Liebe Melanie, Du hast zwei Söhne – allerdings lebt nur der jüngere bei Dir. Erzähl doch mal von Anfang an…
Ich bin vor neun Jahren, da war ich 21, in einer sehr schweren Lebensphase ungewollt schwanger geworden. Die Schwangerschaft ist durch einen Missbrauch entstanden. Ich wollte das Kind eigentlich nicht haben, konnte mir aber auch keinen Abbruch vorstellen. Ich entschied also, das Kind zu bekommen.
Leider kam mein Sohn mit einer schweren Form der Epilepsie auf die Welt, was die ganze Sache noch schwerer machte. Durch seine Erkrankung erlitt mein Sohn Hirnschäden, die zu Entwicklungsverzögerungen führten. Das und die epileptischen Anfälle waren für mich zu viel – ich habe immer gekämpft und wollte nicht aufgeben. Deshalb hatte ich auch von Beginn an Unterstützung vom Jugendamt. Doch an einem Punkt – mein Sohn war aggressiv und ich einfach überfordert – wusste ich: Das geht so nicht weiter. Mir war klar, dass es besser ist, wenn mein Sohn nicht mehr bei mir lebt.
Was hast Du dann unternommen?
Ich habe meine Familienhelferin angerufen und ihr gesagt, dass es so nicht mehr weiter geht. Es wurde vereinbart, dass sie meinen Sohn am nächsten Tag abholt. Und so war es dann auch.
Wie ging es Dir mit dieser Entscheidung?
Sehr schlecht. Ich selbst bin im Heim groß geworden und wollte eine andere Kindheit für mein Kind. Nachdem mein Sohn abgeholt worden war, fiel ich in ein Loch und war nicht mehr ich selbst. Ich habe eine Zeitlang zu viel getrunken und mich selbst verurteilt. Dazu kamen viele Vorwürfe aus meinem Umfeld – kurz: Es ging mir sehr schlecht. Irgendwann habe ich mich gefangen und mich mit viel Arbeit abgelenkt.
Dein Sohn kam zu Pflegeeltern. Konntest Du ihn denn regelmäßig sehen?
Ja, aber mir haben diese Besuche nicht gut getan. Ich habe mich jedes Mal danach fertig gemacht, fühlte mich als Versager, dass andere Menschen mein Kind erziehen
Du hast 2014 dann noch ein Kind bekommen.
Ja, noch einen kleinen Jungen. Ich bin sehr gerne Mutter und liebe meinen kleinen Sonnenschein sehr. Mein Großer hat mich gleich nach der Geburt im Krankenhaus besucht und durfte seinen Bruder halten. Das war ein schöner Moment und mein Großer war so stolz.
Aber dann gab es einen Zwischenfall.
Ja, bei einem weiteren Besuch hatte mein Großer einen Wutanfall, der sich gegen das Baby richtete. Als ich das mit den Pflegeeltern besprechen wollte, kam es zum Streit. Mir wurde auch klar gemacht, dass ich eigentlich nicht willkommen bin. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr zu meinem älteren Sohn.
Wie geht es Dir damit?
Ich denke jeden Tag an meinen Sohn. Aber ich glaube, dass es die richtige Entscheidung war, dass er nun bei anderen Eltern lebt. Dort bekommt er genau das, was er braucht und verdient. Ich glaube wirklich, dass es das Beste für meinen Sohn ist. Wie es mir damit geht, ist nicht so wichtig – wichtig ist nur, dass mein Sohn in guten Händen ist. Aber ich hoffe natürlich, dass wir eines Tages wieder alle gemeinsam an einem Tisch sitzen können.
Foto: Pixabay
2 comments
In obhutnahmen
Meine enkelin ist jetzt seit 8 Monaten in den ganzen des Jugendamtes und gehör finden wir als Familie nirgendwo und so Was ist zum verzweifeln.
Liebe Melanie,
Liebe Melanie,
ich denke, du hast dir die Entscheidung nicht einfach gemacht. Ich finde es sehr gut, dass du dich für das Wohl deines Kindes entschieden hast. Ich denke, es war auch zu deinem Wohl. Ich kann mir nicht vorstellen, was du in deiner Kindheit durchgemacht hast. Ich bewundere dich und wünsche dir viel Kraft für dein Weiteres Leben und viel Freude mit deinem zweiten Sohn.