Depressionen als Kind: Mein Sohn äußerte mit 7 schon eine Todessehnsucht

Depressionen als Kind

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Ihr Lieben, der Sohn unserer Leserin ist sieben Jahre alt, als er eine Depression entwickelt. Was macht das mit der Familie, wie hat sie als Mutter das erlebt und wie geht es ihrem Kind heute? Depressionen als Kind können einfach auch schon in jungen Jahren vorkommen… für das Umfeld eine absolute Ausnahmesituation.

Liebe Barbara, erzähl doch mal kurz, wie viele Personen zu deiner Familie gehören, in welchem Alter etwa und ob ihr eher ländlich oder städtisch wohnt.

Zu meiner Familie gehören mein Mann (37 Jahre), meine 10jährige Tochter und mein inzwischen 8jähriger Sohn, dazu ich (36 Jahre). Außerdem unser Familienhund. Wir wohnen sehr ländlich in einem kleinen Dorf unweit der Nordsee.

Du hast uns erzählt, dass dein siebenjähriger Sohn seit Wochen mit Depressionen zu Hause ist. Wie geht es ihm ganz aktuell am heutigen Tag.

Heute geht es ihm im Großen und Ganzen wieder ganz gut. Er hat die Schule gewechselt und ist jetzt nach den Osterferien die zweite Woche dort.

Und wie geht es dir, was sagen deine Kräfte als Mama?

Ich bin nach der ganzen Zeit, die er zuhause war wirklich sehr abgekämpft gewesen. Die Ferien haben uns allen gut getan. Wir sind zwar zuhause geblieben, aber wir haben lange geschlafen und uns darum gekümmert, dass es allen gut geht. Alle mussten ausruhen von den wilden Wochen zuvor.

Depressionen als Kind… erzähl uns doch mal, wie alles begonnen hat, wann du erste Anzeichen bemerkt hast und welche.

Wann es angefangen hat kann ich rückblickend kaum sagen. Er ging schon nie gerne in den Kindergarten und für ihn waren die langen Lockdown Phasen ein Segen. Dann hat er sehr viel Erwartung in die Schule gesetzt. Dass es endlich mehr Spaß macht als im Kindergarten und er viele tolle Dinge lernen kann.

Leider wurde aufgrund von sehr viele Streitigkeiten und aggressivem Verhalten von anderen Kindern das erste Schuljahr einfach anstrengend. Er flog mit seiner sehr sensiblen Seele unterm Radar. Hatte viele Ängste, die immer mehr wuchsen. Eckte oft an, weil er Streit hasst und diesen lieber schlichten wollte, was von den Lehrkräften aber nicht gewünscht war und als einmischen gewertet wurde. ‚Er zieht den Streit damit ja auch an‘

Die Klasse wurde geteilt und es gab eine Kombiklasse mit der neuen ersten Klasse. Und damit kamen noch mehr Angst zum Start der Sommerferien. Ab da nahm die Abwärtsspirale immer mehr Fahrt auf. Er schlief nicht mehr ohne enge Begleitung, hatte Angst Kindern aus der Schule auf der Straße zu begegnen und malte alles immer mehr schwarz.

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In der neuen Klasse fand er nie seinen Platz. Er wurde immer unsicherer, unorganisierter und verweigerte die Mitarbeit, weil seine Gedanken immer nur um den nächsten doofen Moment kreisten, der auf ihn zukommen könnte. Die nächste Pause, der Schulweg nach Hause.

Wir haben dann die Therapeutin, die ihn immer wieder sieht mit ins Boot geholt. Er ist auch ein Kind mit einer autistischen Schwester und da war es uns immer wichtig, dass er einen neutralen Ansprechpartner hat. Sie hat uns beraten und er ist ab Herbst wieder sehr regelmäßig zu ihr gegangen.

Dann fing er an uns gegenüber zu äußern, dass er lieber tot sei als in die Schule zu gehen. Ihn würde auf dieser Welt ja eh niemand brauchen. Das sagte er auch seiner Therapeutin. Wir waren im engen Austausch mit ihr und auch der Schule. Die Schule schob alles von sich und war einfach schlichtweg überfordert.

