Ihr Lieben, in den Herbstferien habe ich es zwar diesmal nicht geschafft, mal ein ganzes Buch zu Ende zu lesen, dafür war hier einfach zu viel Action angesagt, aber zumindest ein paar Zeitschriften konnte ich mal bei einem Käffchen durchblättern.
Und da fiel mir die neue Winnemuth-Kolumne im Stern in die Hände und ich hatte dabei echt ein kleines Aha-Moment! Sie heißt: Fröhlich dilettieren – Warum eigentlich wollen wir selbst bei unseren Hobbys so gut sein wie Profis? Freizeit sollte Freiheit sein – auch vom Perfektionismus.
"Wir haben vergessen, Dinge einfach zum Vergnügen zu tun"
Auf das Thema kam Meike Winnemuth durch einen Essay von Juraprofessor Tim Wu, der in der NY Times stand und in dem er die Mittelmäßigkeit auslobt. Ihm sei aufgefallen, dass viele Leute keine Hobbys mehr haben und bezeichnet das als zivilisatorischen Rückschritt, weil wir offenbar alle vergessen haben, wie es geht, Dinge einfach zum Vergnügen zu tun. Und hat er damit nicht auch recht?
Ist es nicht wirklich so, dass wir damals vielleicht Ballett toll fanden, uns heute aber niemals mehr trauen würden, eine Ballettstunde zu besuchen, weil wir denken: Nee, ach, wie sähe das denn aus in meinem Alter? Oder ist es nicht wirklich so, dass wir immer gern gesungen haben, uns heute aber nicht mehr trauen, weil: wir können das ja gar nicht so wirklich?
Verdammt, wir müssen doch keine Profis in allem sein! Reicht es denn nicht mehr, einfach Spaß daran zu haben? ich jedenfalls kann nicht singen, tue es aber unglaublich gern.
Und als ich nach der Lektüre dieses Artikels am Sonntag auf dem Dachgarten der Bundeskunsthalle einen kleinen Karaoke-Container entdeckte, schnappte ich mir meinen kleinen Sängerjungen, der so gern singt wie ich, und wir trällerten ein sehr lautes und schiefes „Don´t speak“ von No doubt in die Mikros. Ja, da haben fremde Leute zugeguckt. Ja, die Tochter im Pubertätsalter fand´s mega peinlich. Aber wir Zwei, wir hatten den Spaß unseres Lebens. Einfach mal machen!
Leider gilt der Hobby-Erfolgsdruck auch für Kinder…
Wisst ihr was? Das Thema ist damit ja leider nicht gegessen. Denn was wir Erwachsenen uns nicht mehr trauen, tun unsere Kinder noch. Sie haben Hobbys, gehen zum Sport oder zum Musikunterricht. Und wenn ich an die Leichtathletikwettkämpfe unserer Großen von damals denke, wo Eltern sich mit Stoppuhr am Rand der 800m-Strecke postierten, um ihrem kleinen Talent die Zwischenzeiten zuzurufen… wenn ich an einige Väter und Mütter auf dem Fußballplatz denke, die den Schiri beschimpfen, wenn er mal gegen das Wonnepröppchen gepfiffen hat…
…wenn ich sehe, dass schon bei den Bambinis Talentscouts der großen Verein rumlungern, um ja kein Talent zu verpassen – um es gegebenenfalls vom Fleck wegzucasten… wenn das Baby direkt bei "Jugend musiziert" angemeldet wird, weil es bereits das dritte Stück frei gespielt hat – puh, dann kann ich schon auch verstehen, wenn die Kinder irgendwann sagen: Du Mama, du Papa, ich hab übrigens keinen Bock mehr auf dieses Hobby. Das ist mir nämlich zu stressig.
Wann haben wir angefangen, alles so bierernst zu nehmen? Warum sollten immer alle höher, weiter, schneller, besser sein – AUCH in der Freizeit? Reicht nicht der Druck aus Schule und Job? Lasst uns wieder mehr Leichtigkeit in unseren Alltag bringen. Lasst uns einfach Dinge machen, weil sie uns Spaß machen. Nicht, weil sie uns weiterbringen, nicht weil sie uns schlank und sexy machen, nicht weil wir dann das nächste Turnier gewinnen oder unsere Kinder.
Lasst uns einfach in unserer Freizeit das Leben genießen. Ohne Druck – sondern einfach mit Vergnügen. Lasst uns direkt heute damit beginnen. Hier gibt´s jetzt erstmal Beine hoch – und KAFFEE.
1 comment
Toller Artikel
Danke für diesen Beitrag. Ich sehe auch nur noch verbissene Eltern beim Kunstturnen, angespannte Kinder die offensichtlich sogar beim Sport unter Leistungsdruck stehen und Freundschaftsspiele die komplett aus dem Ruder laufen weil Väter am Rande ausrasten. Hallo? Gehts eigentlich noch? Wann dürfen Kinder eigentlich noch Kinder sein?