohn psychologisch begutachten. Im SPZ wurden diverse Tests durchgeführt u.a. auf ADHS und andere Verhaltensstörungen. Ein Intelligenztest sollte zeigen, ob er hochbegabt sei. Er hatte weder ADHS, noch war er hochbegabt. Eine Psychologin diagnostizierte nach einigen Terminen eine oppositionell aufsässige Verhaltensstörung mit Anpassungsstörung. Daraufhin folgten Psychotherapie, Ergotherapie, Traumatherapie (es wurde vermutet, dass er die Trennung nicht verarbeitet hatte) und Frühförderung. Teilweise schien es, als wüssten die Ärzte selbst nicht, was ihm helfen würde. Medikamente kamen für mich nicht in Frage, so lange man mir nicht sagen konnte, welche Ursache man damit behandeln wollte. Unter gar keinen Umständen wollte ich ihn lediglich ruhig stellen.

Zwei Jahre ging das so, abgesagte oder kurzfristig frei gewordene Termine, neue Therapien oder Therapeuten – auf all das reagierte mein Kind mit Überforderung. Während ich auf der einen Seite damit kämpfte, meinen Sohn von Termin zu Termin zu bringen, kämpfte ich auf der anderen Seite mit Erziehern und Lehrern darum, Raum für die besonderen Bedürfnisse meines Sohnes zu schaffen. Bis ich irgendwann an einen Punkt kam, an dem ich nicht mehr konnte. Von da an begann ich zu verstehen, dass nicht mein Sohn das Problem war, sondern das System. Alle Versuche, meinen Sohn in das Schema zu pressen waren, fehlgeschlagen, weil sich an den Rahmenbedingungen nichts änderte.

Also beschloß ich, die Strategie zu ändern. Ich beendete alle Therapien und begann, meinen Sohn zu akzeptieren, wie er war.

Wie gehen seine Geschwister damit um?

Seine Geschwister kennen es im Grunde ja gar nicht anders, für sie ist das normal. Natürlich gibt es auch mal Tage, an denen jemand seinen Unmut äußert. Aber im Großen und Ganzen denke ich, habe ich eine gute Balance gefunden, allen dreien gerecht zu werden.
Meine Tochter ist vor zwei Jahren an JIA (juvenile idiopathische Arthritis) erkrankt, das hat den Fokus ein wenig verschoben. Erstaunlicherweise kommt mein jüngster Sohn damit sehr gut zurecht, dass in gewissen Zeiten seine Schwester mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Wie geht es Deinem Sohn aktuell?

Aktuell würde ich sagen, er ist auf einem guten Weg. In der Klasse haben seine Mitschüler ihn akzeptiert, wie er eben ist. Er hat Freunde, jedoch sind diese Freundschaften anders, als die seiner Geschwister. Nur selten möchte er irgendwohin zum Spielen oder lädt Freunde ein. Auch Geburtstage sind nicht seine Welt.
Hobbies haben wir einige ausprobiert: Fußball, Kartfahren, Jugendrotkreuz. Lange dabei geblieben ist er nie. Er kocht sehr gerne gemeinsam mit mir zusammen oder spielt online mit seinen Freunden.

Schulisch ist es nach wie vor schwierig. Er ist intelligent und lernt schnell was ihn interessiert – die Noten sind jedoch durch die fehlenden Hausaufgaben und die Fächer bzw. Themen, die ihn nicht interessieren teilweise sehr schlecht.

Was wünscht du dir für dein Kind?

Ich wünsche mir, dass er seinen Weg findet und ich es geschafft habe, ihm zu vermitteln, dass er wundervoll ist. Ich wünsche ihm, dass er sich nicht ständig verteidigen muß und akzeptiert wird, wie er ist. Ich möchte einfach, dass er glücklich wird und ein zufriedenes Leben führt – also genau wie jede andere Mutter wünsche ich meinem Kind das Beste. Ich hoffe, dass irgendwann jemand sein Potential entdeckt und nutzt.

Foto: Pixabay

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45 comments

  1. Hallo ,ich bin eben grad über den Artikel gestolpert .
    Haben auch eine Jahrelange Reise hinter uns auf der Suche nach einer Erklärung für unseren Sohn ,warum es halt so ist wie es ist. Glaube den Leidensweg aller Beteiligten muss ich nicht erwähnen.
    Ich möchte aber bisel Hoffnung geben….ich bin damals bei meinen Recherchen über die INPP ,gestolpert spricht frühkindlichen Reflexe.
    Das weiß kein Arzt,kaum ein Therapeut usw.
    Wir haben dann für unseren Sohn ein Packet aus Reflextraining ,Osteopathie und Homeophatie geschnürt.
    Das ist jetzt 4 Jahre her. Unser Sohn ist jetzt 10 Jahre alt ,damals sollte er mit Schulbegleiter eingeschult werden.
    Ich kann nur Mut machen ,steh auch gern für Rückfragen zur Verfügung.
    Alles Gute.

  2. Hallo.
    Es tut gut, zu sehen, dass es vielen Eltern so geht.
    Meine Tochter ist 10 und auch wir kämpften täglich in der Grundschule. Zum Glück haben wir in der 4. Klasse eine Superlehrerin bekommen, die meiner Tochter viel Freiraum gab und ihr auch Möglichkeiten mal aus dem Unterricht für ein paar Minuten sich zurückzuziehen. Leider waren die Mitschüler nicht immer freundlich zu ihr.
    Jetzt auf der Weiterführenden haben wir wieder genauso viel Glück mit der Klassenleitung und sie ist endlich in der Klasse angekommen.
    Zu Hause haben ich und ihre 4 Geschwister mit ihr gemeinsam einen guten Weg gefunden mit ihrer Art klar zu kommen.
    Ich wünsche jeden hier die Kraft die schweren Zeiten zu meistern, und das Feingefühl die schönen Momente zu genießen.

