Dranbleiben! Auch wenn dein Kind grad sehr anstrengend ist

Dranbleiben

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Ihr Lieben, neulich rief mich eine Freundin an, dass ihr Sohn schon wieder angeeckt sei in der Grundschule und fragte, was ich ihr denn raten würde und ich glaub, die Quintessenz meiner Empfehlung war: Dranbleiben. Ihr Sohn kann nicht gut stillhalten, ist mit allem recht rasch fertig und lenkt dann die anderen Kinder ab. Die Lehrerin schrieb, sie solle als Mutter nochmal mit ihm reden. Es war nicht die erste Mail dieser Art, so alle drei bis vier Wochen kommt etwas dergleichen.

Als Eltern haben wir nun die Wahl. Regen wir uns wahnsinnig auf, weil das Kind einfach nicht versteht, dass es sein Verhalten ändern muss, kündigen „Konsequenzen“ an und solidarisieren uns mit der Lehrkraft – oder setzen wir uns behutsam hin, drücken das Kind, bleiben zugewandt, fragen, wie wir ihm helfen können, dass es besser wird („brauchst du vor Schulbeginn einen 8km-Lauf erstmal, um Energie loszuwerden?“) und solidarisieren uns mit dem Kind.

Vielleicht würde dein Kind anders handeln, wenn es könnte

Weil wir vielleicht überzeugt sind, dass es anders handeln würde, wenn es anders handeln könnte. Weil wir überzeugt sind, dass kein Kind ohne Grund einfach immer wieder aneckt. Weil wir überzeugt sind, mit dem, was da ist, Wege zu finden, die überschüssigen Energien in andere Richtungen zu lenken.

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Braucht mein Kind mehr Grenzen oder weniger, wenn jedes Mützeaufsetzen zur Diskussion wird, wenn jede Hausaufgabenerledigung ein Kampf ist? Sollten wir als Eltern dann einfach mal drei Tage in den Erziehungsstreik gehen und das Kind machen lassen – selbst wenn es dann in Socken zur Schule geht und ohne Hausaufgaben? Würde das denn überhaupt passieren oder würde es dann plötzlich selbst in die Verantwortung gehen?  

Oder sollten wir lieber die Grenzen noch fester abstecken, autoritärer werden, nicht nachlassen, sondern deutlich konsequenter werden, weil unser Kind in diesem klar gesteckten Rahmen vielleicht viel sicherer agieren, sich vielleicht sogar anlehnen kann am Regelkorsett?

Unsere Kinder kommen ohne Bedienungsanleitung zur Welt

Unsere Kinder kommen ohne Bedienungsanleitung zur Welt. Unsere Kinder sind alle verschieden. Auch wie wir als Partner/-in erzogen wurden, spielt hier stark mit rein. Und in der Folge heißt das wohl einfach: Wir müssen mit jedem Kind einzeln schauen, was passen könnte, was für alle zu einer annehmbaren Lösung führen könnte.

Ich würde hier viel lieber schreiben: Es geht so oder so und dann wird alles gut. Aber so einfach ist es eben nicht. Es ist so viel komplexer. Und ach, wenn wir doch nur einmal 5 Jahre nach vorn hüpfen könnten, in einen Moment, in dem wir denken: Oh, damals, da dachten wir noch die Welt bricht zusammen, heute, wo ich weiß, dass alles gut wurde, würde ich mir gern ein bisschen Gelassenheit in die Vergangenheit schicken. Niemand hat gesagt, dass das einfach ist! Und dass auch wir nervlich mal mehr oder wenigfer belastbarere Tage haben.

