Viele Jahre unterstützte Julia ihn, doch irgendwann brachte ihr depressiver Ehemann sie selbst an den Rand ihrer Kräfte. Ihr wurde klar, dass sie so nicht weiter leben kann und will – auch wegen der zwei gemeinsamen Kinder. Doch wie trennt man sich von einem Menschen, der eigentlich Unterstützung braucht? Wie schafft man es, deshalb nicht im schlechten Gewissen zu ertrinken? Genau darüber haben wir mit Julia gesprochen und sind sehr bewegt von ihrer Geschichte. Danke für deine Offenheit, Liebe Julia. Du hast wirklich nur das Beste für die Zukunft verdient!
Liebe Julia, im Jahr 2019 hast du dich von deinem Mann getrennt, der unter schweren Depressionen litt. Wann hat diese Krankheit begonnen und wann hast du damals das erste Mal gemerkt, dass etwas wirklich gar nicht stimmt?
Rückblickend hatte er seinen ersten depressiven Schub schon im Jahr 2015, der mehrere Monate andauerte. Doch dieser wurde damals nicht diagnostiziert und wir brachten die Erschöpfung und die Stimmungsschwankungen nicht in Verbindung mit einer Depression. Zu dieser Zeit hatten wir eine Tochter, die ein echtes Anfängerkind war, und ich konnte ihn gut auffangen und unsere Tochter gut begleiten.
Gleichzeitig schlichen sich schon damals Muster in unsere Beziehung ein, die mit dem zweiten depressiven Schub zum Problem wurden. Ich übernahm viele Aufgaben im Haushalt und kümmerte mich überwiegend alleine um unsere Tochter. Natürlich war er präsent und ein großer Teil ihres Lebens. Dennoch schien er oft überfordert, brauchte viel Freiraum und Ruhe. Mit einem Kind war das gut zu meistern und wir schienen unsere Rollen in unserer kleinen Familie gefunden zu haben. Wir wollten beide ein zweites Kind und freuten uns sehr, als ich dann schwanger wurde.
Mit der Geburt veränderte sich alles nochmal, richtig?
Ja, die nachhaltigste und größte Verschlechterung fand mit der Geburt unserer zweiten Tochter 2017 statt. Sie war im Vergleich zu ihrer Schwester sehr fordernd, schlief schlecht ein und im ersten Lebensjahr nur höchstens 90 Minuten am Stück. Stillen klappte zwar gut, gleichzeitig brauchte sie sehr lange für ihre Mahlzeiten. Sie war von Anfang an auch sehr Infekt-anfällig.
Kurzum: Ich war gut beschäftigt mit Baby und Kleinkind. Der monatelange Schlafentzug setzte mir sehr zu und ich wünschte mir mehr Unterstützung von meinem Mann. Als er merkte, dass ich das nicht mehr alleine schaffe und er mehr Einsatz bringen musste, begann die Verschlechterung. Er wollte mich unterstützen, er wollte auf der Arbeit alles geben und gleichzeitig stieg sein Bedürfnis nach Ruhe und Freiraum.
Wie schwer waren die Depressionen bei ihm ausgeprägt? Wie hat das euren Alltag bestimmt?
Die Depression hatte viele Gesichter und wurde im Laufe der Zeit immer schlimmer. Zu Beginn war da eine große Müdigkeit, die wir erst der neuen Familienkonstellation zuschrieben. Die Müdigkeit blieb und gleichzeitig kamen Schlaflosigkeit und generelle Unruhe hinzu. Er wurde immer gereizter und litt unter starken Stimmungsschwankungen.
Nach einigen Monaten fiel mir auf, dass er sich mehr und mehr in seinen Sport flüchtete. Der Sport bestimmte irgendwann unser gesamtes Leben. Alles war danach ausgerichtet, ein Familienleben nicht mehr möglich. Konnte er seinen Sport nicht ausüben, war er aggressiv und in seinen Launen unberechenbar.
