Wenn der Mann plötzlich die Vaterschaft anzweifelt – Gastbeitrag von Luise

Mütterkur

Foto: pixabay

Es war im Frühjahr 2014. Ich saß im Büro und mein Handy vibrierte … eine Mail. Ich bekam Panik, wie bei jeder Mail. Warum? Ich steckte zu diesem Zeitpunkt in einem schrecklichen Rosenkrieg mit meinem Noch-Ehemann. Ich klickte die Mail an, sie war tatsächlich von meiner Anwältin. Als ich ihre ersten Worte las, wurde mir ganz anders. "Es tut mir so leid", stand in der ersten Zeile. 

Ich packte mein Handy und verzog mich in eine ruhige Ecke im Büro. Was ich dann las, konnte ich einfach nicht glauben. „Mein Mandant zweifelt die Vaterschaft seiner Kinder an“, „ über Jahre betrogen und belogen“, „mein Mandant hat den Verdacht, sein Bruder sei der Vater“ „im Übrigen streben wir eine Unterlassungsklage an, weisen Sie ihre Mandantin darauf hin, keinen Kontakt zu Freunden oder Familie meines Mandanten aufzunehmen“ . Selbst heute steigen mir noch die Tränen in die Augen, wenn ich an diese Sätze denke. 

Ich war wie versteinert.  Unsere Kinder waren zu dem Zeitpunkt 15 und 10 Jahre alt. Ich konnte es nicht glauben, was mein Ex da tat.  Ich rief meine Anwältin an. Sie fragte mich, ob mein Ex recht haben könnte. Ich weiß, sie musste mich das fragen. Ich antwortete, dass natürlich nichts Wahres dran sei und wir beschlossen, der Gegenseite zu antworten, dass ich einem Vaterschaftstest natürlich zustimmen würde. Daraufhin kam erstmal nichts mehr. 

Bis zum 16. Geburtstag meines Sohnes kurz vor Weihnachten. Was für ein passender Moment. Ein dicker Umschlag flatterte per Post ins Haus. Inhalt: Ein Brief und ein Vaterschaftstest. Ich möge mich doch an meine Zusage halten, die ich gegeben hätte.  Zu dieser Zusage stand ich nach wie vor – aber nicht so. Denn ich traute meinem Ex nicht mehr über den Weg. Ich traute ihm zu, den Test zu fälschen. Wie ich darauf kam? Er hatte sich einfach zu viel geleistet – sogar nach der Trennung das Sparkonto leer geräumt und Unterhalt zahlte er auch keinen. 

Ich sprach mit meiner Anwältin. Wir einigten uns darauf zu antworten, dass wir dem Test unter bestimmten Rahmenbedingungen zustimmen. Ich wollte ein seriöses Labor und eine Sicherstellung, dass auch wirklich die richtigen Personen eine Probe abgeben. Während der ganzen Sache fragte ich mcih immer wieder: "Was tut er bloß den Kindern damit an? Wie soll ich ihnen erklären, dass ihr Vater an seiner Vaterschaft zweifelt?"

Wieder folgte eine Kommunikationspause. Dann plötzlich ein handschriftlicher Brief meines Noch-Mannes ans Gericht. Seine Mutter könne bezeugen, mich und seinen Bruder im Bett erwischt zu haben.Außerdem wolle man mir im Scheidungsverfahren den Versorgungsausgleich nicht geben, da ich ihn ja böswillig all die Jahre betrogen und ihm Kinder untergejubelt hätte. Er stellte einen Antrag auf Vaterschaftsfeststellung. Gemeinsam mit der Richterin einigten wir uns auf eine Prozedur. 

Als der Brief mit dem Test im Dezember 2014 kam, fragten die Kinder was los wäre. Ich musste es ihnen erzählen, sie waren auch zu alt, um sie mit einem „nichts, alles gut“ abzuspeisen. Wie sagt man seinen Kindern dass sie diesen Test machen müssen? Dass ihr eigener Vater an der Vaterschaft zweifelt? Dass er nichts mehr mit ihnen zu tun haben will? Ich weiß nicht mehr, was ich genau gesagt habe. Aber wir lagen uns in den Armen und trösteten uns. Aber sie waren auch wütend, wollten den Test nicht machen. Aber es war eine richterliche Anordnung – also machten wir einen Termin bei unserem Hausarzt. 

Ich gebe gerne zu, dass es mir unangenehm war. Wir leben auf dem Dorf, man kennt sich, trifft Leute beim Arzt. Unsere Hausärztin war super und hat das mit den Kindern toll gemacht. Sie spürte meine Panik und wusste wie es mir geht. Ich war am Ende. Seelisch und körperlich.

Nach 14 Tagen war das Ergebnis da. Ich saß 20 Minuten vor dem ungeöffneten Brief und hatte Angst, obwohl ich wusste, dass nur er der Vater sein kann. Ich hatte zu viel im Internet über unseriöse Labors, verunreinigte Teststäbe und Väter die andere Proben abgegeben haben, gelesen.  Ich fragte mich, wie ich dann das Gegenteil beweisen sollte. Die Kinder kamen nach Hause, spürten meine Angst. Wir beschlossen den Brief gemeinsam aufzumachen – es betraf auch sie.

Und dann stand es da: „Die Vaterschaft ist zu 99,99999999% sichergestellt.“ Wir lachten. Ich denke, es war auch viel Erleichterung dabei. Wir hatten es geschafft. Nun war Ruhe. Dachte ich.

Ich bekam zwar während der Scheidung einen Ausgleich zugesprochen, doch mein Ex zahlt nicht. Er sei seelisch krank, weil ich ihn krank gemacht habe. Ich habe ihn betrogen, ihm die Kinder angehängt, mit dem Labor gedealt, die Proben vertauscht. All das schrieb er mir immer wieder. Und ich? Ich schrieb zurück – heute weiß ich, ich hätte es lassen sollen – aber damals war meine Wut zu groß. 

Wie geht es uns heute? Mein Sohn hat mit seinem „Erzeuger“ abgeschlossen. Er hat keinen Vater mehr. Es gibt keinen Kontakt. Er will ihn nicht. Sie hatten auch während der Ehe ein eher schwieriges Verhältnis gehabt.

Meine Tochter hat sporadischen Kontakt. Sie war seine Prinzessin, leidet sehr darunter, dass er sich so rar macht. Natürlich gibt er mir die Schuld. Ich würde die Kinder manipulieren. Mein Ex schwebt wie eine dunkle Wolke über unserem Familienleben – und das Geld reicht auch nie.

Ich bin alleinerziehen, ich habe nie Pause und trage permanent die alleinige Verantwortung. Und wenn er sich meldet, bringt er sofort Unruhe rein. Manchmal schimpfe ich dann auch vor den Kindern über meinen Ex – was mir leid tut.  Es ist nicht richtig. Ich entschuldige mich dann und gelobe Besserung. Die Kinder haben genug gelitten. Ich hoffe, dass ich ihnen genug Sicherheit und Stabilität geben kann.

Manchmal mag ich einfach nicht mehr. Obwohl alles vorbei ist, ist es trotzdem da. Es gibt gute und schlechte Tage. Ich hoffe, ich kann irgendwann über alles lachen.

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2 comments

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    …wie schlimm Ehemals glückliche Beziehungen doch enden können. Es klingt schrecklich, was euch zugestoßen ist. Ich hoffe, dass ihr trotzdem irgendwann euren Frieden damit findet.
    Und bis dahin finde ich es nur allzu menschlich, wenn einem bei all dem Frust über den Ex auch vor den Kindern mal was raus rutscht. Da immer nur Friede Freude Eierkuchen vorzuspielen, wird von den Kindern – insbesondere wenn sie größer sind, doch eh durchschaut… alles Gute weiterhin für euch!