Lehrer Schmidt: So begleiten Eltern ihr Kind gut durch die Grundschule

Lehrer Schmidt

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Ihr Lieben, sicher kennt ihr oder eure Kinder Kai Schmidt alias „Lehrer Schmidt“ schon aus dem Internet. Seine YouTube-Erklärvideos sind wirklich großartig und haben auch unseren Kids schon oft geholfen.

Lieber Herr Schmidt, Sie sind im Internet unter „Lehrer Schmidt“ bekannt und haben nun mit ihrer Frau das Buch „Wie ich mein Kind gut durch die Grundschule begleite“ geschrieben. Das Buch dreht sich logischerweise um die Grundschule. Warum braucht es ein spezielles Buch zum Thema Grundschule? 

Genau, meine Frau und ich haben das Buch gemeinsam geschrieben. Sie ist Ergotherapeutin und seit vielen Jahren selbstständig. Ich selbst habe sechs Jahre in einer Grundschule gearbeitet, drei Jahre davon war ich Schulleiter. Ich habe einen Sohn, der aktuell in der vierten Klasse ist.

Wir fanden es besonders spannend, die Vorschulzeit und die Grundschulzeit aus drei Perspektiven zu beleuchten, zu hinterfragen und dann auch darüber zu schreiben. Die Lehrer/Innen sehen die Schüler und Schülerinnen im Unterricht, die Ergotherapeuten/innen sehen sie  nachmittags und nehmen die Eltern auch mit in die Einheiten und erhalten so zum Teil noch engere Einblicke in den Alltag.

Meine Frau hat ihre Kinder und ich meinen Sohn durch die Grundschulzeit begleitet, und somit haben wir auch noch die Erfahrungen als Eltern, die auch in dieses Buch mit eingeflossen sind. Wir glauben, dass gerade die Mischung aus diesen drei Perspektiven, sehr interessant für die Leser und Leserinnen sein kann.

Wie war eigentlich Ihre persönliche Grundschulzeit?

Die Grundschulzeit von uns beiden war sehr schön. Wir hatten tolle Lehrkräfte und Eltern, die uns zu Hause positiv in der Grundschule begleitet haben. In der Grundschulzeit steht ja nicht nur das lernen im Vordergrund, sondern auch gerade die Freundschaften, die Pausen und das gesamte Miteinander. Hier haben wir beide sehr viele wertvolle und schöne Erfahrungen mitnehmen können.

Ich bin schon immer gern zur Schule gegangen. Tatsächlich wollte ich schon in der Grundschulzeit Lehrer werden. Damals habe ich mich für Naturwissenschaften und Mathematik interessiert.

Was sind die -Ihrer Meinung nach – wichtigsten Dinge, die ein Kind während der Grundschulzeit lernen sollte?

Das Schöne ist ja, dass Kinder immer, zu jedem Zeitpunkt, lernen. Kinder probieren viel aus, denken nicht so viel nach wie wir Erwachsenen. Und neben den wichtigen Fertigkeiten wie das Lesen, das Schreiben und das Rechnen, lernen Kinder auch weitere wichtige Sachen wie beispielsweise der soziale Umgang untereinander, sich an Regeln zu halten, Kompromisse zu lösen, eigenständiger zu werden, ein Referat vor der Klasse halten und vieles mehr.

In Berlin , wo ich lebe, geht die Grundschule ja bis zur 6. Klasse. Finden Sie das besser oder schlechter als bis zur 4. Klasse?

Ich bin der Meinung, dass vier Jahre Grundschule ausreichen. Das begründe ich damit, dass die Leistungsunterschiede mit der Zeit immer größer werden. Binnendifferenzierung ist zwar ein Weg, allerdings macht aus meiner Sicht zu einem bestimmten Zeitpunkt eine äußere Differenzierung noch mehr Sinn.

Wenn Sie neue Fächer in eine Grundschule einführen könnten, welche wären das?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn dazu gibt es viele tolle Gedanken und Ideen. Meine Frau sagt immer, dass in der heutigen Zeit auch Fächer wie Achtsamkeitstraining oder „Wie funktioniert mein Gehirn“ in der Schule wichtig wären Die gesellschaftlichen Veränderungen oft zu mehr Druck, Stress, Perfektionismus – und gleichzeitig erhalten wir durch die schnelle Zeit eine Vielzahl an Informationen, die auch verarbeitet werden müssen.

In diesen Fächern könnten die Kinder lernen, wie sie beispielsweise mit Druck im Alltag oder Nervosität umgehen können. Auch wäre es toll, wenn Kinder lernen, wie ihr Gehirn funktioniert, wie Lernen eigentlich geht, wie sie Ihre Konzentration auch selber beeinflussen können. Denn es ist nicht nur wichtig, Wissen zu vermitteln, sondern auch die Fähigkeit, wie man sich eigenes Wissen selber beibringen kann und wie Kinder sich eine passende Lernstruktur aneignen können. Und wenn diese Fächer in der Schule unterrichtet werden würden, hätten alle Kinder den gleichen Zugang zu den Informationen und es könnte auch zu mehr Bildungschancengleichheit führen.

Sind Sie pro oder contra Hausaufgaben?

Hausaufgaben halte ich für sinnvoll. Sie ergänzen den Unterricht. Wenn sie gut gestellt sind, haben Sie für mich einen erkennbaren Mehrwert. Ein Beispiel ist das Einüben des Lesens oder das Einmaleins. Diese Inhalte kann man durch stetiges Wiederholen und Üben deutlich verbessern.

Meine Frau vertritt hier zum Teil eine andere Meinung. Sie würde sich wünschen, dass Hausaufgaben viel individueller gestaltet werden und die Kinder die Sachen nur wiederholen und festigen, die ihn noch schwer fallen. Das würde aber bedeuten, dass es in der Schule individuelle Lehrpläne geben müsste und dies ist leider aufgrund des Personalmangels noch nicht möglich.

Finden Sie, dass Grundschüler heute schon viel zu viel Druck ausgesetzt sind?

Die Frage finden wir tatsächlich schwierig zu beantworten. Jede Gesellschaft bringt ihre Ressourcen und Schwierigkeiten mit sich und auch die Elternhäuser haben verschiedene Ansprüche. Das, was wir feststellen ist, dass sich ja auch in der Berufswelt viel verändert hat.

Berufe, die sie früher mit einem Hauptschulabschluss erlernen konnten, setzen teilweise jetzt ein Realschulabschluss voraus. Dies erhöht mit Sicherheit den Druck auf das Elternhaus. Des Weiteren hat meine Frau als Ergotherapeutin in den letzten Jahren immer mehr Kinder mit Prüfungsangst und Nervosität in der Ergotherapie.

Letztendlich hat jedes Kind eigene Stärken und Fähigkeiten, diese sollten erkannt und gefördert werden. Wichtig ist, dass die Kinder später einen Beruf erlernen, der auch Freude bereitet und der nicht nur erwartet wird.

Was finden Sie  besonders wichtig, den Eltern für die Grundschulzeit des Kindes mit auf den Weg zu geben?

Diese Frage haben wir auch in unserem Buch beantwortet. Wir halten es für total wichtig, sich selber nicht unter Druck zu setzen. Jedes Kind ist individuell und entwickelt sich auch individuell in seinem Tempo. Wenn man anfängt, sein Kind mit anderen Kindern zu vergleichen, kann es passieren, dass man selber auch unter Druck gerät.

Wir glauben, dass Eltern die Fachexperten für ihre Kinder sind. Eltern kennen ihre Kinder am besten und wissen somit auch am besten, wie sie ihre Kinder positiv begleiten und unterstützen können. Die Erfahrung als Ergotherapeutin ist, dass Eltern schon früh merken, wenn ein Kind zum Beispiel Schwierigkeiten beim lernen hat und dann wäre es wichtig, dies mit den Lehrkräften zu besprechen, um so gemeinsam unterstützende Lösung zu erarbeiten.

Wünschen würden wir uns, dass sowohl die Eltern als auch die Kinder die Grundschulzeit als positiv erleben – und zwar die Zeit in der Schule aber auch zu Hause. Wenn Kinder nur noch lernen oder lange an den Hausaufgaben sitzen, verpassen sie andere wichtigste Dinge wie spielen oder Freunde treffen.

Noten sind nicht alles. Viel wichtiger ist, dass die Kinder sich selbst kennen lernen, ihre Stärken und Interessen finden, sich ausprobieren, neue Erfahrungen machen, Aufgaben bewältigen, sich von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen.

Viele Arbeitgeber schauen heute nicht mehr auf die Noten, sondern viel mehr auf soziale Skills. Wie können die Bewerber mit Stress umgehen, wie gut arbeiten sie im Team – all das kann man in der Schule lernen und das ist sehr wichtig.

Und noch ein Gedanke: Wenn Sie selbst an ihre Schulzeit denken, denken Sie nicht zuerst an die Noten, sondern um das ganze soziale Drum herum. Ihre Freunde haben sie sich auch nicht nach deren Noten ausgesucht, was uns zeigt: Noten und schulische Leistungen sagen nichts übet einen Menschen aus!

Lehrer Schmidt

Das Buch von Kai Schmidt und Birgit Hoppe könnt ihr hier bestellen

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5 comments

  1. Als Mathelehrerin schätze ich Kollege Schmidt sehr. Seine Arbeit war vor allem im Lockdown von unschätzbarem Wert.

    Als Mutter und – wie er – erfahrene Hauptschullehrerin gehe ich aber mit den meisten seiner Aussagen nicht mit.

    Von der frühen Differenzierung mit 9 bis 10 Jahren (Abmeldetermine Oktober bis Februar im 4. Schuljahr) profitieren nur sehr gute SuS.

    Die Schule, an der ich aktuell arbeite, hat eine neue Klasse 7 bekommen, alles SuS, die aus den umliegenden Gyms abgeschult wurden.

    Schon nach einigen Wochen ist klar: von den 30 Kindern sind 5 manifestierte Schulverweigerer.
    mit 12 !

    Alle SuS nannten die „Abschulung“ als das größte Versagen ihres bisherigen Lebens.

    Differenzierung mit dem permanenten Lehrermangel kollektiv abzubügeln, ist mir zu plakativ und zu kurz gesprungen.

    Grade in Mathe ist es ohne großen Aufwand möglich zu differenzieren bei den Aufgaben, bei einstündigen Nebenfächern mehr Aufwand, aber mit mehr kollegialer Zusammenarbeit ist auch das möglich.

    Nach 6 Jahren Grundschule sollte er das wissen.

    Diese Differenzierung ist nicht nur nach unten wichtig, sondern auch nach oben, das System geht nämlich auf Hochbegabung noch schlechter ein als auf Kinder, die weniger „schaffen“ als das Lehrplan-Ideal-Kind.

    Anerkennen, dass jedes Kind anders ist und wir dem nur durch Differenzierung gerecht werden, würde es allen leichter machen.
    Kindern. Lehrern. Eltern.

    1. Gerade begabtere Kinder profitieren aber sehr davon, wenn sie frühestmöglich in einer leistungshomogenen Gruppe weiterlernen können. (Stichwort „Streberfalle“) Mindestens ihnen sollte man genau das ohne administrative Klimmzüge ganz regulär ermöglichen.

      Ja, ich weiß, der Trend geht dahin, diese Schüler — der Einfachheit halber und mangels alternativer Konzepte — als Hilfslehrer zu benutzen, um den Schwächeren den Stoff vermitteln zu lassen. Gerechtfertigt wird das gerne mit der Behauptung, der leistungsstarke Schüler würde dabei ja „auch noch was lernen“ bzw. „sein Wissen vertiefen“. Leider wird dabei nicht berücksichtigt, dass dieses Iota an Zusatzerkenntnis für den stärkeren Schüler meist in keinem guten Verhältnis zum Zeitaufwand steht, den man ihm als Hilfslehrer zumutet.

      Des weiteren: Wenn zu viele Schüler nach dem frühen Wechsel abgeschult werden müssen, spricht das per se gar nicht gegen die frühe Differenzierung als grundsätzliche, reguläre Option. Sondern es ist eher ein Indiz dafür, dass die Einordnung noch nicht gut genug gelingt, wer früher und wer später auf die weiterführende Schule wechseln sollte. Dann ist _das_ die Stellschraube, an der man drehen sollte, statt allen Kindern pauschal 6 oder noch mehr Jahre Grundschule zu verordnen.

      1. @Ute G: ich sehe das, aus ganz subjektiver Sicht ähnlich. War Ende der 80er in der Förderstufe, nur Mathe und Englisch wurden im Stufensystem unterrichtet. Der Unterricht in den anderen Fächern war gähnend langweilig und ich glaube, dass da niemand adäquat gefordert oder gefördert wurde. Die Spanne war einfach zu groß. Die anschließende Gymnasialphase war eine Offenbarung, ja,auch anstrengend, aber es hat wieder Spaß gemacht zu lernen.
        Mittlerweile hat sich ja einiges geändert und die Idee (von Gesellschaft und Eltern) dass möglichst alle Kinder Abitur auf direktem Wege machen müssen ist, meiner Meinung nach weder der Qualität der einzelnen Schulformen förderlich, noch den Kindern/Jugendlichen. Es ist schade, dass soviel an Selbstwert oder „gesellschaftlichem Wert“ am Schulabschluss festgemacht wird. Ich kenne so viele Menschen, die nie ein Gymnasium von innen gesehen haben, sehr erfolgreich und zufrieden sind und manche „Studierten“ (wie mich) in spezifischen Bereichen locker in die Tasche stecken.Plädiere also für fördern und fordern nach Kapazität, gerne auch durch frühe Schulzweigteilung, aber bitte ohne Standesdünkel und Druck

        1. Wir haben hier ähnliche Erfahrungen gemacht. Sämtliche Fördermaßnahmen für leistungsstarke Schüler zielten letzten Endes nur darauf ab, entweder ganze Klassen zu überspringen oder zumindest fächerweise am Unterricht der höheren Klassen teilzunehnmen. In der 4. gab’s aber keine höhere Klasse mehr. Und wehe, es gab Änderungen im Stundenplan — dann fiel dieses „Drehtürmodell“ auch in den unteren Jahrgängen wie ein Kartenhaus zusammen.

          Der Fokus liegt eigentlich immer auf den Schwächeren. Wahrscheinlich, weil deren mangelnde Kompetenzen bei diversen Überprüfungen unweigerlich auffallen würden und die Schule dann Ärger bekommen könnte. Folglich wird da gestrampelt, bis aus der Sahne garantiert Butter geworden ist. Verschleudertes und ignoriertes Potenzial hingegen schadet keiner Kultus-Statistik. Vielleicht sollte man an dem Punkt mal anfangen. Nur … wie?

  2. Lehrer Schmidt und seine Videos haben dafür gesorgt, dass mein Sohn seinerzeit im Distanzunterricht den Rest seiner Klasse in Mathematik weit überflügelt hat und am Ende sogar dem ursprünglichen Lehrplan voraus war. (Mittlerweile hat er Mathe sogar als Leistungskurs gewählt.) Dafür an dieser Stelle mal ein dickes Dankeschön!

    Darüber hinaus freut mich, dass wider Erwarten noch nicht alle Pädagogen das Hohe Lied der Grundschule bis in die Pubertät singen. Sondern wenigstens einige noch die Notwendigkeit der externen Differenzierung anerkennen, wenn die Leistungen innerhalb eines Jahrgangs immer weiter auseinander driften.

    Mit der Grundschule sind wir als Familie natürlich längst durch. (Dem Spaghettimonster sei dank …) Aber ich überlege ernsthaft, ob ich mir das Buch nicht interessehalber trotzdem kaufen sollte.

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