Ihr Lieben, es gibt ja die verschiedensten Ansätze, wenn ein Kind immer wieder in Koflikte gerät. Heute äußert sich bei uns eine Heilpraktikerin zu ADHS: Alexandra Zengerling. Mit ihrem Buch Dein Kind ist ein Problemkind* möchte sie Eltern von vermeitlich „schwierigen“ Kindern Mut machen.
Nach einer Erfahrung mit Ängsten bei ihrem eigenen Kind hat sie ihr gesamtes Beratungskonzept neu aufgestellt, weil sie davon ausgeht, dass Kinder vor allem unsere eigenen Ängste oder Unsicherheiten spüren und spiegeln. Diesen Ansatz vertreten nicht alle, die in diesem Feld tätig sind, aber lest selbst und bildet euch ein eigenes Urteil. (*Affiliate Link)
Liebe Frau Zengerling, Ihr eigener Sohn entwickelte im Alter von zwei Jahren plötzlich Ängste, als es um die Kita ging, wie äußerten sich diese?
Genau, das ist richtig. Die Eingewöhnung war mühsam und zog sich sehr lange hin. Als ich ihn dann dort abgegeben habe, hat er von morgens bis mittags durchgeweint. Er stand mit dem Rücken zur Wand und hat nicht ins Spiel gefunden. Jeden Morgen wurde es schlimmer, er fing an, mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zu reagieren montags bis freitags, am Wochenende war er ein ausgeglichenes und fröhliches Kind.
Was hat das mit Ihnen als Mutter gemacht, dass es Ihrem Kind in dieser Zeit augenscheinlich so schlecht ging?
Es ging auch mir nach kurzer Zeit nicht gut. Ich habe ihm versucht zu helfen, schließlich war ich zur damaligen Zeit Therapeutin für Kinder. Meine Klienten waren mindestens 6 Jahre alt und er war mit seinen knapp 2 Jahren zu klein für meine verhaltenstherapeutischen Ansätze. Im Kindergarten stand auch ich irgendwann mit dem Rücken zur Wand.
Nach ein paar Tagen ohne Besserung haben sie mich dort um ein Gespräch gebeten und mir ihren Verdacht auf Autismus mit der Bitte um Abklärung regelrecht um die Ohren gehauen. Hier wurde ich konfrontiert mit ihrer Wahrheit von „Dein Kind ist nicht normal“. Es hat mich getriggert, auch ich habe mich dann angefangen, falsch zu fühlen.
Ich habe ihn so oft es geht daheimgelassen, weil es in der Kita für ihn immer schlimmer statt besser wurde. In dieser Zeit konnte ich nicht arbeiten, das ist ein gravierender Einschnitt, von dem auch viele meiner heutigen Klientinnen betroffen sind, die ihr Kind z.B. immer wieder früher aus der Schule abholen müssen.
Welchen (konkreten) Weg haben Sie für sich gefunden, damit Ihr Kind wieder fröhlich und angstfrei in den Kindergarten gehen kann?
Da er wie gesagt zu jung war, um mit meinen verhaltenstherapeutischen Ansätzen etwas bewirken zu können, musste ich andere Wege finden als die in meiner Praxis. So habe ich meinen ersten Elterncoach gefunden und sofort ein Coaching bei ihm gebucht für meinen Mann und mich. Hier lernten wir, dass ein Kind auch seine Eltern spiegeln kann. Über diesen Weg wurde unser Sohn nach 4 Wochen komplett angstfrei, denn wir Eltern haben dort trainiert, hinter die Symptome unseres Kindes zu schauen und die wahren Ursachen dafür zu finden. Auch alle anderen Symptome gingen jeden Tag mehr zurück.
Ich habe immer gespürt, dass wir uns nicht mit den Symptomen unserer Kinder und auch nicht mit unseren eigenen abfinden müssen, aber nun fand ich endlich den konkreten Weg dahin. So buchte ich im Anschluss daran weitere Coachingausbildungen, um nicht nur unsere Familie, sondern auch die Familien, die mit ihren Themen zu mir in meine Praxis kamen, zu befreien.
Sie hatten also das Gefühl, Ihr Kind spiegele Ihre Ängste?
Mein Kind hat die Ängste meines Mannes gespiegelt und sichtbar gemacht über seinen Körper. Mein Mann hat früher sehr oft auf seine jüngere Schwester aufgepasst und die Verantwortung übernommen, dass ihr nichts passiert. Jahre später, als wir dann eine Familie gegründet haben und unser Sohn im Krabbelalter war, kamen diese Ängste bei meinem Mann wieder hervor. Er hatte Angst, dass der Kleine die Treppe hinunterfallen könnte oder ein anderes Kind ihn ärgern könnte. Diese Angst hat unser Sohn gespürt und rausgelassen, bis mein Mann für sich diese Ängste loslassen konnte.
