Aufruf zu mehr Freundlichkeit – davon können unsere Kids viel lernen

leni moretti 2018 25

Es gibt Szenen, die nerven ich als Mutter extrem. Beispiel: Geschrei im Kinderzimmer. Ich frage: "Was ist los?" Sohn: "Meine Schwester hat mich gehauen!" Tochter: "Aber er hat mich auch gehauen." 

Ich versuche dann zu erklären, dass es nicht okay ist, jemandem weh tun, auch wenn man selbst vorher eine abbekommen hat. Für Kinder ist das nicht leicht zu verstehen, das kann ich nachvollziehen. Man sollte aber doch meinen, dass Erwachsene nicht automatisch mit "Ja, aber die anderen haben doch auch" ihr Fehlverhalten rechtfertigen – immer wieder muss ich aber feststellen, dass gerade wir Erwachsenen so kindisch argumentieren. 

Gestern morgen zum Beispiel parkte mal wieder eine Frau Ende 40 auf einem Eltern-Kind-Parkplatz. Das ist eins meiner absoluten Aufreger-Themen (HIER habe ich schon mal darüber geschrieben). Manchmal spreche ich die Leute, die zu Unrecht auf den Parkplätzen stehen, darauf an. Noch nie hat jemand gesagt: "Stimmt. Mein Fehler. Sorry." Die meisten sagen: "Ich habe auch ein Kind, es ist nur nicht dabei" oder sie weisen darauf hin, dass ein Eltern-Kind-Parkplatz im Gegensatz zum Behinderten-Parkplatz eine freiwillige Sache sei. Ich denke mir dann immer: Dann könnte man doch auch einfach freiwillig freundlich sein. Das Leben wäre dann so viel leichter. 

Gestern morgen blaffte die Frau mich an: "Ja, aber nachmittags kommen dann die ganzen Mütter und blockieren mit ihren SUVs alle Parkplätze hier." Hä? Diese Antwort habe ich so gar nicht verstanden. Es war morgens um halb neun, es ging um ihr Auto und nicht um Mütter, die nachmittags einkaufen gehen. 

Aber es ist so verdammt leicht – man zeigt einfach mit dem Zeigefinger auf jemand anderen und versucht so von sich abzulenken. Ich kann und will das einfach nicht verstehen. 

Dieses Parkplatz-Thema regt mich wahrscheinlich nur deshalb so auf, weil es stellvertretend für eine Einstellung steht, die gerade so viele Menschen haben: "Hauptsache mir geht es gut." Keiner der Menschen, die ich angesprochen habe, war so alt und schlecht zu Fuß, dass sie nicht einfach fünf Meter weiter parken hätten können. Sie waren schlicht zu faul und zu bequem. 

Wir Menschen wohnen nicht auf einer einsamen Insel, unser Handeln hat fast immer Auswirkungen auf andere Leute. Es wäre so schön, wenn man sich ab und zu überlegen würde: Wie fühlt sich der andere, wenn ich das mache? Kann ich vielleicht ein bisschen Rücksicht nehmen? Oder einfach mal helfen? 

Wir brauchen so viel mehr Freundlichkeit im Alltag. Einfach jemandem die Tür aufhalten, anstatt sich selbst zuerst durchzuquetschen. Oder jemanden an der Kasse vorlassen, der nur einen Liter Milch kaufen will. Einer alten Dame ein Lächeln an der Ampel schenken. Solche kleinen Gesten bewirken so viel. Sie kosten nichts – außer sich selbst vielleicht manchmal etwas zurückzunehmen. 

Von unseren Kindern erwarten wir oft, dass sie sich entschuldigen, wenn sie Mist gebaut haben. Von den Menschen, die ich auf das Parkplatz-Thema angesprochen habe, hat sich niemand entschuldigt, sie haben noch nicht mal ihren Fehler eingesehen. Ich frage mich, wie wir reagieren würden, wenn sich unsere Kinder immer so rausreden würden. Wir wollen unseren Kindern Ehrlichkeit beibringen – und schaffen es oft selbst nicht. Irgendwie seltsam, oder? 

Gerade die ältere Generation wirft den Kindern von heute vor, sich an keine Regeln mehr zu halten und sich auch nicht mehr benehmen zu können. Immer wieder erlebe ich aber, dass genau diese Leute sich vordrängeln, nicht nach rechts und links gucken und pöbeln, was das Zeug hält. Mir hat neulich – ohne Scherz – ein etwa 70-jähriger Mann den Mittelfinger im Auto gezeigt, als er kurz warten musste, weil ich nicht schnell genug in der Parklücke war. 

Es wäre wunderbar, wenn wir alle uns etwas mehr Mühe geben würden, ein bisschen mehr Rücksicht nehmen würden und einfach freundlicher wären – ich bin mir sicher, dass unsere Kinder sich davon ganz viel abschauen würden. 

Foto: Leni Moretti

 

 

 

cfacd1890b5648d6b7cf5b1c896a6e3c

Du magst vielleicht auch

9 comments

  1. Lächle – es verwirrt die Menschen
    Ich gebe Dir in allem absolut Recht. Was Dir die Eltern-Kind-Parkplätze sind mir die Aufzüge in Berliner Bahnhöfen. Wie lange wir Muttis mit unseren Kinderwägen anstehen, weil jemand, der zu faul ist die Rolltreppe zu nutzen, frech im Aufzug stehen bleibt, obwohl der Andrang auf denselben immens ist. Die grantigen älteren Herrschaften, die natürlich auch mit dem Aufzug fahren dürfen, weil sie schließlich unser Land nach dem Krieg mit ihren eigenen Händen wieder aufgebaut haben und wir ohne sie gar keine Aufzüge hätten, die sagen uns Muttis dann auch gerne, wie der Hase läuft: „Das sehen Sie doch, junges Fräulein, dass der Kinderwagen da nicht mehr reinpasst!“ Nein, sehe ich nicht. Und sehe ich vor allem nicht ein. Denn es dauert 7 (!!!) Minuten, bis der Aufzug wieder zurückkommt und mein Kind hat Hunger, ich will vorankommen, auch wenn ich es nicht eilig habe, so habe ich doch schließlich noch was vor.

    Ich gehe mich auch noch viel zu oft auf. Manchmal aber, da gelingt es mir, die Boshaftigkeit, schlechte Laune oder pure Streitlust meiner Mitmenschen mit einem Lächeln im Keim zu ersticken. Ich entschuldige mich einfach immer schon mal vorab. Einfach aus Prinzip. Obwohl ich nix gemacht hab. Bei der älteren Dame im Supermarkt vor mir an der Kasse, die ihre Artikel bis zum letzten Millimeter auf dem Band verteilt, obwohl mir die Arme abfallen und ich endlich was ablegen muss. „Verzeihung, ich muss ein bisschen drängeln, doch ganz schön schwer.“ Ich vermute, sie wird die Augen rollen oder einfach gar nix tun. Sie sieht meinen kleinen Einkauf, mein Baby in der Trage vor meinem Bauch, den Rucksack auf meinem Rücken, lächelt und fragt: „Wollen Sie vorgehen?“

    So kanns auch gehen. Nicht immer. Und leider erst Recht nicht immer öfter. Aber wenn wir aus Enttäuschung und Frustration aufhören es vorzuleben, auch wenn wir nur noch wenige sind, dann stirbt der freundliche kleine Plausch an der Kasse genauso aus wie die Nettigkeiten im Straßenverkehr.

    Jeder kämpft einen Kampf, von dem Du nichts weißt. Sei freundlich – immer.

  2. Leider sind viele so
    Wie schön und zugleich auch traurig dieser Text ist
    Ich lasse auch an der Kasse oft Leute vorbei, die nur ein Teil oder so haben, obwohl ich Kinder dabei habe. Natürlich bedanken sich die Leute und manchmal kriege ich auch zu hören, „sehr nett von Ihnen, ich habe aber Zeit und sie haben Kinder dabei, das passt schon.“ Meine Kinder fragen mich auch oft, warum ich andere Leute vor lasse und ich erkläre ihnen dann, dass es einfach nett ist und derjenige nicht so lange warten muss usw. Das mit den Parkplätzen ist leider überall so ein Thema. Viele Leute sind einfach zu faul. Ich parke, trotz Kinder, sogar meistens auf einem normalen Parkplatz, da ich weiß wie schwer so ein Maxi Cosi sein kann 🙂 das verstehen halt Kinderlose Menschen nicht.

  3. Als meine Tochte
    20 Monate alt war, bin ich alleine von London nach Nürnberg zurückgeflogen und hatte einen Buggy dabei. Hinter mir waren sehr viele Bussines Menschen die schnell ins Flugzeug wollten. Ich habe mit Absicht niemanden um Hilfe gebeten, mit dem Kind auf dem Arm und Buggy bin ich die Treppe runter gelaufen. Es hat sehr lange gedauert bis mir ein Mann seine Hilfe angeboten hat.
    Es ist schlimm, dass von den Kindern Freundlichkeit usw. verlangt wird, die jedoch von Erwachsenen nicht vorgelebt wird.
    Zum Thema Eltern-kind-Parkplatz: Wenn ich die Person sehe, gehe ich hin und bedanke mich total freundlich, dass ich den Maxi Cosi schleppen muss, weil sie sich auf den Parkplatz gestellt haben. Die Menschen sind dann meistens ganz perplex und laufen rot an. Das ist amüsant. Vielleicht frage ich das nächste mal, ob sie mir beim Tragen von Maxi Cosi helfen???

