Ihr Lieben, ich möchte mit euch heute über das Ende der Vereinbarkeitsdiskussionen sprechen. Ich weiß, ihr lest hier in unserer Teen-Time Kolumne viel lieber über Probleme und Auseinandersetzungen (das wird jedenfalls deutlich besser geklickt immer), aber ich finde, wir können in diesen turbulenten Zeiten (so fühlen sie sich doch für die meisten grad an, oder?!) auch immer wieder Schönes, Gutes und Mutmachendes gebrauchen.
Es gab Zeiten, in denen ich dachte: Das hört nie auf. Dieses Fremdbestimmte. Dieses Freiheiten-ausdiskutieren-müssende. Dieses Aufrechnen zum Teil auch. DU warst doch schon letztes Wochenende beim Sport, ICH hab da mal wieder die Küche gewischt und Windeln gewechselt… DU hast doch seit der Geburt nie auf dein Jungswochenende verzichtet, weißt du wann ICH das letzte Mal mit den Mädels unterwegs war? Kommt euch das bekannt vor?
[Hinweis: Es geht hier um die Aushandlerei in Beziehungen, ich war nie Singlemom, das ist natürlich noch einmal eine ganz, ganz andere Nummer, oft führen ja auch gerade diese Diskussionen sogar zu Krisen oder zu Trennungen, danach wird dann nicht mehr ausgehandelt, sondern alles auf nur zwei Schultern getragen. Falls hier eine von euch auch dazu Einblicke geben mag – gern melden. Im Folgenden geht es aber weiter um die Verteilung auf vier Schultern]
Und dann darf man mal raus und ist eigentlich viel zu müde… und führt einen innerlichen Kampf zwischen: Das Rausgehen spendet dir Energie vs. Den Schlaf, den du dadurch verpasst, kriegst du nie wieder rein… Oh Mann, diese ganzen Fragen: Wer steht nachts auf? Wer nimmt die nächsten Kindkranktage? Und sowieso: Wo bleiben wir als Paar eigentlich in dieser ganzen Aushandlung?
Der Mental Load? Wer tut sich das Gekaspere in den WhatsApp-Gruppen der Kitagruppen, Schulklassen oder Vereine an? Wer organisiert Kindergeburtstage, besorgt Geschenke, plant Urlaub, denkt dabei noch an den TÜV, kauft ein, denkt sich Mahlzeiten aus, macht Termine bei Ergo oder Logo aus, entscheidet über den Medienkonsum der Kids…
Und: Wie redet man über das alles ohne als frustrierte Zuhausegebliebene rüberzukommen, wie erkläre ich, dass ich auch gern mal einfach einen Kaffee mit einem Kollegen trinken würde, während mich gleich drei Kinder unter drei mit aufs Klo begleiten und ich eigentlich täglich damit beschäftigt bin, drei kleinen Leute permanent und immer wieder das Leben zu retten, sie davon abzuhalten, vom Spielplatz auf die Straße zu laufen, mir in den Minimomenten, die sich durch Hilfe auftun, Erziehungsratgeber durchzulesen und quasi in einer permanenten und lebenswichtigen Weiterbildungsmaßnahme.
Mach ich alles richtig? Und was wenn nicht? Was, wenn alle Kinder einen Schatten haben später? Wegen mir? Die Gedanken rollen, wir sind im Karussell und da die meisten von uns da in den Kleinkindjahren kaum rauskommen liegen diese Überlegungen dann eben auch oft bei uns. Väter können mit weniger schlechtem Gewissen Kinder großkriegen, las ich mal in einem Buch und dachte: Wie schön wäre es, wenn auch Mütter ihre Kids einfach ohne schlechtes Gewissen großkriegen könnten? Aber ich schweife ab.
Ich wollte sagen: Egal, in welcher Lebenslage man sich befindet: Sie bleibt so nicht. Neulich fuhren wir hier bei uns am TummelDschungel vorbei, einem Spieleparadies für Kinder und einer Nervenhölle für Eltern und wir dachten: Krass, damals dachten wir, das sei jetzt unser Leben. Und es war nur ein Minifitzel Leben, den wir dort verbracht haben. Ich bin in den Ferien (Kinder haben ja 12 Wochen und Eltern nur 6, man kann von dieser Fehlplanung nicht oft genug erzählen) oft dahingefahren mit dem Laptop im Gepäck, um dort mein „Homeoffice“ zu erledigen – WÄHREND ER EINFACH GEMÜTLICH ZUR ARBEIT FAHREN KONNTE. So fühlte sich das damals manchmal an.