    1. Da ich Aufklärungsarbeit Leiste im
      Bereich eines noch sehr unbekannten Autismus Profil in Deutschland, wurde ich von einer Abonnentin (Instagram) darauf hingewiesen, dass sie ihr teilweise einige starke Parallelen zu einem Pathological Demand Avoidance Profil (PDA) sieht.

      Diese Menschen, wirken oft nicht „autistisch genug“, können high masking (also sind woanders unauffällig, aber zuhause nicht), vermeiden alltägliche Anforderung, haben tausend Ausreden etwas nicht zu tun, sind zu 70% Schulvermeider aufgrund dessen (laut PDA SOCIETY) und ihr Nervensystem reagiert quasi ständig und sie kommen in den Panik-Modus. Es sind dann zB neuen Wutanfälle, sonder Panikattacken / melt Downs.

      Ich möchte euch eine Homepage da lassen (ist aber nicht von mir), in der ihr euch einlesen könnt, um es auszuschließen oder eben nicht.
      PDA-Anders-autistisch.Info

      Wenn ihr mit mir in Kontakt treten wollt:

      PDA_Autismus_PANDA heiße ich auf Instagram.

      1. Hallo Jasmin,
        der Artikel ist schon eine Weile her, aber er hat mich dennoch intensiv berührt, weil ich genau meinen Sohn vor mir gesehen habe. Er ist mittlerweile 7 Jahre alt und die Jahre der plötzlichen Wutanfälle bis zu 1 Stunde oder mehr haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. Ab und zu flammen sie noch auf und er ist dann selbst ganz erschrocken über sich und was seine Wut macht. Aber es hat sich deutlich gebessert. Ich habe mich nicht auf die Suche nach Diagnosen begeben, wollte mein Kind in keiner Schublade haben wie du, sondern habe ihn so genommen wie er ist. Das machst du genau richtig, auch wenn es unheimlich Kraft kostet.
        Bei uns ist es so, dass mein Sohn und ich hochsensibel sind. Das macht es nicht leichter, aber verständlich, was wir brauchen und warum es zum Overload kommt. Unsere Reizverarbeitung ist anders. Das Gehirn ist immer aktiv und es gibt keinen Spam-Filter. Es wird alles wahrgenommen – Licht, Lautstärke, Gerüche, Gefühle der Menschen bei meinem Sohn und mir. Daher sind Menschenansammlungen ein Graus für uns. Unser Nervensystem wird irgendwann damit überlastet und es kommt zum Zusammenbruch z.b. einen Wutanfall oder kranksein oder oder.

        Jeder Hochsensible hat eigene natürliche Strategien, um sich zu erden. Sei es in der Natur, malen, Kinder spielen intensiv ein und dasselbe Spiel. Wir brauchen keine Menschen und viel mehr Auszeiten. Gewohnheiten geben uns Sicherheit. Vertraue also deinem Kind weiter, es weiß, was ihm gut tut.
        Schule wird nie für ihn das sein, was es für andere Kinder ist. Er blickt hinter die Kulissen. Unser Sohn fragte uns schon mit 4 über alle möglichen Themen aus…auch über den Tod, ein Leben vor und nach dem Tod etc. Rede viel mit deinem Kind über alles, was ihn interessiert. Er ist etwas Besonderes, weil er einen anderen Zugang zu den Dingen hat. Tauche mit ihm in diese Welt ein und lass sie dir zeigen.
        Alles Gute für Euch.

  3. Als Autistin und Mutter einer atypischen und eines undisgnostizierten (weil: zu klein) Verhaltensauffälligen Kindes sag ich Dir:
    Ich habe für mich und meine Kids mehr Diagnosen als Sand am Meer erhalten. Jeder „Hobbypsychologe“ dichtet einem alles Mögliche an, gern dabei auch Mitarbeiter des Jugendamts, Kinderärzte, Lehrer etc. Aber auch richtige Diagnosen brachten meiner Großen (ruhig, phlegmatisch, oft fix und alle, aber in ungewohnten Situationen überfordert und deshalb schnelle Sprache, null Fixierung auf irgendwas) 2fach bestätigt ADHS ein….

    Ob es Autismus ist, oder nicht, kann er Dir selbst am Besten sagen. Gibt ihm „Schattenspringer“ an die Hand, bring ihn in eine Selbsthilfegruppe, und dann lass eine gute Diagnostik machen von Aspies.de empfohlenen Ärzten. Viele meinen, den „Goldstandard“ zu erfüllen, und dann gehst Du hin, schaust sie an, und sie sagen: Kann kein Autist sein.

    Hochbegabung wäre bei einem Autisten nicht erkennbar, da normale IQ-Tests versagen.

    Und lass Dich mit testen und/oder den Vater, dass ist erblich bedingt. Nicht unbedingt, aber kann. Autismus-Kultur und einige Blogs (Robot in a Box etc.) bringen vielleicht nochmal eigene Klarheit über das Thema.

    Ritalin war für uns ein no go, Sport und vor allem Achtsamkeitstraining ein Muss. Ebenso Entspannungsübungen.

