Geburt im Rettungswagen: „Mein Baby hatte es dann doch etwas eiliger als ich“

Kinderintensivstationen

Foto: pixabay

Liebe Stefanie, du scheinst ja die Ruhe selbst zu sein! Als sich die Geburt deines zweiten Kindes ankündigte, bist du erstmal mit deinen Mädels (bestimmt alkoholfreie?) Cocktails trinken gegangen… erzähl doch mal, wie es dazu kam und wie das war.

Naja, die Ruhe selbst ist wahrscheinlich etwas übertrieben. Ich denke, es war einfach eine Mischung aus „die Situation falsch eingeschätzt“ und dem inneren Wunsch, möglichst spät ins Krankenhaus zu gehen. Wir waren mittags noch chinesisch essen und als gegen 17 Uhr die Schmerzen anfingen, musste ich mich mehrfach übergeben. Ich hab zwar auch kurz an Wehen gedacht, aber dann hab ich es auf das Essen geschoben. Außerdem war ich um 19 Uhr noch zum Cocktail trinken verabredet und wusste ja nicht, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit bekomme, mit meinen Mädels wegzugehen.

Wir haben an dem Tag unseren Dachbodenausbau fertig gestellt und zwischen all den Dingen hab ich mich dann einfach dazu entschlossen, es zu riskieren und loszufahren. Zumindest den Hinweg hat meine Freundin übernommen (mit meinem Auto) und auf einmal hat sie mich gefragt, was ich da mache. Naja, die Antwort war „ich veratme Wehen“ aber auch da hab ich gedacht, ich hätte noch jede Menge Zeit.

Du bist dann irgendwann nach Hause gefahren, weil du merktest, es wird ernst mit der Geburt?

Ja, genau, während des Essens haben mir die Mädels mal einen Wehentimer angemacht – erst da wurde mir bewusst, dass ich schon alle 3-5 Minuten Wehen habe. Wir haben dann noch gescherzt, dass ich ja direkt hier entbinden könnte. 🙂

Um 21 Uhr hat dann meine 3,5jährige Tochter angerufen und gesagt, dass sie es gerne hätte, wenn ich nach Hause komme. Das war ein guter Zeitpunkt zu fahren. Ich hab noch kurz meinen Mann angerufen und ihm Bescheid gesagt, dass es losgeht. Außerdem habe ich die Patentante von unserer Großen informiert. Sie hat während der Geburt die Betreuung übernommen. Im Auto habe ich dann lauthals von Pur „Wenn du da bist“ mitgegrölt.

Du hast dann erstmal noch deine große Tochter ins Bett gebracht. Wie alt war sie da und wie hast du ihr dein Atmen erklärt?

Ja, ich bin zuhause angekommen und mein Mann hatte sie schon informiert. Sie war zu dem Zeitpunkt genau 3,5. Sie kam sofort auf mich zugelaufen und hat mich in den Arm genommen und mir den Bauch geküsst und gesagt „Ich freu mich auf dich kleine Schwester“. Das war für mich ein ganz besonderer Moment.

Dann sind wir nach oben gegangen, ich hab mich mit zu ihr gelegt und sie ist relativ schnell eingeschlafen. Es war ja schon halb 10. Während ich mit ihr im Bett lag, hatte ich zum Glück nur eine heftige Wehe. Ich hab es mir nicht anmerken lassen, musste ihr also auch nichts erklären.

Ihr standet dann irgendwann zu Neunt in eurem Wohnzimmer. Wie kam es denn nun dazu und wer war alles dabei?

Nachdem ich meine Tochter ins Bett gebracht hatte, wollte mein Mann unbedingt sofort los ins Krankenhaus. Meine Wunschklinik war 65 Kilometer entfernt – wir mussten also auch noch etwas fahren. Ich hab ihm erstmal gestanden, dass ich die Kliniktasche noch gar nicht gepackt hatte. Also haben wir angefangen, alles zu packen und bis wir fertig waren, war es 22 Uhr. Anschließend wollte ich noch unbedingt baden. Während ich in der Wanne lag, kam dann auch die Patentante meiner Tochter.

Mittlerweile waren die Wehen auch richtig heftig und nach 40 Minuten kam ich überhaupt nicht mehr alleine aus der Wanne raus. Die Beiden haben mich dann irgendwie rausgeholt und ich musste zugeben, dass 65 Kilometer Autofahrt doch etwas zu viel werden könnten. Also haben wir uns entschieden ins nächstgelegene Krankenhaus zu fahren. Es kam dann aber doch anders. Grade als ich die Haustür geöffnet hatte, ist die Fruchtblase geplatzt und ich hatte sofort Presswehen.