Der viele Sport führte zu noch größerer Müdigkeit, ein endloser Teufelskreis. Als er sich aufgrund der starken Überbelastung verletzte und Sport nicht mehr möglich war, glitt er in eine Phase ab, die viele vor Augen haben, wenn sie an Depressionen denken: Absolute Antriebslosigkeit, begleitet von Unruhe und Schlaflosigkeit, keinerlei Lebensfreude, keine Hoffnung, kleinste Aufgaben im Alltag waren unmöglich zu erledigen. Parallel fand aber auch eine noch schwieriger zu begleitende Verzerrung seiner Wahrnehmung statt.
Er war in Therapie und bemüht, Wege zur Entlastung und zur Erholung zu erarbeiten und die Gründe, die zur Depression führten, zu erforschen. Gleichzeitig suchte er die Verantwortung für seinen Gemütszustand im Außen. Alle machten ihm das Leben schwer – der Chef, die Kollegen, die Eltern und zuletzt auch die Kinder und ich.
Somit gab er im Laufe der Zeit die Verantwortung für seine Genesung ab. Er könnte nicht gesund werden, da ihn niemand so unterstützen würde, wie er es bräuchte. Im Verlauf seiner Krankheit wurde ich in seiner Wahrnehmung mehr und mehr zur Hauptschuldigen für seinen Zustand. Ich war es, die ihn daran hinderte, gesund zu werden.
Ich begleitete ihn oft nach Absprache zu seinen Therapiestunden. Mit der Therapeutin ausgearbeitete Möglichkeiten ihn zu entlasten hielt er nicht durch. Auch daran war schlussendlich ich schuld, denn tief in meinem Inneren wollte ich nicht, dass er gesund werden würde.
Unser gesamter Alltag wurde von seiner Depression bestimmt. Alles war danach ausgerichtet, ihn so gut es geht zu entlasten. Ich wünschte mir so sehr, dass er wieder gesund werden würde, da ich viel mehr für seine Genesung tat, als er selbst bereit war zu tun.
Ausflüge ins Schwimmbad, in den Tierpark, auf Spielplätze machte ich meist alleine und wenn er doch mitkam, war er extrem genervt und gereizt. Den Alltag bewältigte ich so gut wie alleine. Die Familie war kein Ort, wo er Kraft tanken konnte oder sich wohlfühlte. Sie war die größte Belastung für ihn. Diese Erkenntnis war schrecklich und machte mich sehr traurig.
Wie sind die Kinder mit dieser Situation umgegangen? Sie haben ja sicher gemerkt, dass es Papa nicht gut geht!
Mit unserer großen Tochter habe ich das Thema Depression kindgerecht besprochen. Sie hat natürlich gemerkt, dass der Papa viel schläft, viel motzt und genervt ist. So habe ich mit ihr Bücher zu dem Thema gelesen und versucht, ihr so gut es geht eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen.
Unsere jüngere Tochter war ja noch sehr klein und hat, soweit ich das beurteilen kann, kaum etwas mitbekommen.
Ein depressiver Ehemann zu Hause, das war kein Zustand mehr. Wann hast du beschlossen, dass du deinen Mann verlassen musst?
Sein Zustand verschlechterte sich im Frühjahr 2019 rapide, dass irgendwann klar war, dass ein stationärer Aufenthalt in einer Fachklinik notwendig war. Zu diesem Zeitpunkt war ich selbst in einem sehr schlechten körperlichen Zustand. Die permanente Belastung äußerte sich bei mir mit Schlafstörungen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
Im Juli 2019 hatten wir dann endlich einen Platz in einer Fachklinik gefunden. Er nahm den Platz an, ich fuhr ihn hin und schon auf dem Nachhauseweg fühlte ich mich unendlich erleichtert. Ich trug keine Verantwortung mehr für ihn und musste mir keine Vorwürfe mehr anhören. Nachdem er drei Tage weg war, hatte ich keinen Durchfall mehr. Weitere zwei Wochen später schlief ich die erste Nacht wieder durch.
Da wusste ich: In dieses Leben vor dem Klinikaufenthalt kann ich nicht zurück, wenn ich selbst gesund bleiben möchte. Ein Schalter legte sich um. Ich war nicht mehr bereit, mich und mein Leben komplett seiner Erkrankung unterzuordnen. Gleichzeitig hoffte ich auf den Erfolg der stationären Therapie, der aber leider ausblieb.
