Ihr Lieben, alleinerziehend zu sein ist eine hammerharte Aufgabe. Wir wissen, dass wir ganz, ganz viele Alleinerziehende hier in der Community haben und wissen, was diese Frauen jeden Tag wuppen. Leonina ist eine von ihnen, sie erzählt uns heute davon, wie schwer es für sie war, als Alleinerziehende wieder einen Job zu finden…
Liebe Leonina, als dein Sohn noch klein war, hast du Hartz 4 bezogen. Wie kam es dazu?
Als ich nach der Elternzeit wieder arbeiten wollte, wurde mir von meinem alten Arbeitgeber gesagt, es gäbe keine Teilzeitkapazitäten. Da eine Vollzeitstelle für mich damals nicht in Frage kam, habe ich mich entschieden, einen Auflösungsvertrag zu unterschreiben. Am Anfang war ich noch zuversichtlich, denn ich dachte, es ich finde schnell was Neues. Ich habe eine sehr gute Ausbildung und einen guten Lebenslauf.
Dann fing allerdings ein Marathon an, den ich so nicht erwartet hatte. Ich bekam auf fast jede Bewerbung ein Vorstellungsgespräch (und bin dafür bundesweit! gefahren) – aber wenn das Gespräch auf meine private Situation kam, sah man immer schon in den Gesichtern, dass das Gespräch an der Stelle vorbei war – alleinerziehend mit kleinem Kind (mein Sohn war damals 1,5 Jahre alt) war für alle ein rotes Tuch. Ich bekam also jahrelang nur Absagen. Das erste Jahr mit ALG! war schnell vorbei und ich musste dann ALGII beantragen. Das war echt schlimm und ich hätte nie erwartet, dass es so kommt.
Wie sah damals euer Alltag aus? Hat das Geld gereicht?
Ich habe nie mit dem Vater meines Sohnes zusammen gewohnt, sondern war immer mit meinem Sohn in einer 2-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung war schön und lag in einer sehr schönen Gegend, aber es waren nur zwei Zimmer. Mein Sohn hat irgendwann sein eigenes Zimmer bekommen und ich eine Schlafcouch im Wohnzimmer.
Das Geld mit Hartz 4 ist immer knapp. Wenn mein Sohn in der Kita war, habe ich Jobs gesucht. Ab und zu hatte ich mal 450 Euro-Jobs, davon darf man dann 176 Euro behalten. Aber ehrlich gesagt bringt dieser Mehrverdienst auch eine Menge Stress. Man muss alle Abrechnungen und Formulare beim Amt einreichen, bekommt Wochen später Bescheide – alles ist ein riesiges Chaos.
Wie und wo hast gespürt, dass du arm bist? Was konntest du dir nicht mehr leisten?
Das habe ich jedes Mal gespürt, wenn ich einkaufen war. Man steht im Laden, schaut die Preise an und rechnen im Kopf immer mit, was die Sachen kosten, die man im Wagen hat.
Was hat das mit dir psychisch gemacht?
Eine Zeit lang war ich völlig fertig. Ich hatte nie damit gerechnet, Hartz4 beantragen zu müssen und am Ende waren es 3 Jahre. Ich hatte irgendwann eine riesige Angst vor Vorstellungsgesprächen, weil ich Angst hatte, dass wieder eine Absage kommt, wenn ich erzähle, dass ich alleinerziehend bin.
Ich hatte mir für manche Gespräche schon einen Fake-Ehemann zurechtgelegt, weil ich sehen wollte, ob das einen Unterschied macht. Am schlimmsten war die Angst, es könnte immer so weitergehen. Man sieht zeitweise das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr.
Wie und wann hat sich diese Situation verändert?
Die Situation hat sich geändert, als ich durch Zufall mit jemandem ins Gespräch gekommen und er meinte, er suche noch Leute, die Lust haben, sich in was Neues einzuarbeiten. Ich habe mich dann da vorgestellt, und zum ersten Mal hatte jemand Verständnis für meine Situation. Ich wurde wirklich eingestellt, das war mein erster fester Arbeitsvertrag. Mein Sohn war zu dem Zeitpunkt 5 Jahre alt.