Mein Mann hat sofort einen Rettungswagen gerufen.

Daraufhin sind wir zurück ins Wohnzimmer und ich habe mich an einem Stuhl festgehalten. Das war auch der einzige Moment, an dem ich plötzlich etwas unsicher wurde. Ich habe nach links und rechts geguckt und mir gedacht „Scheiße, jetzt bekommst du hier in deinem Wohnzimmer ein Kind und niemand ist da, der auch nur ansatzweise Ahnung vom Kinderkriegen hat“. Mit ähnlich freundlichen Worten, habe ich dann die Beiden losgeschickt um unsere Nachbarin zu holen. Fünf Minuten später, kam meine Nachbarin zu uns – direkt gefolgt von der Freundin, die mich ins Krankenhaus begleiten wollte. Und nochmal fünf Minuten später war auch das 4-köpfige Team vom Rettungsdienst da.

Der erste Satz von dem Notarzt war auch ein leicht verwundertes „Oh, es ist aber voll hier“.

Dein Kind kam dann an einem relativ ungewöhnlichen Ort zur Welt…

Die Sanitäter haben mir dann noch im Wohnzimmer auf die Trage geholfen und mich mitgenommen. Mein Mann durfte leider nicht mitkommen, da der RTW mit vier Personen schon voll besetzt war. Direkt nach dem Anfahren hab ich losgebrüllt, dass der Kopf kommt. Naja und fünf Minuten später war unsere kleine Anni-Lieselotte geboren. Um 23.30, vor unserer Haustür im RTW. Das war auch für die Sanitäter etwas Besonderes- für einige war es die erste Geburt, die sie jemals begleitet haben.

Hattest du denn vorab nicht auch mal überlegt, einfach zu Hause zu bleiben für die Geburt?

Ja, das habe ich und wäre meine erste Wahl gewesen. Leider bin ich Diabetikerin und habe daher keine Hebamme gefunden, die die Geburt begleitet hätte. Und einfach weil ja ein gewisses Risiko für das Baby besteht, hätte ich mir eine Alleingeburt nicht zugetraut. Aber so hatte ich ja fast eine Hausgeburt und auch unsere Straße war unfreiwillig mit dabei. Noch Tage später wurde ich angesprochen, weil so viele Nachbarn es mitbekommen haben und genau wussten, wann es vorbei war.

Was sagt dein Mann dazu, dass er bei der Geburt nun nicht dabei war? Kam der eigentlich nachher noch mit in den Rettungswagen?

Mein Mann fand das nicht so schlimm. Er war relativ überfordert mit der ganzen Situation und wollte grade nochmal kurz durchatmen, bevor er ebenfalls ins Krankenhaus fahren wollte. Naja, da kam schon der Notarzt rein und hat ihm zur zweiten Vaterschaft gratuliert. Gesehen hat er die Kleine dann aber erst im Krankenhaus, etwa eine Stunde nach der Geburt. Er hat es mit Humor genommen.

Wie ging es nach der Geburt weiter, seid ihr dann mit Baby ins Krankenhaus gefahren?

Ja, einfach aufgrund der Diabetes sind wir ins Krankenhaus gefahren und waren 36 Stunden dort um die Werte von Anni kontrollieren zu lassen. Anschließend habe ich mich selbst entlassen, weil die Große mich so vermisst hat.

Ist dein zweites Kind bis heute so rasant, wie es seine Geburt schon anzukündigen vermochte?

Nein, überhaupt nicht. Sie ist ein total entspanntes, ruhiges Baby. Wir haben unser „Anfängerbaby“ quasi jetzt als zweites Kind bekommen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Nächsten Monat wird sie erstmal ein Jahr alt…

b42a92ef16d9439796b351e8d0e7c78b

Du magst vielleicht auch

2 comments

  1. Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Kind und dass du das so hingekriegt hast! Ich anstelle des Mannes wäre allerdings schon sauer, dass ich aufgrund von „Verplantheit“ den magischen Moment der Geburt verpasst habe…

    1. Wenn es ihm so wichtig gewesen wäre, hätte er ja die Tochter ins Bett bringen können und die Kliniktasche packen können. 🙂
      ..oder im Vorfeld mal fragen können, ob alles fertig ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert