Wie soll ich das alles schaffen? Von den unmöglichen Herausforderungen an uns Mütter – Gastbeitrag von Helen

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Heute bin ich erschöpft. Und gestern auch. Und übermorgen werde ich es auch sein.

Ich bereue nicht meine Mutterschaft! Nein. Aber ich zweifel trotzdem manchmal. Ich liebe meine Kinder und dennoch sind so unendlich viele Tage, Nächte, Wochen und Monate so anstrengend.

Wie oft träume ich einfach nur von den Tagen ohne Sorgen, mit wenig Arbeit, mit Befriedigung meiner Bedürfnisse, mit einem großen Clan um mich herum. Früher sah ich gut aus, knackiger, straffer Körper, schönes, volles Haar, reine ebenmäßige Haut voller Energie, hatte kaum Sorgen, ging abends tanzen.

Heute bin ich 33 Jahre, ich sehe immer noch gut aus, aber körperlich gezeichnet- von drei Schwangerschaften an meinen Brüsten, meinem Bauch mit wilden Streifen und schlaffer Haut, meinem nicht mehr knackigen Po, meinen müden Augen.

Jeden Tag wach ich auf und denk mir: Und wieder geht’s von vorne los, der morgendliche Stress- schnell duschen, Kinder anziehen, Frühstück zubereiten usw. Ich schwitze schon, bevor ich das Haus verlasse, schnell in die Kita. Dann fix zur Arbeit mit müden Augen, schwitzenem Mutterkörper.

Ich sehe die anderen Kolleginnen ohne Kinder- die die schlichtweg nicht den Spagat zwischen Kinder, Haushalt und Arbeit schaffen müssen- täglich bis zum Umfallen. Sie haben in Ruhe morgens geduscht, ihren Kaffee getrunken und haben keinen Mutterkörper. Ich gebs zu. Ja, ich beneide sehr oft diese Frauen, die nur zur Arbeit müssen und sonst immer frei haben, tun und lassen können, was sie wollen. Die Sex entspannt mit ihrem Nicht-Mutterkörper haben können und mit ihren knackigen Mitte Zwanzig bis Mitte Dreißig echt gut aussehen.

Ich versuche mitzuhalten, bin Arbeitnehmerin, schaffe meine Arbeit gut, bin gerne Mama für meine drei Kinder. Ich möchte auch keine 18jähriges Model sein. Nein, ich wünschte mir manchmal einfach, dass unser Leben anders laufen könnte.

Es ist unnatürlich und kaum machbar, gleichzeitig gut schaffende Arbeitnehmerin zu sein, entspannte Vollblut-Mama, die keinen Termin verschwitzt und alles mit einem Lächeln macht, attraktive, sexy Frau, die jeden Tag sich bunte tolle Smoothie zaubert und Zeit hat, ihren Körper zu trainieren und nach mehreren Schwangerschaften noch die Haut und Körperformen einer unschwangeren Frau hat. Eine Partnerin, die ihrem Mann jeden Wunsch von den Lippen abliest und immer schön zurecht gemacht ist. Die schlichtweg alle Anforderungen optimal erfüllt.

Wir alle bräuchten einen Clan. Menschen, die täglich um uns herum sind- Freunde, Tante, Onkel, Eltern, Schwiegereltern, Brüder, Schwestern, Haushälter, Babysitter. Alle die uns unterstützen in unserem täglichen Leben. Die Anforderungen des Lebens sind oftmals so hart. Viele Kita Mütter die ich kenne, die jeden Tag mit einem oder oftmals mit mehreren Kindern alles alleine wuppen müssen. Männer, die sich gerne in die Arbeit vergraben und Abends natürlich nichts mehr erledigen können.

Ich finde diese Anforderungen täglich so unattraktiv. Hätte man mir vorher dies alles abgespielt in einem Video, hätte ich gesagt: Ähm, nein danke! So nicht. Ich wünsche mir einfach, dass ich morgens in Ruhe duschen kann ohne schon beim Haus verlassen in wilde Schwitzattacken auszubrechen, ohne Kinder fertig machen zu müssen, ich wünsche mir manchmal unbekümmert nach der Arbeit nach Hause zu kommen und mir etwas tolles Frisches zu kochen.

Ich wünsche mir manchmal, ich könnte meinen Mann Abends hübsch zurecht gemacht empfangen und spontan mit ihm das Theater besuchen oder Essen gehen und anschließend lustvollen Sex haben. Ich wünsche, ich könnte manchmal unbesorgt ins Schwimmbad gehen im Bikini ohne das mich Leute wegen meines mit vielen Schwangerschaftsstreifen besäten weichen, schlaffen Bauches anschauen.

Ich wünsche mir, dass mein Leben nicht so ein Spagat ist. Es fühlt sich häufig nur wie ein Funktionieren an. Mehr nicht. Das fühlt sich nicht richtig an. Neulich war ich kurz bei Instagram- und sah das Profil von einer Promi-Mama. Ich beobachtete es ein paar Tage. Und erlebte erstaunliches. Frau und Mutter mit guten Genen, viel viel, zuviel Geld für Alles. Das Leben kann so schön sein: Babysitter für die Kinder, Zeit für jeden Tag frisch zu kochen, Zeit und Geld für Personaltrainer für tägliche Trainingsstunden, für Urlaube von einem zum anderen schönen Ort, Geld für schöne Dinge, Partys…

Ja, ich weiß: Vergleichen ist doof. Ich brauch auch keine teuren Urlaube, keine teuren Handtaschen, keinen Personal-Trainer. Ich brauche nur ein wenig weniger Last auf meinen Schultern…

 

Zum Weiterlesen:

Die Mid-Parenthood-Crise: Elternschaft ist wie ein Marathonlauf

Raus aus der Erschöpfung: Interview über Mutter-Kind-Kuren

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12 comments

  1. Exakt
    Helen, du triffst mit deinen Wort genau DEN Nerv! Ich sprach vor einiger Zeit mit meiner Freundin über dieses Thema und wir stellten fest, dass wir an vielen Tagen unsere Kinder nicht so genießen können, wie wir es uns wünschen, dass wir mental nicht vollständig bei ihnen sind und an manchen Tagen nur abarbeiten. Um dem Job gerecht zu werden ist ein Spagat nötig, der an die Substanz geht. Besonders belastend sind die Kommentare älterer Kollegen, die von „früher haben wir das alles locker bewältigt“ erzählen, ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken, dass sich die Zeiten und damit verbunden die Lebensumstände verändert haben. Ich liebe meine Kinder und ich könnte Zeit nicht wertvoller verschwenden, als mit ihnen, doch wünsche auch ich mir ab und an Entlastung und ein μ (Mü) Zeit für meinen Partner und mich, oder auch nur für mich.
    Danke für deinen wertvollen Beitrag, der vielen von uns aus der Seele spricht.

  2. Danke für deine Offenheit
    Hallo Helen, danke für deinen Text. Müttern tut es ganz schön gut zu wissen, dass sie mit ihren Sorgen und Gedanken nicht alleine sind. Und Frauen, die ihre Gedanken teilen, sind mutig. Ich kenne das, was du erzählst, sehr gut, und ich finde, dass es Familien heutzutage ganz schön schwer haben. Ob arbeitend oder zuhause bleibend, Mütter tragen oft eine große Last (Väter auch). Diesen Umstand öffentlich zu machen ist wichtig, weshalb ich Elternblogs schätze. Drück die Daumen für gute Nerven, Laura

  3. oja…
    drei Kinder sind manchmal echt anstrengend.
    Umso wichtiger ist es, dass man sich Freiräume schafft…. wenigstens einmal in der Woche abends zum Sport, vielleicht einen gemeinsamen Wochentermin mit dem Partner.
    Und zum Auftanken wäre vielelicht auch eine Mutter-Kind-Kur mal etwas… beseitigt zwar nicht den Alltags-STress, aber es sind drei Wochen in denen man sich mal wieder voll und ganz dem Widmen kann, was einem Spaß macht, in denen man sich nicht GEdanken machen muss um „Was essen wir morgen, was muss ich noch einkaufen, wo muss welches Kind hin?“

  4. Mitfühlen
    Ich kann 100ig mitfühlen. Ich liebe meine Kinder auch und wollte sie haben und möchte sie nie nie missen. Trotzdem vermisse ich die Freiheit an einigen Tagen mehr an anderen weniger.
    Die Frage nach warum drei Kinder find ich unangebracht. Weil alle Liebe waren und sind. Sie klagt doch nicht im Text, sondern beschreibt Gefühle. Auch eine Mama darf Wünsche haben und muss keine Kinder-Großziehen-Maschine sein.

