Wer seid Ihr? Wir sind eine britisch-deutsche Familie und leben in der Mitte von London. Gwendi und Aroon, beide vierzig (ich bin ein paar Monate älter als mein Mann) und die Kids Alena 7, Alexi 5, und Nina fast 3.
Was heißt für Euch Heimat? Ich bin schon immer viel herumgekommen und bin von Herzen Nomadin. Deshalb trage ich die Heimat mit mir. Sobald ich einen Koffer in die Ecke stellen kann, fühle ich mich wirklich wohl. Mein Mann ist da bodenständiger, er ist hier in London geboren und aufgewachsen und kann sich eigentlich keinen anderen Lebensort vorstellen.
Wie wohnt Ihr? Oha. Ein Londoner Lieblingsthema! Wir wohnen hoch über King’s Cross und St Pancras Bahnhof. Man kann schon sagen: Da unten steppt der Bär. Und das lieben wir. Unsere Wohnung hat einen sehr schönen Balkon mit Sonnenblumen, Kunstrasen, Sandkasten und ein bisschen Platz zum Fußball spielen, aber richtig viel Raum oder gar einen Garten haben wir leider nicht für die Kinder.
Wie hat sich Eure Wohnsituation verändert seit Ihr Kinder habt? Nicht besonders viel. Wir haben uns einfach eine größere Wohnung um die Ecke gemietet und sind von einer eher gammeligen Bude (fünfter Stock ohne Fahrstuhl) in eine schicke Wohnung (fünfter Stock mit Fahrstuhl) gezogen. Nennen wir es ein Apartment-Upgrade!
Was tut Ihr vormittags und nachmittags? Ich bin selbständige Grafikerin und Illustratorin und teile mir meine Zeit selber ein. Der Vorteil ist, dass ich so immer Zeit für Kinderveranstaltungen unter der Woche habe. Der Nachteil ist, dass ich ein strenger Boss sein kann und mir selber einen Haufen Arbeit aufhalse!
Ich habe zum Beispiel gerade eine Kinder-App herausgebracht, die Kindern eine Zubettgehroutine schmackhaft macht.
Durch wiederholtes Spielen üben Kinder so die Schritte einer Abendroutine ein und werden selbständiger, wenn es ins Bett gehen soll. Ausserdem wollte ich das Lebensgefühl der Kinderprogramme aus den 60er und 70ern ins Computerzeitalter holen. Ich habe also in nächtelanger Kleinstarbeit die Bühnenbilder dieser App alle aus Pappe und Papier gebaut, und das war eine unheimliche Herausforderung! Was aus dieser handgemachten interaktiven Welt geworden ist kannst du dir gerne im App Store anschauen.
Die Kinder schlüpfen morgens in ihre Schuluniform und sind bis vier, fünf Uhr aus dem Haus. Daher machen sie unter der Woche meistens nicht mehr viel, wenn sie nach Hause kommen. Ich weiß, ich befinde mich da im Gegensatz zu vielen anderen Eltern hier, die ihre Kinder permanent fördern. Ich persönlich finde, dass Kinder auch mal einfach abhängen sollten, so wie wir früher als Kinder.
Mein Mann hat gerade ein paar Monate frei gemacht, fängt aber bald wieder an in der City zu arbeiten, dann ist er meist von 7-18.30 Uhr aus dem Haus. Unser Leben dreht sich also vollständig um Arbeit und Kinder, man kann es nicht anders sagen. Wir versuchen aber ab und zu alleine in den Urlaub zu fahren, dann bleiben die Kinder in London und wir schalten mal für drei Tage ab.
Was bedeutet Gleichberechtigung für Dich? Gleichberechtigung ist für mich im Idealfall eine Beziehung, in der beide Partner unabhängig sind, sich die Familienarbeit teilen und beide zum Familieneinkommen beitragen. Mein Mann war in den letzten Monaten zuhause und das war richtig gut für die Familie. Es hatte sich vorher schon eine klassische Rollenteilung eingeschlichen, die für uns nicht wirklich perfekt war. Die Zeichen änderten sich aber schon vor zwei Jahren als ich anfing bei Central Saint Martins in Abendkursen zu unterrichten. Mein Mann musste schlagartig lernen, drei Kinder ins Bett zu bringen. Auch er kann jetzt den Laden hier schmeißen.
Was ist etwas, mit dem Du nie gerechnet hast bevor Du Mutter/Vater wurdest? Ich war eigentlich auf alles gefasst. Einen kleinen Schrecken bekam ich aber, als mir klar wurde, dass die Kinder hier zwanzig Wochen im Jahr Schulferien haben. Also besuche ich meine Familie in Deutschland ziemlich oft und ansonsten machen wir hier in London sehr viele Ausflüge, das macht schon Spass.
Inwiefern würdet Ihr Euer Leben optimieren, wenn Ihr könntet? Naja, man könnte jetzt auf die Idee kommen sich ein grosses Haus mit Garten zu wünschen, aber wir sind auch so zufrieden. Ich spiele manchmal mit dem Gedanken nach Deutschland zu ziehen, die Lebensqualität ist schon besser, aber da muss ich erst noch an meinem Mann arbeiten.
Was ist Euch als Familie wirklich wichtig? Da kann ich nur ein paar nette Kinder wiederholen, mit denen ich mich letztens darüber unterhielt, was im Leben wichtig sei. Ich: „Come as you are“, Alena:„It’s important to have a kind heart“, Maira „Und es ist wichtig, gute Freunde zu haben“.