Die Stelle war zwar nur befristet, aber sie hat mir genug Aufschwung gegeben, um wieder Kraft zu haben. Ich habe dann noch eine Weiterbildung gemacht und dann einen Job gefunden.
Wie hat sich euer Leben verändert, seit du wieder Geld verdienst?
Es verbessert sich stetig. Am besten ist für mich die Ruhe im Kopf. Ich weiß, dass genug Geld auf dem Konto ist um Essen, Kleidung und Schulsachen zu kaufen. Mittlerweile verdiene ich auch wieder ganz gut, so dass wir jetzt eine größere Wohnung haben und auch regelmäßig kleine Urlaube machen können.
Warum war es dir so wichtig, wieder auf eigenen Beinen zu stehen?
Ich glaube, das Schlimmste am Hartz4 ist, dass man das Gefühl hat, nicht mehr selbstbestimmt handeln zu können. Und ich wollte meinem Sohn auch immer ein gutes Leben ermöglichen. Ich wollte einfach nicht, dass er immer hinter seinen Freunden zurück stehen muss….
Manche Menschen denken ja, dass alle Menschen, die Hartz 4 beziehen, einfach faul seien, weil es ja genügend Arbeit gäbe. Was denkst du dazu?
Genügend Arbeit gibt es bestimmt, aber manchmal passt man nicht in das Bild, das die Arbeitgeber haben. Ich habe in der Zeit die wildesten Sachen auf dem Arbeitsmarkt erlebt. Das ging von „eine Alleinerziehende passt nicht ins Team“, „Eine Frau passt nicht ins Team“, und „kollidieren die KiTa Öffnungszeiten nicht mit Ihrer Arbeitszeit?“ (Das war bei einer Versicherung – Arbeitszeit von 8-16 Uhr.)
Was möchtest du anderen Alleinerziehenden, die heute in einer ähnlichen Situation sind wie du damals, raten?
Durchhalten! Irgendwann ändert sich die Situation wieder. Ich habe außerdem tatsächlich gute Erfahrungen mit der Beratungsstelle beim Arbeitsamt gemacht. Es gibt da viele Schulungen, die man mitmachen kann. Traut euch, Hilfe anzunehmen!
17 comments
Mir fällt auf wie wenig Werte wie gutes Benehmen gefragt sind!? Da interessieren mich mal die Rückmeldungen von Unternehmen/ Personalern… ob die das wirklich so “ schätzen“ plump geduzt zu werden? Ich denke in 85% der Fälle ist das Gespräch beendet bzw wird auf dieses Anschreiben garnicht reagiert. Aber da scheint hier im Forum erhebliche Unkenntnis zu herrschen. Vielleicht wäre das Thema ja mal wichtig für Einige hier???
@Silvia
Ok, Boomer. 😂
Ich versteh das Gekeiffe irgendwie absolut nicht. Hätte, hätte…würstenkette.Die Welt ist voll mit Leuten die es gleich gewusst haben und es natürlich viel erfolgreicher gemacht hätten.
Die Schreiberin erzählt ihre Geschichte, authentisch. Nicht wie manch anderer Beitrag hier. Warum geht den gleich die Wertung los? Oder ist hier nach Rat gefragt worden?
Und Silvia was ist eigentlich los? Fühlst du dich nur „lebendig“ wenn du die Gegenposition einnimmst? Immer grundsätzlich? Und wenn man nichts findet kommt Frau beim Sie an, auf einem Blog, bei dem alles per Du läuft? Ernsthaft? Oder ist Silvia nur erfunden, da mit es eine Blog Zicke gibt und mehr kommentiert wird????
