Bunter Leben: Wir sind zwei Mamas mit Zwillingen

Bunter Leben

Foto: @erinnerungenimeinmachglas

Ihr Lieben, Familie ist längst so viel mehr als Vater, Mutter, Kind. Wir freuen uns so, wenn wir hier immer wieder ganz bunte Familien vorstellen dürfen – und diese Familie trägt das Wort „bunt“ sogar in ihrem Instagram-Account-Namen. „Bunter Leben“ ist der Account von Kira und Saskia, dort zeigen sie Einblicke in ihr Leben als zwei Mamas mit Zwillingen. Schaut doch gerne mal dort vorbei, es lohnt sich. Hier stellen wir euch Kira und Saskia vor.

Ihr Lieben, ihr seid seit 2017 ein Paar. Bis 2015 war Kira in einer heterosexuellen Beziehung. Erzählt doch mal, wie ihr euch ineinander verliebt habt! 

Saskia ist 2015 in eine WG über meiner eingezogen. Bei einem WG-Kaffeetrinken haben wir uns dann das erste Mal gesehen. Die Connection war sofort da. Noch am selben Abend haben wir bis in die Nacht hinein gequatscht. Saskias damalige Beziehung war gerade am Ende. Am Anfang war es für uns beide eine wunderschöne Freundschaft, die sich da entwickelte. Daraus wurde dann schnell mehr.

Kira war aber in einer langjährigen Beziehung mit einem Mann. Daher wurde alles ganz offen kommuniziert zwischen uns Dreien. Es folgten intensive 1,5 Jahre mit Gefühlsachterbahnen bis es irgendwann nicht mehr ging. Ich habe eigentlich zwei Beziehungen geführt und das war für alle Beteiligten irgendwann einfach zu viel.

Als Kira sich dann eine Auszeit nahm, dachte ich schon „Das war´s jetzt“. Ich hatte mich schon längst in sie verliebt, aber natürlich nichts gesagt, aus Angst, alles wäre dann vorbei und ich würde sie verlieren. Ich kann mich noch heute ganz genau an den Tag erinnern, an dem sie zu mir kam, in mein WG-Zimmer, sich auf mein Bett setzte und mir erzählte, sie habe jetzt eine Entscheidung getroffen.

Auf gar keinen Fall hätte ich damit gerechnet, dass sie mir in diesem Moment sagt, dass sie sich von ihrem Freund getrennt hat. Und obwohl sie es erst langsam angehen lassen wollte, weil sie sich nicht gleich wieder in die nächste Beziehung stürzen wollte, waren wir schon wenige Tage später offiziell ein Paar. 

Für dich, Kira, war das bestimmt eine emotionale Achterbahn. Was hast du in dieser Zeit über dich und dein Umfeld gelernt?

Puuh – also nicht nur für mich! Es war für uns alle Drei (Saskia, meinen Exfreund und mich) eine Achterbahnfahrt, die sich im Nachhinein betrachtet echt in die Länge gezogen hat. Vor allem habe ich gemerkt, wie wichtig das eigene Reflektieren ist. Ich habe in der Zeit so oft an mir, meinen Wünschen und meinen Gefühlen gezweifelt. Habe alles, was ich mir je erträumt habe, hinterfragt und gemerkt, dass ich mich stark verändere.

Es war eine Zeit, in der ich verstanden habe, dass ich zwei Personen lieben kann und Liebe so viel komplizierter ist als ich bisher geglaubt habe. Ich habe in der Zeit viele Glaubenssätze über mich selbst über Bord geworfen und mich und meine Emotionen gefühlt wie nie zuvor und niemals danach. Mein Umfeld stand komplett hinter mir. Es hat jede Entscheidung, jeden Weg einfach alles unterstützt und begleitet. Das war viel wert. Anders hätte ich nicht so bei mir sein können.

Ihr seid auch seit drei Jahren Mamas von Zwillingen. War gleich klar, wer die Kinder austragen möchte und wie habt ihr die Schwangerschaft erlebt?

Ja – wir wussten es von Anfang an. Kira wollte schon immer schwanger werden und Saskia ist sich bis heute noch unsicher, ob sie einmal schwanger sein möchte. Viel macht da der gesellschaftliche Druck von außen, dass eine Frau doch schwanger werden muss, wenn es doch möglich ist…

Die Schwangerschaft war eine unglaublich intensive und schöne Zeit. Wir haben sie unheimlich genossen – wir beide! Kira war bis zum Schluss fit und wir haben so viel Paarzeit gehabt und immer gelebt als wäre es der letzte Tag zu zweit.

Natürlich stellt sich bei zwei Mamas auch die Frage nach dem Papa. Mögt ihr erzählen, wie das bei euch gelaufen ist?

