Ihr Lieben, es war dieser Text über eine Bereitschaftspflege, der uns zu einem Interview mit der Familie verführte. Er heißt „Wenn das Telefon klingelt…„:
Das Telefon klingelt, am anderen Ende fragt eine freundliche Stimme, ob wir einen Tag später einen Säugling in unserer Familie aufnehmen würden. Einen Säugling? Eigentlich waren wir uns sicher, dass wir unseren behüteten Platz nur mit älteren Kindern belegen. Mein Baby ist doch schon 13 Jahre alt, kann ich das noch???
Eine kurze Abfrage innerhalb unserer Familie und es war schnell klar, der Säugling darf kommen. Was sind wir aufgeregt! Wo soll der Säugling schlafen und was trinkt er? Fragen über Fragen… Schnell wurde alles besorgt, die Waschmaschine hat alles frisch gemacht und am Abend waren wir bereit.
Am nächsten Morgen kam der Anruf, wann der Säugling bei uns sein wird. Die Zeit verging schnell und dann war es soweit. Er war da. So ein Wunder, so viel Liebe… Wir freuen uns, dich ein Stück in deinem Leben begleiten zu dürfen, du Sonnenschein!
Ihr Lieben, ihr habt grad einen Säugling in Obhut bei euch aufgenommen. Wie kam es dazu? Wann und wieso habt ihr euch dazu entschieden, einen Platz in eurer Familie für eine Bereitschaftspflege freizumachen, für ein Kind, das übergangsweise nicht im eigenen Zuhause bleiben kann?
Hallo, ja das stimmt, wir haben vor kurzem einen Säugling in der Bereitschaftspflege bei uns aufgenommen. Er war wenige Tage alt und kam direkt aus dem Krankenhaus zu uns. Seit Anfang des letzten Jahres haben wir zwei Bereitschaftspflegeplätze bei uns in der Familie. Die Plätze waren frei, da kam die Anfrage des Jugendamtes, ob wir uns vorstellen könnten, einen Säugling aufzunehmen. Eine Pflegefamilie sind wir aber bereits seit 11 Jahren. Dass wir irgendwann einmal Bereitschaftspflege machen wollen, war uns schon lange klar, aber der Zeitpunkt zum Start passte erst Anfang des letzten Jahres.
Wie läuft das, wenn man Pflegestelle werden möchte? Welche Voraussetzungen sind nötig?
Wir sind als Dauerpflegefamilie zur Bereitschaftspflege gekommen. Als wir damals anfingen haben, haben wir ein Seminar besucht und es gab mehrere Gespräche mit dem Jugendamt, auch einen Hausbesuch. Ferner mussten mein Mann und ich einen Lebensbericht schreiben, eine ärztliches Attest, eine Schufa-Auskunft und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Die ärztliche Auskunft und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis müssen weiterhin regelmäßig beim Jugendamt hinterlegt werden.
Nun hattet ihr euch eigentlich ein größeres Kind vorgestellt, kein Baby. Wie waren die ersten Momente mit ihm?
Der Säugling ist nicht das erste Kind bei uns in der Bereitschaftspflege. Die Altersspanne war bisher vom Kleinkind bis zum Teenager. Eigentlich war für uns als Familie klar, dass zu uns Kinder ab dem Grundschulalter passen. Nun kam die Säuglingsanfrage. Alle Familienmitglieder waren aber direkt für die Aufnahme und ganz aufgeregt… so kam der Säugling. Überraschend, aber mit viel Liebe empfangen.
Als ich das Baby im Maxi Cosi gesehen habe, war der erste Gedanke: Oh je, ist der klein. Ich sollte ihn dann aus dem Sitz nehmen. Von da an war ich im Babymodus, obwohl das letzte Baby, das ich versorgt habe, jetzt im Teenie Alter ist.
Verliert man nicht ein Stückweit sein Herz an diesen kleinen Menschen?
Ja das verliert man und nicht nur ich… auch der Rest der Familie. Alle sind verliebt und haben das Baby richtig lieb. Allen ist aber bewusst, dass es unser Baby auf Zeit ist. Bei einem Baby kann man einfach nicht „auf Abstand“ bleiben – unmöglich.
Wisst ihr, wie lang das Baby bei euch bleiben wird? Bereitet ihr irgendwas vor, das ihr ihm mitgeben könnt, wenn eine dauerhafte Bleibe für das Kind gefunden wurde?
Nein, wie lange das Baby bleibt, wissen wir nicht. Auch bei den bisherigen Kindern wussten wir das nie. Manchmal muss ein freier Platz in einer Einrichtung gefunden werden, manchmal steht ein Gerichtsverfahren an. So lange, wie die Kinder uns brauchen, sind wir für sie da. Wir gestalten für jedes Kind ein Fotoalbum mit Gedichten, Versen und beschriebenen Fotos. Dieses Album geben wir den Kindern mit auf den Weg.
Mit welchen Gefühlen denkst du an den Abschied?
Ein Abschied tut immer weh. Der eine mehr, der andere weniger. Beim Baby wird es sicher wehtun. Wir freuen uns aber immer, wenn für die Kinder der weitere Lebensweg gut geebnet ist.
Werdet ihr gut begleitet als Familie?
Ja, wir werden vom Jugendamt gut begleitet. Beim Baby klingelte direkt nach der ersten Nacht das Telefon, wir wurden nach dem Schlaf, den Mahlzeiten und nach unserem Wohlergehen gefragt. Wir können Supervisionen besuchen und unsere Ansprechpartner haben ein offenes Ohr.
Wie sehen die Nächte aus?
Die ersten Nächte mussten wir das Baby zum Fläschchen wecken. Inzwischen sind wir bei einem guten Rhythmus angekommen und haben auch den ersten Schub 🙂
Was findest du besonders großartig an der aktuellen Situation?
Besonders großartig ist, dass die großen Kinder eine Vorstellung von einem Baby gewinnen können. Das kannten sie bisher nicht. Sie sind sehr interessiert und die stolzesten Kinderwagenschieber.
Was würdest du anderen Kurzzeitpflegestellen mit auf den Weg geben wollen?
Natürlich gibt es immer schwierige Zeiten, eine gute Vernetzung mit anderen Pflegefamilien hilft sehr. Bei Sorgen sollte man immer offen und direkt mit dem Jugendamt sprechen.