    Als Erwachsene und lebenslang Alleinerziehende mit Autismus kann ich Dir nur sagen, Arbeiten ist schwer für mich und mit viel Ruhemöglichkeiten verbunden, die notwendig sind. Ich brauche Routinen, meine Gewichtsdecke und Badewanne, kann erst seit etwa 30 Jahre alt sein relativ entspannt einkaufen, brauche ewig für Entscheidungen, habe keinen Dickkopf sondern einen klaren Willen, und meine Oma hat mir gesagt, die mich erzogen hat, ich brauchte immer alles gut erklärt, dann hätte ich es getan. Befehle haben nie funktioniert. Und meine Ruhe. Bei meinen Kindern halte ich es auch so, und kaum Medien. Ab und an gemeinsam zocken, Handy erst ab 13, davor nur mit Tastenfunktion. Internetzeit gut reguliert. TV wenn überhaupt dann 1-3 h die Woche. Viel Ruhe, ganz viel Natur, Brettspiele und die Spezialinteressen/Hobbies und wenigen Freunde der Familie bestimmen den Rhythmus. Jeder Morgen ist gleich, jeder Abend ist gleich, gegessen wird nach Absprache und Vorlieben der Temperatur/Konsistenz, die Zeiten sind immer gleich, sofern möglich. Und schon ist ein schönes Leben kein Problem mehr. Ihre Aggressionen waren mit der richtigen Diagnose und der kurzzeitigen Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, wo sie dann die richtige Diagnose bekam bei der Großen weg, und sie ist jetzt in einer Ausbildung. Mit normaler Schule. Die Diagnose haben wir privat gezahlt und sie liegt in der Schublade, wir wissen darum, wer es wissen muss, weiß darum, und es ist ihre Entscheidung, ob sie es offiziell machen möchte oder nicht – bislang nicht, und sie ist Erwachsen.

    Viel Glück, dir Zeit geht vorbei, auf dem richtigen Weg auch gut und ruhig und friedvoll.

  4. Liebe Jasmin
    Vielen Dank dafür, dass du deine bewegende Geschichte öffentlich teilst. Wie viel Eltern können wir uns darin wiederfinden. Auch sehen wir viele Parallelen zu unserer Arbeit mit Kindern, die massive Lernprobleme haben. Auch sie haben spezielle Bedürfnisse und stehen damit im System an. Es wird diagnostiziert, zurückgestuft, besprochen und therapiert. Oft an den wirklichen Bedürfnissen der Kinder vorbei. Deine Erkenntnis ist genau richtig: Bei gewissen Kindern versagt das System. Die Kinder brauchen unsere direkte Unterstützung als Eltern. Es ist wunderbar, wie du diesen Schritt mit deinem Sohn konsequent gehst. Wir wünschen dir dabei viel Kraft und Zuversicht!

  5. Vielen Dank für die vielen Kommentare.
    Zu aller erst : Autismus wurde in jeglicher Form ausgeschlossen.
    Wie im Artikel beschrieben ist er jetzt 13 Jahre alt und es ist leichter. Er braucht keine strengen Routinen mehr um sich zurecht zu finden bzw sicher zu fühlen, die Wutausbrüche sind sehr viel seltener und er kann seine Wut mittlerweile dosieren.
    Er ist empathisch, respektvoll, hilfsbereit.
    Bereits in der zweiten Klasse beherrschte er Ironie und verstand, dass er damit einigen überlegen war. Seine Klassenlehrerin damals fand das sehr amüsant, da er so ziemlich der einzige Schüler war, der das beherrschte.
    Heute diskutiert er sehr gerne und argumentiert logisch.

    Er ist ein ganz normaler Junge mit einem starken Willen.
    Manches überfordert ihn, aber das ist heute okay für uns.

    Nicht alles was danach aussieht ist auch Asperger.

    Wahrscheinlich wären die letzten Jahre deutlich leichter gewesen, wäre es Autismus – in welcher Form auch immer. Denn so hatte er keinen besonderen Förderbedarf, bekam keinen Nachteilsausgleich oder Schulbegleiter.

    Aber er wird seinen Weg finden, da bin ich mir sicher.

    1. Ich erkenne gerade meinen Sohn wieder. Er ist jetzt 9, in der 3.Klasse und wir kämpfen seit der Einschulung. Wir haben auch schon alles (SPZ, Ergo, IQ Test, ADHS testung, Tagesklinik,…..) hinter uns. Eine Diagnose? Fehlanzeige. Auch nässt unser Sohn ab und zu nachts noch ein. Ihm ist es dann peinlich, und wir sagen dann, es ist alles ok, das legt sich mit der Zeit von selbst.
      Ich weiß mittlerweile auch nicht mehr was ich tun soll, wir lassen es einfach mal so laufen. Srit den Sommerferien und Lehrerwechsel wurde es auch etwas besser. Hoffe, das bleibt so.

      Ich wünsche allen Eltern mit „besonderen Kindern“ viel Kraft und vor allem gute Nerven!

      1. Erinnert mich sehr an meinen Sohn. Mir hat das Buch von Nora Imlau gefühlsstarke Kinder sehr geholfen. Lange habe ich gar nicht gemerkt wie anders mein Sohn ist, weil er der erste ist. Jedtz mit dem zweiten realisiere ich erst welch eine Leistung ich da jeden Tag vollbringe.

        1. Es ist kein Widerspruch Ironie zu verstehen oder einfühlsam und hilfsbereit zu sein… Und trotzdem autistisch. Es entspricht lediglich nicht den Vorstellungen, die mensch im Kopf hat und braucht einen geübten Menschen zur Diagnostik. Die Diagnose ermöglicht im Umgang mit dem System Schule aber eine riesige Erleichterung. Und vielleicht auch zu Hause.
          So empfinde ich es als Mutter von extrem hochempfindsamen (autistischen) Kindern…

