Ihr Lieben, ihr habt euch doch sicherlich auch schon über astronomische Großstadtpreise oder hundertmeterlange Schlangen vor Mietwohnungen in beliebten Vierteln gewundert bzw. geärgert, oder? „Es ist der absolute Wohnsinn“, befand auch Wiebke Busch, als sie sich mit ihrer Familie in Hamburg auf Wohnungssuche begab. darüber müsste man echt mal schreiben, dachte sie. Und tat es! Heraus kam dieser irre komische Roman: Familie ist, wenn man trotzdem lacht.
Darin geht es um eine Familie, die das zweite Kind erwartet und umziehen will. Die Hamburger Mieten sind aber unbezahlbar. Was sollen sie also tun? Ihre Seele verkaufen? Oder den Erstgeborenen? Nach zahllosen Besichtigungen und Maklern aus der Hölle kommt die Lösung so unerwartet wie simpel daher: Eine Mehrgenerationen-WG! Ob und wie das klappt? Das lest ihr gern selbst im Buch, erstmal wollten wir von den Autorin aber wissen, was sie selbst so auf dem Wohnungsmarkt erlebt hat…
Liebe Wiebke, du schreibst über den Mietenwahnsinn in Großstädten – hast du damit selbst Erfahrungen machen müssen?
Ja!!!! Meine eigene Suche hat mich erst auf die Idee gebracht. Das muss doch mal jemand aufschreiben, habe ich mir gedacht. Echter Wohnsinn!
Welche war denn die absurdeste Erfahrung, die du machen musstet?
Die Grundstimmung auf dem Immobilienmarkt war es, die mich einfach sehr genervt hat. Das knappe Angebot sorgt dafür, dass mit sehr wenig Können und Einsatz sehr viel Geld gemacht werden kann. Man steht als Bittsteller da, obwohl man derjenige ist, der zahlt. Und es wird eher schlimmer als besser. Die Preise steigen weiterhin und es ist kein Ende in Sicht.
Lässt sich das anders als mit Sarkasmus und Humor ertragen? Ich meine, bei manchen führt der dichte Wohnungsmarkt ja wirklich zu einer Not…
Sicherlich war es bei uns Jammern auf recht hohem Niveau. Wir saßen nicht auf der Straße oder hatten keinen fiesen Vermieter im Nacken, der mit der Kündigung wedelte. Die Wohnung war toll. Aber einfach zu klein auf Dauer. Und während wir uns so entspannt nach etwas Größerem umsahen, wurde die Situation immer krasser. Manchmal war ich schon sehr niedergeschlagen. Vor allem, wenn wir eine Wohnung, die wir wirklich gerne haben wollten, nicht bekamen. Da mag man sich gar nicht ausmalen, wie sich so eine Situation in einer echten Notlage anfühlt.
Haben Familien mit Kindern es nochmal doppelt schwer auf dem Wohnungsmarkt?
Definitiv ja. Weil zwar viel gebaut wird, aber nicht für Familien. Das beschreibe ich auch im Roman. Es werden Neubaukomplexe mit riesigen Wohnungen geplant, die dann aber so loftartig nur ein- oder zwei Räume haben. Für jedes Kind ein eigenes Zimmer oder Rückzugsmöglichkeiten? Fehlanzeige.
Nun liest sich das in deinem Roman sehr amüsant und humorvoll – in Wahrheit treibt es aber die Leute schon in den Wahnsinn, oder? Hast du da Beispiele aus deinem eigenen Umfeld? Oder bereits Reaktionen von LeserInnen, die dir vor ihren verrückten Erfahrungen erzählen?
Es sind einige, die aufgegeben haben und ins Umland ausgewichen sind. Da gibt es ja zwei Sorten: die einen, die einfach raus aus der Stadt wollen, wenn sie Kinder bekommen. Weil es ruhiger und sauberer ist. Und dann die, die keine andere Möglichkeit haben. Weil die Stadt ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigt oder sie es einfach nicht einsehen, einen so großen Teil ihres Einkommens für Miete oder Kredite auszugeben.
