Keine starren Regeln für unsere Jugendlichen: Teen-Time Jugendkolumne

Keine starren Regeln

Ihr Lieben, während ich diese Zeilen hier schreibe, tourt die Tochter grad auf Abi-und-18.-Geburtstags-Reise durch die Welt und die Zwillinge schlafen noch. Es ist nach 12 Uhr mittags und das ist okay so, denn bei uns gibt es so gut wie keine starren Regeln.

Alle in den Ferien immer um 9 Uhr aus dem Bett jagen? Gibt es bei uns nicht. Ich möchte dazu aber direkt vorab sagen: Nur, weil wir das so machen, halte ich das nicht für die sinnvollste Lösung für einfach alle. Was ich sagen will: Niemand, der oder die das anders hält, braucht sich angegriffen fühlen, ich glaub hier nicht an ein Richtig oder Falsch, sondern schlichtweg an Authentizität. Zu uns passt diese Methode – zu anderen eine andere.

Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen

Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen, in unserem Haus wohnten auch Cousinen und Cousins mit ihren Familien und während es bei den anderen oft hieß: „19 Uhr, Zeit fürs Bett“, hielten meine Eltern das mit mir und meinem Bruder schon damals anders.

Ins Bett ging es, wenn unsere Eltern uns für müde hielten, mal war das früher und mal später. Es war auch meine Mutter, die später, als wir ins Jugendalter kamen, mit uns alljährlich im Februar eine ganze bestimmte Karnevalssitzung in Köln besuchte, die mitten in der Woche stattfand. Immer unter dem Motto aber: Wer feiern kann, kann auch zur Schule. Trotz Müdigkeit am nächsten Tag.

Kür, wenn denn die Pflicht erfüllt wird

Solange wir also die Pflichten erfüllten, durfte die Kür auch mal ausgedehnt werden. Ebenso gab es bei uns keine festen Zeiten, zu denen wir aufstehen mussten. Am Wochenende oder in den Ferien durften wir ausschlafen, wenn keine Termine anstanden. Das war in meinem Freundeskreis bei den wenigsten so.

Eine Freundin durfte sich sonntags nicht verabreden, weil sie da mit ihren Eltern spazieren gehen musste, eine andere wurde in der Früh für die Kirche geweckt, wieder andere hatten zum Frühstück zu erscheinen – egal in welch verkatertem Zustand sie sich befanden. Andere durften jeden Abend beim Abendessen nicht fehlen, egal, wo und mit wem sie grad unterwegs waren.

Keine starren Regeln: Auch in meiner Kindheit nicht

Regeln
Lisa auf dem Arm ihrer Mama damals

Ich habe diese Form der Flexibilität und Lockerheit, die mir meine Eltern vorlebten, in mein Leben als Mama mitgenommen. Es gab nie feste Schlafenszeiten und ich habe auch gefühlt nie ein Kind früher aus dem Mittagsschlaf geweckt, damit es abends eher zur Ruhe kommt. Dann war es eben länger wach, aber nach meinem Gefühl brauchte es dann halt jetzt den Schlaf (und ich verstehe jede, die es anders handhabt, weil wir einfach auch Zeiten für uns brauchen, aber ich konnte das irgendwie nie).

Ich habe 12 Jahre meines Lebens allabendliche Einschlafbegleitung geboten, weil ich das Gefühl hatte, das eine oder andere meiner Kinder brauchte das. Es gibt bei uns keine festen Zeiten für Hausaufgaben und es gibt auch keine festen Medienzeiten, die von 15.15. bis 16.45 Uhr reichen.

(Eher lockerer wie: Heute mal keine ganze Stunde oder ähnlich. Denn wer weiß, welche Schlacht da grad noch gewonnen werden muss oder welche Haus gebaut, da hielten wir es früher so, dass das Spiel zu Ende gespielt werden konnte, dafür aber vielleicht beim nächsten Mal etwas weniger Zeit zur Verfügung stand, mittlerweile sind die Kids aber so groß, dass sie das alles selbst regulieren; trotzdem und weil sich das hier so einfach liest: vermutlich größer Streitpunkt in der Erziehung).