Dranbleiben lohnt sich in fast allen Fällen

Umarmung
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Es gibt kein allgemeingültiges Erfolgsrezept – dafür sind wir alle zu individuell und verschieden. Was ich nach fast 18 Jahren Mutterschaft aber sagen kann, ist: Dass sich Dranbleiben immer lohnt. In der Verbindung und im Kontakt bleiben zum Kind. Es nicht aufzugeben, weiter an es zu glauben, auch wenn´s grad besonders anstrengend ist. Weil in all dem durch äußere Umstände verursachten Alltagskrawall ja immer noch dein Kind aus Gold steckt. Dein Kind, das vielleicht grad nochmal viel Orientierungshilfe braucht, das aber dein Kind bleibt, egal was ist.

P.S. Das Dranbleiben gilt übrigens für alle Lebenslagen, fällt mir da grad ein. Als ich neulich die Doku über die Aussteiger aus der AfD sah, da erzählte ein Ex-Mitglied, dass es wichtig sei, den Kindern als Eltern nicht die Tür zu verschließen, wenn sie sich auf politische Abwege begeben. Die Strukturen in der Partei seien sektenartig, so dass nach einem Austritt auch der Freundeskreis, ja, fast ein Familienersatz wegbreche. Wenn man dann wisse, dass sich alle von einem abgewandt hätten, dann würde man vielleicht trotz Ausstiegsgedanken drin bleiben. Auch hier gilt also: Möglichst Türen offen halten. So schwer das auch manchmal fallen mag.

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9 comments

  1. Ich bin Lehrerin, und diese Sichtweise: da muss sich die Lehrerin was überlegen, dafür ist sie doch ausgebildet, ist Ausdruck unserer super-individualistischen Gesellschaft. Die meisten Mütter (ich sag extra nicht Eltern, weil ich den Eindruck hab, dass eher Mütter so sind) sehen vor allem ihr Kind und dessen (vermeintlichen) Bedürfnisse und viel weniger die Tatsache, dass in einer Klasse (im besseren Fall) 25 Kinder sitzen. Es mag schon möglich sein, auch mal Extra-Aufgaben für ein Kind rauszugeben und es besonders zu betreuen, oder ihm eine Aufgabe zu geben, das wird aber sicher nicht immer der Fall sein. Kommt natürlich immer drauf an, wie alt das Kind ist und wie der Unterricht abläuft (vielleicht besteht er ja sowieso aus dem Abarbeiten von Arbeitsheften und dann macht das Kind halt eine Seite mehr), aber das ist nicht immer so leicht möglich. Und natürlich muss sich ein Kind dann auch mal ruhig verhalten und ein bisschen abwarten können, auch wenn es sich mal einen Moment langweilt. Das gehört doch auch zum Lernprozess dazu.
    Aber so ist die Tendenz: Kinder müssen immer „bespaßt“ werden, und wenn da 25 Individualisten sitzen, von denen 2 aufs Klo wollen, 3 sich langweilen, 5 ne Extra-Erklärung brauchen und 2 kein Deutsch können, dann muss die Lehrerin das eben hinkriegen, dafür ist sie ja ausgebildet. Natürlich kann es helfen, wenn die Eltern mal mit ihrem Kind reden und ihm das bewusst machen, sie haben doch viel mehr Zeit und Möglichkeit, auf ihr Kind einzuwirken!
    Wenn ich mir in einer 45 min-Stunde auch nur 30 Sekunden Exklusivzeit für ein einzelnes Kind nehme, fehlen 12 Minuten Unterricht für alle, mehr als ein Viertel der Stunde, einfache Rechnung. Aber das ist das Verrückte an der Schulpolitik und dem Lehrermangel zur Zeit: obwohl auf jedes Kind immer individueller eingegangen werden soll, x Kinder Förderpläne und Beratungen brauchen, werden die Klassen immer größer und die Lehrer immer schlechter ausgebildet. Quadratur des Kreises.
    Was mich an dem Artikel ein bisschen gestört hat (auch wenn das von Lisa sicher nicht böse gemeint ist, das ist nicht ihre Art), ist die Formulierung „sich mit dem Kind solidarisieren“. Klar sollten Eltern immer auf der Seite ihres Kindes stehen, das versteht sich ja von selbst. Aber solidarisieren tut man sich ja immer gegen etwas. Also gegen die Lehrerin? Gegen die Schule? Kooperieren wäre besser.

