Am Montag wird mein Söhnchen zwei Jahre alt. Immer, wenn ein Kinder-Geburtstag ansteht, denke ich an die Tage kurz vor der Geburt. Wie habe ich mich damals gefühlt? Wie sah ich noch mal mit Bauch aus? Und dann auch: Wie war die Geburt? Genau davon will ich Euch heute berichten.
18.1. 2014 3 Uhr morgens. Es zwickt und zwackt, ich kann nicht mehr schlafen. Ich bin bereits 8 Tage über dem Termin, in 6 Stunden habe ich das Vorgespräch zur Einleitung, das Fruchtwasser ist knapp. Ich habe Angst, denn ich will keine Einleitung. Meine Tochter wurde drei Wochen vor Termin eingeleitet und ich empfand das alles als sehr schmerzhaft und unnatürlich. Ich wünsche mir diesmal, dass es von alleine los geht. Und tatsächlich habe ich jetzt leichte Wehen. Ich schleiche mich ins Badezimmer und lasse eine Wanne ein. Die Schmerzen werden weniger. Ich trockne mich ab und kuschel mich auf die Couch. Schlafen kann ich nicht richtig, aber ich döse immer wieder weg.
8 Uhr morgens. Mein Mann wacht auf und fragt erstaunt: „Was machst Du denn auf dem Sofa?“ Ich erzähle von meiner Nacht, ziehe mich an und rufe mir ein Taxi. In einer Stunde habe ich das Gespräch in der Klinik. Und plötzlich habe ich regelmäßige Wehen. „Soll ich mit kommen?“, fragt mein Mann? „Nein, bleib Du bei der Großen. Ich bin sicher gleich wieder da.“
8.30 Uhr. Das Taxi kommt. Der junge, türkische Fahrer guckt erstaunt auf den Bauch. „Haben Sie etwa Wehen?“, fragt er. Ich nicke und atme tief aus. „Ich habe selbst drei Kinder. Ich fahr so schnell ich kann, versprochen. Halten Sie durch.“ Wir brausen durch die Hauptstadt, die gerade erst erwacht. Ich habe Schmerzen. Bis wir vor dem Krankenhaus halten. Als ich kurz darauf am CTG liege, sind keine Wehen mehr zu erkennen. Bin ich bescheuert? Die Ärztin sagt, sie kenne das. Wir vereinbaren, dass ich wieder nach Hause fahre. Falls sich nichts tut, soll ich am nächsten Morgen zum Einleiten kommen.
9.30 Uhr. Ich sitze wieder im Taxi. Und habe sofort Wehen. Nochmal: BIN ICH BESCHEUERT? Das gibt´s doch nicht. Zurück will ich nicht, die halten mich ja da für verrückt. Also fahre ich heim, wo mein Mann gespannt wartet. Komischerweise will ich alleine sein. Ich schicke ihn und meine Tochter auf den Spielplatz. Ich will versuchen zu schlafen.
11.00 Uhr. Ich wache auf, ich habe wohl tatsächlich 45 Minuten geschlafen. Aber jetzt fühlt sich alles anders an. Ich habe starke Schmerzen. Ich bin froh, alleine zu sein, blende alles um mich herum aus, atme, laufe, atme, laufe. Irgendwann versuche ich mit meinem Telefon die Abstände zwischen den Wehen zu messen. Doch vor lauter Schmerzen vergesse ich immer wieder, die Stopp-Uhr auszuschalten. Ich verliere das Zeitgefühl, atme nur noch. Ich kann doch nicht schon wieder ins Krankenhaus, da komme ich doch gerade erst her, die halten mich ja für irre. Aber das, was ich habe, sind definitiv ordentliche Wehen.
12. 00 Uhr: Ich rufe meinen Mann an. „Komm nach Hause“, sage ich. „Gibt´s Mittagessen?“ fragt er. „Ich glaube, das Kind kommt bald“, sage ich. „Jetzt? Aber eben war doch noch nichts.“ Ich lege einfach auf, die nächste Wehe kommt. Mein Mann verfrachtet die Große zu einer Freundin und rennt quer durch den Prenzlauer Berg. Noch heute breche ich in schallendes Gelächter aus, wenn ich an sein „Gibt´s Mittagessen?“ denke….