    1. Genau die richtige Antwort
      Ich sehe das genauso wie Nina!
      Und es ist auch nicht verkehrt seine Gefühle auszudrücken!
      Es kann mir auch keiner erzählen das nicht jeder schonmal so gedacht hat.
      Auch wenn wir manchmal so denken heisst es nicht das wir unsere Kinder nicht lieben ….trotzallem würde ich es wieder so machen auch wenn eimem dieser monemente der Freiheit überkommt .

  5. Einstellungssache? Nee!
    Ich verstehe das total. Es gibt Phasen da fühle ich mich genauso. Und die sind schlimm, denn ich leide wirklich, habe dafür auch noch ein schlechtes Gewissen und bekomme von meiner außenWelt klar gesagt: ja, wir hören dich, aber selbst schuld. Du wolltest ja ein Kind, du wusstest was auf dich zukommt.
    Aber das ist falsch- niemand weiß das, bis er Elternteil ist.
    Bei mir kommt panische angst dazu, meine Tochter emotional zu schädigen, ich liege nachts wach und denke über jedes unfreundliche Wort an sie nach, verfluche mich, wenn ich mal nicht perfekt reagiert hab und mache mir unendliche sorgen, ob ich genug für sie tue. Ich glaube das ist auch ein großer Teil der last. Hast du früher drei Kinder gehabt, hast du denen eben auch mal eine gewatscht und das fand nicht mal einer schlimm – heute sind wir so sehr auf das emotionale wohl unserer Kinder geimpft; dass Mütter sich teilweise aufgeben.
    Hier hilft mir : immer wieder vorhalten, was wirklich Verwahrlosung ist, mich an den tollen Fähigkeiten meiner kleinen orientieren und mir sagen: man kann und muss den Kindern die Welt zumuten wie sie ist. Erfolg beim selbst belehren : 50/50.

  6. Danke!
    Ich versteh dich vollkommen! Denke auch so oft wie schön es wäre wenn man sich mehr Unterstützung erkaufen könnte. Hier gibt es keine helfende Verwandschaft in der Nähe und klar hilft der Mann mit aber er ist eben auch 10 Stunden am Tag nicht da!
    Ich wusste es vor dem ersten nicht besser aber trotzdem wird es wahrscheinlich ein zweites geben ganz einfach weil man sie ja total liebt!Das heißt aber nicht dass man nicht mal verzweifeln darf oder der Mann sich drückt und man daran womöglich noch selbst schuld sein soll nur weil man sich manchmal wünscht es wäre einfacher!!

  7. Wo ist denn dein Mann?!?
    Wenn ich das lese, dann frage ich mich doch wo dein Mann ist. Und warum hast du das Bedürfnis in dieses 50er Jahre-Cliché zu schlüpfen, dein Mann aber hat offensichtlich nicht das Bedürfnis eure Famile, außer finanziell, zu unterstützen.

    Warum lassen sich das so viele Frauen gefallen?!?

    Wir teilen uns alles. Mein Mann geht zur Zeit noch etwas mehr arbeiten, macht dafür etwas weniger zu Hause. Aber er sieht und weiß auch, dass die Versorgung eines Kindes auch anstrengend ist. Aber dafür das er das weiß, musste ich ihn eben auch mal machen lassen…

  8. Omg, dein Text spricht mir
    Omg, dein Text spricht mir gerade so aus der Seele. Genau wie von dir beschrieben fühle ich mich auch. Danke, dass es mal jemand ausspricht.

  9. Fragen?
    Hallo
    Dein Text hat mich berührt!
    Ich Frage mich nur ganz ohne Vorwurf, warum hast du eigentlich drei Kinder bekommen? Hat das dein Mann so gewünscht? Ist es erst jetzt mit drei Kindern so anstrengend für dich oder hat sich dein Körper erst nach der dritten Schwangerschaft so verändert?
    Wie alt sind deine Kinder?
    Das mit dem Clan würde mir auch gefallen!
    Es gibt sicher Möglichkeiten, wieder Freiheiten zu schaffen und Hilfe zu bekommen.
    LG Pia