    2. Liebe Jasmin,

      ich finde Dich bewundernswert und Deinen Beitrag sehr ergreifend. Ich kann vieles nachvollziehen, da mein Sohn ähnliche Probleme hatte. Er ist mittlerweile 18 und hat ADHS. Bei ihm fingen auch die Schwierigkeiten im Kindergarten an. Als er in die Grundschule kam, bekamen wir die Diagnose. Wir haben mit ihm alles an Therapien und mit pflanzlichen Mitteln versucht um es in den Griff zu bekommen. Aber nach einem weiteren schlimmen Zwischenfall in der 3. Klasse und vielen Konflikten in der Schule und auch zu Hause, haben wir ihm ein Medikament gegeben. Wir haben uns gedacht wir probieren es aus, schlimmer kann es ja nicht werden. Und es hat geholfen und hilft ihm immer noch. Er ist dadurch nicht betäubt oder ruhig gestellt wie manche denken, sondern er kann dadurch besser die äußeren Reize sortieren bzw filtern, sich konzentrieren und organisieren.
      In der Schule brauch er oft mehr Zeit als die Anderen und vor allem im Sport, scheitert er an dem geforderten Pensum. Er ist als Frühchen auf die Welt gekommen und ist schon immer den anderen Jungs motorisch unterlegen gewesen. Er bekommt egal welche Mühe er sich gibt meistens nur genügend oder ungenügend.
      Ich würde mir auch wünschen, das am Schulsystem und den Forderungen dort etwas geändert wird. Das es dort nicht immer nur um schneller, höher, weiter geht, sondern individuell um das was die Kinder können.
      Ich wünsche Dir und Deiner Familie weiterhin alles Gute und viel Kraft, sowie genügend Zeit für Dich. Du bist eine tolle starke Frau.

      Liebe Grüße Annette

    3. Liebe Jasmin!

      Ich habe mit Tränen in den Augen deine Geschichte gelesen – denn du erzählst quasi die unsere! Es war alles genauso, Schubladendenken, Schulwechsel etc. Mein Sohn wird bald 12 und ist seit Jahren eine gebranntmarkte Seele… es ist so traurig zu sehen, was aus unseren Kinder gemacht wird nur weil sie nicht so in der Spur laufen wie andere….

    4. Jasmin, Ihr habt einen ganz normalen Autisten. Wer das „in allen Formen“ (??) Ausschließen könnte, kennt sich einfach nicht aus. Es braucht den ADOS Test und das sind mindestens 3 Termine. Lies mal Bücher auch von erwachsenen Autisten, liebe Grüße (selbst bekam ich die Diagnose mit 44!)

  6. Wie ich das alles wieder erkenne. Mein Sohn ist 8 und wir haben auch Ergotherapie und seit neuesten eine Diagnostik beim Kinderpsychologen. Dieser ist zum Glück sehr verständnissvoll und erklärte, dass viele Lehrer leider zu wenig auf Kinder eingehen, die nicht sofort in ihr Schema passen. Danke für den Artikel, der mir zeigt, dass es anderen ebenso geht.

  7. Liebe Jasmin,
    es wurde hier schon vielfach erwähnt, dass das nach einer Autismusspekrrumstörung, genauer Asperger Autismus, klingt.
    Finde ich auch. Ich bin Psychologin und habe selbst autismusspezifische Diagostik durchgeführt. Falla Du der Hypothese nachgehen willst, wende Dich am besten an darauf spezialisierte Ambulanzen, z.b. an Unikliniken. Die Wartezeiten für Termine sind leider lang, absagen kann man später immer noch, ein Platz auf der Warteliste kostet nichts.
    Alles Gute!
    Nini

  8. Liebe Jasmin, ich lese deinen Beitrag und sehe meinen 5jährigen Sohn und unsere täglichen Kämpfe und Sorgen. Wir sind noch nicht mal in der Schule, aber ich sehe schon lebhaft vor mir, dass es genau so laufen wird. Selbst beim SPZ, das für den Förerantrag unseres Sohnes zuständig ist, sagte man mir ganz unverblümt, dass man so gut wie keine Chance für unseren Sohn sähe, im normalen Schulsystem erfolgreich den Schulaltag zu meistern. Uns wurde allerdings auch schon relativ schnell von verschiedener Seite der Verdacht auf Asperger nahe gelegt und wie konnten, auch mit Hilfe des Jugendamtes, ein anerkannte Fachfrau auf diesem Gebiet auftun, die sich unseren Sohn jetzt ansehen wird. Ob eine Diagnose für unseren Alltag etwas ändern würde, bezweifle ich, aber daran hängen einfach alle Hilfsangebote, die man wahrnehmen könnte. Ich bin jetzt schon am Ende meiner Kräfte. Nicht die Wutanfälle selber sind das Schlimmste, sonder das Herzklopfen bei jedem Parkbesuch, bei jedem Verlassen des Hauses, bei jedem Abgebe in der Kita. So lange, bis man unweigerlich das schreien hört. Ich hab Angst vor dem, was uns erwartet. Man glaubt ja immer, wenn man dem Problem einen Namen geben kann, wird es besser, weil man „behandeln“ kann. Ich weiß mittlerweile, dass das in solchen Fällen ein Trugschluss ist. Der Name macht es im sozialen Kontext leichter, weil man erklären und darüber reden kann. Aber es ändert nichts an den Herausforderungen des Alltags, fürchte ich. Ich hab mich noch geraume Zeit an der Hoffnung fest geklammert, dass das vorübergehen ist, dass sich das raus wächst. Durch manche Tage komme ich nur, weil ich mir das weiterhin versuche einzureden. Aber dann weiß ich, dass ich mich selbst bescheiße.