Für uns ist Papa ein emotionales Wort und deshalb gibt es keinen Papa. Es gibt einen Spender, der uns Samen gespendet hat, damit wir Mamas werden können. Seine Gene haben uns unsere Zwillinge geschenkt und dafür sind wir für immer dankbar. Wir waren in der Kinderwunschklinik und haben den Spendersamen von einer Samenbank. Wir würden immer wieder diesen Weg gehen. 

Was würdet ihr sagen: Was hat sich am meisten verändert, seit ihr Mamas seid?

Seit wir Mamas sind, sind wir einfach fremdbestimmt. Der Kopf und das Herz sind immer voll. Voll mit Liebe, aber auch voll mit Verantwortung. Ich denke vorher wussten wir nicht, was Mental Load bedeuten kann und wie zerrissen sich Arbeit und Familie leben anfühlen kann. Eine riesige Veränderung ist außerdem die Zeit zu zweit. Wir haben viel Zeit miteinander, aber wir genießen sie nicht mehr so bewusst wie vorher. Denn entweder sind die Kinder bei uns oder wir haben noch eine Millionen To dos zu erledigen. Paar bleiben neben dem Elternsein ist eine riesige Herausforderung.

Mit „Bunter Leben“ geht ihr offen an die Öffentlichkeit. Habt ihr aber auch schon mal Diskriminierung aufgrund eurer Familienkonstellation erfahren?

Tatsächlich nicht konkret auf der Straße von anderen Menschen. Aber tagtäglich im Internet, wenn ein Reel die Bubble verlässt. Und natürlich durch gewisse gesellschaftliche Faktoren, wie z.B. Formulare, Stiefkindadoption, Betitelung als Mama/Mami…

Was würdet ihr euch von der Gesellschaft und Politik für euch wünschen?

Definitiv eine Änderung des Abstammungsgesetzes. Denn dann ist die nicht austragende Mama sofort ab Geburt Mama wie jeder Papa auch ohne Adoption. Was uns Angst macht sind die Entwicklungen in der Politik und Parteien, die z.B. die Ehe für alle wieder verbieten wollen. 

Was schätzt ihr beide ganz besonders an der anderen? 

Ich schätze an Kira besonders ihre Loyalität mir, unserer Familie und auch ihren Freund*innen gegenüber. Sie steht immer hinter einem, ist mein Fels in der Brandung und setzt sich immer für uns ein, wenn es nötig ist.

Ich schätze an Saskia ihre Ausdauer, ihre nicht endende Energie, ihre liebevolle Art mit den Kindern, ihre Kreativität bei Spielideen und auch ihre mir entgegengebrachte Akzeptanz. Egal was ich gerade brauche, sie toleriert und unterstützt mich.

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17 comments

  1. Ich fühle mich durch das „bunter“ auch in keinster Weise „heteronormativ“ herabgesetzt. Alle Farben des Lebens stehen doch jedem im autobiographischen Tuschkasten frei zur Verfügung. Jede Lebensform kann bunt und bunter sein, vielleicht auch im Kontrast zur eigenen Vergangenheit. Und bei manchen ist es vielleicht auch nur fifty shades of grey….
    Gehen wir mal davon aus, dass den beiden Autorinnen auch viel schwarzweiß Denken begegnet von außen, da kann doch ein bißchen bunter ausgleichend nur gut sein 🙂

    1. Es ist halt tatsächlich so, dass kein einziges Beziehungsmodell einen intrinsischen Wert hat. Genausowenig wie der Zustand „bunt“. Viele Kommentatorinnen scheinen diesen Begriff im vorliegenden Artikel aber so zu interpretieren, als suggeriere „bunt“ automatisch eine Bereicherung. Wodurch anscheinend bei einigen wiederum der Eindruck entsteht, die Protagonistinnen hielten sich für „was Besseres“ oder gerade ihr Lebensmodell für einen gesellschaftlichen Gewinn, obwohl es faktisch nur ein privater ist.

      Ich finde die Diskussion in den Kommentaren interessant, weil auf der Grundlage unterschiedlicher (aber nicht kommunizierter) Definitionen nur über die Sprache des Artikels debattiert wird. Während der Inhalt aber anscheinend von allen Teilnehmern als so normal/trivial empfunden wird, dass er buchstäblich nicht mehr zur Sprache kommt. Am Ende herrscht also doch wieder Einigkeit, egal wie man „bunt“ definiert. 😀

  2. lch kann alle Meinungen hier verstehen. Man muss nicht, aber man könnte es schon so verstehen, als dass sie sich selber als bunter betrachten. Der Instagramacount könnte auch einfach bunt.leben heissen, er heisst aber bunter.leben . Insofern kann ich Annegrets Fragen und Schlussfolgerung verstehen, obwohl es höchtwahrscheinlich nicht so zu verstehen ist. Vielleicht ist es auch nur ein sprachliches “ Problem“ Empfinden.

    1. Ich sehe da nicht mal sprachlich ein Problem: Laut Duden steht „bunt“ für gemischt, vielgestaltig, aber auch für ungeordnet oder wirr.

      Wenn wir das als korrekt anerkennen, ergibt sich erstens, dass jede Familie für sich genommen automatisch bunt ist. Die einen mehr, die anderen weniger.

      Zweitens gilt damit auch, dass innerhalb der Gesellschaft jeder Familienentwurf – wie auch immer er nun gestaltet sein mag – nur im Kollektiv bzw. Kontrast mit anderen etwas Buntes ergibt.

      „Bunt“ ist somit eher ein Referenzrahmen, aber kein Qualitätsmerkmal.

      ¯\_(ツ)_/¯

    1. Vermutlich war „Seine Gene“ hier nur ein Euphemismus für das stilistisch plattere (aber in der Tat weniger missverständliche) „Sein Sperma“.

  3. Es könnte auch meinen, dass unsere Gesellschaft bunter wird durch verschiedene Familienformen. Ich fühle mich zumindest in meiner heteronormativen Familie nicht weniger bunt und durch den Artikel nicht als weniger bunt bezeichnen :)))

    1. Oh weh, es geht meinem Empfinden doch einfach nur darum, dass diese beiden Frauen ihre Liebe offen leben und dieser Schritt ein Schritt mehr für eine vielfältigere und damit „buntere“ Gesellschaft ist. Bunt nicht verglichen mit anderen Familienformen, sondern ergänzend, eine Facette mehr zeigend, wie Menschen leben und lieben.

      Danke für eure Offenheit und genauso sollte es sein: ein bunter Strauß an Menschen, Lebensformen, that‘s life!

      1. Ich denke die Bedeutung des Wortes Bunt ist schon klar und wie sie scheiben ein Referenzrahmen und hat nichts mit Qualität zu tun. Für mich gibt es aber einen Unterschied zwischen bunt und buntER.
        Weil bunter auch mehr bunt bedeutet,als Wort.Aber das gibt es in meinem Verstäntnis im Zusammenhang mit Familienkonstellation nicht, weil es keine Paramenter gibt, die bestimmen, welche Familienkonstelation jetzt buntER sein soll. Alle Familienkonstellationen sind einfach bunt.
        Liebe Grüsse

        1. Potzblitz! Nun wird’s mir aber zu bunt! 😀

          Aber mal im Ernst:
          1. Ich glaube, Sie sind im Kommentar verrutscht. 🙂
          2. Sogenannte „Boston(ian) Marriages“ gibt’s schon ewig, auch mit Kindern, meistens aus einer vorangegangenen Ehe. Der Begriff selbst wurde achtzehnhundertirgendwas geprägt. Damals ging man zwar offiziell davon aus, dass kein Sex zwischen den Damen statt fand, aber das war natürlich Augenwischerei.

          Insofern ist das im Artikel geschilderte Lebensmodell sowieso nicht wirklich „bunter“ als schon vor mindestens 200 Jahren. Man kann heute nur offener darüber reden und hat mehr Methoden für die Fortpflanzung zur Verfügung.

          Ich gestehe, mich juckt das alles überhaupt nicht. Unter meinen Nachbarn ist ein lesbisches Pärchen, zwei ältere Ehepaare ohne Kinder, mehrere Paare mit Kindern aller Altersklassen, Alleinerziehende, Alleinstehende, unverheiratete Paare … Auf ein weiteres Lebensmodell mehr oder weniger käme es nicht an; es würde vermutlich niemanden im Mindesten interessieren, solange die Reihenhausgemeinschaft funktioniert, man einander aushilft und jeder Schnee schippt, wenn er dran ist.

          Als gesellschaftliche Bereicherung (falls „bunt“ hier so gemeint sein sollte) empfinde ich Personen für sich genommen, nicht aber wie sie mit wem verbandelt sind. Das ist mir komplett wurscht.

  4. Bunter Leben? Bunter als wer oder was? Impliziert wird doch hier, dass das heteronormative Familienmodell irgendwie nicht bunt wäre. ..
    Reicht ein buntes Leben nicht aus, muss es bunter sein?

      1. Ich glaube das „bunt“ ist eine Anspielung auf den Regenbogen als Symbol in der lgbtqia+-Community. Meiner Meinung nach sollten wir uns nicht angegriffen fühlen von anderen Familienformen. Ich fühle mich z.B. auch nicht schlecht, wenn ich Artikel über Großfamilien lese, weil ich „nur“ 2 Kinder habe 🙂

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