Wie war die Situation, als er nach Hause kam?
Er kam völlig verändert zurück. Noch mehr auf sich fokussiert, er hatte alle Freiheiten, er war schließlich krank. Seine Energie floss in seine Arbeit und in seinen Sport. Zu Hause klappte nach wie vor nichts und es war auch nicht zu erkennen, dass er das ändern wollen würde.
Er machte mir klare Vorschriften wie unser Familienleben auszusehen hatte. Beispielsweise durfte ich unsere jüngste Tochter nicht ohne seine Zustimmung vom Kindergarten abholen, er bräuchte Ruhe, wenn er von der Arbeit käme. Spielbesuche von Freunden der großen Tochter wurden eingeschränkt. Die Familie war weiterhin ein großer Störfaktor in seinem Leben, die ihm alle Energie raubte.
Ich machte das noch zwei Monate mit, wir führten viele Gespräche in dieser Zeit. Körperlich ging es mir wieder sehr schlecht und gleichzeitig wurde ich wütend auf ihn. Diese Wut mobilisierte meinen Selbstschutz. Ich konnte das alles nicht mehr ertragen und war auch nicht mehr bereit, das zu tun.
Wie ging es dann weiter?
Ich machte den Vorschlag, dass er sich eine Wohnung suchen solle, in der er sich zurückziehen könnte, wenn er sich schlecht fühlte. Ich würde mit den Kindern im Haus bleiben, die Tür würde immer offen stehen, die Kinder könnte er immer sehen und meine Hoffnung war, dass wir so zur Ruhe kommen würden. Dies lehnte er ab. Entweder nahm ich ihn so an wie er war oder eben nicht. Somit beendeten wir beide die Beziehung.
Ich könnte mir vorstellen, dass bei so einer Trennung auch jede Menge schlechtes Gewissen im Spiel ist. War das bei dir auch so?
Selbstverständlich. Ich war und bin meine größte Kritikerin. Ich verurteilte mich dafür, dass ich meinen kranken Mann verließ und meine Gesundheit über seine stellte. Noch heute habe ich damit zu kämpfen und nur langsam kann ich Frieden mit mir selbst schließen.
Von außen habe ich nur Unterstützung erfahren. Meine Familie und meine engsten Freunde wussten ja sowieso über unsere Situation Bescheid und wie verfahren und aussichtslos alles war. Alle hatten Verständnis für meine Entscheidung, unterstützen mich und waren immer da, wenn ich jemanden zum Reden oder Ausheulen brauchte.
Wie hat dein Mann die Trennung anfangs aufgenommen?
Die ersten beiden Tage nach dem Gespräch waren ok. Sogar richtig gut. Wir wussten nun beide, wie es weitergehen würde. Und wieder begann ich zu hoffen, dass wir das schaffen. Dann wurde es schlimm. Er wusste natürlich, wie sehr ich mich dafür verurteilte, nicht mehr weiter zu können.
Und leider nutze er dieses Wissen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, um mich fertig zu machen. Er legte direkt den Ehering ab und meldete sich auf Dating-Apps an. Erzählte mir, dass er sich mit Frauen trifft. Gleichzeitig unterstellte er mir, die Trennung von langer Hand geplant zu haben, um das alleinige Sorgerecht für die Kinder zu bekommen. Parallel dazu kamen natürlich unendlich viele Nachrichten, dass ich ein schlechter Mensch sei, ich hätte ihn erst krank gemacht und dann verlassen. Ich könne es nicht ertragen, dass es mal nicht um mich gehen würde usw.
Trotz dieser Anschuldigungen – warst du auch erleichtert?
Ich war so unendlich erleichtert, dass ich das alles nicht mehr jeden Tag aushalten musste. Die Stimmungsschwankungen, die Vorwürfe an allem schuld zu sein, zu sehen, dass er Energie für Arbeit und Sport hatte – aber nicht für uns.
Es gab nur noch die Kinder und mich. Meine Tage wurden wieder berechenbar. Da ich ja eh schon so viel allein bewältigt hatte, fiel es mir nicht schwer, den Alltag zu gestalten. Es lief tatsächlich einfacher. Gleichzeitig war da natürlich die Belastung durch die vielen Selbstvorwürfe und durch das Verhalten meines Mannes.
Dein Mann hat dann allerdings versucht, sich das Leben zu nehmen. Kannst du davon erzählen?
Es war an einem Samstag vor Weihnachten. Er hatte die Kinder tagsüber betreut und mir dann am Nachmittag nach Hause gebracht. Es ging ihm schlecht, wir standen in der Küche und redeten. Obwohl er auf der einen Seite so widerlich zu mir war, so sehr brauchte er mich doch. Ich wollte aber nicht mehr. Ich wollte nicht mehr sein Fußabtreter sein und dann so tun, als würde mir das alles nichts ausmachen.
An diesem Tag konnte er nicht verstehen, warum ich so kalt zu ihm war, es würde ihm schlecht gehen und er würde uns so vermissen. Ich antwortete ihm, dass ihm wohl nicht klar sei, was er mir mit seinem Verhalten antut und dass er mit den Konsequenzen seines Verhaltens auch leben muss.
Daraufhin verlor er völlig die Fassung, schleuderte mir entgegen, dass ich an allem schuld sei und dass ich ihn jetzt zum letzten Mal gesehen hätte. Er raste mit seinem Auto vom Hof. Die Kinder haben nichts davon mitbekommen.
Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass er sich jetzt umbringen würde. Ich rief meine Mutter an, schilderte knapp die Situation und bat sie, schnell zu mir zu kommen, ich müsste ihn suchen und aufhalten. Meine Mutter kam und blieb bei den Kindern. Meine Patentante kam ebenfalls und fuhr mit mir los. In unserer Nähe gibt es ein Waldstück, mit einer Möglichkeit, sich aus großer Höhe in die Tiefe zu stürzen. Ich wusste, er würde da hinfahren und so war es auch. Wir sahen sein Auto auf einem Parkplatz.
Ich wählte direkt die 110 und innerhalb von 10 Minuten trafen vier Polizeiautos mit Beamten ein, die ihn zu suchen begannen. Sie fanden ihn und das Schlimmste konnte verhindert werden… Er wurde dann vor Ort betreut und ich fuhr nach Hause zu den Kindern.
Diese Extremsituation hat sicher Spuren bei dir hinterlassen…
Erst zwei Jahre später arbeitete ich dieses Erlebnis in einer Therapie auf. Das Warten auf dem Parkplatz auf die Polizei, die Angst, dass sie nicht rechtzeitig eintreffen und die Schuld, die ich mir an diesem Selbstmordversuch gab, traumatisierten mich. Ich habe bis heute keine zusammenhängende Erinnerung, was später am Abend geschah. Auch kann ich mich an die Tage danach kaum erinnern. Ich habe funktioniert – so viel ist klar. Die Kinder waren versorgt. Mein Mann und ich haben bis heute nie darüber gesprochen. Nur einmal hat er erwähnt, er hätte an diesem Samstag „ein bisschen übertrieben“.
Wie geht es ihm aktuell?
Er ist stabil. Er hat eine tolle Partnerin an seiner Seite, die ihm – sofern ich das von außen beurteilen kann – viel Halt und Kraft gibt. Unsere Kinder lieben sie und haben eine tolle Bindung zu ihr. Dafür bin ich unendlich dankbar. Auch er scheint wieder sehr viel Lebensfreude zurückgewonnen zu haben. Unternimmt viel mit den Kindern, wenn sie bei ihm sind und sie sind gerne bei ihm.
Und wie geht es dir und den Kindern? Was wünscht du dir für die Zukunft?
Ich schließe langsam Frieden mit mir und meiner Entscheidung. Es ist ein langer Weg, aber es wird immer besser. Ich hätte meinen Kindern gerne eine intakte Kernfamilie ermöglicht, aber es ging nicht. Ich lebe nun in einer neuen glücklichen Partnerschaft, die mir viel Halt und Kraft gibt.
Den Kindern geht es gut. Wir haben ein gutes Betreuungsmodell ausgearbeitet und trotz allem haben wir es geschafft, jeden Streit von den Kindern fernzuhalten. Sie sind natürlich traurig, dass wir nicht zusammen sind und wünschen es sich oft. Ihnen immer wieder klarzumachen, dass es das nicht mehr geben wird, ist schwierig.
