Mein Name ist Nadine und ich möchte meine Geschichte hier erzählen, weil ich weiß, dass dieses Thema immer noch ein Tabuthema ist. Es geht heute darum, warum ich den Kontakt mit meiner Herkunftsfamilie abgebrochen haben. Ich möchte mit meiner Geschichte anderen Betroffenen Mut machen und die Last nehmen, dass sie alleine damit sind.
Zu meiner Mutter hatte ich ein ganz tiefes und inniges Verhältnis, sie war wie meine beste Freundin. Ihr konnte ich alles erzählen, sie war immer für mich da. Dann wurde sie krank. Unheilbar krank. Ich war fast nonstop an ihrer Seite im Krankenhaus und später im Hospiz.
Zu meinem Vater hatte ich schon seit vielen Jahren kein gutes Verhältnis mehr. Er hatte schon immer Affären, was meine Mutter ihm immer wieder verzieh. Ich konnte nie verstehen, warum sie ihn nicht verließ. Ich litt extrem unter den Affären meines Vaters und musste meine Mutter jedes Mal danach aufbauen. Ich war es, die sich zu ihr aufs Sofa legte, wenn sie weinte und sie einfach nur festhielt. Ich war es, die ihr zuhörte, sie tröstete, sie umarmte. Immer und immer wieder.
Als meine Mutter dann sterbenskrank war, änderte sich mein Vater nicht. Im Gegenteil. Er ging weiterhin mit seinen Freunden in die Kneipe, er trank Alkohol, er hatte andere Frauen. Er ließ meine Mutter und mich alleine – nie half er mir, obwohl ich mit der Pflege meiner Mutter und meinen beiden Kindern am Rande meiner Kräfte war.
Und auch meine jüngere Schwester war mir keine Hilfe. Sie hat sich geweigert, im Krankenhaus zu schlafen, mich einfach mal abzulösen – das kann ich einfach nicht verstehen. Stattdessen sprang mein Mann ein.
Wie gesagt, schon die ganze Zeit, als meine Mutter im Krankenhaus war, fühlte ich mich extrem allein gelassen. Der engültige Bruch mit meinem Vater kam dann kurz vor dem Tod meiner Mutter. Ich hatte in der Nacht kaum geschlafen, mich belastete zudem, dass mein Sohn so unter der Situation litt. Er liebte seine Omi so sehr und ich wusste einfach nicht, wie ich ihm beibringen sollte, dass seine Omi bald stirbt. An diesem Morgen überkam es mich und ich knallte meinem Vater all das um die Ohren, was sich angestaut hatte. Nein, es waren keine netten Worte. Ich sagte ihm auch, dass er Mitschuld trage, dass meine Mutter so krank geworden sei. Dass das alles ein Resultat seiner ekelhaften Affären und seines widerlichen Verhaltens sei. Mein Vater sagte dann, es sei der größte Fehler seines Lebens gewesen, uns Kinder in die Welt zu setzen. Das wars dann – der endgültige Bruch war da.
Das ist nun drei Jahre her und seitdem haben wir kein Wort mehr miteinander gesprochen. Im Großen und Ganzen merke ich, dass es mir gut damit geht, dass er nicht mehr in meinem Leben ist. All die Streitereien haben mich so viel Kraft gekostet – das ist jetzt vorbei. Manchmal ist es das Beste, die Menschen aus deinem Leben zu streichen, die einem nur Energie rauben.
Und doch: Manchmal, wenn ich bei Freunden auf Geburtstagen eingeladen bin und dort die Eltern und die ganze Familie sind, dann tut es weh. Dass es bei uns eben keinen Zusammenhalt und keine Liebe gab, nicht mal, als meine Mutter starb. Heute konzentriere ich mich voll auf meine eigene Familie, meinen tollen Mann und meine beiden wunderbaren Söhne.
Meine Mutter vermisse ich jeden Tag, aber besonders zu ihrem Geburtstag und Weihnachten. Weihnachten war ihr Lieblingsfest und wenim Radio Weihnachtslieder laufen, dann weine ich leise vor mich hin wünsche mir, sie würde sehen, wie groß und toll ihre Enkel geworden sind….
3 comments
Es war richtig so, alles Gute für dich und deine lieben
Liebe Nadine, der Bruch mit
Liebe Nadine, der Bruch mit deinem Vater war richtig. Diesen Menschen brauchst du nicht. Ich wünsche dir und deiner Familie für die Zukunft viel Kraft, Gesundheit und Glück!! Herzlich Romy
Sie sieht es.
Nur der Körper stirbt. Die Seele bleibt bei uns. Sie ist noch da.