Ihr Lieben, hier erzählt uns Katrin von Wunderfrau vom Auswandern nach Griechenland. Sie schreibt: Sechs Monate ist es jetzt her, dass wir unsere Koffer gepackt haben, um Deutschland zu verlassen und in ein kleines Dorf an der Westküste Griechenlands zu ziehen. Und was soll ich sagen? Zum jetzigen Zeitpunkt war es eine der besten Entscheidungen meines Lebens, auch wenn der Anfang etwas holprig war.
Vom Auswandern nach Griechenland
Zu Beginn wurden wir hier für Touristen gehalten, so wie jeder Ausländer im Dorf eben. Vor allem unsere Fahrräder entlarvten uns sofort als Deutsche. Erst, als wir bei der Einschulung aufgetaucht sind, wurden wir mit großen Augen angeguckt: Ihr wohnt hier im Dorf? Wer zieht freiwillig von Deutschland nach Griechenland? Was arbeitet ihr hier? Nach der ersten Verwunderung wurden wir aber unglaublich herzlich aufgenommen.
Schulstart in Griechenland
Der Große (7 Jahre) wurde hier im September eingeschult und geht jetzt in die erste Klasse der örtlichen Grundschule. Das staatliche Schulsystem Griechenlands hat keinen guten Ruf und war eine meiner größten Sorgen. Lehrer*innen werden sehr schlecht bezahlt und für Infrastruktur gibt es wenig Geld, der Unterrichtsstil traditionell frontal und Rückzugsorte wie Kuschelecken gibt es nicht.
Besserverdiener schicken ihre Kinder deshalb meist auf Privatschulen, von denen es in Städten auch viele gibt, unter anderem Montessori und Walldorf. Für uns gab es diese Möglichkeit aufgrund unseres Wohnortes nicht und es war klar, dass die Dorfschule reichen muss.
Zu unserem Erstaunen wurden wir sehr positiv überrascht: Das Schulgebäude ist nagelneu und mit allem technischen Schnickschnack ausgestattet. Der Schulleiter und die Lehrer*innen sind sehr progressiv, achten sogar auf die Ernährung der Kinder und sind unglaublich herzlich. In der Klasse gibt es nur 16 Schüler. Unser Sohn hat sich von Beginn an wohlgefühlt, mag seine Lehrerin „Frau Katharina“ sehr und die Schule macht ihm Spaß. Mir fiel ein Stein vom Herzen.
Die staatliche Schule ist übrigens umsonst, inklusive der Schulbücher. Der Unterricht geht von 8:15 Uhr bis 13:15 Uhr und die Kinder haben Anrecht auf Betreuung bis 16 Uhr, ebenfalls kostenfrei. Die Sommerferien sind hitzebedingt 12 Wochen lang und dauern von Ende Juni bis Mitte September. Ansonsten gibt es noch zwei Wochen Winterferien und ein paar Ferientage an Ostern.

Keine Eingewöhnung im Kindergarten
Beim Kleinen (4 Jahre) war der Start in den Kindergarten leider schwierig. In Griechenland gibt es keine Eingewöhnung: Die Eltern geben das Kind an der Tür ab und basta. Da der Kleine in Deutschland schon halbtags betreut war, hatte ich mir deshalb aber keine Sorgen gemacht, was im Nachhinein ein großer Fehler war. In Heidelberg war sein großer Bruder mit ihm in der Kiga-Gruppe und hier war er zum ersten Mal alleine ohne Familie, plus die fremden Menschen, plus die fremde Sprache.
Es war einfach zu viel Neues auf einmal. Er hat an der Tür geweint und sich festgeklammert, es war schrecklich. Nach ein paar Tagen Kindergarten-Pause haben und dann mit 2h am Tag wieder angefangen haben. Das war zwar für die Erzieherinnen unverständlich, aber am Ende hat es dem Kleinen geholfen sich wieder sicher zu fühlen. Mittlerweile ist er zum Glück gut angekommen und mag besonders den Englisch-Unterricht zweimal pro Woche.
Die Kindergartengruppe hat auch nur 15 Kinder. Allerdings gibt es in Griechenland pro Gruppe nur eine Erzieherin, was mich anfangs schockiert hat. Der Kindergarten startet ab vier Jahren und zu diesem Zeitpunkt müssen die Kinder trocken sein. Für kleinere Kinder gibt es Einrichtungen, die einer Kita entsprechen.
Ohne Griechisch geht es nicht
Meine erste Krise nach dem Auswandern war der Tag, an dem mein Sohn das erste Mal Hausaufgaben aus dem Griechisch Unterricht mit nach Hause gebracht hat. Zwar konnte ich das fremde Alphabet zu diesem Zeitpunkt schon lesen, aber ich konnte weder die Aufgabenstellung übersetzen, noch kannte ich die Antwort auf die Fragen. Zwar ist mein Mann Grieche und hätte helfen können, doch er war zu diesem Zeitpunkt nochmal berufsbedingt für acht Wochen in Deutschland. Deshalb blieb uns nichts anderes übrig als uns mit Online-Übersetzern durchzuwurschteln, die leider für die griechische Sprache sehr schlecht sind.
Mittlerweile geht es schon viel besser. Die Jungs sprechen fast fließend griechisch. Das ist vor allem meinem Mann zu verdanken, der seit ihrer Geburt nur Griechisch mit ihnen spricht. Sie haben ihm zwar bis zum Umzug ausnahmslos auf Deutsch geantwortet, verstanden haben sie aber alles.
Mich motiviert das total. Schließlich möchte ich nicht die Einzige sein, die sich hier nicht verständigen kann. Ich lerne viel vom Großen, der schon ein super wandelnder Übersetzer ist. Außerdem habe ich zweimal pro Woche Sprachunterricht, kann das fremde Alphabet mittlerweile auch schreiben und kleine Gespräche führen. Die Griechen sagen „σιγά, σιγά“ was so viel bedeutet wie „nur mit der Ruhe“ und freuen sich über meine Bemühungen. Sie wissen um die Komplexität ihrer Sprachen.
Grieche Kinder lernen ab der dritten Klasse Englisch und ab der fünften Klasse eine zweite Fremdsprache, oft Deutsch. Die Sprachkenntnisse im ländlichen Raum sind trotzdem sehr begrenzt. Vor allem für Behördengänge ist Griechisch ein Muss.

Strand statt Pflastersteine
Extrem bemerkenswert an der griechischen Mentalität ist, dass Stress in Form von Zeitdruck nicht zu existieren schein. Niemand hetzt zum Kindergarten oder zur Arbeit. Wenn ein Kind zu spät zur Schule kommt, ist das nicht schlimm und wenn ich die Jungs von der Schule abhole, hält niemand sein Handy in der Hand. Die ganze Atmosphäre ist ruhig und gelassen.
Mein Mann und ich haben unseren Alltag ebenfalls total entschleunigen können und genießen die mediterrane Langsamkeit. Wir können glücklicherweise ortsunabhängig und ganz entspannt von zu Hause arbeiten. Ich habe mich vor vier Jahren mit meinem kleinen Unternehmen „WunderFrau“ selbständig gemacht, um Schwangere Frauen und Mütter mit Yoga und Ayurveda ganzheitlich zu betreuen. Mein Mann arbeitet im IT-Bereich.
Nach Kindergarten und Schule essen wir gemeinsam zu Mittag, der Große macht seine Hausaufgaben und die Nachmittage verbringen wir gerne am Strand. Hier können die Kinder frei und wild sein und wir Eltern müssen nicht ständig regulieren. Sie planschen, buddeln, rollen sich den Strand entlang oder machen Musik mit Kieselsteinen. Mein Mann und ich schwimmen, machen Yoga oder lesen und genießen das Meeresrauschen.

Fazit
Wir vermissen unser Leben in Deutschland aktuell nicht und möchten auf keinen Fall zurücktauschen. Die Griechen sind sehr herzlich und kinderfreundlich und das warme Klima macht den Alltag mit Kindern deutlich leichter. Falls es dich auch in die Ferne zieht, können wir nur empfehlen, es zu probieren.
4 comments
Das klingt alles fast zu schön um wahr zu sein, der Knackpunkt bei der ganzen Geschichte kam dann für mich, als ich gelesen habe. dass der Vater Grieche ist. Somit alles erklärbar leichter denke ich als wenn niemand die Sprache beherrscht, die Kultur fremd für alle ist, der Austausch mit Behörden nicht so funktioniert etc… sicher waren sie früher auch schon öfter in Griechenland im Urlaub.
Dennoch natürlich ein Segen für diese Familie, wären meine Parameter auch so würd ich mir das auch überlegen. Gutes wetter, Strand, 12 Wochen Sommerferien, alles weniger Stress..da sagt keiner nein oder?
Da gebe ich ihnen vollkommen Recht, am Anfang wird suggeriert es handelt sich um eine Deutsche Familie, nein die Kinder sind Griechen vom Vater ( das zählt für die Griechen) und so werden sie auch gesehen. Und das wichtigste das Geld wird nicht in GR verdient, so lässt sich beide Vorteile kombinieren:)
Kalimera ihr Lieben,
Wir sind ebenfalls 2022 nach Griechenland ausgewandert und bereuen es kein Stück.
Nur das wir schon nicht früher ausgewandert sind.
Wir leben in Faskomilia bei Igoumenitsa
Die Sprachprobleme haben wir hier zum Glück nicht, hier sprechen sehr viele Deutsch bzw. kommt man mit Englisch sehr gut weiter.
Unsere Tochter mittlerweile 16 Jahre alt besucht hier seit 3 Jahren das Gymnasium und geht ab Herbst aufs Lykio und zu unserem Neid schon akzentfrei Griechisch.
Ich betreibe hier meine Autowerkstatt und meine Frau ihren Pferdehof.
Beides wird sehr gut angenommen.
Wir sind hier ebenfalls sehr glücklich und können über die aktuelle Lage in Deutschland nur lachen wenn es nicht so traurig wäre.
Vielleicht lernen wir uns ja mal kennen.
Gruß Sven aus Faskomilia
Boah, bin einfach nur neidisch, gerade was die Themen Grundschule und Zeitdruck bzw. Abwesenheit von Zeitdruck angeht. Ich bin selbst in einem anderen Land groß geworden und habe den Eindruck, dass es mit der Bildung fast überall besser und entspannter klappt als in Deutschland. Ich wünsche euch weiterhin alles Gute, Mut zahlt sich manchmal wirklich aus!