Gleichzeitig sind sie sehr fröhliche und ausgelassene Kinder. Haben viele Freunde, Hobbys und führen ein ganz normales Leben. Ich wünsche mir, dass wir alle glücklich werden und gesund bleiben.
Vor allem wünsche ich mir, mehr Bewusstsein für die Angehörigen von psychisch kranken Menschen in der Gesellschaft. Ich bin so dankbar, dass so viel am Stigma der Depression oder allgemein an psychischen Erkrankungen verändert wird. Niemand sucht sich das aus und es ist kein Zeichen von Schwäche.
Gleichzeitig gibt es auch Angehörige, Freunde, Kollegen die den Weg mitgehen, die helfen möchten, die an ihre Grenzen kommen. Auch dafür brauchen wir Bewusstsein und Sichtbarkeit.
23 comments
Danke, für den mutigen Beitrag, man kommt sich oft als Einzelkämpfer vor… Mir hat der Artikel vor allem Mut gemacht, dass eine Trennung der bessere Weg sein kann, denn nach fast 10 Jahren kämpfen, unterstützten, verstehen bin auch ich am Ende meiner Kräfte und denke mir oft, vielleicht wäre es für alle Beteiligten, insbesondere die Kinder besser wenn es zu einer Trennung kommt.
Du hast absolut richtig gehandelt.Ich bin mit einer psychisch kranken Mutter aufgewachsen. Das war kein Spaß ich habe keine schöne Erinnerung an meine Kindheit. Ich war ein absolutes Papakind, mein Papa hat viel mit mir gemacht. Leider ist mein Papa gestorben als ich 15 war. Er hatte einen Herzinfarkt. Danach war meine Jugendzeit zu Ende .Ich musste nach meiner Mutter schauen. Mit22 bin ich ausgezogen. Meine Mutter verwahrloste immer mehr aber sie wollte keine medizinisch Behandlung , keine Hilfe oder Unterstützung vom anderen sondern nur von mir. Aber ich konnte einfach nicht mehr. Es war hart und ich hatte ein schlechtes Gewissen sie alleine zu lassen. Aber ich musste diesen Schritt gehen um mein Leben leben zu können. Im Nachhinein bin ich froh egoistisch gehandelt zu haben. Meine Mutter lebt noch 25 Jahre und ich war 42 als sie starb. Ich wäre in diesem Alter zu alt gewesen um danach eine Familie zu gründen und beruflich mir ein Fundament aufzubauen. Ich habe nur dieses eine Leben und ich habe auch das Recht meine Wünsche und Träume zu leben. Ich habe zwei gesunde Kinder , einen Mann und eine. tollen Beruf und wir leben in einem kleinen Haus dass uns gehört. Dafür bin ich so dankbar. Ich hatte schon eine bedrückende Kindheit die ich Gott sei Dank hinter mir lassen konnte
Liebe Julia, vielen Dank für das Teilen deiner Geschichte! Dich zu trennen, war eine sehr mutige und bestimmt sehr schwierige Entscheidung. Ich habe mich selbst von meinem depressiven (inzwischen Ex-)Mann und Vater meines Kindes getrennt und finde mich selbst in vielem von dem, was du sagst, wieder. Ich habe ihm wegen seiner Krankheit im Laufe der Jahre immer mehr abgenommen und war zum Schluss für alles alleine (Geld verdienen, Kind, Haushalt, …) verantwortlich und habe mich zusätzlich ums eine Genesung gekümmert (Arztbesuche, Klinikaufenthalte, …). Vor Jahren habe ich das Buch „Depression Fallout“ gelesen und wusste irgendwie seitdem, dass ich mich früher oder später trennen werde, aber die Entscheidung hat trotzdem lange gebraucht. Das Buch kann ich allen Betroffenen, die noch mit der Entscheidung hadern, empfehlen, auch wenn es schon älter ist. Aus eigener Erfahrung denke ich, für deine Kinder, Julia, ist es sehr wichtig, dass ihnen nicht eine Familie vorgelebt wird, in der es normal ist, dass ein Elternteil sich so verhält und das andere alles kompensiert. Denn dieses Bild verinnerlichen sie. Alles Gute!
