Ihr Lieben, was soll ich nur werden, fragen sich viele jugendliche Heranwachsende. Und ich würde darauf gern „Aber du bist doch schon was“ antworten, aber es geht natürlich um das leidige Thema Berufswahl.
Die Auswahl ist heutzutage so riiiiiiesig, dass viele schon allein der Gedanken daran überfordert. Viele Möglichkeiten, so wirkt es manchmal, bringen eben auch viele Entscheidungen GEGEN etwas mit sich. Und dass man einfach wird, was einem die Eltern so vorschreiben – diese Zeiten sind in den meisten Familien ja nun mal vorbei.
Berufswahl: Was ihr jetzt lernt, müsst ihr nicht für immer bleiben
Beruhigend finde ich ja, dass es kaum noch Menschen gibt, die ihr Leben lang in ein und demselben Job arbeiten, da sage ich den Kids dann gern: Ihr könnt ja auch erstmal was machen und ausprobieren – und euch dann später nochmal umorientieren. Das Leben spült uns ja immer weiter Gelegenheiten ins Leben.
Und wenn es dann mal heißt „Egal was, Hauptsache, ich verdiene viel“, erkläre ich, dass ich den umgekehrten Ansatz für richtiger halte. Nicht zu schauen, in welchen Bereichen man besonders viel verdient (dann hätte ich mich nie an der Journalistenschule beworben), sondern worauf ich besonders Bock habe.
Denn meine feste Überzeugung ist: Wenn mir etwas wirklich Spaß macht, dann werde ich darin auch so gut, dass sich gute Verdienstmöglichkeiten ergeben. Und wenn ich neben meinem Pflegeberuf eben noch mit Koch-Tutorials Geld verdiene oder wo auch immer die Leidenschaften liegen.
Studienberatung, Ausbildungsmessen, Gap-Year-Anbieter
Trotzdem lohnt es sich natürlich, sich vor dem Ende der Schule mal umzuschauen. Mit unserer Großen waren wir in Köln zum Beispiel bei der Nacht der Hotellerie, wo einfach alle berufe rund ums Hotel vorgestellt wurden. Wir waren außerdem bei einer Messe für Auslandsreisen fürs Gap Year nach der Schule, hier klärte man uns über Aupair, Work-and-travel und Co auf.
Außerdem waren wir bei einer Studienberatung, die die Schule von extern anbot. Das Gespräch war unfassbar anstrengend und dauerte über zwei Stunden, die Beraterin erzählte in einer Tour, was alles KEINE gute Idee ist und uns brannten danach die Ohren. Zwei richtig gute Tipps gab sie uns aber mit:
Erstens: Stell dir mal den Ort vor, an dem du dich siehst, wenn du an deine zukünftige Arbeit denkst. Sind da viele Leute oder wenige? Ist es ein Büro oder ein Filmset oder vielleicht ein Garten? Sind da eher junge Leute, ältere Menschen oder alle gemixt? Oder siehst du dich eher allein im Homeoffice, mit jedem Tag Abwechselung oder lieber mit gewohnten Routinen. Es ist total lustig, wie unser Gehirn da direkt Ideen ausspuckt, auf was man am meisten Lust hätte.
Der zweite Tipp war, sich einfach mal auf einer Bildungsmesse einen Studienführer und ein Ausbildungsheftchen mitzunehmen und einfach mal wild darin rumzustreichen, was man NICHT will. Da bleibt dann bei den meisten nämlich schon gar nicht mehr so viel übrig und wenn man sich dann in die wenigen übrigen einliest, kommt man vielleicht auf eine erste Idee, was es werden könnte.
Praktika als riesige Chance zum Reinschnuppern
Problem bei unserer Großen war nämlich, dass durch Corona fast alle Praktika ausfielen. Einen einzigen Tag hat sie in einer Kita hospitiert, mehr Berufserfahrung konnte sie nicht sammeln. Sie plante dann erstmal ein halbes Jahr Ausland mit einer Freundin. Sah dann aber, dass das einzige Studium, für das sie sich interessierte, nur zum Wintersemester startet.
Und wollte dann doch lieber erstmal den Eignungstest mitmachen – ist ein kreativer Studiengang, für den man eine Mappe einreichen muss. Und als sie den Eignungstest bestanden hatte, fand sie es dann doch besser, sich doch direkt auch auf einen Studienplatz zu bewerben. Erst erhielt sie da eine Absage, ein paar Tage später dann aber doch die Zusage als Nachrückerin.
Das erste Kind studiert nun
Sie studiert jetzt in einer Stadt in der Nähe, nicht direkt ums Eck, aber doch erreichbar und wohnt offiziell erstmal noch zu Hause. Es ist aber trotzdem ein sanfter Abschied und ein großes Loslassen, weil wir sie wirklich nur noch ab und zu sehen. Die meiste freie Zeit ist sie bei ihrem Freund, weil der näher dran wohnt an der Uni, da ist das dann einfach praktischer. Und naja, es ist halt ein Vollzeitstudium, sie kommt nicht mittags heim…
Die Jungs haben, was Praktika angeht, mehr Glück. Ich hab ja schon etwas gestruggelt mit den drei Ein-Tages-Praktikumsplätzen für jeden, da allein hatten wir es ja schon mit 6 Betrieben zu tun und sie Tage mussten ja auch in unterschiedlichen Branchen verbracht werden: Soziales, Dienstleistung und MINT-Bereich. Aber rückblickend muss ich sagen: Eine mega Erfahrung!
Allein dafür, dass sie jetzt bei ihrem einwöchigen Handwerks- und Sozialpraktikum keine Sorge mehr vor dem ersten Tag hatten, weil sie durch die Erfahrung der Tagesspraktika mittlerweile an neue Leute und neue Situationen gewöhnt sind. Plus jetzt die Erfahrung bei einer Woche, dass sie von den anderen im Haus wirklich als Kollegen erkannt und gegrüßt werden. Bei sind total begeistert von ihrem Job (das war bei den Tagespraktika nicht immer so) und wie toll ist es, wenn sich da neue Türen für neue Ideen öffnen…
Nächstes Jahr kommt dann sogar noch ein zweiwöchiges Praktikum, da werden sie noch einmal mehr merken, welch unterschiedliche Aufgaben es und Betriebsrhythmen es gibt und was es wirklich heißt, auch viele Tage am Stück ganztags unterwegs zu sein. Und allein dabei werden sie merken, dass es nicht nur darum geht, dass ein Job viel Geld bringt, sondern dass man, wenn man so viel Zeit dort verbringt, auch halbwegs glücklich damit sein sollte… oder was meint ihr?
Wie weiter, wenn das Kind null Plan und keine Ideen hat?
P.S. Weil die Frage aus der LeserInnenschaft kam, möchte ich sie hier noch kurz aufgreifen. Sie lautete: Wie geht´s weiter nach dem Abi… null Plan, keine Ideen, null Initiative. Sollen wir das aussitzen als Eltern? Dazu möchte ich erzählen, dass wir unseren Kindern schon recht früh sagten: Ihr könnt nach dem Abschluss alles machen, nur nicht nix (naja, und Prostitution oder ähnlich Ausbeuterisches….). Für mich wäre es nur schwer auszuhalten, wenn jemand im Haus einfach nur abhängt und rumchillt.
Von mir aus darf es ein neuer Sport sein, ein neues Hobby, Reisen als Animateur aufm Kreuzfahrtschiff, ein Freiwilliges Soziales Jahr, Praktika, eine Online-Fortbildung oder was auch immer, aber nur Rumliegen fänd ich doof. Ich würde versuchen, dahingehend zu motivieren und zusammen zu brainstormen. Ich kann aber gleichzeitig auch beruhigen. Weit mehr als die Hälfte aus der Stufe unserer Großen weiß auch noch gar nicht, was sie machen will, es geht also unglaublich vielen so, das vielleicht als Beruhigung. Irgendwann kommt schon was! Geht ja nicht anders…
3 comments
Kann es sein, dass Ihr vergessen habt, meinen Kommentar von gestern Mittag zu veröffentlichen? 🙂
Unsere Tochter hat in diesem Frühjahr Abitur gemacht – noch im G8-Modus. Das bedeutete, dass sie bei der Übergabe des Abiturzeugnisses noch nicht mal 18 Jahre alt war. Das wurde sie erst ein paar Wochen später. Woher soll so ein junger Mensch bitte wissen, was er später in seinem Leben beruflich machen möchte?
Bei uns galt allerdings zu Hause auch das Motto: Du kannst alles nach dem Abi machen, außer bitte nur herumhängen…
Seit August ist sie jetzt bei den Johannitern als FSJlerin tätig. Und was soll ich sagen: Das war die beste Entscheidung! Endlich raus aus der „Blase“ Schule – rein ins wirkliche Leben! Was sie da jetzt an Aufgaben, neuen Herausforderungen, Verantwortung meistert…Das hätte vorher weder sie noch ich für möglich gehalten. Und auch wenn der Schichtdienst echt anstrengend ist, sie blüht förmlich auf und entwickelt jetzt tatsächlich schon Ideen für die Zeit danach!
Vielen Dank 😊