Kraniosynostose: Unser Kind kam mit einer Verknöcherung der Schädelnähte zur Welt

Kraniosynostose

Liebe Lisa und liebe Katharina, ich habe mich im Rahmen eures „Speckbeinchen Beitrages“ dazu entschieden, euch zu schreiben. Aber eigentlich habe ich schon vorher darüber nachgedacht, dass euch unsere Geschichte interessieren könnte. Denn ich habe festgestellt, dass die Thematik nicht nur den meisten Eltern unbekannt ist, sondern z.T. auch Ärzte und Hebammen damit überhaupt nicht vertraut sind. Unser Sohn kam nämlich mit einer Kraniosynostose auf die Welt.

Was ist eine Kraniosynostose?

Das ist eine frühzeitige Verknöcherung einer oder mehrerer Schädelnähte. An den verknöcherten Schädelnähten ist kein Wachstum mehr möglich, sodass es zu Kopfverformungen kommt. Im Verlauf kann es zu erhöhtem Hirndruck kommen. Folgen können Migräne, Sehbehinderungen, Intelligenzminderung und Epilepsie sein. Je nach betroffener Naht ist die Gefahr größer oder geringer.

Kraniosynostose

Es gibt verschiedene Formen von Kraniosynostose mit jeweils typischen Kopfverformungen. Experten können die Diagnose zumeist allein anhand der Kopfform stellen, sodass bildgebende Verfahren eigentlich gar nicht nötig sind. Nicht immer ist eine Korrektur erforderlich.

Wenn eine Operation indiziert ist, kann dies je nach Form, Ausprägung und Klinik bis zum dritten Lebensmonat mit einem endoskopischen Operationsverfahren erfolgen. Nach dieser minimalinvasiven Operationsmethode wird meist eine Helmtherapie angeschlossen. Je nach Alter oder Ausprägung kann aber auch eine „große“ Operation erforderlich sein, bei der die Naht wellen- oder zickzackförmig von Ohr zu Ohr über den Kopf verläuft.

Wichtiger Austausch mit anderen Betroffenen

Es gibt den Verein „Kraniohelden„, der online ganz wunderbar über Kraniosynostose aufklärt. Ziel der „Kraniohelden“ ist die Vernetzung, Beratung, Begleitung und emotionale Unterstützung von Eltern sowie Kraniosynostose bekannter zu machen und Fehldiagnosen zu reduzieren. Für betroffene Familien werden außerdem ganz liebevolle Carepakete für die Zeit im Krankenhaus gepackt und kurz vor der OP verschickt.

Kraniosynostose

Bei unserem Sohn war die Koronarnaht auf der linken Seite betroffen, wodurch auch das Gesicht (linke Augenpartie) mitbetroffen war. Mir ist sofort nach der Geburt aufgefallen, dass seine Stirn „schief“ war, d.h. eine Seite prominent nach vorne gewölbt und die andere Seite etwas zurückversetzt (einschließlich Augenbrauenwulst). Da er aber ein Sternengucker war, meinte die Hebamme, dass sich das noch verwachse.

Der weite Weg bis zur Diagnose

Dem Kinderarzt ist die besondere Kopfform nicht aufgefallen. Ich habe ihn bei zwei U-Untersuchungen auf die Kopfform hingewiesen und um Rat gefragt. Er sagte lediglich, dass „niemand eine komplett symmetrische Kopf- und Gesichtsform habe“ und sah keinen weiteren Handlungsbedarf. Als unser Sohn drei Monate alt war ist er schwer an RSV erkrankt und lag über eine Woche lang in der Kinderklinik. Auch hier ist keinem Arzt seine Kopfform aufgefallen. Im Alter von vier Monaten waren wir bei einer (für Kinder sehr erfahrenen) Osteopathin, die die Ursache für die auffällige Kopfform leider ebenfalls nicht erkannt hat.

Als unser Sohn fast sechs Monate alt war, war ich mir sicher, dass sich nichts mehr „verwachsen“ würde. Ich habe daraufhin einen Termin in der Helmsprechstunde einer Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie vereinbart. Dort wurde die Problematik sofort erkannt und für uns ein Termin in einer Uniklinik vereinbart. Dort konnten wir bereits eine Woche später zur Absicherung der Diagnose und letztlich auch direkt zur OP-Besprechung vorstellig werden.

Eine Operation am Kopf

Kraniosynostose
Kurz nach der OP

Im Alter von sieben Monaten hatte unser Sohn seine große OP. Auch wenn es „nur“ eine OP am Kopf und nicht am Gehirn ist, so hat man doch vor und während der OP als Eltern riesige Ängste! Ich glaube, das geht uns Eltern sowieso immer so, egal wie „klein“ eine OP auch sein mag. Die Tage nach der OP waren hart. Zunächst auf der Intensivstation. Dann schwellen Kopf und Gesicht bei den Kindern nach der OP fürchterlich an.

Die Augen unseres Sohnes waren komplett zugeschwollen, sodass er tagelang nichts sehen können. Er hatte starke Schmerzen, wurde aber natürlich sehr gut mit Schmerzmitteln versorgt. Nach vier Tagen konnte unser Sohn aus einem Auge wieder ein kleines bisschen schauen. Ab da ging es rasant bergauf: er fing wieder an zu spielen, brabbeln, lachen und fröhlich durch sein Bettchen zu robben. Was für eine Erleichterung! Der kleine Held kann seine Narbe jetzt mit Stolz tragen und irgendwann wird sie unter den Haaren verschwinden und zumindest nicht mehr sofort für jedermann sichtbar sein.

Kraniosynostose

Alles hat gut geklappt!

Die OP ist inzwischen fast vier Monate her. Die Narbe ist wunderbar verheilt, Kopf und Gesicht schon viel symmetrischer geworden. Sonst merkt man unserem Sohn eigentlich gar nichts mehr an. Dafür sind wir sehr dankbar!

Bis zu einem Alter von etwa neun Jahren stehen nun regelmäßige Termine zur Verlaufskontrollen in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an.

Das ist sie, die Geschichte unseres „Speckbeinchens“, der dieser Bezeichnung übrigens alle Ehre macht! Aber es hat sich gezeigt, dass ein paar Reserven bei Krankenhausaufenthalten immer ganz gut sind! 🙂

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1 comment

  1. Vielen Dank für den Artikel! Schade und merkwürdig, dass es mit der Diagnose so lange gedauert hat. Bei unserem jetzt knapp 6 Monate alten Sohn stand es auch im Raum. Bei uns war es aber genau andersrum, 2 Kinderärztinnen haben den Verdacht geäußert und die Osteopathin hat den Kopf auch vermessen und festgestellt, dass er tatsächlich außergewöhnlich lang und schmal ist. Wir waren dann zur Diagnose in der Neurochirurgie und dort wurde per Blickdiagnose festgestellt, dass er nicht betroffen ist. Da war ich sehr froh. Der Arzt meinte zwar auch, das Gute daran sei, dass man nach er OP in der Regel ein völlig gesundes Kind hat. Was natürlich das Wichtigste ist. Aber trotzdem kann ich die Autorin absolut nachvollziehen, die Ängste die ich ausgestanden hätte…
    Vielen Dank für die Informationen und alles Gute für den Kleinen!

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