Danke für die Offenheit, fürs Teilhaben… als selbst betroffen, mich interessiert seine Sicht.
Als Kind eines ehemals depressiven Elternteils lese ich hier erschrocken mit. Ich bin dankbar, dass mein Vater damals meine schwer depressive Mutter nicht verlassen hat. Er hat gekämpft – mehrfache schwer depressive Episoden (inkl. Suizidversuchen und lange Klinikaufenthalten) mit ihr ausgehalten und die Familie nicht aufgegeben. Heute ist die Depression im Griff (gesund werden Depressive nie mehr – es gibt nur „gesunde Episoden“ bzw. im Griff haben der Krankheit) Ich habe eine intakte Familie und meine Kinder ein glückliches Großelternpaar. Meine Eltern können gemeinsam glücklich alt werden. Eine Depression ist kein Zustand der sich jemand frei wählt, es ist eine Krankheit genau wie Krebs und anderes. Ein depressiver Mensch kann keine „Einsicht“ haben und mit Sicherheit genießt niemand diese Krankheit. Das ist einfach Teil der Krankheit. Ich habe mich 20 Jahre meines Lebens durch meinen kranken Elternteil damit auseinandergesetzt / auseinandersetzen müssen – und solange es immer noch Menschen gibt die so denken, solange werden psychische Erkrankungen weiterhin stigmatisiert werden. Es ist schrecklich in den Kommentaren zu lesen, die Frau wäre ihrem Mann keine Therapie wert. Ich wünsche mir für alle Betroffenen und Familien der Betroffenen, dass diese Krankheit endlich besser verstanden wird.
Hallo liebe Melinda,
ich verstehe hier die Kommentare anders. Der andere Elternteil hatte keine Kraft mehr. Glückwunsch an Ihren Vater, der beides stemmen konnte: für die Kinder und für seine Frau da sein und Ihnen eine glückliche Kindheit schenken.
Ich verstehe aber genauso die Entscheidung andersherum. Es kann auch nicht das Ziel der Selbstaufgabe/Selbstaufopferung sein und der betroffene Partner muss schon bereit sein mitzuwirken (Therapie/Umsetzung der Ziele).
Es ist schön, dass es deine Eltern geschafft haben und ihr alle die Kraft für diese Kämpfe hattet.
Allerdings betrifft die Depression massiv die ganze Familie, daher kann es je nach Ausprägung der Depression und Kraft des anderen Partners irgendwann zum Schutz der Familie sinnvoll sein „aufzugeben“. Als Elter hat man immer die größte Verantwortung den Kindern gegenüber und damit insbesondere der eigenen Gesundheit gegenüber.
Jein Melinda, Depression wähle ich mir nicht selbst aus. Aber ich bin trotzdem noch ein erwachsener Mensch und bemerke irgendwann meinen Zustand. Und für mein Wohlbefinden bin ausschließlich ICH zuständig niemand sonst. Und “ schuld“ ist daran auch kein anderer Mensch. Nein die Krankheit Depression darf nicht Ausrede für ALLES sein. Und jeder Mensch hat für sich das Recht zu entscheiden was ertrage ich und was geht für mich, oder die Kinder, nicht mehr. Damit sprichst Du gesunden Partnern jedes Recht auf Selbstbestimmung ab!? Und intakt ist die Familie nicht, daß ist nur das Aussenbild. Depression macht was mit allen Beteiligten- Betroffenen.
Und nochmal, der Mann im Artikel hat durchaus bewusst die Aussage“ Ich bin krank und darf alles ( bestimmen)“ eingesetzt.
Schön dass dein Papa die Kraft und Gesundheit hatte um einen Menschen mit Depressionen zu begleiten. Meine Mutter hatte auch Depressionen und mein Vater starb als ich 15 war an einem Herzinfarkt. Leider war es danach nicht mehr schön. ich hatte keine Jugend mehr , mein Leben Bestand aus Schule und die Versorgung meiner Mutter und meines jüngeren Bruder. Es gab keine Verwandten die uns halfen . Ich war mit dieser Situation alleine. ich war schlicht und einfach überfordert. Mit 22 bin ich ausgezogen weil ich nicht mehr konnte. es war eine Flucht.
Ich habe auch noch heute ein schlechtes Gewissen deswegen. Ich hab sie alleine gelassen obwohl sie krank war. ich würde dass auch nicht wollen. aber ich konnte einfach nicht mehr. ich war nicht stark genug.
Der Vater meines Kindes ist auch psychisch krank und ich bin froh, dass ich es geschafft habe mich zu trennen, bevor es mich kaputt gemacht hat. Jeden Morgen mit dem Kleinkind aufstehen und niemals ausschlafen können ist hart, aber nicht annähernd so hart wie mit Kleinkind aufstehen, während noch jemand kaum ansprechbar im Bett liegt und mit viel Mühe zum Mittagessen geweckt werden kann. Ich kann nur jedem raten sich das nicht anzutun! Ihm geht es ohne den ständigen Druck auch besser, auch wenn es immer noch sehr anstrengend ist mit jemandem Vereinbarungen zu treffen, der völlig verpeilt und teilweise unzuverlässig ist.
Solange der Depressive keine Einsicht zeigt und Willen zur Veränderung ist leider keine Besserung in Sicht …. und dann hat der Mann hier seine Depression noch als Ausrede benutzt und sich auf dem Status quo ausgeruht. Ist natürlich gemütlich wenn die Partnerin alles macht.
Sehr schade, aber so kann ja auch nur eine Trennung helfen um sich selbst und die Kinder zu schützen. Von daher ist das nur verständlich.
Ich hatte auch schon öfters depressive Episoden. Am meisten habe aber ich gelitten. und mich irgendwann zu einer Therapie durch gerungen. zum Glück! die hat schon sehr viel geholfen, da es hauptsächlich durch meine Kindheit bedingt ist. Mein Mann hat immer zu mir gehalten, aber er hat irgendwann immer klar seine Grenzen aufgezeigt und auch wenn es ihm gereicht hat. ich war und bin aber nicht faul, sondern mache mir selbst am meisten stress da ich in schlechten Phasen nicht so leistungsfähig bin.
Aber einem depressivem alles abnehmen bringt definitiv nichts! auch der andere partner braucht seine auszeit und fürsorge. sonst wird derjenige auch krank.
Danke für deine Geschichte. Ich stehe noch vor der möglichen Trennung und hadere sehr.
Vielen Dank für deine Offenheit. Ich sehe mich in vielen Teilen deines Beitrags. Mein Mann und ich leben noch zusammen. Eine Diagnose gibt es nicht, da er jegliche Hilfestellung von Außen ablehnt. Ich würde mich sehr über Austausch freuen.
Hallo ker,
ich habe mich von meinem depressiven (inzwischen Ex-)Mann und Vater meines Kindes getrennt. Falls du dich austauschen möchtest, lass gerne kurz eine Antwort da, dann sehen wir weiter. LG
Liebe Suse, danke, auch für deinen Beitrag.
Wie kommen wir in Kontakt? Es gab einen weiteren Kommentar mit Vernetzungswunsch. Ich würde mich freuen, wenn die Redaktion meine Email an die jeweiligen Personen weitergibt. Danke
Ich würde mich auch sehr über einen Austausch freuen. Gibt es hier Möglichkeiten zum vernetzen?
Liebe Julia, du hast alles richtig gemacht und wirklich mutig gehandelt! Ich habe als Kind genau das Gegenteil von der beschriebenen Situation erlebt: mein Vater hat sich nicht von meiner psychisch kranken Mutter getrennt und sie ist noch heute davon überzeugt keine besondere Therapie zu brauchen und „nur“ Probleme bzw. Pech mit ihrem Umfeld zu haben. Aus Mitleid und Pflichtgefühl der Partnerin gegenüber hat er die Kindheit und psychische Stabilität seiner Kinder dieser zerrütteten „Paarbeziehung“ geopfert. Ich habe mir Tausend mal gewünscht, dass er anders gehandelt hätte. Manche Trennungen schwer, aber ein Ende mit Schrecken ist manchmal doch das Beste für alle.
Danke für diese Schilderung, Julia. So viel davon ist mir vertraut. Ich habe mich von meinem Mann getrennt, der da seit mindestens 5 Jahren depressiv war mit spürbaren Veränderungen für die ganze Familie, das will ich jetzt nicht weiter ausführen. Schon als unsere Kinder zwei Jahre alt waren, hab ich mir deshalb Hilfe bei der Familienberatung geholt. Ein Jahr später fand für meinen Mann eine Reha statt, die überhaupt erste Behandlung. Es gab eine kurze Aufhellung, aber danach war alles wie zuvor. Ich habe schließlich aufgegeben zu versuchen, unsere Familie zusammen zu halten, weil ich keine Kraft mehr hatte und fürchtete, selbst auch zu erkranken. Und da sind zwei wunderbare Kinder, die eine möglichst gesunde Mama brauchen. Für mich war und ist die Trennung die richtige Entscheidung gewesen, für die ich viel Zeit gebraucht habe, sicher 2 Jahre mit Abwägen, vielen Paargesprächen, Familienberatung und und und. Trotzdem, obwohl das so ist und ich weiß, dass ich mit aller Kraft um die Ehe und die Familie gekämpft habe, fühle ich mich immernoch machtlos gegenüber der Depression und es erschüttert mich bis heute, wie hilflos ich da war. Und dann kommt ein Schuldgefühl auf, weil ich es nicht weiter versucht habe. Damit fertig zu werden, wird wohl noch dauern. Zum Glück kann ich mit einem Therapeuten darüber sprechen und lernen, das Erlebte zu verstehen- warum ich so lange festgehalten habe an der Partnerschaft, wie ich mit dem Gefühl der Hilflosigkeit umgehen kann ( das ich immernoch habe im Hinblick auf das Erlebte ) und noch viel mehr. Ich bin froh, dass ich verlässliche Freunde an meiner Seite habe. Mir geht es nach der Trennung besser, die Kinder haben an der Veränderung auch noch zu knabbern und bekommen professionelle Hilfe.
Hallo Ayitha, ich habe Ähnliches erlebt und Habe auch 2 Kinder. Würde mich sehr freuen, wenn wir uns austauschen könnten. Ich suche schon lange Gleichgesinnte zu diesem Thema und würde mich sehr freuen.
Danke für diesen wunderbaren Artikel. Ich fühle mit, denn ich erlebe seit Jahren dasselbe. Und fühle mich zerrissen, weil ich selbst unglücklich bin. Aber ich auch meinen Mann nicht verlieren will.
Danke 🙏🏼
Es tut gut zu lesen, dass man nicht allein ist!
Kerstin, ist es besser sich selbst zu verlieren/ aufzugeben? Bzw das für Kinder einfach mit zu entscheiden? Kinder bekommen das mit und tragen Schaden davon, weil die Mutter, die sie eigentlich schützen soll, zu schwach ist? Weil Sie selbst sich nichts wert sind, sind Sie Ihrem Mann keine Therapie “ wert“. Er muss ja nichts ändern, Sie nehmen alles hin.
@Silvia: der Grundaussage Ihres Kommentars würde ich zustimmen: es kann nie die Lösung sein, sich selbst dauerhaft hinten anzustellen.
Kerstin auf die Ferne zu unterstellen, sich selbst nichts wert zu sein, ist jedoch ziemlich vermessen und unnötig verletzend!
Das klingt jetzt hart, aber solange der Drpressive nicht selbst Verantwortung übernimmt und nur Schuld woanders sucht, nützt auch keine Therapie. Niemand kann jemand Anderen gesund machen, das liegt nur bei Jedem selbst. Und dein Mann hat ja im Gegenteil die Krankheit ausgenutzt, fast genossen. Er musste nämlich keine Verantwortung übernehmen und nichts tun, da ihm von keiner Seite Grenzen aufgezeigt wurden ( das ist nämlich auch in diesem Zustand nötig). Ich hoffe, die neue Partnerin lässt sich nicht in diese Co- Depression hineinziehen, sonst hat der depressive Partner gar keine Motivation. Ich hoffe für euch alle, das er stabil bleibt und wenigstens ein Vater bleibt.