Das Ende der Vereinbarkeitsdiskussionen
Und heute? Haben wir unser selbstbestimmtes Leben an den meisten Tagen zurück. Können uns über Lappalien wie „Worauf haben wir heute Hunger?“ unterhalten, als wäre dieser Kinderchaos-Tsunami nie über uns gerollt 😉 Ich kann wieder NACHMITTAGSTERMINE vereinbaren, weil ich nicht mehr permanent Mama-Taxi spielen muss. Ich kann überlegen, ob ich lieber morgens oder abends zum Sport gehen will, weil ich mir meine Arbeitszeiten als Selbstständige meist frei einteilen kann.
Wir können morgens einfach mal zusammen ins Museum fahren oder wandern gehen, während alle Kinder noch schlafen. Und wenn wir Eltern abends oder mal ein Wochenende weg sind, muss dafür niemand vorkochen oder Babysitter planen. Ja, neulich hab ich mir nachts mal einen Wecker gestellt, um die Kids von einer Party abzuholen, aber ansonsten dürfen wir durchschlafen. Wir müssen nicht mehr aufrechnen, wer wann wie viel weg war, wer wie viel Mental Load-Last trägt.
Mit einigen Fragen gehen die Kinder zu Papa, mit anderen zu Mama. Bei einigen Unternehmungen und Urlauben kriegen wir sie noch dazu, doch nochmal allesamt dabei zu sein, bei anderen nicht. Wir können alle täglichen Themen und die News des Tages auf Augenhöhe besprechen und so viele neue Einblicke in die Welt der nächsten Generation ergattern. Unsere Kinder hauen sich nicht wir früher in täglichen Geschwisterstreitereien, wer nun mehr Müsli in der Schale hat, auf den Kopf.
Alle überleben mittlerweile auch selbständig und doch sind sie nicht ganz aus dem Haus. Und ich würde mich total freuen, wenn sich die ein oder andere von euch auf diese Zeit auch einfach vorfreut. Sie muss entgegen aller Vorwarnungen nämlich gar nicht schrecklich werden, sondern kann – im Gegenteil – auch wunderschön sein. Wenn man sich anschaut, was aus diesen kleinen Quirlgeistern geworden ist. In welche Richtung sie sich entwickeln. Wofür sie sich interessieren – und wofür gar nicht. Wenn man mit diesem Abstand zurückgelehnt auf sie schauen kann und denkt: Wow, wer hätte gedacht, dass es so mal werden würde…
P.S. Ich weiß, dass es in der Jugend in anderen Familien auch gravierende Probleme gibt – mit Grenzüberschreitungen, Konsum- oder Suchtverhalten oder gesundheitlichen Schwierigkeiten. Und ich weiß, dass hier auch viele pflegende Eltern mitlesen, deren Kinder auch als Jugendliche noch nicht so selbständig durchs Leben gehen werden. Ich denk euch mit, hab in diesem Fall aber mal ganz subjektiv aus meiner Familie berichtet, um all jenen Mut zu machen, die vielleicht mit etwas Furcht aufs Größerwerden schauen, obwohl es bei ihnen vielleicht ganz ähnlich laufen wird. Wenn ihr eure eigene Geschichte hier mal erzählen mögt, um auch sichtbar zu werden, meldet euch gern.
2 comments
Ich habe Tränen der Vorfreude in den Augen beim Lesen.
Wir konnten schon einen kurzen Blick in das wieder „freie“ Leben riskieren und dann kam unsere Tochter zur Welt.
Nun fangen wir (42 | 39 | 8 | 7 Mon.) nochmal von vorn an…. Etwas Wahnsinn, aber auch wunderschön.
Ich freue mich auf die Zeit, wenn sie alle größer sind.
Das empfinde ich ganz genauso. Das Leben mit unseren drei Kindern im Teeniealter ist entgegen aller „Prophezeiungen“ zur Pubertät sehr entspannt und wunderschön! Und ja, wenn mein Mann jetzt auf Dienstreise muss, denke ich, kein Problem. Früher war ich nach den paar Tagen immer komplett fertig. Wir gehen wieder auf Konzerte oder treffen abends häufiger Freunde. Ich kann schnell ohne Kinder einkaufen oder ein Kind irgendwo hinbringen und die anderen bleiben einfach zu Hause. Es ist toll und nach den vielen Jahren Fremdbestimmtheit weiß ich das sehr zu schätzen!