Wann habt ihr dann gedacht: Jetzt brauchen wir hier mal Hilfe. Und an wen habt ihr euch damit gewendet?

Im Dezember haben wir die Reißleine gezogen, als er aufhörte zu essen, nicht mehr aufstehen wollte und noch nicht mal mehr seinen eigentlich heißbeliebten Adventskalender öffnete. Daraufhin gab es einen Notfalltermin beim Kinderpsychiater. Der eine kindliche Depression bestätigte. Er verordnete viel Therapie und gab noch einige Tipps mit auf den Weg.

Vor den Weihnachtsferien machten dann die Schule so starke psychosomatische Bauchschmerzen, dass unser Sohn nicht mehr zur Schule ging und im neuen Jahr bis Ostern krankgeschrieben wurde. Er ging engmaschig zur Therapie und zuhause haben wir auch sehr stark dran gearbeitet ihn zu stärken.

Wie habt ihr die Schule informiert und mit einbezogen?

Die Schule haben wir frühzeitig ins Boot geholt. Die wollten aber gerne nur externe Hilfen haben,

wie eine Schulbegleitung. Das Kernproblem war bestimmt auch die Größe der Schule mit knapp 60 Schülern. Alles sehr frei gestaltet und dazu eigentlich immer laut.

Depressionen waren uns schon bekannt, denn mein Mann selbst war daran erkrankt. Die größte Hilfe, die wir unserem Sohn geben konnten war ein schulischer Neustart an einer anderen Grundschule, die keinerlei Überschneidung mit unserer hat. Die ist in der nächsten Kleinstadt. Er fährt jetzt morgens und mittags mit dem Taxi.

Die nächsten Wochen ist erstmal Ankommen dort angesagt. Die Schule ist deutlich größer und sehr klar strukturiert. Das war uns sehr wichtig, damit er sich selbst nicht andauernd rückversichern muss, ob er oder andere sich noch in den Regeln befinden.

Kannst du im Moment arbeiten gehen?

Ich habe aufgrund unserer Tochter die letzten Jahre eh nur sehr wenig gearbeitet und bei uns ist

immer ein Elternteil zuhause. Ich mache grade eine berufliche Neuorientierung in meinem Unternehmen durch. Von dort erhalte ich sehr viel Verständnis und Rückhalt. Aber nun, wo er wieder zur Schule geht, werde ich auch das, was in den letzten Wochen liegen geblieben ist aufholen müssen. Da muss ich mich selbst gut strukturieren.

Welche Hilfen bekommt dein Sohn derzeit?

Unser Sohn startet nun in eine Therapiegruppe. Damit er sich mit anderen Kindern austauschen kann. Dazu geht er regelmäßig zu seiner Therapeutin.

Welche Hoffnung hast du?

Ich habe die Hoffnung, dass er in der neuen Schule gut ankommt. Und endlich als der Junge gesehen wird, der er ist. Eine sensible Seele, die aus deinem dunklen Tal kommt. Mit dem man aber auch eine Menge Spaß haben kann. Der interessiert ist an dieser verrückten Welt auf der wir leben.

Was möchtest du anderen Familien mitgeben, die ebenfalls mit Depressionen in sehr jungen Jahren zu kämpfen haben?

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich Eltern nur empfehlen auf ihr Bauchgefühl zu hören und ihre Kinder ernst zu nehmen.

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1 comment

  1. Das ist heftig. Mein Sohn hatte in der ersten Klasse, also mit 6 Jahren, auch mal so eine Phase, in der es ihm nicht gut ging. Etwas anders gelagert als hier, er hat eher so Minderwertigkeitsgefühle geäußert: „ich kann nichts, ich bin nichts, es wäre besser, es würde mich nicht geben…“ Das hat mich natürlich sehr mitgenommen und ich habe mich gefragt, wo das herkommt. Zum Glück wurde es im Laufe der Zeit wieder besser. Getröstet hat mich der Gedanke, dass so junge Kinder nicht wirklich sterben wollen, vielmehr wollen sie einfach nicht mehr in dieser unangenehmen Situation sein, in der sie sich hilflos und überfordert fühlen. Alles Gute euch.

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