Die stille Sprache der Kinder – Körpersprache in der Erziehung

Körpersprache

Ihr Lieben, eigentlich wissen wir, wie wichtig Körpersprache ist. Hochgezogene Schultern, unsicherer Blick – das zeigt, dass eine Situation unangenehm ist. Und natürlich verfügen auch unsere Kinder über Körpersprache, die wir aber oft zu wenig berücksichtigen, sagt Claudia Fiß. Sie ist Diplompädagogin, Mutter von drei Kindern und Reittherapeutin. Hier schreibt sie uns, auf was wir im Alltag achten können. Mehr Infos zu Claudia findet ihr unter https://www.kindus.de

Wie wir Körpersprache in der Erziehung nutzen können

Es gibt Momente im Leben mit Kindern, die uns an unsere Grenzen bringen. Du sagst NEIN – klar, freundlich und bestimmt – und trotzdem eskaliert die Situation. Wut, Tränen, Trotz. Als Eltern oder Pädagogen stehen wir oft ratlos da und fragen uns: „Warum versteht mein Kind mich nicht?“ Doch wie oft konzentrieren wir uns auf die Worte, die wir sagen, und übersehen das, was wirklich zählt: die stille Sprache – die Körpersprache.

Die erste Sprache der Kinder

Kinder kommunizieren von Geburt an mit ihrem Körper. Ein Lächeln zeigt uns Sicherheit, unruhiges zappeln Überforderung. Diese nonverbale Kommunikation bleibt ihre wichtigste Sprache – auch wenn sie später sprechen lernen. Im hektischen Alltag übersehen wir diese Signale jedoch oft. Wir hören die Worte „Ich will nicht!“, aber sehen nicht den weggedrehten Blick, das nervöse Fummeln mit den Händen oder die Füße, die schon Richtung Tür zeigen. Dabei liegt genau hier die wahre Botschaft: „Ich bin überfordert. Bitte hilf mir.“

Ein Beispiel aus der Reittherapie

Vor Kurzem arbeitete ich mit einem neunjährigen Jungen in einer Reittherapiestunde. Seine Aufgabe war, ein Pferd zu führen. Doch das Pferd bewegte sich nicht. Es blieb stehen, senkte den Kopf und reagierte auf kein einziges Kommando. Der Junge wurde immer frustrierter. Er ruckte hektisch am Strick, rief: „Los, geh schon!“, und wurde schließlich wütend. Das Pferd blieb unbeeindruckt.

Ich fragte ihn: „Wie fühlst du dich gerade?“ Er antwortete: „Ich bin wütend! Das Pferd hört nicht auf mich!“ Wir setzten uns hin und sprachen darüber, warum das Pferd nicht reagierte. Ich erklärte ihm, dass Pferde nicht auf Worte hören, sondern auf das, was wir ausstrahlen. Er war gestresst, frustriert, angespannt – und genau das hat das Pferd gespürt

Warum sollte das Pferd so jemandem folgen? Ein Pferd vertraut nur jemandem, der Ruhe, Klarheit und Sicherheit ausstrahlt. Gemeinsam haben wir folgendes geübt:

• Innehalten: Erst einmal stehen bleiben, tief durchatmen und den Stress loslassen.

• Ziel bestimmen: Sich fragen: „Was will ich? Wohin wollen wir gehen?“

• Selbstsicherheit ausstrahlen: Das Pferd muss sehen, dass er einen Plan hat, dass er weiß, was er tut.

• Körpersprache bewusst einsetzen: Ruhige, klare Bewegungen und eine aufrechte Haltung.

Der Junge versuchte es erneut. Er atmete tief ein, richtete sich auf, schaute nach vorne und ging mit selbstbewussten Schritten los. Und siehe da: Das Pferd folgte ihm sofort. „Es macht, was ich will, weil ich einen Plan habe!“, sagte er später stolz. Ich würde es so ausdrückenGeist, Körper und Seele waren in diesem Moment im Einklang.

Körpersprache

Was wir davon für die Erziehung lernen können.

Kinder „lesen“ uns. Sie erkennen an unserer Körpersprache, ob wir wirklich meinen, was wir sagen. Ein unsicheres NEIN wirkt auf sie nicht überzeugend und führt dazu, dass sie Grenzen hinterfragen Ein wütendes NEIN verunsichert sie noch mehr. Aber ein ruhiges, aufrechtes NEIN, begleitet von einer klaren Haltung, gibt Orientierung. Es sagt: „Ich weiß, was ich tue, und ich bin für dich da.“

Wenn unsere innere Haltung mit unseren Worten übereinstimmt, fühlen sich Kinder sicher. Doch wenn sie spüren, dass wir unsicher oder widersprüchlich sind, verlieren sie die Orientierung und sehen uns nicht als Hilfe.

Die Magie der Körpersprache

Körpersprache ist keine Zauberei, aber sie hat eine gewisse Magie. Sie hilft uns, in Verbindung zu treten, selbst in schwierigen Momenten. Wenn du dir bewusst machst, was du mit deinem Körper, deiner Haltung und deiner Energie ausdrückst, kannst du dein Kind besser verstehen, ihm Sicherheit geben und selbst in stressigen Situationen Ruhe bewahren.

Frühzeitige Überforderung erkennen

Kinder zeigen oft durch ihre Körpersprache, wenn sie überfordert sind: nervöses Zappeln, abgewandte Blicke, verschränkte Arme oder ein weggedrehter Körper. Was tun? Achte bewusst auf diese Signale. Anstatt sofort zu reagieren, halte inne und frage sanft: „Ich sehe, dass dich etwas beschäftigt. Kann ich dir helfen?“ Warum es funktioniert: Indem du die Botschaft hinter der Körpersprache erkennst, zeigst du deinem Kind: „Ich sehe dich.“ Das schafft Vertrauen und verhindert, dass die Situation eskaliert.

Pausen als Ausdruck von Stärke

In stressigen Momenten wollen wir oft sofort handeln. Doch manchmal ist der stärkste Schritt, innezuhalten. Was tun? Atme tief durch, bevor du sprichst. Zeige durch einen ruhigen Blick, aufrechte Haltung und sanfte Bewegungen, dass du überlegt handelst. Warum es funktioniert: Kinder spiegeln unsere Energie. Eine bewusste Pause beruhigt nicht nur dich, sondern gibt deinem Kind das Gefühl, dass du die Kontrolle behältst.

Perspektivwechsel durch Haltung

Manchmal wirken Kinder stur oder ablehnend. Doch oft ist ihr Widerstand ein Ausdruck von Unsicherheit oder Überforderung. Was tun? Geh auf Augenhöhe mit deinem Kind. Sprich ruhig, schaue es freundlich an und frage: „Wie fühlst du dich gerade? Was brauchst du?“ Warum es funktioniert: Deine Haltung signalisiert Offenheit und Verständnis. Dein Kind fühlt sich gesehen und gehört, was Spannungen reduziert und Vertrauen aufbaut.

Klare Gesten für klare Botschaften

Deine Körpersprache sollte immer deine Worte unterstützen. Widersprüchliche oder hektische Bewegungen machen es deinem Kind schwer, dich zu verstehen. Was tun? Bewege dich bewusst und ruhig. Zeige z. B. mit einer offenen Hand den Weg, wenn du sagst: „Komm, wir gehen jetzt.“ und geh los, ohne unsicheren Blick auf dein Kind ob es mitkommt. Warum es funktioniert: Kinder nehmen klare, ruhige Gesten intuitiv wahr. Diese geben Orientierung und machen deine Botschaft klar und glaubwürdig.

In meinem Buch „NEIN verstehen – Körpersprache entschlüsseln für eine entspannte Erziehung“ teile ich viele solcher Geschichten und Tipps, wie du durch bewusste Körpersprache einen entspannten Familienalltag gestalten kannst. Manchmal reicht schon ein kleiner Perspektivwechsel, um große Veränderungen zu bewirken.

Cover Nein verstehen Claudia Fliss

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