Sie sagen, in Ihren Coachings beraten sie gar nicht die vermeintlichen „Problemkinder“, wie sie schnell genannt werden und die vielleicht gerade eine ADHS-Diagnose erhalten haben, sondern die Eltern. Liegt es Ihrer Meinung nach an ihnen, wenn sich das Kind in der Schule auffällig verhält, was sagen Sie als Heilpraktikerin zu ADHS?
Diese Frage legt nahe, dass es um Schuld gehen könnte. Ich arbeite mit dem Ansatz, der in der Psychologie weit verbreitet ist, dass Kinder Symptomträger sind. In einem Familiensystem hat jedes Mitglied seinen Platz und seine Rolle. Die Macht liegt dort bei den Eltern, sie bestimmen das Familienklima. Kinder können das noch nicht.
Für mich geht es nie um Schuld, sondern darum, als Eltern (wieder) die Verantwortung für uns und unsere Familie komplett zu uns zu nehmen. Verantwortung anzunehmen heißt, unsere Macht anzunehmen, denn dann können wir zur Änderung beitragen. In nahezu allen meinen therapeutischen Ausbildungen ging es darum, die Symptome der Kinder zu bekämpfen.
Die Wut muss weg. Die Konzentrationsschwäche muss weg. Dort kam ich immer wieder an Grenzen, wo nur bis zu einem gewissen Grad Erfolge erzielt werden konnten, denn die Ursachen hinter der Wut oder den anderen Symptomen war ja auf diese Weise immer noch da.
Und da haben Sie dann Ihren Ansatz geändert?
Als ich vor 6 Jahren komplett auf die Elternarbeit umgestellt habe, schoss die Erfolgsquote in die Höhe auf heute über 90%, selbst bei langwierigen Diagnosen und Symptomen. Wenn wir den Auslöser bei uns finden und lösen können, müssen nicht unsere Kinder weiter darauf aufmerksam machen. Anstatt zu glauben, am Verhalten oder den Symptomen unserer Kinder schuld zu sein, sollten wir viel mehr schauen, was wir dazu beitragen können, dass unsere Kinder davon frei werden können. Und das ist eine ganze Menge.
Was bedeutet das?
Ganz konkret bedeutet das, wenn ein Kind eine AD(H)S-Diagnose hat und 2x pro Woche zu Therapien muss, dass ich mir die Einzelsymptome anschauen muss. In meiner Praxis zeigt sich, wenn eine Mutter glaubt, dass ihr Kind krank ist, weil es diese Diagnose hat, dann behandelt sie es auch so. Wenn Hausaufgaben schon mehrere hundert Male nicht ohne Drama funktioniert haben, dann neigen wir dazu, aufgrund dieser Erfahrung in der Vergangenheit für den nächsten Tag unterbewusst wieder genau das zu manifestieren.
Hier geht es nicht um die Frage nach der Schuld, sondern darum, dass wir lernen, wie wir aus diesen erlernten Mustern aussteigen und neuen Samen pflanzen, um in Zukunft andere Ergebnisse zu ernten. Kein Verhalten und kein Symptom sind ohne Grund da. Sie haben eine Botschaft für uns, die es zu entschlüsseln gilt.
Ein in der Öffentlichkeit auffälliges Kind trifft sämtliche Trigger von seinen Eltern. Dort finden wir Glaubensmuster wie z.B. „Ich habe Angst, was die anderen von mir oder meinem Kind denken!“. Oder überall dort, wo wir Eltern uns zusammenreißen, weil wir in unserer Generation gelernt haben, unsere Emotionen – v.a. die als negativ bewerteten – nicht ausleben zu dürfen, da tun das unsere Kinder für uns und triggern damit genau unsere tiefsten wunden Punkte.
Welche konkreten Tipps geben sie Eltern von Kindern mit ADHS?
Liebe Mama eines Kindes mit AD(H)S-Diagnose, ich weiß, wieviel Gegenwind dein Kind für sein Verhalten und seine Diagnose bekommt. Wenn die Therapien, zu denen du dein Kind vielleicht schon so lange begleitest, nicht den gewünschten Erfolg bringen, heißt das nicht, dass ihr euch damit abfinden müsst.
In meinem Buch „Dein Kind ist KEIN Problemkind“ nehme ich dich mit auf die Reise hinter die Symptome deines Kindes. Wenn dein Kind schon länger unter seinen Symptomen leidet, dann kann es passieren, dass es sich identifiziert mit seiner Diagnose oder seiner Leistung. Hier muss angesetzt werden.