  9. Oh so viele Kommentare. Mein Herz ❤ leidet manchmal sehr mit meinen 2 wilden Jungs.
    Es sind tolle Kinder, aber manchmal etwas anders, so wie Jasmins Sohn oder die Kinder in den Kommentaren.
    Oft kann ich meine Jungs verstehen, aber die Rückmeldungen der Außenwelt sind manchmal so hart dass es mich regelrecht verzweifeln lässt und sehr deprimiert.
    Auch „schwierige Kinder“ können ihren Weg finden und sich den passenden Platz in der Welt erobern. Das wünsche ich mir für mich/uns und für Euch alle!!! Haltet durch, bleibt ruhig und habt sie einfach nur lieb ❤ ♥️ 💜

    1. Ich habe auch so ein Gefühlstarkes Kind, es passt nicht ins System, aber keiner mag es so akzeptieren wie es ist, auch mir fällt es an manchen Tagen schwer. Wenn Mal wieder jeder meint, alles besser zu wissen und mir zu sagen was alles nicht geht an ihr. Wenn sie wieder mal Freunde von mir vergrault hat. Gelesen habe ich viel auch die Bücher von Nora imlau. Ich selbst bin manchmal schon so entkräftet von den kämpfen mit der Umgebung, Lehrern ,Familie , Jugendamt, das ich mich verliere.
      Ich mag sie, wie sie ist, warum können das nicht auch andere, sie ist in einer für sie nicht gemachten Welt, ihr beim ankommen zu helfen. sie ist 11 Jahre hat 3 Schulwechsel hinter sich der 4.folgt.
      ich bewundere alle die, die Gelassenheit üben. Danke auch für den Artikel, es hilft zu wissen, wenn es anderen auch so geht.

  10. „So viel Freude, so viel Wut“ von Nora Imlau passt auch gut dazu. Hat mir sehr weitergeholfen mit ebenso einem Kind. Sie nennt sie „gefühlsstarke“ Kinder.

  11. Hab echt die ganze Zeit während dem Lesen gedacht: „ein ganz normales, gesundes Kind…“ Zum Glück kam die Mutter am Ende auch zu dem Schluss. Ich kenne es nicht anders. Wobei verlässliche Beziehungen im Kindergarten und gut durch die Zeit geholfen haben. Und auch die Beziehung zur Lehrerin ist nun mitunter das Wichtigste. Mein Kind macht die Hausaufgaben für ihre Lehrerin. Kinder sind auf Beziehung angewiesen.

  12. Ich habe meinen Sohn darin direkt wieder erkannt. Wir haben am ende ebenfalls Therapien beendet oder ihn aus der Tagesgesklinik abgemeltet, da wir empfanden, das dies es verschlimmert.

    Allerdings haben wir ein Schulwechsel auf eine Schule mit dem Schwerpunkt für Emotionale Belange getan und ein Soziales Kompetenztraining aufrecht erhalten. Diese Kombination hat geholfen und mein Sohn hat sich stabilisiert. Ebenfalls haben wir ihn einfach so sein lassen ohne dagegen anzukämpfen…

    Er ist sehr viel stabiler und selbstbewusster geworden.ķ

  13. Vielleicht einen Schulwechsel?
    Ja, nicht immer muss es eine Diagnose geben.
    Jeder Mensch ist anders.
    Wenn alle gleich wären, wäre es doch langweilig.

    1. Ja, dieser Gedanke ist mir auch sofort gekommen. Unser Sohn ist Asperger Autist mit Impulskontrollstörung. Erklären bis zur Erschöpfung ist bei uns die beste Methode Kooperation zu erreichen. Erstdiagnose war übrigens auch oppositionelles Verhalten, dabei hat er einfach sich und die Welt nicht verstanden. Alles Gute allen, die im selben Boot sitzen. Ihr seid Heldinnen und Helden und Eltern von wundervollen und liebenswerten Individuen.

      1. Ich erkenne meinen Sohn da auch wieder. Er ist 5,5 Jahre alt. Es ist sehr schwierig mit ihm. Mal mehr, mal weniger – aber seit seiner Geburt geht das so. Wir machen uns Sorgen um ihm, wollen aber nicht, dass man ihm einen Stempel aufdrückt, damit irgendwie eine Diagnose abgerechnet werden kann.

        1. Liebe Nadi, dass kann ich gut verstehen. Die Diagnose war für uns auch am Anfang schwierig, gebraucht haben wir sie erst als es in der Schule schwierig wurde. Nur damit war Schulbegleitung, Familienhilfe und Therapien möglich. Es ist ein zweischneidiges Schwert, aber uns hat es weitergebracht. Vielleicht reicht ja auch erstmal eine Selbsthilfegruppe oder ähnliches. Mein Sohn ist jetzt übrigens 15.

          1. Es könnte mein Sohn sein von dem Du erzählst. Er ist auch 13 Jahre und bei ihm wurde vor 3 Jahren atypische Autismusspektrumstörung diagnostiziert. Seit wir dies wissen, ist alles viel entspannter und erklärt seine besondere Art die er hat. Hat ihm und uns sehr geholfen ihn zu verstehen.

    2. Als Lehrerin entdecke ich auch sehr eindeutige autistische Züge. Das klingt nach Informationsverarbeitungsstörung, das ist symptomatisch für z.B. Asperger Autisten.

  14. Hallo. Ich tippe auch ganz stark auf hochsensibel:zu warm, zu laut, zu voll… Wenn ein Kind überreizt ist, reagiert es ganz stark mit z. B. schreien, wütend werden, aggressiv usw. Regelmäßiges essen u Ruhepause sind da ganz wichtig und ein geregelter Tagesablauf, z. B. mit konstantem Ablauf, Ruhepausen, Schlafenszeit… Hochsensibel ist keine Krankheit, die behandelt werden muss, sondern eine Charaktereigenschaft. Montessorischulen sind dafür sehr gut. Jeder wird so genommen wie er ist, lernt nach seinem Tempo u in reizarmer Umgebung, aber das ganze nach Lehrplan und rotem Faden.

  15. Wenn ich diese Beschreibung des Sohnes von Jasmin lese, dann lese ich die Beschreibung meiner Söhne, vor allem des Jüngsten. Mittlerweile ist er 16 und seit ca. 1 Jahr hat er die Diagnose „Atypischer Autismus“. Mein Ältester war nicht ganz so wütend, aber weit von „normal“ entfernt, vor allem bei den sinnfreien Ansprüchen der Schule (seiner Meinung nach). Er bekam in diesem Jahr mit 19 die Diagnose Asperger Autismus.
    Ich hatte schon die letzten Jahre kaum noch Probleme mit meinen Söhnen (dazwischen gibt es noch eine Tochter, die leider das typische Sandwichkind-Dasein fristet), weil ich einfach irgendwann nur noch geschaut habe was von den Ansprüchen von außen wirklich erfüllt werden muss.
    Die Diagnosen ändern nichts daran, wie meine Kinder sind. Aber sie haben wahnsinnig viel daran geändert, was an Hilfen möglich ist, gerade auch im Hinblick auf Nachteilsausgleich in der Schule.
    Ich würde Jasmin gerne ermutigen, eventuell doch noch nach einem Experten für Autismus zu suchen, was leider nicht sehr einfach ist.

