Liebe Sandra, Du bist Mama von einem 10 Monate alten Kind – Euer erstes Weihnachten steht an. Ihr verbringt es nicht in Mutter-Vater-Kind-Konstellation. Kannst du erzählen, wann und warum Ihr Euch getrennt habt?
Wir haben uns im Juni dieses Jahres getrennt – wobei man dazu sagen muss, dass es schon vor der Geburt unserer Tochter ziemlich schwierig war. Ich glaube, unser größtes Problem war und ist die Kommunikation. In meiner Familie wird sich sehr viel und sehr gerne ausgetauscht, verbal wie nonverbal. Mein Bedürfnis nach Kommunikation ist also recht hoch.
Mein Ex-Partner hingegen ist da anders. Gibt es einen Konflikt, schweigt er es lieber erstmal tot. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es verwunderlich ist, dass unsere Beziehung überhaupt so lange gehalten hat. Wahrscheinlich lag das daran, dass ich unsere Beziehung extrem romantisiert habe und den Wunsch nach einer heilen Familie nicht aufgeben wollte.
Wie ging es Dir nach der Trennung?
Unmittelbar nach unserer Trennung hatte ich einfach nur Angst. Angst davor, es nicht alleine mit Kind zu schaffen. Angst davor, wie meine Tochter mit dem Ganzen zurecht kommt und Angst davor, mir einen komplett neuen Plan für die Zukunft machen zu müssen.
Natürlich war ich auch oft sehr traurig und bin es manchmal noch. Aber die Erleichterung, dass ich diesen Schritt gewagt habe, kommt immer mehr durch. Manchmal ist es wie auf einer Achterbahn. Ich weiß, dass ich mein Leben alleinerziehend schaffen kann. Doch dann gibt es wieder ein Tief und ich habe Ängste.
Was empfindest du im Alltag als das Härteste für Dich als Alleinerziehende?
Das Härteste ist wohl die Erkenntnis, dass man nach einem anstrengenden Tag auch in der Nacht keine Pause hat. Es kommt halt nicht irgendwann der Papa nach Hause und übernimmt den zuckersüßen Satansbraten….
Wenn das Kind zum Beispiel nur getragen werden will oder einfach nicht einschläft, dann wäre ein weiteres Paar Hände schon toll. Meine Familie versucht mich zwar zu unterstützen, aber natürlich haben die auch alle ihr eigenes Leben und haben nur begrenzt Zeit.
Was hast Du über Dich selbst in den letzten Monaten gelernt?
Eine Menge. Ich weiß jetzt, dass ich mit viel weniger Schlaf auskomme als ich jemals gedacht hätte. Und ich weiß, dass ich viel stärker bin als ich dachte. Ich habe meine Tochter ohne Schmerzmittel zu Welt gebracht und kann mich auch ohne ihren Vater um sie kümmern.
Wie verbringst Du nun Weihnachten?
Nach der Trennung bin ich mit meiner Tochter zu meinen Eltern gezogen, dort wohnen wir nun mit meinen zwei jüngeren Brüdern, zwei Hunden und einer Katze. An Heiligabend kommen dann meine kleine Schwester, ihr Mann und ihr Hund dazu, außerdem noch mein großer Bruder und meine Omi (mütterlicherseits). Eine große Runde also.
In den letzten Jahren gab es bei uns keine wirkliche Bescherung mehr, wir haben uns einfach zwischendurch mal eine Freude gemacht und wollten keine Geschenke erzwingen. Dieses Jahr aber wird es wieder ein richtig klassisches Weihnachten geben. Meine Tochter ist der erste Nachwuchs in der Familie und alle sind ganz aus dem Häuschen.
Nach der Bescherung wird es ein üppiges, geselliges Abendessen geben, bei dem immer viel erzählt und gelacht wird. Und dann lassen wir den Abend ganz entspannt ausklingen.
Am 1. Weihnachtstag kommt uns dann noch mein Onkel mit seinen Kindern und meiner Oma (väterlicherseits) besuchen. Am 2. Weihnachtstag kriegt meine Tochter dann Besuch von ihrem Papa und die zwei feiern nochmal ein bisschen für sich.
Es werden bestimmt ein paar sehr turbulente Tage, aber ich freue mich schon so sehr und ich bin gespannt, wie mein Zwerglein damit zurecht kommt.
Welche Beziehung hast Du zu Deinen Omas und Deiner Mama?
Ich habe das Glück, noch beide Omas zu haben. Meine Oma mütterlicherseits ist 80 Jahre alt, extrem fit und wohnt im gleichen Ort wie meine Eltern. Durch unseren Umzug kann ich sie jetzt viel öfter sehen, was mich extrem freut.
Sie ist total vernarrt in ihre Urenkelin und wenn man sie lassen würde, würde sie meine Tochter mit Klamotten und Spielzeug überhäufen. Und selbst wenn sie oft sagt, dass sie bei den „modernen Problemen“ nicht helfen kann, ist sie dennoch immer bereit, mit mir spazieren zu gehen und den Buggy zu schieben.
Meine Mama ist definitiv die gute Fee der Familie und ich bewundere sie sehr. Sie hat selber fünf Kinder quasi alleine groß gezogen, da mein Vater beruflich leider nur an den Wochenenden zu Hause sein konnte. Ich kann mich an nicht viele Situationen erinnern, in denen sie sich beschwert hat, es wäre zu viel für sie.