Viele Kinder mit Diagnosen sagen über sich, sie seien Versager/innen. Das ist nicht wahr, aber es führt dazu, dass sie für künftige Ergebnisse bereits im Vorfeld eine Misserfolgserwartung haben und diese sich wie die selbsterfüllende Prophezeiung aufrechthält.
Richtig nachhaltig unterstützen kannst du dein Kind, indem du bei dir anfängst. Wenn du deinem Kind sagst, dass es toll ist, dein Kind das aber nicht annehmen kann, dann fängst du zuerst an, es dir selbst zu sagen, bis du das zu 100% fühlst, denn nur dann kommt es bei deinem Kind an.
Sie sagen, wenn ein Kind viel Wut rauslässt, ist es oft die unausgelebte Wut der Eltern, die sich da Bahn bricht. Da würde ich gern mal konkret werden: Unsere Zwillinge haben sich ca. vom fünften bis zum 14. Geburtstag quasi täglich gekloppt, sie haben dann aber einfach damit aufgehört – ohne dass wir Eltern etwas an unserem Verhalten geändert hätten. Ich vermutete da jetzt einfach einen Reifesprung, was würden Sie dazu sagen?
Das ist jetzt eine sehr hypothetische Frage. Wissen Sie, ich darf Ihnen keine Ferndiagnose geben! Bevor ich mit Eltern arbeite, muss ich viel mehr Fragen zu ihrer Situation stellen, daher kann ich Ihnen für ihr Beispiel konkret hier keine zufriedenstellende Antwort geben.
Grundsätzlich kann ich aber sagen, solange die Familie nicht darunter leidet, ist das in Ordnung. Zu mir kommen Eltern, die unter ihrer Situation leiden. Ich bin mir sicher, wäre das bei Ihnen so gewesen, hätten sie gehandelt. Für mich ist es so, ohne Ihre Situation konkret zu kennen, dass es nicht sein muss, dass wir uns so lange mit etwas abfinden müssen in unserem Familiensystem, was wir so nicht haben wollen.
Man kann auch im Familiensystem leben ohne Streit, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber es wird uns so vermittelt. „Es ist doch normal, dass Kinder sich auch streiten, das gehört doch dazu“ – so viele von uns kennen diese Aussagen und halten sie für wahr. Ich habe mit meinen Klienten die Erfahrung gemacht, genau wie bei unseren eigenen Symptomen oder denen unserer Kinder, dass wir genau hinschauen dürfen.
Was können wir uns da fragen?
Was ist das Bedürfnis hinter dem Kind, das anfängt zu hauen? Ein Mensch, egal ob Kind oder Erwachsener, der meckert oder Streit sucht, hat für diesen Moment vergessen, dass er großartig ist. Eine weitere von mehreren Möglichkeiten, die man hier prüfen muss kann sein, dass wir als Elternteil gestresst sind und viel zu tun haben, was ja in einer Mehrfachbelastung mit Familie, Job und Haushalt schnell sein kann, und mit unseren Gedanken von einem Punkt unserer To-Do-Liste zum nächsten hetzen.
Feinfühlige Kinder spüren das sofort. Je stärker sie reagieren, desto schneller holen sie uns und unsere Aufmerksamkeit wieder zurück ins Hier und Jetzt. Das sind ein paar mögliche Ansätze, im Einzelfall müssen wir genau hinschauen, was unsere Kinder hier zeigen und was sie in uns dadurch triggern.
Nun war unsere Tochter im Gegensatz zu ihren jüngeren Brüdern aber nie besonders wütend oder streitlustig – kann es dann Ihrer Meinung nach trotzdem an uns Eltern gelegen haben oder bringen die Kinder vielleicht einfach auch einen eigenen Charakter mit und es ist doch nicht einfach alles auf Mutter und Vater zurückzuführen?
Eine sehr gute Frage, die mir immer wieder gestellt wird. Es ist nicht meine Mission, das alles pauschal auf Mutter oder Vater zurückzuführen ist. Jeder Mensch hat seinen eigenen individuellen Charakter. Ab dem Zeitpunkt, wo jemand im System anfängt, immens zu leiden, sollte man handeln. Das kann sein, dass eine Beziehung auf dem Prüfstand steht oder Kinder in Therapien keine oder nur unzureichende Erfolge erzielen. Im Familiensystem werden Dysbalancen aufgezeigt.
Was unsere Kinder uns spiegeln ist nicht erst wegen den Kindern in unserem Leben ein Thema, sondern schon vorher. Beispiel: Geht ein Kind permanent über die Grenze seiner Eltern, dann nicht, weil das ein unerzogenes Kind ist, wie so oft von Außenstehenden unterstellt wird, sondern weil es sich zur Aufgabe gemacht hat, seinen Eltern zu zeigen, wo man bei Ihnen Grenzen überschreiten darf und wo sie selbst auch immer wieder ihre eigenen Grenzen überschreiten.
Hier macht das Kind nur sichtbar, das Thema „Grenzüberschreitung“ gibt es hier in weiteren Fällen schon vorher, z.B.: zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, oder im Freundeskreis oder in der Verwandtschaft. Unsere Kinder stellen sich aber zur Verfügung, uns diese Themen aufzuzeigen. Wichtig zu wissen ist hierbei, nicht jedes Kind spiegelt seinem Elternteil dasselbe.
Wo in einigen Fällen das erstgeborene Kind Eltern spiegelt – es wusste schließlich nicht, dass noch ein Geschwisterkind nachkommt, das dies auch übernehmen kann – ist es manchmal auch genau anders herum. Wenn das erstgeborene Kind in die Schiene des „lieb, nett und angepasst“ tritt, so wie die meisten von uns Eltern das auch gelernt haben, kommen genauso gut die weiteren Kinder zu uns und entscheiden unbewusst, das Ventil zu sein, über das alle Unterdrückung rausgelassen wird.
Einige Kinder spiegeln ihre Eltern 1:1, so war es in unserem Fall, als mein Sohn die Ängste meines Mannes sichtbar gemacht hat. Andere Kinder wiederum lassen als gegenteiligen Spiegel die Unterdrückung im Familiensystem für alle anderen mit heraus und zeigen das mit Händen und Füßen und unkontrollierbaren Wutanfällen.
Was raten Sie Eltern, die sich gerade in einer ausweglos erscheinenden Lage befinden, weil ihr Kind von Außenstehenden als „Problemkind“ wahrgenommen wird?
Ganz wichtig ist hier für diese Eltern, dass sie sich Unterstützung holen und lernen von den Menschen, die bereits erfolgreich das leben, was sie sich wünschen. Das erwähne ich hier ganz ausdrücklich, denn ganz oft bekommen Eltern, die eh schon an sich zweifeln aufgrund ihrer Situation, Ratschläge von Menschen, die selbst nicht wissen, wie sie diese Themen lösen würden.
Niemand im Außen darf über dich oder dein Kind urteilen. Da das aber in unserer Gesellschaft immer wieder passiert, ist es wichtig, dass du das bei ihnen lässt und dich immer wieder erinnerst, wer dein Kind in Wahrheit ist. Ohne seine Wut. Ohne dass es Streit sucht. Ohne das, was andere über dein Kind sagen. Kein Kind ist KEIN „Problemkind“ – bevor es Probleme macht, hat es welche.
Wir haben gelernt, unsere Gedanken und Gefühle von äußeren Ergebnissen abhängig zu machen. Das ist absolut schädlich, hält uns fest im Leid und darf jetzt umgelernt werden. Unsere Realität, die wir im Außen haben, die entsteht in uns.
Es wäre so leicht zu sagen: „Wenn unser Kind nicht als Problemkind bezeichnet würde und sich anders verhalten würde, dann würde es uns gut gehen. Aber für meine mittlerweile über 5.000 Klienten, die sich und ihren Kindern neue erfolgreiche Ergebnisse erschaffen haben, geht der Weg genau anders herum. In uns entstehen neue Glaubensmuster, und zwar egal, was andere sagen, diese lösen in uns andere positive Gefühle aus und wir bekommen von außen genau das zurückgespiegelt.
3 comments
Bzw. wenn ihr Sohn gar kein ADHS hat finde ich das Interview sehr missverständlich formuliert.
Für mich passt die Beschreibung der „Symptome“ des Sohnes nicht unbedingt zum Bereich AD(H)S. Wenn ich an meine Schülerinnen mit der Diagnose denke passt das wenig zu dem was im Text beschrieben wird bzw. der Ansatz würde ihnen nicht unbedingt helfen.
Die Selbstdarstellung der Autorin klingt für mich unangenehm marktschreierisch. Auf der Homepage erschreckend wenig Informationen zur Ausbildung, ihr Programm selbstentwickelt….
Das Coaching-Angebot namens „Symptomfrei“ (gleichlautendzum Bäpperle auf dem beworbenen Buch) kommt schon namentlich einem Heilungsversprechen sehr sehr nahe. Heilungsversprechen sind prinzipiell nicht nur in höchstem Maße unseriös, sondern auch nach Heilpraktikerberufsordnung verboten.
Auch die Begriffe Coaching und Therapie werden munter durcheinander geworfen, die Zielgruppe darf auch gerne undiagnostiziert sein.
Findet Ihr das seriös?