  16. Hallo,
    Meinem Sohn geht es so ähnlich. Er ist 10 Jahre alt. Die Grundschulzeit war für ihn purer Stress und für mich ein Kampf gegen seine Klassenlehrerin. Erst als ich alle Therapien und psychologische Spielgruppen und auch sein Hobby habe sein lassen und den Alltag nach seinem Tempo strukturiert habe ging es besser. Ebenso hat eine Schbegleitung geholfen. In diesem Sommer fand der Schulwechsel auf die weiterführende Schule statt und auch ein Wechsel seiner Schulbegleitung, welche in der Grundschule nur bewilligt wurde weil ich schon alles andere mit ihm durch habe.
    Seit dem Schulwechsel ist er wie ausgewechselt.
    Er trifft sich auch häufiger mit Freunden, braucht dann aber wieder Zeit mit sich alleine. Ich akzeptiere ihn so wie er ist und versuche ihn nirgendwo in ein Schema reinzupressen in das er scheinbar nicht passt.
    Das schlimmste für mich waren die anderen Eltern die sich zwar bei mir persönlich nie beschwert haben über das Verhalten meines Kindes, wir jedoch bei Feiern und Festen stets immer von diesen gemieden wurden. Erst seit dem ich mich nicht mehr um diese Eltern bemüht habe, bin auch ich ruhiger und zufriedener. Solange mein Kind gut in der Schule zurecht kommt werde ich ihn nicht zu Hobbies, Vereinssport oder ähnliches drängen (das ist nicht das richtige Wort dafür). Er ist entspannter wenn er nach der Schule Zeit mit sich alleine verbringen kann und am Wochenende sich mit Freunden trifft. In der Woche passt es für ihn nicht in seinen persönlichen Ablauf.
    Was ich schade finde, ist, dass wenn ein Kind andere Bedürfnisse hat und nicht in ein Schema passt es immer Autismus oder AD(H)S sein muss!. Das es aber auch Kinder gibt die empfindsamer sind und mehr Ruhe brauchen um alles zu verarbeiten versteht unsere Gesellschaft nicht. Nicht alles muss eine Diagnose haben und therapiert werden.
    Auch ist es so, dass ich selbst erst hier im Netz Beiträge von anderen Müttern lese in denen sich das Verhalten deren Kinder mit meinem spiegelt. Schade eigentlich, dass es meines Wissens nach keine Treffen unter Eltern gibt um sich mit gleichgesinnten auszutauschen (vor der Pandemie). Denn die psychische Belastung der Eltern im Kampf um Schule, Jugendamt, Therapien, andere Eltern ist gross. Ich hatte eine vage Idee im Kopf, dann kam leider Corona.
    Auf jeden Fall wünsche ich dir und deinen Kindern viel Spaß beim Entdecken der Persönlichkeiten.

    Liebe Grüße
    Anja

    1. Ach echt? Ich bin dreifache Mutter und mich überrascht das so garnicht! Ich mache da leider ähnliche Erfahrungen und kann bestätigen, dass Lehrer jegliches unerwünschtes Verhalten mit schlechten Noten bestrafen. (Grundschule)
      Sobald ein Kind in unserem Schulsystem nicht kompromisslos „funktioniert“ und damit vielleicht anstrengend ist, hagelt es Elterngespräche und schlechte Noten!

  17. Liebe Jasmin,
    Du beschreibst genau meinen Sohn! Er ist nun 13. Es kommen leider bei uns immer noch Wutanfälle, die nicht sehr schön aussehen.Bei uns hat kaum was geholten. Die letzte Kinder und Jugendpychotherapeutin hat uns weg geschickt da sie uns nicht helfen kann.
    Würde mich sehr über ein Kontakt mit dir freuen. Habe auch drei Kinder.
    017641050117
    Liebe Grüße
    Johanna

  18. Vielen Dank für diesen Erfahrungsbericht! Der letzte Satz lässt mich innehalten: „Ich hoffe, dass irgendwann jemand sein Potential entdeckt und nutzt.“
    Dieser starke, eigensinnige, eigenständige und im jeweiligen System auch widerständige junge Mensch … – warum sollte „jemand“ sein Potential entdecken und nutzen? Wer sollte diese Kräfte zu welchem Zweck nutzen?
    Sein eigenes Potential entdeckt und nutzt er offenbar jetzt schon. Mit zunehmendem Alter und Erfahrung könnte er das eigene Selbst-Verstehen seiner Kräfte oder Potentiale und Handlungsspielräume erweitern – und das, immer in der Auseinandersetzung mit den Anderen, auch in den Systemen.
    So könnte er eine zunehmend selbstbewusste Haltung entwickeln: Z.B. achtsam im Bewusstsein für sich sein, z.B. aufmerksam im Austausch mit seinem Gegenüber sein und in der jeweiligen Gruppe mit ihren ein- und ausgrenzenden Regeln – z.B. mitfühlend, solidarisch, aber auch streitbar sein.
    In Beziehungen und Gruppen ist die Frage nach Position, Status, Anerkennung, … kurz: ‚Wer hat welche Macht?‘ stets vorhanden. Daher sollten wir jeweilige Regeln und Gesetze in ihrer Anwendung und Umsetzung nicht nur befolgen, sondern auch aufmerksam prüfen und hinterfragen. Manchmal ist das mühsam, anstrengend. Und widerständige Mitmenschen fordern uns dazu heraus, machen uns aufmerksam.
    Aber das ist gelebte Demokratie.
    Eigentlich wollte ich nur mitteilen: Menschen müssen sich nicht benutzen lassen.