Was ich nicht verstehe ist, warum sie in jedem Bewerbungsgespräch auf ihre familiäre Situation so offen geantwortet hat. Das geht doch niemanden was an. Es reicht heutzutage völlig aus, zu sagen, man sei ein eingespieltes Team oder es sei für alles vorgesorgt oder darüber müsse sich der potenzielle neue Chef keine Gedanken machen. Niemand muss beim Bewerbungsgespräch Fragen zum Privatleben beantworten. Das einzig Wichtige sind Betreuungszeiten und Arbeitszeiten. Warum denn jedes Mal denen aufs Brot schmieren, dass man alleinerziehend mit Kleinkind ist (die ja bekanntermaßen auch einfach ständig krank sind) und sich dann wundern, dass es wieder eine Absage gab? Wo ist denn da die Lernkurve? Ich hab mich auch wieder beworben, als unser Sohn 16 Monate alt war und zur Tagesmutter ging, da hat niemand nach dem Familienstand gefragt. Ich habe eine Teilzeitstelle gesucht, bei einem Job passten die Betreuungszeiten zur Kernarbeitszeit und fertig, Vertrag unterschrieben (Qualifikation und Chemie stimmten natürlich auch, aber ihr wisst schon, was ich sagen will).
Maya
Wenn ich beim Bewerbungsgespräch, auch wenns höflich ist, abbrechen oder verschweigen werde ich nicht eingestellt. Wer einmal nicht aufrichtig ist, ist das vielleicht sonst ja auch nicht? Und natürlich werden diese Fragen im Gespräch gestellt allein um die Reaktion darauf zu sehen, machen wir auch.
Diese Fragen zu stellen, ist nucht rechtens. Auch wenn man nur an der Reaktion interessiert ist. .. Dir scheint wohl egal zu sein, was das in Deinem Gegenüber auslöst, sonst würdest Du dss nicht so öffentlich rausposaunen.Warst Du nicht im Pflegebereich? Könnt Ihr es Euch echt noch leisten Angestellte schlecht zu behandeln?
Im Gegenteil bei uns arbeiten etliche Alleinerziehende und Eltern mit Kleinkindern. Im Team wird nämlich alles gelöst das setzt aber Ehrlichkeit und Vertrauen voraus. Das funktioniert nämlich nur wenn man weiß wer welche Rücksichtnahme braucht bzw warum das so ist. Wir reden hier nicht über einen Kernarbeitszeitenjob das funktioniert bei uns garnicht.
Wir reden hier vom Gesetz. Ehrlichkeit und Vertrauen kann nicht in einem Vorstellungsgespräch aufgebaut werden , das ist ja eine echt lächerliche Vorstellung. Schon gar nicht, wenn man als zukünftiger Arbeitgeber, die Richtlinien beugt, die die Angestellten schützen sollen. Im Prinzip testen SIE ( wie gewünscht) damit nur, ob das zukünftige Teammitglied nach IHREN Regeln spielt. Ich erinnere mich an Diskussionen hier, wo SIE vehement gefordert haben, dass Eltern sich permanent an den Arbeitsplatz anzupassen haben. Das ist nicht Ehrlichkeit und Vertrauen, wie es landläufig verstanden wird, das ist Ausbeutung unter dem Deckmantel von Worthülsen Vertrauen und Ehrlichkeit. Ausbeutung ist es immer dann, wenn ich die Grundrechte des Gegenüber nicht anerkenne. Mein Bauch sagt in solchen Situationen, nix wie weg. Aber mein Einkommen ist gesichert, ich muss sowas nicht tun.
RM
SIE lautet die korrekte Anrede, wir sind hier schließlich nicht in der Gosse, ausser Einzelfälle.
RM
Kleines Beispiel, weiß ich die Kollegin kommt später weil das Kind noch kurz zur Kita muss oder weiß ich das nicht und das bedeutet einfach zu spät kommen. Oder weiß ich Jemand kann nur bestimmte Schichten arbeiten oder weiß ich das nicht und verliere so Leute? Eigentlich doch viel einfacher ehrlich Probleme anzusprechen und diese dann bei der Einteilung zu wissen/ berücksichtigen. Was ist daran Ausbeutung? Im Gegenteil so bindet man zufriedene Mitarbeiter aber das funktioniert nur mit entsprechender Gesprächsbereitschaft. ( distanzierte Einzelgänger passen allerdings generell nicht in Pflege- bzw soziale Berufe.
Herrje… Es geht um Rechte der Arbeitnehmer:innen im Bewerbungsprozess und im Speziellen von alleinerziehenden Eltern. Wie es dann hinterher weiter läuft, ist doch wieder ein anderes Thema.