12. 30 Uhr: „Stopp mal den Abstand. Und danach lass mir bitte eine Wanne ein“, sage ich zu meinem Mann. Er stoppt. „Alle vier Minuten. Du gehst nicht mehr in die Wanne, sonst schaffen wir es nicht mehr ins Krankenhaus. Wir fahren JETZT los“, sagt er leicht panisch.
13. Uhr: Die Autofahrt ist speziell. Einmal erwischt mich eine Mega-Wehe mitten auf einer Kreuzung im Wedding. Die Leute an der Ampel gaffen, mir ist es egal.
13. 15 Uhr: Im Krankenhaus sagt die Hebamme: „Na nu, waren Sie nicht erst heute morgen da?“ Ich kann nichts antworten, sondern kralle mich an meinem Mann fest, veratme die Wehe. Ich werde untersucht. Die Hebamme sagt: „Na, da ist aber ordentlich was voran gegangen. Sie können direkt durch in den Kreissaal.“
13.30 Uhr: Ich sitze auf dem Gymastikball, Wehe um Wehe kommt. Während ich zu Hause absolute Ruhe brauchte, um bei mir zu sein, bin ich jetzt so froh, dass mein Mann bei mir ist. Ohne ihn würde ich das hier nicht durchstehen.
14.00 Uhr: Die Hebamme untersucht mich. „Das Kind kommt noch in meiner Schicht. Und die ist um 15 Uhr vorbei“, sagt sie. Ich starre sie an. Echt jetzt?
14.20 Uhr: Wie in Trance. Nur ich und der Schmerz.
14.38 Uhr: Er ist da. Mein Sohn. Hallo, kleines Wunderkind. Ich bin deine Mama! Für immer.
6 comments
18.01.14
Liebe Katharina,
vielen Dank für den tollen Bericht!
Ich hoffe eure Geburtstagsfeier gestern war genauso schön wie unsere!
Meine Tochter ist gestern auch 4 Jahre alt geworden und am 18.01.14 geboren.
Liebe Grüße
Hanna
Alles Gute!
Liebe Katharina! Vielen Dank für den Geburtsbericht und auch noch einmal alles Gute dem Sohnemann! Sag mal, hattest du nicht mal ein Geburtsberichts-E-Book geplant? Da gab’s doch mal den Aufruf, lebt die Idee noch? 🙂 Alles Liebe!
Liebe Katharina,
herzlichen Glückwunsch an Dein Söhnchen!
Darf ich fragen, wie lange Deine erste Geburt gedauert hat? Ich kann immer gar nicht verstehen, wie Schwangere mit Wehen wieder nach Hause geschickt werden oder wie Du Skrupel hattest, „nur“ ein paar Stunden später wieder im KKH aufzutauchen. Allerdings hat meine erste Geburt von der ersten Wehe an gerechnet auch nur 3 Stunden gedauert. Hätten die mich nochmal nach Hause geschickt, als ich mit kaum geöffnetem Muttermund in der Klinik ankam, wäre mein Kleiner wohl im Wohnzimmer geschlüpft 😉
Jetzt bin ich mal gespannt, wie die zweite Geburt verläuft…
Ohhhh…
… toi toi toi für die zweite Geburt!!! Die erste Geburt war hart – Sonntag morgen habe ich die erste Tablette zur Einleitung bekommen, Dienstag Morgen war sie dann da. Das war ECHT lange, sehr nervenzehrend und anstrengend. Lag wahrscheinlich daran, dass es drei Wochen vor Termin eingeleitet wurde…
Einleitung
Nein, das muss nichts mit den drei Wochen vorher zu tun haben. Bei mir wurde auch Sonntag morgen um kurz nach neun eingeleitet und das Kind kam Donnerstag kurz nach Mitternacht per Kaiserschnitt. Nach drei Tagen mit Wehen und das alles nach Termin!
Liebe Katharina,
Liebe Katharina,
danke für Deinen Geburtsbericht. Ich lese sowas sehr gerne, um zu wissen wie es gewesen wäre… Gleichzeitig macht es mich irgendwie auch traurig. Mein Sohn ist leider 2 Monate zu früh per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen, ich hätte es mir anders gewünscht und auch sehr gerne eine natürliche Geburt erlebt.
Ich finde das Foto oben von Dir und Deinem Sohn wunderschön, es strahlt einfach pure Liebe aus. Wie der Kleine Deinen Blick sucht, einfach nur schön!
Alles Gute und feiert einen schönen 2. Geburtstag. 🙂