  19. liebe mutter!
    das verhalten deine ssohnes erinnert mich in vielfacher hinsicht an mein eigenes verhalten als kind und jugendliche.
    auf der uni war es leichter für mich da ich dort mit nur wenigen vorgaben einfach bei den prüfungen zeigen konnte was ich kann, ohne nervige hausübungen oder gezwungene anwesenheiten…
    leider war ich für meine familie einfach nur „anstrengend“. erst als erwachsene erhielt ich, nach vielen durchlebten problemen, die diagnose asperger autismus.
    bitte lass ihn darauf testen. es gibt nämlich eigene jobprogramme für menschen mit asperger, da viele firmen mittlerweile auch die vorteile dieser menschen erkennen und für bestimmte jobs nutzen. ich musste erst trotz ausgezeichneter fachlicher leistungen aus mehreren firmen fliegen weil kollegen nicht mit mir zusammenarbeiten wollten. weil ich zu perfektionistisch war und ehrliche analysen nicht sanft genug verpackt habe, da ich bis heute keinen sinn darin sehe.
    viel glück!

  20. Ich fühle so sehr mit diesem Jungen und seiner Familie!!! Und: Ich bin sehr verwundert. Das beschreibt zum allergrößten Teil meinen Sohn. Vor allem, dass es im Büro der KiTa Leitung schöner ist als in der Gruppe, Menschenmassen gehen nicht, Routinen dürfen nicht durchbrochen werden etc… dann steht da „auf alles mögliche getestet“, aber nix von ASS – als Mutter, die seit Jahren immer mehr autistische Kinder kennenlernen durfte, dank entsprechend disgnostiziertem Sohn (wobei ich selbst das lange ausschloss!) schrillen da alle Alarmglocken… ASS wird oft übersehen, weil Fachleute sich selbst nicht ausreichend auskennen u selbst mit Vorurteilen wie „aber er sieht mich doch an“ an die Sache herangehen…Das liest sich aber wie eine absolut typischen Asperger-Beschreibung… Den meisten Kindern hilft es sehr, endlich zu verstehen, was mit ihnen selbst los ist, und erst dann können sie und die Familien ja die passenden Hilfen bekommen…

  21. Dieser Artikel hätte 1 zu 1 von mir stammen können, incl der Trennung, alleinerziehend und berufstätig zu sein und den Hausaufgaben mit links geschrieben :D… Leider haben die Behörden, die man frühzeitig um Hilfe gebeten hat, nicht unterstützend mitgewirkt. Man hat das Verhalten meines Sohnes immer auf Erziehungsunfähigkeit und Berufstätigkeit meinerseits zurück geführt. Wir haben gegen viele Windmühlen gekämpft und uns nicht entmutigen lassen. Erst der komplette Neustart mit Wohnort-, Schul-und Personenkreiswechsel hat eine positive Wendung gebracht. Wichtig für uns war, uns komplett von negativ behafteten Dingen, Orten und Personen zu distanzieren. Jetzt ist mein Sohn(13) in der neuen Schule Klassenbester und von den Lehrern und Schülern absolut akzeptiert. Dinge die ich niemals für möglich gehalten habe.U.a.diese positive Erfahrungen haben ihm zu einer inneren Ruhe verholfen. Wie sehr hätte ich mich in der Vergangenheit über so einen Artikel gefreut… Zu wissen, daß man nicht alleine ist. Zu wissen, da ist noch jemand, der ähnliches durchstehen muss.

    1. Das Hausaufgabendrama hatten wir die ganze Grundschulzeit. Nur mein Sohn rutschte, wenn er überfordert war, einfach nur vom Stuhl, jammerte, blieb dort liegen und verweigerte sich, anstatt wütend zu werden. Kein Mensch erkannte, was los ist. Wenn die Stunden getauscht wurden, Sport ausfiel, etwas Besonderes anstand, dann war es einfach zu viel für ihn.
      Und immer, immer wieder wurde seine Schrift kritisiert und er solle alles nochmal schreiben. Das machte ihn wahnsinnig, gab er sich doch die größte Mühe und könnte es einfach nicht besser!
      Er kam dann auf die Werkrealschule, eine Ganztagsschule, und das Hausaufgabenthema war erledigt. Welch ein Segen. Irgendwann bemerkten die Lehrer, und ich fing auch an zu ahnen, dass das Ganze einen Namen hat: Asperger Syndrom.
      Und die schlechte Schrift? Aufgrund der Motorik und drei versteifenden Fingern, er kann die Finger nicht so zur Faust machen und Knicken, wie es andere können. Mit 12 Jahren fanden wir langsam raus, was los war, nach und nach. Und bekamen Hilfe.
      Manche Lehrer wollen genau wissen, wie man ihm helfen kann und verstehen, wo seine Schwierigkeiten liegen.
      Manche wollen es nicht sehen und nur durchdrücken, was der Lehrplan vorschreibt.
      Vor zwei Wochen ein Handgelenksbruch der Schreibhand, als erstes die Aufforderung, das Attest mitzubringen, damit die Deutsch- und die Englischarbeit nachgeschrieben werden können…Nachmittags die E-Mail: Übermorgen muss Kunst fertig sein, ein Bild gestalten. Er hat zwei Tage Zeit, wie alle Kinder. – Zeichen? -Ja, bitte mit Buntstiften…
      Manchmal sind Lehrer einfach nur grausam.

      Mein kleiner hat ADHS, nach zwei Jahren verstehen die Lehrer endlich, welche Kleinigkeiten ihm helfen würden. Ich könnte ja dankbar sein, wenn da nicht die letzten zwei Jahre gewesen wären, voller Frust für uns beide, voller Kampf für mich um seine Rechte, voller Selbstzweifel bei meinem Sohn, der nun denkt, er wäre eh zu dumm, ständig Maßregelungen für Dinge, die er nicht mit Absicht macht, vergisst, verliert.
      Das Schulsystem ist weit überholt und kaum umsetzbar für Kinder mit Hummeln im Po und Reizfilterschwäche.
      Überall soll man der Norm entsprechen, sich anpassen, still sitzen, lernen, was sich andere ausgedacht haben, was man lernen müsse.
      Und später, später schaut man komischerweise auf die, die eben anders sind…Musiker, Künstler, Komiker, Querdenker…so viele ADHSler…Genies, Wissenschaftler, Professoren, Ärzte…so viele Asperger….
      Eigentlich müsste die Welt endlich kapieren, dass das, was sie Schule nennen, kaum ein Kind wirklich fördert, begeistert und das Beste aus diesen Menschen herausholt. Wann endlich denken wir um?

      1. Liebe D*Joy,

        soooo wahr alles. Da wird einem von Klasse 1 an immer wieder vorgehalten, wie schlimm das Kind sei und dazu genötigt es doch endlich mal testen zu lassen, denn AD(H)S ist es doch mit Sicherheit und dann hat man schließlich sogar diese Diagnose bekommen und es ist noch nicht gut. Schule hat kein Konzept, keinen Plan A, noch weniger Plan B, C, D….man stört sich am bockigen Verhalten( arbeitet nicht mit, bastelt lieber Papierflieger oder liest), einfach mal nicht mitsingen, wo doch alle singen und alle die Aufgaben bearbeiten, ja wo kommen wir denn da hin?!???!!!
        Ich denke immerzu, wo ist das Problem?ABER wie gehen die weiterführenden Schulen damit um? Wie ist hier eure Erfahrung?Von der hiesigen Realschule weiß ich, dass fehlende Hausaufgaben schnell einen Verweis zur Folge haben….auch heißt es immerzu von Seiten der Grundschule, im Gymnasium etc. könne man auch nicht nach Lust entscheiden, ob man mitmacht/lernt oder nicht.
        Das stimmt ja nun leider.
        Ausfahrt Reformschule o.ä.????
        Liebe Grüße, Midge

  22. Liebe Jasmin,
    würde es ein Verdienstkreuz für Mütter geben, dir wäre es sicher. Meinen großes Respekt für alles, was du geleistet hast.
    Gibt es die Möglichkeit, einen Nachteilsausgleich zu erwirken wegen der Hausaufgaben. Meine Erfahrung mit meinen Söhnen ist, dass es in der Regel kein echter Unwille ist, etwas nicht zu tun, sondern ein Unvermögen, eine „Unfähigkeit“. Auch wenn sie es als „kein Bock“ bezeichnen. Letztendlich schafft er die Schule ohne vertiefenden Hausaufgaben, und es geht dank Inklusion nicht mehr darum, Kinder zu brechen, sondern ihnen nach ihren Fahigkeiten das Lernen zu ermöglichen.
    Alles Gute,
    Annika

    1. Liebe Jasmin,
      du hast sicher schon alles mögliche versucht und deinen Sohn auf Verschiedenes testen lassen. Evtl. könntet ihr noch an Hochsensibilität denken. Mir ist bewusst, dass es wissenschaftlich (noch) umstritten ist, da es ein relativ neues Konzept und Temperamentsmerkmal ist. Allerdings hat es mir sowohl beruflich wie auch bei meinem 3-jährigen Sohn geholfen, manche Dinge besser zu verstehen. Beispielsweise warum er sich nicht in seinem ersten Kindergarten eingewöhnen konnte, wie all die anderen Kinder, die das problemlos geschafft haben. Und aus dem Text meine ich herauszulesen, dass dein Sohn sich ja schon recht gut in andere einfühlen kann. Liebe Grüße und alles Gute für euch!

      1. Hallo Jasmin, ich habe beim Lesen auch sofort an Hochsensibilität gedacht. Ich bin selbst hochsensibel und meine ältere Tochter (5) auch. Vieles von dem, was du über deinen Sohn schreibst, kann ich auch von ihr berichten. Es gibt ein tolles Buch von Kathrin Borghoff, durch das ich nun vieles besser verstehen und dadurch gut damit umgehen kann. Auch wenn darin speziell hochsensible Mütter angesprochen werden, gibt es viele allgemeine Infos, die dir vielleicht helfen können herauszufinden, ob das auch auf deinen Sohn passt. Denn du schreibst, ihm wird vieles zu viel und er braucht mehr Ruhe, mehr Vertrautes. Das trifft es so!

  23. Liebe Mama, bitte lass dein Kind bei einem Kinderpsychiater auf Autismus testen. WICHTIG! Er muss auf AUTISMUS spezialisiert sein, dass sind leider nicht viele! Es klingt total nach dem Asperger Syndrom! Ein SPZ kennt sich damit leider überhaupt nicht aus!
    Alles LIebe

  24. Ich bin immer wieder überrascht wie schlecht unser Schulsystem doch ist. Wenn man sogar in der Schule erkannt hat das es eine Verweigerungshaltung bei HA gibt aber „rausfinden“ möchte ob er den Stoff kann, dann kann man das Kind (falls das in seine Struktur passt) auch mal mündlich abfragen. Hausaufgaben dienen doch eigentlich der Festigung des Lernstoffes. Ich denke das es da andere Möglichkeiten außer abgegebene Hefte/ Blätter gibt.
    Ich wünsche euch das er nach der Schulzeit etwas findet was ihn begeistert und dann allen zeigen kann wo seine Stärken liegen.

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