Ihr Lieben, wir haben hier oft Berichte über schwer kranke Kinder. Einer von ihnen war Valentin (HIER der erste Bericht), der die Glasknochenkrankheit hatte. Mit vielen Familien bleiben wir in Kontakt, leider gibt es auch immer wieder traurige Neuigkeiten – wie jetzt von Valentin. Valentin ist mit 8,5 Monaten gestorben, seine Mama Julia erzählt uns hier davon. Wir werden Valentin nicht vergessen und wünschen euch alles Liebe!
Liebe Julia, wir haben im Juni 2022 über euch berichtet. Dein Sohn Valentin hatte die Glasknochenkrankheit. Zwei Monate nach unserem Interview ist Valentin gestorben. Kannst du uns erzählen, ob das ganz plötzlich war oder ob sich das abgezeichnet hat?
Im Nachhinein denken wir immer wieder, ob wir es hätten ahnen können. Darüber haben wir lange mit unseren Ärzten in Schweden und Köln gesprochen und die sagten uns, dass in den letzten Jahren es immer wieder vorkam, dass Kinder wie Valentin mit osteogenesis imperfects Stufe 3 nicht überleben ( Anmerkung: osteogenesis imperfects ist eine erbliche Erkrankung, die die Knochenbildung stört und damit die Knochen extrem brüchig macht).
Wir sind froh, dass uns das vorher niemand gesagt hat, denn so haben wir jeden Tag gelebt und alles gemacht, als hätten wir ein ganzes Leben mit ihm – und nicht nur 8,5 Monate. Wir sind gereist, hatten Freude zusammen und haben einfach unser Leben gelebt. Valentins Tod kam für uns absolut plötzlich und unerwartet.
Wie und wo ist Valentin dann gestorben?
Valentin hatte zwar die Wochen vorher nachts immer mal gespuckt, aber sonst war er gut drauf und das spucken kam oft von Morphium. Wenn wir das Morphium aber absetzten, bekam er sofort Entzugserscheinungen – und das obwohl er nur einen Tropfen bekam.
Am Montagvormittag, den 29.8., war Valentin blass müde und richtig matschig. Ich habe die Physiotherapie an dem Tag abgesagt, weil ich dachte, er bekommt eine Grippe. Ich habe ihn den ganzen Tag auf dem Arm gehabt, er hatte den ganzen Tag keinen Appetit.
Am Abend saßen wir zu dritt auf dem Sofa und unsere Katze legte sich auf Valentins Körper und war ihm nah. Ich fand es in dem Moment nur super süß, dass sie für ihn da sein wollte – im Nachhinein weiß ich, dass Tiere einfach viel mehr als wir Menschen spüren… Abends aß Valentin noch ein ganzes Gläschen und ich dachte, es geht bergauf. Allerdings ist er einfach nicht eingeschlafen.
Gegen 22 Uhr sind wir ins Bett gegangen, ich habe Valentin in allen möglichen Positionen hingelegt, damit er zur Ruhe kommt. Er war die ganze Zeit im Halbschlaf – nicht wach und nicht schlafend. Um kurz nach 0 Uhr – also am 30.8. – hab ich ihn nochmal anders positioniert und ihn dann in mein Bett gelegt.
Da guckte er mich plötzlich ganz wach an und ich bin dann aufgestanden, um ihn nochmal zu wickeln. Ich stand vor unserem Bett, nahm ihn auf den Arm, wir schauten uns in die Augen und ich ging die drei Meter bis zum Wickeltisch . Als ich ihn dort ablegte, war er schon tot. Er starb in meinen Armen.
Ich fing sofort an mit der Reanimation, meine Frau rief den Krankenwagen und die waren innerhalb von drei Minuten da. Die Sanitäter haben eine Stunde lang versucht, ihn wiederzubeleben – aber Valentin kam nicht wieder zurück.
Kannst du uns von der Beerdigung erzählen?