@Silvia
Grammatikalisch ergibt dein Satz leider keinen Sinn, daher weiß ich nicht genau was du zu sagen versucht hast.
Die Frage „Sind Sie verheiratet?“ hat in einem Bewerbungsgespräch nichts zu suchen, ein seriöser Arbeitgeber stellt diese auch nicht. Und die Frage nach der Kinderbetreuung kann man insofern ehrlich beantworten, dass dafür gesorgt ist, natürlich nur sofern das auch zutrifft (ist ja auch nicht sinnvoll sich zu bewerben, wenn man noch gar keinen Betreuungsplatz hat). Mehr geht den potentiellen Arbeitgeber nichts an und nehr wurde ich bei meiner Jobsuche auch nicht von meinem jetzigen AG gefragt.
Maya
Selbstverständlich gehören Kinder in den Lebenslauf!? Und Erwachsene werden Mut SIE angesprochen. ( Schreibprogramm hat aus ausweichen leider abbrechen gemacht aber wer denken kann versteht es) Und natürlich ist das eine “ tolle“ Atmosphäre wenn einer da sitzt und Antworten verweigert, nein man sollte adäquat mit seiner Muttersprache umgehen können und klug reagieren und trotzdem noch sympathisch wirken, das ist worauf es ankommt.
@Silvia
Da ist wohl jemand nicht auf dem aktuellen Stand, was Bewerbungs-Knigge angeht… Familienstand sowie Angaben zu Kindern sind mittlerweile freiwillig. Übrigens auch die Angabe zum eigenen Alter.
„ Wenn ich beim Bewerbungsgespräch, auch wenns höflich ist, abbrechen oder verschweigen werde ich nicht eingestellt.“ Sorry, aber hier ist grammatikalisch so viel falsch, dass ich mir nicht die Mühe mache, in meiner Antwort darauf zu siezen. Btw, „erwachsen“ sind wir hier vermutlich alle, also komm mal runter von deinem hohen Ross und fang erst mal an, deine Kommentare Korrektur zu lesen, bevor du sie postest.
Alles Gute für die Zukunft, paradoxerweise funktioniert das Unterhaltssystem in Deutschland besser für Unverheiratete ( ich hatte sofort die Beistandschaft vom Jugendamt fürs Kind, meine Schwester da NOCH verheiratet nicht, während der Scheidung müssen das die Anwälte mit regeln was lange dauert). Dadurch ging bei mir alles zügig und das Jugendamt setzt jede Anpassung durch und nimmt spätestens alle 2 Jahre automatisch Einsicht in die Finanzen des Vaters. Diese Zeitverzögerung fällt weg weil das Amt sofort handlungsermächtigt ist, daß ist eine große Sicherheit. Deshalb kann ich nur sagen weil wir nicht verheiratet waren, funktionierte die Umsetzung und Prüfung sofort und das ist bis heute so. Da gibt es ( kurze) Fristen und an die hat sich der Schuldner/ Vater zu halten sonst geht’s offiziell über AG oder Finanzamt. Ebenso wie Pfändung bei Nichtzahlung SOFORT umgesetzt werden kann.
Toll, dass Du durchgehalten hast. Du kannst so stolz auf dich sein!!!Unser System ist nicht dafür gedacht, dass man wenn man „am Boden“ liegt wieder aufsteht. Ich arbeite im öffentlichen Dienst und sehe immer wieder wie schwer es gerade Müttern gemacht wird.
Die Sachbearbeiter sehen das, haben einen gewissen Spielraum und doch ist er so gering. Sehr frustrierend auch für die andere Seite.
Das klingt echt stressig. Es müsste viel einfacher sein, neben Hartz4 wieder in das Berufsleben einzusteigen, ohne so viel Bürokratie. Und es müsste auch einfacher sein, Diskriminierung wie „eine Frau paßt nicht ins Team“ anzuzeigen. Was ich allerdings nicht verstehe: wieso wird es im Vorstellungsgespräch überhaupt thematisiert, dass man alleinerziehend ist? Das tut doch nichts zur Sache? Alles Gute