Werte leben und an Absprachen halten

Was es aber gibt, das sind Werte und Absprachen. Wer viel zockt, unterbricht bitte auch mal für Bewegungspausen. Beim Essen werden die Handys bitte weggelegt und wir unterhalten uns. Wer das Haus verlässt, sagt kurz Bescheid (daran arbeiten wir noch, denn seit der Roller hier in Gebrauch ist, sind manchmal auch einfach alle auf mysteriöse Weise weg, ja, man verliert die Kontrolle).

Und: Wir sind bitteschön ehrlich zueinander. Wir lassen viele Freiheiten, möchten aber nicht angelogen werden. Wir sind sozial und unterstützen, wenn möglich und nötig. Wir gehen respektvoll miteinander um.

Wenn die Jugend nachts auf der Piste ist, mag ich´s gern, wenn sie ihren Standort anmacht, damit ich notfalls schauen kann, ob sie schon an der Adresse ihrer Übernachtungsmöglichkeit angekommen ist. Feste Aufsteh- oder Schlafenszeiten gibt es aber wie gesagt nicht in Ferienzeiten. Und das heißt nicht nur, dass ich vormittags im Homeoffice ganz wunderbar ungestört arbeiten kann mittlerweile. Sondern das bringt auch Situationen mit wie die in der gestrigen Nacht.

Ich lasse mich gern vom Leben überraschen

Keine starren Regeln

Ich hatte dem Jüngsten ein tolles Instarezept geschickt und dazu alle nötigen Zutaten besorgt. Ihm fiel also nachts um halb zwölf ein, dass es doch eine tolle Idee wäre, genau das genau jetzt zu backen. Ich lag schon im Bett, als mir ein wundervoller Duft von unten in die Nase wehte.

Und kurz nach Mitternacht stand dann das Söhnchen an meinem Bett und kredenzte mir seine Banane-Kinderriegel-Blätterteigtaschen. Ich hatte schon die Zähne geputzt, aber wie ihr ja jetzt wisst, sind wir ganz manchmal auch etwas flexibel in der Auslegung von Regeln.

Ich MUSSTE also einfach probieren. Erst ein Stück und dann zwei. Ich hatte mur kurz die Zunge verbrannt und erwachte mit Schokogeschmack im Mund. Aber das war´s mir wert, denn „Hey“ – wer kriegt denn schon Frischgebackenes von seinen Jüngsten ans Bett? Ich liebe es einfach, mich vom Leben überraschen zu lassen. Wie haltet ihr es in euren Familien da?

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2 comments

  1. Es liest sich total nett und liebevoll bei euch. Bei uns läuft es in vielen Punkten ähnlich (meine Kinder sind zwischen 11 und 19) und zum Beispiel jetzt morgens Ruhe zu haben, weil alle länger schlafen, genieße ich auch. Aber ein Unterschied: wenn um Mitternacht ein Kind an meinem Bett auftauchen würde und mich wecken ohne wichtigen Grund, das würde mir echt schlechte Laune machen. Das finde ich bei Dir so erstaunlich: es kommt so rüber, als ob Du einfach immer für Deine Kinder da bist und auch noch gute Laune dabei hast (:

    1. Nein, nein, oh je, so soll das gar nicht rüberkommen, dass bei mir immer gute Laune herrscht. Nachdem sich die Zwillinge aber vom 5. bis zum 14. Geburtstag quasi täglich zerstritten haben, ist es gerade – besonders in Ferienzeiten – ein riesiges Aufatmen, weil sie sich derzeit echt gut verstehen und mein Nervenkostüm aus dem Dauer-Alarmzustand raus in mehr Entspannung kommt. Hoffe, das rückt den Eindruck etwas zurecht…

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