Gastbeitrag von Sandra: Darum habe ich das Sorgerecht für meinen Enkel

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Mein Name ist Sandra, ich werde in diesem Jahr 50 Jahre alt und ich ziehe seit vier Jahren meinen Enkel groß. Wie das kam? Nun ja, meine Tochter war gerade mal 16 Jahre alt, als sie schwanger wurde. Nun muss man wissen, dass meine Tochter nicht ganz gesund ist. Sie hat eine leichte geistige Behinderung und leidet zudem unter Depressionen.

Als ich mitbekam, dass ihr morgens immer übel war, ahnte ich direkt, was die Ursache dafür sein könnte und ging mit ihr zur Frauenärztin. Diese stellte fest, dass meine Tochter schon in der 7. Schwangerschaftswoche war und wir konnten sogar schon das Herz schlagen sehen. Ich konnte es kaum fassen, dass meine Tochter also wirklich schwanger war….

Nach dem Termin haben wir drei Tage überlegt, wie es nun weitergehen soll. Dann entschieden wir gemeinsam – meine Tochter, ihr Freund und ich – dass wir das gemeinsam schon schaffen werden. Ich versprach meiner Tochter, sie so gut wie möglich zu unterstützen und plötzlich stellte sich Freude über dieses Baby ein. Ich begleitete meine Tochter zu jeder ärztlichen Untersuchung und auch, als sie in der 26. Schwangerschaftswoche für 10 Tage ins Krankenhaus musste, wich ich nicht von ihrer Seite. 

Im Juni 2015 brachte meine Tochter als 17-Jährige ihren kleinen Sohn auf die Welt. Als ich meinen Enkel das erste Mal im Arm hielt, war ich die wohl glücklichste Oma der Welt. Der Kleine war perfekt und gesund – was mich sehr dankbar macht, denn auch der Vater des Jungen hat eine geistige Behinderung. 

Nach dem Kaiserschnitt ging es meiner Tochter nicht gut, wir blieben sieben Tage im Krankenhaus, ich war die ganze Zeit an der Seite meiner Tochter. Da ich mit meinen Eltern im gleichen Haus wohne, war das Nachhause-Kommen natürlich dann etwas Wunderbares: der kleine Louis würde also mit seiner Mama, seinen Großeltern und seinen Urgroßeltern aufwachsen – ist das nicht wunderbar?

Schon in der Schwangerschaft war mir klar, dass ich die Hauptverantwortung für den Jungen tragen werde, vom Jugendamt bekam ich auch das Sorgerecht. Meine Tochter ist einfach noch sehr jung und durch die Behinderung eben auch nicht ganz gesund. Viele Bekannte waren daher der Meinung, dass meine Tochter deshalb gar keine Kinder bekommen dürfe, einige Freunde haben sich deshalb sogar von uns abgewandt. 

Für mich ist das alles Unsinn – Louis bringt so viel Glück und Leben in unsere Familie – ein Leben ohne ihn ist nicht mehr vorstellbar. Der Kleine ist einfach ein Sonnenschein und ist für mich ein neuer Lebenssinn. 

Zwei Jahre nach der Geburt hat sich meine Tochter von Louis`Vater getrennt, heute hat sie wieder einen Partner, mit dem zusammen in einer eigenen Wohnung lebt. Louis wohnt nach wie vor bei mir, er sieht seine Mutter am Wochenende oder wenn sie Urlaub hat. 

Oft werde ich gefragt, ob es für Louis nicht komisch ist, dass er bei mir aufwächst und nicht bei seiner Mutter. Ich glaube, für ihn ist das normal, weil er es nicht anders kennt. Ich habe ihn ja von Beginn an großgezogen, mich immer um ihn gekümmert. Seine Mama hat ihn auch lieb, aber sie kann eben nicht so, wie ich es kann. 

Louis wird bald vier Jahre alt, er ist ein fröhliches Kitakind und für mich der beste Enkel der Welt. Sicher, unsere Geschichte ist etwas ungewöhnlich, aber ich finde, das wichtigste ist, dass Kinder geliebt werden. Und das wird Louis von ganzem Herzen. 

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4 comments

  1. Wunderschön
    Das Leben muss niemals so sein, wie es alle machen. Manchmal ist gerade das „andere“ noch viel schöner und dein Enkel darf mit viel Liebe aufwachsen – von dir und auch von seiner jungen Mama. Ich wünsche euch alles Liebe für die Zukunft.

  2. Schön, wenn man eine Familie
    Schön, wenn man eine Familie hat, die so zusammenhält. So sollte es doch sein!
    Ich bin übrigens selbst auch mit 17 schwanger geworden und habe mit 18 meinen Sohn geboren. Mittlerweile wird er selbst schon bald volljährig und ich bin Mitte 30.:-)

  3. Wunderschön
    Hallo
    Louis hat mehr als manch andere Kinder.Eine Großmütter die ihn gross zieht,Urgroßeltern die mit im Haus wohnen und eine Mutter,die wahrscheinlich in der Zeit wenn sie da ist entspannt mit ihm spielt.
    Wer sagt uns denn was das ideale Familienbild ist?Louis wird umsorgt und geliebt
    Früher hätte ich auch gesagt:Das geht nicht,solche Mütter soll es nicht geben
    Jetzt hab ich selber einen Sohn mit geistiger Einschränkung.Er ist noch jung,er kann sich noch weit entwickeln..aber ich kann mir schwer vorstellen wie ich ihn das Kinder kriegen verbieten soll und der Gedanke tut mir auch weh.
    Egal was bei uns kommt,wir Eltern stehen hinter ihm.

  4. Eine außergewöhnliche, aber
    Eine außergewöhnliche, aber sehr schöne Geschichte.
    Die beiden letzten Sätze sind die wichtigsten.
    Ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft.

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