  4. Stimme zu
    Grundsätzlich stimme ich mit fast allem überein, allerdings finde ich es völlig daneben, an einer Kasse zu fragen, ob man vor darf. Das ist super unhöflich. Denn wenn man nicht vorgelassen wird, dann muss man….warten. Ja genau, und das ist auch kein Drama. Wenn man mal 5 Minuten wartet und nicht sofort dran kommt. Da steckt nämlich auch schon wieder ne Erwartungshaltung hinter. Ich lasse übrigens grundsätzlich auch jemand vor, wenn ich viel und der wenig hat. Aber manchmal will/muss ich mich auch mega beeilen und dann muss der hinter mir auch schon mal kurz warten. Hat noch keinen umgebracht.

  5. Du schreibst mir von der
    Du schreibst mir von der Seele. In Bussen steht keiner mehr auf,wenn eine ältere Person oder eine schwangere Frau kommt.Gegrüßt wird auch nur selten und das permanente Gedrängel in Schlangen ist teilweise so dreist, dass es mir die Sprache verschlägt. Jeder stellt sich und seine Interessen in den Mittelpunkt ohne zu hinterfragen, ob man damit vielleicht jemand anderem schaden könnte. Dabei wäre uns allen geholfen,wenn wir mehr Rücksicht aufeinander nehmen würden. Wie du sagst, ein freundliches Wort oder ein Lächeln kosten nichts und machen andere glücklich. Wenn wir alle es unseren Kindern beibringen, vielleicht klappt es ja dann in ein paar Jahren wieder.

  6. meine Meinung…..
    …….ich kenne auch die rücksichtlosen und unfreundlichen Menschen, versuche mich davon aber nicht mehr so beeindrucken zu lassen. Auf der anderen Seite komme ich sicher auch manchmal so rüber, wenn ich genervt bin, einen schlechten Tag hatte oder schlicht zu müde bin um zu merken, dass ich meinen Platz hätte anbieten können in der Bahn.
    Ich muss allerdings auch sagen, dass ich die andere Seite hier vom Rande Berlins kenne…Menschen, die freundlich lächeln, Rücksicht auf ein wütendes Kind im Supermarkt nehmen oder mich an der Kasse vorlassen. Vielleicht sollte man darauf einfach mehr achten und versuchen, selber immer mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn dadurch lernen auch unsere Kinder. Manchmal klappt das und manchmal nicht, ist nur menschlich.

    LG Evi

  7. Freundlichkeit würde wirklich helfen
    Ich sehe das auch so. Bei uns sind die Eltern-Kind-Parkplätze noch nicht mal besonders nah an den Türen, wahrscheinlich bleiben sie daher auch eher frei. Aber sie sind halt deutlich größer, so dass man eben auch eine Babyschale vernünftig aus oder in ein Auto bekommt oder das Kleinkind anschnallen kann ohne sich zu verrenken. Ich habe mich früher aber schon immer über ältere Leute aufgeregt, die mir die Kaufhaustür vor der Nase haben zufallen lassen oder sich an der Kasse eiskalt vordrängeln. Und gerade letzte Woche stand ich im Drogeriemarkt und hatte ein Packung Schwimmwindeln, während vor mir ein Paar mit einem kompletten Einkaufswagen stand, ich hab kurz überlegt, mich an ihnen vorbei zu schieben, dachte aber, das kannst Du nicht machen. Aber auf die Idee mich mit meinem einen Teil vor zu lassen sind sie auch nicht gekommen. Sowas ärgert mich echt.

    1. Nächstes Mal
      … frag doch nächstes Mal einfach freundlich, ob Du mit einem Artikel einfach vor darfst. Nicht immer bekommt man so etwas mit, dass hinter einem jemand mit nur einem oder wenigen Artikeln steht. Ich wurde auch schon öfter angesprochen und habe dann bereitwillig vorgelassen.
      Die anderen Leute kann man ja oft leider nicht ändern, aber bei sich selbst kann man immer anfangen. 😉 Liebe Grüße 🙂

  8. Beim Parkplatz-Thema könnte
    Beim Parkplatz-Thema könnte ich zum Rambo werden. Ist leider hier auch Standard, grundsätzlich werden die Eltern-Kind Parkplätze zugeparkt damit man ja auch nicht 10 Schritte zu viel gehen muss. Gerne wird auch oft direkt neben der Eingangstür auf dem Durchfahrtsbereich geparkt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert