Für die Schule lernen: Wie mache ich das richtig?

Für die Schule lernen

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Ihr Lieben, bei uns in NRW sind die Sommerferien schon wieder vorüber und ein neues Schuljahr hat begonnen. Die anderen Bundesländer folgen jetzt nach und nach und da heißt es nun wieder: Für die Schule lernen. Wie das am besten gelingen kann, das haben wir eine Expertin gefragt. Nach ihrem Buch-Erfolg Mein Lerntagebuch legt Lerncoach, Bildungsaktivistin und Sinnfluencerin Caroline von St. Ange nun ein neues Werk vor, das schon vor dem Erscheinen auf den Bestsellerlisten der Online-Händler stand: Alles ist schwer, bevor es leicht ist. Wie Lernen gelingt.

Liebe Caroline, es ist August, die Sommerferien sind bei uns schon vorbei, das neue Schuljahr ist gestartet, hast du für uns den ultimativen Tipp für mehr Lust aufs für die Schule Lernen nach sechs Wochen Leerlauf?

Wir haben ja die Wahl, wie wir es sehen. Oh nein, schon wieder Schule, das wird so anstrengend. Oder: Wie schön, ein neues Schuljahr beginnt. Bist Du auch schon so gespannt, was Du alles für neue Sachen lernen wirst? 

Ansonsten würde ich empfehlen, die letzten drei Tage der Sommerferien dafür zu nutzen, wieder inhaltlich in der Schule anzukommen. Also nicht nur die Schulsachen ordnen (wer weiß, vielleicht findet sich noch ein altes Pausenbrot, das mittlerweile fast laufen kann darin?), sondern auch die einzelnen Fächer durchzugehen.

Die wichtigsten Regeln in Englisch wiederholen, ein bisschen Kopfrechnen üben, einen Brief an Oma oder einen Ferienrückblick schreiben. Außerdem wieder früher zu Bett gehen und zur Schulzeit aufstehen. Das erleichtert den Einstieg ungemein. Ansonsten wirklich den Blick auf alles Schöne richten, was da kommen wird. 

Wenn es um Mathe geht, bekommen viele SchülerInnen schon Bauchschmerzen allein bei dem Wort: „Ich kaaaaan das nicht“, heißt es dann schnell…

Caroline von St. Ange © Paula Winkler 001

Ich kann das nicht, das gibt es nicht. Man muss nur alles üben. Oder auch: Man kann geübt oder ungeübt sein, aber nicht schlecht. Es gibt Dyskalkulie, aber auch die bedeutet nur, dass ein Kind überdurchschnittlich viel Übungszeit braucht, um einen mathematischen Zusammenhang zu verstehen, keineswegs, dass es „Mathe nicht kann“. 

Deshalb gilt (und bei Mathe im Besonderen): Ich kann alles lernen. Ich brauche nur Zeit, Übung und eine gute Strategie. Bei Mathe ist das Problem meistens, dass eine Lern-/Wissenslücke besteht. Kein Kind kann Bruchrechnung erlernen, wenn es das Einmaleins nicht perfekt beherrscht. Deshalb: immer erst an die Grundlagen ran und nebenher versuchen, am Stoff zu bleiben. Gott sei Dank gibt es ja heute tolle digitale Möglichkeiten, die hier helfen und erklären können. 

Wie durchbrechen wir so ein festgefahrenes Muster?

Wie man das Muster durchbricht? Durch Erfolgserlebnisse. Ein Kind muss erleben: konnte ich nicht, hat mir jemand erklärt, kann ich jetzt. Cool. Und das immer und immer wieder und irgendwann sagt es dann ganz von selbst: Das ist schwer. Das kann ich NOCH nicht. 

Wenn meine Kinder mal wieder alles hinterfragen (sie sind knapp 15, knapp 15 und grad 17) und meinen: „Ey, das brauchen wir doch alles niiie wieder!“, versuche ich ihnen immer mit dem Argument des Gehirnjoggings zu kommen. Indem wir möglichst viele Ecken trainieren, bleibt es fit. Fürs Fußballspiel braucht auch niemand Sit ups oder Liegestütze, trotzdem sind sie Teil des Trainings… kann man das so sagen?

Ja, das finde ich eine sehr schöne Analogie, die ich auch gern verwende! Auf Mathe bezogen ist es natürlich nicht so, dass man später tatsächlich die Höhe von irgendwelchen Türmen mit dem Strahlensatz berechnet oder gar die Wurfhöhe eines Balls mit einer Parabel. Ich sage dann immer: Interessiert Dich nicht. Verstehe ich. Wirst Du später nicht mehr brauchen? Denke ich auch. ABER dazu ist Mathe auch gar nicht da. Mathe ist die meistgesprochene Sprache der Welt.

Mathe ist Logik, Denken. Du lernst zwar unnötige Dinge, aber die Tatsache, dass Du sie lernst, ist ganz wichtig für Dein Gehirn. Dein Denken wird gebildet in Mathe und das ist etwas, dass Du Dein Leben lang brauchen wirst. Deshalb versuch‘ es ganz spielerisch zu sehen: Aha, ich habe drei Sachen und soll diese Sache herausbekommen. Dafür habe ich folgende Hilfsmittel (Formeln) zur Verfügung. Wie komme ich da jetzt hin? Das ist das Denken, das man in allen Lebenslagen braucht. 

Nun gibt es ja verschiedene Lerntypen, wie kriege ich denn raus, was für meine Kinder passt?

Es gibt tatsächlich nicht verschiedene Lerntypen, das ist ein sich gut haltendes Gerücht! 🙂 Im Ernst, es gibt niemanden, der nur visuell oder auditiv Dinge lernen kann. Wir alle lernen am besten, wenn wir über möglichst viele Sinneskanäle lernen und dabei ist der Output wesentlich wichtiger als der Input.

Also nicht nur lesen, sondern besser selbst aufschreiben. Nicht nur hören, sondern besser selbst erklären. Trotzdem gibt es natürlich Neigungen und es lohnt sich herauszufinden, welche das sind. In meinem Buch habe ich ganz viele Lernmethoden geordnet nach „Lerntyp“ aufgelistet und am besten probiert man eine nach der anderen aus und reflektiert danach: konnte ich das dadurch gut behalten? Und so entsteht dann über Zeit an Blumenstrauß an Lernmethoden, die für ein Kind gut funktionieren. 

Was können wir Eltern raten, deren Kinder immer alles aufschieben wollen?

Cover St.Ange Alles ist schwer bevor es leicht ist

Es gibt Aufschieber, die schieben heute und für den Rest ihres Lebens alles auf. Ich gehöre auch dazu und leide manchmal sehr darunter, aber es hat mich nicht davon abgehalten, ein Studium abzuschließen oder wie jetzt diese Bücher zu schreiben. Wenn ein Kind zwar alles aufschiebt und am Abend oder am Frühstückstisch in großen Stress gerät, aber im Endeffekt dann doch noch alles klappt, dann rate ich tatsächlich nichts zu tun. Diese Menschen merken es irgendwann selbst oder eben nicht, das ist dann ihr Lebensthema. Sehr schwer von außen mit anzusehen, aber unter Druck entstehen auch Diamanten. 😉

Es gibt aber auch Kinder, die alles aufschieben und es in letzter Minute NICHT mehr hinkriegen. Hier müssen wir als Eltern unbedingt intervenieren und viele Strategien beibringen, wie man sich große Berge in kleine Häppchen aufteilt. Immer wieder gemeinsam lernen, ToDo-Listen schreiben, priorisieren üben und den 10-Minuten-Trick verwenden: Anfangen und von vornherein sagen, ich mache das nur 10 Minuten. 10 Minuten kann man alles aushalten, auch das Referat mit dem sau langweiligen Thema endlich anzufangen.

