Ihr Lieben, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich war eine der größten Überraschungen meiner Mutterschaft, wie VIEL Zeit ich in die Schullaufbahn meiner Kinder stecken muss. Wie viel über LehrerInnen, Unterricht und Hausaufgaben diskutiert wird hier…
Darum bin ich immer sehr froh über Menschen, die sich nicht vom System zermürben lassen, sondern lockerflockig und fröhlich Lösungsansätze präsentieren. So wie Béa Beste, die ihr bestimmt von ihrem Blog Tollabea kennt.
Sie hat damals nicht nur kurzerhand selbst eine Schule gegründet. Nein, sie hat auch immer noch selbst Spaß am Lernen. Und kann das auch vermitteln. Ihr Buch Gemeinsam schlau statt einsam büffeln (Affiliate Link) ist deswegen echt ein Pfund geworden.
Liebe Béa, dein neues Buch heißt „Gemeinsam schlau statt einsam büffeln“. Heißt das, wir Eltern sollten unseren jeden Nachmittag mit unseren Kindern hinsetzen, um sie zu fördern?
Béa Beste: Ganz im Gegenteil! Wir haben ein Buch für Faule entwickelt, die sich genau dieses Szenario sparen wollen. Die Idee ist, rechtzeitig eine spielerische Lernbeziehung mit den Kindern zu entwickeln – durch Spielen und gute Laune, sehr punktuell und eher selten.
Das einzige, was wir wirklich jeden Nachmittag als „Förderprogramm“ empfehlen ist freies Spielen. Die Kinder. Allein. Oder unter sich.
Nun zweifeln viele Eltern ja doch sehr am offenbar veralteten Schulsystem in Deutschland, an unmodernen Lernmethoden. Kannst du das nachvollziehen?
Ooooh ja, ich kann das total nachvollziehen… Und dennoch, es gibt sie überall, die neuen Initiativen, die jungen frischen Lehrkräfte, die neuen Gedanken. Es wird sich viel ändern in den nächsten Jahren. Ich bin da recht optimistisch! Dennoch, ich kenne auch das Problem: Kinder brauchen das Gute JETZT. Nicht erst in Jahren…
So ging es auch dir mal. Du hast dich nie zufriedengegeben – und kurzerhand eine eigene Schule gegründet. Wie kam es dazu und auf welchen Grundpfeilern steht sie?
Ja, meine verrückte Gründertruppe und ich waren damals, also 2006, mit den Phorms Schulen recht am Anfang dieser Bewegung.
Die Schulen sind mit Deutsch und Englisch als Schulsprachen bilingual und multikulturell aufgestellt, mit Fokus auf die individuellen Stärken der Kinder und mit dem Bestreben, eine Schule zu sein, die besonders auf eine gute Stimmung und ein gutes Miteinander setzt. Good-Mood-Schulen!
Und sie setzen auch auf Co-Learning. Ich glaube nach wie vor ist das Stärkste an den Phorms Schulen, dass auch die Lehrkräfte sich als Lernende betrachten – jeden Tag.
Was bräuchten unsere Kinder denn heute, um gut lernen zu können?
Am besten lernen Kinder, wenn sie sich mit ihren Stärken und Interessen gesehen fühlen. Wirklich gesehen, und anerkannt.
Jedes Kind hat etwas, was seine natürliche Neugier erweckt und entfacht. Ein Bereich, in dem es aufgeht und Zeit und Raum vergisst und aus dem es nicht mal mit allem Schokoladeneis der Welt rausgebracht werden kann.
Wenn wir Eltern aber diese Interessen als „bloß Daddeln“ oder ähnlich verschmähen entmutigen wir die kleinen Lerner. Viel besser ist, sich diese Welten näherbringen zu lassen und sie gemeinsam zu entdecken.
In eurem Buch gibt es etliche Anregungen und Ideen zum Lernen im Alltag. Also kein stupides Auswendiglernen, sondern Methodentraining in der Anwendung. Vom Rechnenlernen beim Limonade-Verkauf bis hin zur Selbstherstellung von Drachenschleim. Könnte man das als „nachhaltiges“ Lernen bezeichnen? Weil die Kinder sich Dinge am praktischen Beispiel viel besser merken können? Und weil es sich nicht wie Lernen anfühlt?
Ja, das genau ist für mich nachhaltiges Lernen! Durch Tun, durch Erkunden, durch Mitmachen. Und gleichzeitig geben meine Co-Autorin Steph Jansen und ich den Eltern Tools und Einstellungen an die Hand, um auch zu merken, wie dieses Lernen stattfindet.
Angelehnt an das Konzept von Howard Gardner mit seinen multiplen Intelligenzen haben wir unsere „Schlaus“ entwickelt. Insofern kann jede Mutter und jeder Vater weg von der Frage: „Wie schlau bzw. intelligent ist mein Kind?“ hin zu der Frage: „Wie ist mein Kind schlau bzw. intelligent?“. Ein gutes Gefühl für beide Seiten. Und auch noch Spaß dabei.
Bei meinen eigenen Kindern habe ich das Gefühl, dass sie unglaublich neugierig sind. Dass sie aber abschalten, sobald da im Frontalunterricht irgendetwas vorgetragen wird, dass nichts mit ihrer Lebensrealität zu tun hat. Mir ging es ja damals selbst nicht anders. Hat sich seither wirklich nichts verändert?
Doch bestimmt. Aber nicht überall. Und bitte jetzt auch nicht pauschal jeden Frontalunterricht verteufeln. Es gibt LehrerInnen, die begnadete Unterhalter sind. Deren Frontalunterricht ist ein Genuss. Leider sind sie selten… die anderen… naja… könnten vielleicht dankbar sein, wenn sie Fragen zwischendrin bekommen? Das wäre einen Versuch wert.
Wir haben ein ganzes Kapitel im Spiele-Part des Buches „Wir Fragensteller“, das könnte in diesem Fall recht nützlich sein. Durch smarte Fragen (die sich auf die eigene Lebenswirklichkeit beziehen), kann man prima bei langweiligen Lehrern punkten.
Du bist ja selbst eine Frau, die Kind geblieben ist, du gehst selbst mit einer unglaublichen Neugier durchs Leben. Inwiefern hilft dir das?
Ooooh, das hat mich schon mal aus ganz ungünstigen Lebenssituationen rausgeboxt. Zu allererst als ich in Rumänien meine Eltern mit 12 und 15 Jahren verlor und ich zu meiner Familie nach Deutschland zog, ohne die Sprache zu kennen.
Die deutsche Sprache zu lernen, die deutsche Kultur zu begreifen, das hat meine Hirnzellen wach gemacht und mich vergessen lassen, mir selbst leid zu tun. Bis heute, wann immer ich down bin, lerne ich was. Und schon geht es mir besser!
Übrigens, das Buch gemeinsam mit meine Co-Autorin und dem Duden-Team war ein großartiger Co-Learn-Prozess!
1 comment
Interessanter Artikel. Nachdem ich gelesen habe, wie viel die Schule kostet, war mir auch klar, warum das Konzept so gut funktioniert (oder gibt es an der Schule auch DaZ-Kinder???). Einiges davon kann ich dennoch unterschreiben, anderes ist aber fuer „normale“ Schulen leider einfach nicht möglich.