Wir haben keine Beerdigung im „normalen“ Sinne gefeiert. Wir haben Valentin gefeiert und das war uns auch wichtig! Unsere beste Freundin und meine Mutter haben sich um alles gekümmert.
Valentin und ich waren die Wochen vorher ab und zu in einem Mini Club in der Christus Gemeinde Bramfeld. Nach seinem Tod haben uns Freunde von dort sofort unterstützt, eine Freundin kam immer mit Mittagessen vorbei und hat uns einfach zugehört, wenn wir reden wollten.
Mit dem Pastor der Gemeinde konnten wir die Beerdigung besprechen, so dass es wirklich so ist, wie wir es uns wünschen. Es sollte bunt werden, fröhlich und auf keinen Fall wollten wir typisch schwarz angezogene Sargträger haben.
Die Beerdigung fand dann am 12. September statt. Alle waren bunt gekleidet und die kleine Kapelle auf dem Friedhof in Bramfeld war voller Luftballons und Fotos von Valentin. Unsere Freunde, Familie und sogar Arbeitgeber und Kollegen waren bei uns und nahmen Abschied.
Zum Einlass in die Friedhofskapelle spielten wir Valentins Lieblings-Frosch-Lied und zum Ende der Beerdigung sangen wir alle zusammen sein Känguru-Lied, das er so liebte. Valentin wurde von meinen ältesten zwei Freunden/Innen, seinem Onkel und dem Freund der Oma über den Friedhof getragen.
Hinterher haben wir in der Gemeinde ein fröhliches Abschiedsessen veranstaltet – einige Gemeindemitglieder haben sich vorher ganz liebevoll um die Deko und das Essen gekümmert! Wir sind sehr dankbar für die viele Hilfe. Zum Schluss haben wir alle unsere Wünsche an Valentin auf kleine Zettel geschrieben und sie mit den Luftballons in den Himmel steigen lassen.
Wie waren die ersten Tage für dich und deine Frau nach dem Tod von Valentin?
Schrecklich, leer und unvorstellbar. Meine Familie und unsere Freunde wechselten sich nonstop ab, bei uns zu sein, uns zu bekochen, mit zu reden und einfach da zu sein.
Und wie geht es euch heute?
Wir lernen mit Valentins Tod zu leben, aber die Lücke ist und bleibt unheimlich groß. Meine Frau arbeitet seit Januar wieder, ich kehre im Herbst zurück in meinen Job. Ich habe angefangen einen Blog zu schreiben – über unsere Reisen, die wir nun erleben und die Reisen, die wir mit Valentin erleben durften. Ich stehe damit noch ganz am Anfang, freue mich aber über jeden Besucher auf www.Reisenmitvalentinimherzen.de
Wie geht es den beiden großen Geschwistern?
Die beiden Großen gehen gut mit Valentins Tod um. Sie haben ihre ganze Kraft in die Schule gesteckt und beide haben einen tollen Freundeskreis, der sie auffängt. Das ist ein großes Glück.
Wie präsent ist Valentin momentan in eurem Alltag?
Wir denken jeden Tag an ihn. Wir haben Fotos in der Wohnung und ich fahre täglich zum Friedhof und erzähle ihm dort alles, was bei uns passiert und was mich beschäftigt.
Wir sind mit Valentin sehr viel gereist und reisen nun weiter ohne ihn. Jedes Mal, wenn wir reisen, bringen wir ihm eine Kleinigkeit mit. Aus unseren Flitterwochen im Mai haben wir ihm eine kleine Freiheitsstatue mitgebracht, von der Zugspitze ein Steinherz, aus Barcelona einen Salamander. So ist das Grab soll immer bunt und fröhlich- so wie es Valentin war.
Erzähl uns noch was von eurem kleinen Jungen. Was hat er besonders geliebt?
Eis! Valentin musste möglichst viel Kalorien zu sich nehmen, weil er durch seine schwere Atmung so viele Kalorien verbraucht hat. Im Frankreich Urlaub hat er seine Vorliebe für Magnum Eis entdeckt. So kam es, dass Valentin im Sommerurlaub in Frankreich seine Vorliebe für Magnum Eis entdeckt hat. Wenn Mami nicht schnell genug das raschelnde Papier ausgepackt hat, wurde geschimpft!
Valentin war sehr schlau. Im Gespräch mit meinem Therapeuten wurde mir klar, dass er wusste, was mit ihm passiert. Er hat sein ganzes Leben in 8,55 Monate gesteckt. Und wir denken vor allem, dass er sich selbst dazu entschieden hat, zu gehen. Valentin war sich bewusst, welche Schmerzen er erleiden muss, wenn er älter wird. Er konnte bis zu seinem Tod nicht auf den Bauch liegen, den Kopf nicht heben, nicht sitzen. Wir denken, er hat entschieden, dass es nun Zeit ist, zu gehen.
Was habt ihr durch Valentin gelernt?
Wir haben gelernt, dass wir alles als Familie schaffen! Trotz der Krankheit von Valentin haben wir uns nie aufhalten lassen. Man kann alles schaffen, wenn man es nur will. Valentin war in seinem kurzen Leben in so vielen Ländern und wurde von allen so sehr geliebt, weil er einfach so ein glückliches Baby war. Trotz so vieler Schmerzen hatte er immer gute Laune und hat und alle damit angesteckt. Er hat uns beigebracht: Das Leben ist zu kurz, um es auf später zu verschieben! Einfach machen!
10 comments
Vielen Dank für diese Berührende Geschichte. Ich finde den Umgang der Familie mit dem Tod genau richtig. Diese wundervolle Kind war und wird immer Teil ihres Lebens sein und nie vergessen werden. Ich wünsche alles, alles gute.
Liebe Jenny, vielen Dank für dein Kommentar. Wir vermissen Valentin jeden Tag, aber er ist trotzdem immer bei uns!
Aus dem Artikel spricht nicht nur Trauer sondern auch Dankbarkeit und ein Ja zum Leben. Die bunte Beerdigung hat mich besonders berührt.
Toll, dass die Familie in der Kirchengemeinde so aufgefangen wird.
Die Perspektive , einander nach dem Tod wiederzusehen, macht einfach so viel aus.
Viel Kraft und Segen für die ganze Familie!
Hallo Gästin,
vielen Dank für deinen Beitrag zu unserem Artikel.
Wir haben bewusst Valentin gefeiert und keine Beerdigung- das hätte nicht zu ihm gepasst! Irgendwann werden wir ihn wiedersehen…
Herzliche Grüße
Wunderschön geschrieben ist euer Reisetagebuch, mit all den Erinnerungen und Fotos für euren kleinen Schatz Valentin, es berührt einen sehr, alles Gute für dich/euch 🕊💫
Beim Lesen des sehr berührenden Interviews habe ich 3 Mal (!) versehentlich beim Scrollen die blinkende Werbung für einen Freizeitpark geöffnet – sehr störend und zudem pietätlos, da bin ich raus!
Ich kann mich dem nur anschließen. Bei solchen Themen sollten Werbeblöcke außen vor sein oder soll mit dem Schicksal eines Babys Geld verdient werden?
Den Umgang der Familie finde ich bewundernswert. Als Mutter bin ich so dankbar, gesunde Kinder zu haben. das zerbrechliche Gut weiß man oft nicht genügend zu schätzen.
Ich könnte mich da immer ziemlich ärgern bei solchen Sprüchen! Machst du deine Arbeit unentgeltlich?
Ihr Lieben. Bei Artikeln die unter dem Thema Trauer laufen, verzichten wir auf Werbung im Text. Ganz bewusst. Der einzige Banner ist ganz unten und der läuft mir!
Wie stellst du dir denn dann vor, dass Lisa und Katharina ihr Geld verdienen?
Ich hab auf der Seite noch nie aus Versehen was geöffnet und fand den Artikel sehr berührend und schön. Vielen Dank dafür.