Meine LeserInnen bewegt das Thema offenbar auch sehr. Sie berichten vor allem Kurioses, von komplett schwarz gestrichenen Räumen, kauzigen Mitmietern und seltsamen Regeln, die von den Vermietern aufgestellt wurde. Darüber könnte man ein weiteres Buch schreiben.
„Das ist doch keine artgerechte Haltung“, heißt es in deinem Roman. Was genau ist damit gemeint?
Der Makler vergleicht damit die Wohnsituation der Familie mit den beengten Verhältnissen in der Massentierhaltung. Das ist als Witz gemeint, spiegelt aber auch die Arroganz vieler Makler wieder. Die ohne mit der Wimper zu zucken ihre überteuerten Immobilien anpreisen und einem das Gefühl vermitteln, ein Totalversager zu sein, weil man sich schwer damit tut, derartige Summen aufzubringen.
Du schreibst auch von „Maklern aus der Hölle“, erzähl doch mal von ihnen.
Im Roman kommen illegale Methoden ins Spiel. Das habe ich selbst so nicht erlebt. Zum Glück! Aber viel Schönrederei und Verschweigen. Stichwort „Flüsterschienen“. Das Schlafzimmer grenzt an eine Bahnlinie? Kein Problem! Die Fenster sind doppelt verglast und es werden demnächst Flüsterschienen verlegt. Abgesehen davon, dass das auch nicht viel nützt, wenn alle zehn Minuten eine S-Bahn am Kopfkissen vorbeirumpelt, ist in dieser vermeintlich positiven Aussage auch die Ankündigung umfangreicher Bauarbeiten verborgen. Einmal habe ich eine Wohnung besichtigt, in der mir die tolle Aussicht angepriesen wurde. Als ich die Großbaustelle gleich nebenan sah und fragte, wie hoch denn da gebaut werde, konnte man mir das nicht sagen. Ich hab dann selber gegoogelt und herausgefunden, dass der tolle Ausblick in wenigen Wochen dem Blick auf eine nicht so tolle Hauswand weichen würde.
In deinem Buch entscheidet sich die Protagonisten-Familie für eine Mehrgenerationen-WG – wird es darin so idyllisch, wie man sich das so vorstellt oder gibt es da auch Probleme oder gar Geheimnisse?
Das möchte ich nicht verraten. Nur so viel: alle Beteiligten haben ihre ganz eigenen Motive, dieses Experiment zu wagen. Diese gilt es natürlich, zu vereinen.
Wieso war es dir ein so großes Bedürfnis über die skurrilen Wohnungssuche-Erfahrungen einen Roman zu schreiben?
Nicht nur auf den Spielplätzen und Partys gab es unter Familien kein anderes Thema als die Wohnungssuche, auch haben wir fast täglich in den Zeitungen und Nachrichten gesehen, dass wir mit dem Problem nicht alleine dastehen. Ich wollte es eine schöne Geschichte verpacken, in der sich viele Wiedererkennen und die Hoffnung macht.
Wie wohnst du denn selbst heut? Und ist es das, was du dir wünschst oder träumst du im Grunde noch immer von etwas Anderem?
Wir haben nach Jahren ein sehr schönes Zuhause gefunden, in dem wir uns wohl fühlen und alles stimmt: der Stadtteil, das Platzangebot und die besten Nachbarn der Welt. Der Jagdinstinkt lebt aber weiter in mir. Lässt sich wohl nicht abstellen nach einer so langen Zeit der Suche. Ich habe immer noch die üblichen Newsletter abonniert und bekomme Herzklopfen, wenn etwas Aussichtsreiches dabei ist. Meistens bestätigt das Angebot aber nur, dass wir es sehr gut getroffen haben.
2 comments
Als Alleinerziehende habe ich furchtbare Erfahrungen gemacht und finde bis heute keine bezahlbare Wohnung.
Danke für den Artikel, in dem sich sicherlich viele wiederfinden! Leider ist auch zur Zeit das Randgebiet nicht mehr bezahlbar.wir wohnen zur Miete auf einem Dorf Nahe einer Kleinstadt in OWL und selbst hier sind Eigentum/Miete von einer Immobilie für 5 Personen nicht bezahlbar.es ist unglaublich!
LG Julia