    1. Ich als Mutter von 4 Kindern sehe das wie du.
      Die Kinder sind gar nicht in der Lage ihre Bedürfnisse zum gunsten der Gemeinschaft hinten anzustellen. Kinder benötigen Grenzen um zu explorieren. Und Kinder brauchen Eltern die ihnen liebevoll die Regeln des Lebens erklären:Respekt,Toleranz und Rücksichtnahme gehört dazu. Ich würde mir wünschen,wenn die Eltern ihren Kindern wieder mehr Respekt gegenüber den Lehrkräften und Erziehern vermitteln.Das geht nur durch Vorleben. Danke an alle Lehrer:)

  2. wieso liegt hier denn das Problem beim Kind?….frage ich mich.
    Sollte nicht die Lehrkraft sich auf individuelle Bedürfnisse einstellen können und evtl. Zusatzaufgaben zur Hand haben? Oder das Kind andere Schüler unterstützen lassen und dadurch vom „Stören“ abhalten und gleichzeitig ihm eine sinnvolle Tätigkeit geben, wodurch auch sein Selbstwert gestärkt würde?
    Zumindest probieren und das Kind dabei anleiten sollte man.
    Stichwort „Binnendifferenzierung“

    Schade fürs Kind, so eine Sichtweise der Dinge für mein Gefühl. Ich bin nicht dabei, weiß daher nicht um die genauen Umstände. Aber es klingt recht negativ.

  3. Schöner Artikel!
    Zum Kind deiner Freundin: das Kind ist rasch fertig und lenkt dann die anderen Kinder ab – ich sehe das Problem hier nicht beim Kind und schon gar nicht bei der Mutter. Es ist doch die Aufgabe der Lehrerin, die Kinder zu fordern, zu fördern, ihnen etwas beizubringen oder sie wenigstens (!) zu beschäftigen. Ist doch toll, wenn das Kind gut klar kommt und rasch fertig ist! Dann muss die Lehrerin ihr/ihm dann neue Aufgaben geben! Schule ist doch nicht dazu da, um stillzusitzen. Der Zweck von Schule ist doch nicht, die anderen Kinder nicht zu stören. Lehrer werden dafür ausgebildet, ganz unterschiedliche Kinder zu beschulen. Natürlich sind nicht alle gleichzeitig fertig. Da müsste die Lehrerin aber was in der Hinterhand haben. Das das Kind dann „stört“ bzw. versucht, sich eine Beschäftigung zu suchen, ist doch ganz natürlich.
    Das „Problem“ an die Mutter weiterzuleiten empfinde ich hier sehr befremdlich. Die Mutter sitzt nicht mit im Klassenzimmer, die Lehrerin schon.

    1. Doch: Schule ist auch zum „Stillsitzen lernen“ und „Langeweile auch mal aushalten können“ da. Das sind auch Fähigkeiten, die ein Kind lernen muss und kann. Vielleicht wird auch mal an die stillen und ruhigen Kinder gedacht, die in der Aufmerksamkeit der Lehrer:innen ganz oft hintenüber fallen, weil sie ja einfach so mitlaufen. Ich habe drei Kinder von der Sorte im Alter von 9 bis 17 Jahren, und mich regt es auf, dass ständig noch mehr und individuell auf die Störenfriede in der Klasse eingegangen werden soll anstatt das Elternhaus mit in seine Erziehungspflicht zu nehmen.

  4. … und mit der Lehrerin das Gespräch suchen, was denn der Sohn anstatt von Quatsch / mit anderen Kindern reden machen kann wenn er fertig ist. Da sollte sie ein Konzept für haben und wenn nicht, eins entwerfen…

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