In den meisten Fällen ist man nach 10 Minuten so in der Arbeit drin, dass man dann noch eine halbe Stunde weitermacht und ansonsten hört man eben wieder auf, aber hat immerhin 10 Minuten etwas geschafft. Wichtig ist mir, dass man Kinder nicht alleine lässt, sondern ihnen Lernstrategien beibringt. Nichts abnehmen, aber die Methoden, wie man lernt, die würde ich zeigen. 

Was uns ganz viele Leserinnen fragen: Wie viel und wie wenig Einmischung in Schulbelange sind okay?

Das schließt an die Antwort oben an. Ich sage immer: so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Bei einem Kind, das seine Hausaufgaben selbstständig erledigt und in der Schule mitkommt, würde ich mich gar nicht einmischen, auch wenn ich der Meinung bin, dass man das alles noch sehr viel ordentlicher und gewissenhafter machen könnte.

Hier können wir viel Eigenverantwortung durch zu viel Einmischen zerstören. Ziemlich schnell denkt das Kind dann: Ok, wenn Mamapapa sich eh darum kümmern, dann muss ich das ja nicht mehr tun. Auf der anderen Seite halte ich gar nichts davon, ein Kind ins Messer laufen zu lassen. Das Schulsystem krankt an vielen Stellen und die Kinder sind eben jetzt gerade darin. Starke Umbaumaßnahmen in der Pubertät führen auch dazu, dass man mal zwei Jahre einen Durchhänger hat, nicht mitkommt usw.

Da machen Eltern, die dranbleiben, dann den Unterschied. Also eng begleiten, auch wenn sich das Kind vordergründig wehrt, das aushalten und in Verbindung bleiben. Irgendwann später sagen sie ausnahmslos alle: Gott sei Dank hat meine Mutter mich damals jeden Abend Französischvokabeln abgefragt. 

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3 comments

  1. Mit dem Start ins neue Schuljahr und der Rückkehr zum Lernalltag nach den langen Sommerferien ist es wirklich eine Kunst, die Kinder wieder für das Lernen zu begeistern. Gerade die Idee, die letzten Tage der Ferien zu nutzen, um langsam wieder in den Schulrhythmus zu finden, finde ich persönlich etwas zwiespältig. Mir scheint, eine vollständige Pause bis zum letzten Moment könnte den Kindern ermöglichen, mit frischer Energie und ohne Überdruss zu starten.
    Vielleicht ist es ebenso wichtig, diesen Übergang mit einer positiven Einstellung zu begleiten, sodass die Kinder den Wert der Bildung erkennen, auch wenn es um so alltägliche Dinge wie das Organisieren ihres Schulranzens geht, der mehr als nur ein Transportmittel für Bücher ist, sondern ein Begleiter auf ihrem täglichen Abenteuer des Lernens.

  2. Hach, es hört sich in solchen Artikeln immer so einfach an!
    Mich würde interessieren, ob die Autorin selber Kinder hat und wenn ja, wie es bei ihr zu Hause abläuft.
    Bei uns haben beide Kinder keine Lust auf Schule. Mir fehlen ganz konkrete Ideen, die auch in den Alltag passen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Kinder plötzlich „Hurra!“ schreien, nur weil ich ihnen sage, dass sie mit den Schulsachen ihr Gehirn trainieren. 😉

    1. Sie hat ein Baby und ein Kindergartenkind und jahrelange Erfahrung als Lerncoach sowie in der Schule. Falls du bei Insta bist, suche mal nach ihrem Kanal learnlearningwithcaroline. Folge seit einiger Zeit, was nicht die mangelnde Schulmotivation meiner Kinder abgeschafft hat, aber das Arbeiten zuhause und die Einstellung zu einigen schulischen Belangen. Gute Nerven euch!

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