Ich glaube ohne meine Mutter hätte ich dieses Jahr bei weitem nicht so gut überstanden. Sie war sogar schon im Kreißsaal als meine Doula dabei und hat mich bei der Geburt meiner Tochter unterstützt. Sie hat mir Kraft gegeben und mir geholfen, nach der Trennung wieder auf die Füße zu kommen. Und darüber hinaus hat sie immer einen Rat für mich, wenn ich mal mit meiner Kleinen nicht weiter weiß.
Ich bin ihr einfach unfassbar dankbar. Ich glaube, ich habe die beste Mama überhaupt!
Wie wichtig ist die erweiterte Familie für Alleinerziehende?
In der Schwangerschaft mit meiner Tochter wurde ich immer wieder mit diesem Spruch konfrontiert, dass es ein ganzes Dorf bräuchte, um ein Kind groß zu ziehen. Am Anfang fand ich das einfach nur ganz nett formuliert, aber spätestens nach meiner Trennung habe ich gemerkt, wie viel Wahres daran ist.
Natürlich kann ich auch hier wieder nur für mich sprechen und es gibt bestimmt etliche Alleinerziehende, denen es da ganz anders geht. Aber mir war meine Familie schon immer
unfassbar wichtig. Ich habe auch ein sehr enges Verhältnis zu meinen Geschwistern.
Es gibt ja diesen wunderbaren Nestbau-Trieb, von dem die meisten werdenden Mamas irgendwann heimgesucht werden und ich glaube, dass sich das nicht nur darauf beschränkt, die Wohnung vorzubereiten – sondern, dass wir Frauen uns dann auch gerne mit Menschen umgeben, von denen wir Unterstützung erhalten und die auch irgendwann unser Baby schützen werden.
Nach der Trennung war es auch für alle selbstverständlich, dass ich mit meiner Tochter wieder in unser Elternhaus zurück durfte (was ich allen sehr hoch anrechne, denn das Leben mit Baby ist ja auch nicht immer ganz stressfrei). Natürlich ist sie meine Tochter und ich bin verantwortlich – so soll es ja auch sein.
Aber wenn ich mal wirklich an so einen Punkt komme, an dem ich nicht mehr kann, dann ist immer jemand da, der helfen kann. Und das tut so gut, auch wenn es nur mal eine kurze Umarmung und etwas Zuspruch ist.
So ein Netzwerk zu haben ist einfach wichtig für Alleinerziehende. Es muss nicht zwangsläufig die Familie sein, aber ich glaube wir brauchen einfach alle unser „Dorf“ – egal wie das aussehen mag. Und ich kann sagen, dass sich das Konzept eines Mehr-Generationen-Haushaltes für uns definitiv bewährt hat.
Ich bekomme Unterstützung und meine Familie kann die Entwicklung meiner Tochter so intensiv miterleben, wie es sonst kaum möglich gewesen wäre.
Was wünscht Du Dir für das neue Jahr?
Mein größter Wunsch für das nächste Jahr ist einfach etwas mehr Harmonie. In diesem Jahr sind die wundervollsten Dinge passiert, die ich je miterleben durfte – aber leider auch einiges, was mich extrem traurig gemacht hat. Nichts davon würde ich ändern wollen, aber etwas Entspannung und Ausgeglichenheit im nächsten Jahr wäre schön.
Ich hoffe, dass das nächste Jahr ein wirklicher Neuanfang für mich und meine Tochter wird. Dass ich den Grundstein für unsere Zukunft legen kann und ich mutig genug bin, um die entsprechenden Schritte zu gehen.
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Weihnachten alleine
Liebe Sandra, auch mir ist es so ergangen. Allerdings war meine Ausgangssituation die, dass ich von Anfang an verfochten habe, dass die Kids entscheiden sollen wo sie ihre Feiertage verbringen möchten. Ich wollte dass sie sich wohlfühlen. Zum Glück hat mein Ex-Mann da auch meine Meinung vertreten. Deshalb hatte ich die Weihnachs-Situation nicht wirklich oft. Was mir geholfen hat war der Denkansatz, dass es nicht um diesen eine einzigen Weihnachtsabend geht. Das Weihnachten insgesamt 3 Tage hat an denen man Weihnachten feiern kann. Und ob ich nun an heilig Abend oder am 1. oder 2. Weihnachtsfeiertag mit meinen Kindern ein schönes Fest und Bescherung habe ist am Ende doch Egal. Ich finde es halt gut, wenn jeder einen der Feiertage hat. Es ist ja auch verständlich, dass die Großeltern der Gegenseite ihre Enkel auch gerne sehen. Aber halt meist ungern die Ex-Schwiegertochter. (Ich möchte die Ex-Schwiegereltern auch ungern an Weihnachten auf meiner Couch.) Suche Dir für den „alleine Weihnachtstag“ Menschen bei denen Du sein kannst und es für Dich lustig ist. Oft ist das auch bei Freunden OK. Ob es die eigenen Eltern sind…..keine Ahnung. Und glaub mir. Es wird der Tag kommen an dem es für Dich OK ist und Du Dich freust einmal einfach den Tag lesend im Bett verbringen zu können. Oder Endlos Wiederholungsfilme schauen. Aber bis dahin ist es ein Prozess. Ich wünsch Dir viel Kraft und trotz allem eine schöne Weihnachtszeit. Weihnachten ist jetzt halt nicht mehr nur der 24. sondern einfach die ganzen Ferien lang….. Katja